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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    So bestimmen Sie den Ort der sonstigen Leistung

    von Dipl.-Kauffrau Tina Lehr, Steuerberaterin, SBU Blum und Steuer Steuerberatungsgesellschaft mbH & Co. KG, St. Sebastian/Koblenz

    | Sonstige Leistungen spielen aufgrund der umfangreichen Regelungen und Ausnahmevorschriften eine große Rolle im Umsatzsteuerrecht. Vor allem vor dem Hintergrund der zunehmenden Harmonisierung im Europäischen Binnenmarkt stellt sich immer wieder die Frage: Wie wird der Ort bestimmt? |

    1. Einschlägige Norm: Sonstige Leistung oder Lieferung?

    Um die anwendbare Norm des UStG zu bestimmen, ist zunächst zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen zu unterscheiden. Eine Lieferung liegt vor, wenn der Leistende den Abnehmer befähigt, in eigenem Namen über einen Gegenstand zu verfügen, § 3 Abs. 1 UStG. Sonstige Leistungen hingegen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind (§ 3 Abs. 9 S. 1 UStG), also aktive Tätigkeiten, Duldungen oder Unterlassungen. Sie sind grundsätzlich steuerbar, wenn sie entgeltlich erfolgen, § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Den sonstigen Leistungen gegen Entgelt gleichgestellt sind unentgeltliche Wertabgaben, die für eigene, außerhalb des Unternehmens liegende Zwecke oder den privaten Bedarf des Personals verwendet werden (z.B. private PKW-Nutzung).

    2. Sonstige Leistung: Zeitpunkt ihrer Erbringung

    Der Unternehmer hat nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Umsatzsteuervoranmeldung abzugeben. Die Umsatzsteuer entsteht bei der Versteuerung nach vereinbarten Entgelten mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Bei Dauerschuldverhältnissen (wie Miete, Wartung) liegen jeweils monatliche Teilleistungen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1a UStG) vor, die entsprechend anzumelden sind. Anderes gilt bei der Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG): Die Steuer entsteht im Voranmeldungszeitraum, in dem das Entgelt vereinnahmt wird.

    3. Leistungsort: Bestimmen Sie ihn differenziert

    Für die sonstigen Leistungen bestehen verschiedene Regeln zur Bestimmung des Leistungsorts. Der Gesetzgeber differenziert seit dem 1.1.10 wie folgt:

     

    a) Leistungserbringung an den Unternehmer:

    Von § 3a Abs. 2 UStG werden sogenannte B2B (Business to Business)-Umsätze erfasst. An den Unternehmer erbrachte sonstige Leistungen werden dort besteuert, wo der Leistungsempfänger ansässig ist. Wird die Leistung an einer Betriebsstätte erbracht, gilt diese als Ort der sonstigen Leistung.

     

    b) Leistungserbringung an private Unternehmer:

    § 3a Abs. 1 UStG erfasst sogenannte B2C (Business to Consumer)-Umsätze. Diese Leistungen werden an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungserbringer ansässig ist oder gegebenenfalls eine Betriebsstätte betreibt.

     

    c) Ausnahmevorschriften berücksichtigen

    Zu den Grundregeln bestehen Ausnahmen. Bei Leistungen an einen Nichtunternehmer aus dem Drittland z.B. für Katalogleistungen (Tätigkeit als Rechtsanwalt oder Steuerberater) gilt das Empfängersitzprinzip. Für Vermittlungsleistungen zählt z.B. jeweils der Ort der vermittelten Leistung.

     

    • Beispiel - Mandant ist ein im Ausland ansässiges Unternehmen

    Sachverhalt:Rechtsanwalt R aus Koblenz vertritt das in Österreich ansässige Maschinenbauunternehmen M in einem Verkehrsunfall vor einem deutschen Gericht. R erstellt M eine Rechnung über 8.000 EUR zuzüglich 1.520 EUR deutscher Umsatzsteuer (19 Prozent). Ist das richtig? Lösung: Die Leistung des R wurde an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt. Der Ort der sonstigen Leistung liegt in Österreich (§ 3a Abs. 2 UStG, Empfängersitzprinzip) und ist in Deutschland nicht steuerbar. Die Umsatzsteuer wurde auf der Rechnung des R falsch ausgewiesen (unberechtigter Steuerausweis nach § 14c Abs. 2 UStG). Somit kommt für M kein Vergütungsverfahren in Betracht. M hat die Möglichkeit, die falsch ausgewiesene Umsatzsteuer nicht zu zahlen oder zurückzufordern. Die Leistung des R ist in Österreich steuerbar und -pflichtig. Die Rechnung hätte unter Verweis auf § 13b UStG (Übergang der Steuerschuldnerschaft) als Nettorechnung erstellt werden müssen. Hiermit schuldet M die Umsatzsteuer nach österreichischem Recht und kann diese gleichzeitig als Vorsteuer abziehen.

     

    d) Übergang der Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG

    Die Bestimmung des jeweiligen Orts der sonstigen Leistungen steht in enger Beziehung mit dem Übergang der Steuerschuldnerschaft. Die Vorschrift des § 13b UStG wurde eingeführt, um eine umsatzsteuerliche Registrierung in dem jeweils anderen Land zu vermeiden. Grundsätzlich ist bei Anwendung des Empfängerortprinzips (Art. 43, 44 MwStSystRL) die Leistung im Land des Leistungsempfängers zu versteuern. Die Steuerschuld geht auf den Leistungsempfänger über (Art. 196 MwStSystRL).

     

    PRAXISHINWEIS | Aufgrund der Ausnahmen zu diesem Grundsatz, empfiehlt es sich, im Vornhinein folgende Dinge zu fragen: Gibt es analoge Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes im Empfängerland, und wer muss den Umsatz versteuern? Gibt es Ausnahmen zum Leistungsort? Muss eine Nettorechnung gestellt werden oder eine mit Umsatzsteuer? Ist eine Registrierung im anderen Mitgliedsstaat notwendig?

     

     

    • Abwandlung des Beispiels

    Wäre in dem oben aufgeführten Beispiel nicht das Unternehmen M, sondern die natürliche Privatperson P aus Österreich beteiligt, geht die Umsatzsteuerschuld nicht auf den Leistungsempfänger über. Die Leistung wäre in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig (Unternehmenssitzprinzip).

     
    Quelle: Ausgabe 08 / 2014 | Seite 142 | ID 42798185