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  • · Fachbeitrag · Einkommensteuer

    Häusliches Arbeitszimmer und Homeoffice-Pauschale: Das ist ab 2023 für Anwälte neu

    von Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

    | Bei der Homeoffice-Pauschale und dem häuslichen Arbeitszimmer greifen seit Anfang 2023 gravierende steuerliche Änderungen: Zwar wurde der Abzug einer Homeoffice-Pauschale erheblich verbessert. Im Gegenzug ist jedoch der Abzug eines häuslichen Arbeitszimmers für Rechtsanwälte nahezu unmöglich geworden. AK erläutert, welche steuerlichen Spielregeln ab dem Jahr 2023 gelten. |

    1. Die bis 2022 geltende Homeoffice-Pauschale

    Infolge der Coronapandemie wurde für die Jahre 2020 bis 2022 in § 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 4 EStG für Angestellte und für Selbstständige eine Homeoffice-Pauschale eingeführt. Diese betrug 5 EUR täglich, maximal 600 EUR pro Jahr, und war immer abzugsfähig, wenn an einem Tag sämtliche betrieblichen oder beruflichen Tätigkeiten im Homeoffice erbracht wurden. Für Tage, an denen sowohl im Homeoffice gearbeitet als auch die Anwaltskanzlei aufgesucht oder eine Tätigkeit im Außendienst (z. B. Gerichtstermin/Mandantenbesuch) wahrgenommen wurde, konnten Anwälte die Pauschale nicht absetzen.

    2. Die modifizierte Homeoffice-Pauschale ab 2023

    Grundsätzlich wäre die bekannte Homeoffice-Pauschale ab dem Jahr 2023 ersatzlos entfallen. Allerdings hat der Gesetzgeber erkannt, dass mittlerweile das Arbeiten „am Küchentisch“ bzw. in der privaten Wohnung unerlässlich geworden ist. Daher wurde mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2022 ein neuer § 4 Abs. 5 Nr.  6c EStG geschaffen. Dieser ermöglicht es jetzt angestellten und selbstständigen Rechtsanwälten, eine neue und modifizierte Homeoffice-Pauschale von der Steuer abzusetzen.

     

    Die neue Homeoffice-Pauschale beträgt 6 EUR pro Tag und maximal 1.260 EUR pro Jahr. Sie ist für jeden Kalendertag als Betriebsausgabe oder Werbungskosten zu berücksichtigen, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird. Wo genau in der häuslichen Wohnung die Tätigkeit ausgeübt wird, ist unerheblich. Das könnte beispielsweise ein Büro, ein Arbeitszimmer oder eine Arbeitsecke sein. Auch eine Tätigkeit „am Küchentisch“ berechtigt zum Abzug der Pauschale. Zudem ist es für den Abzug unschädlich, wenn für die betriebliche bzw. berufliche Tätigkeit auch ein anderer Arbeitsplatz (z. B. in der Anwaltskanzlei) zur Verfügung steht.

     

    Beachten Sie | Das Besondere an der Neuregelung ist nicht nur die verbesserte Abzugshöhe, sondern insbesondere die Tatsache, dass es ab dem Jahr 2023 nicht mehr erforderlich ist, sämtliche betrieblichen bzw. beruflichen Tätigkeiten des jeweiligen Kalendertags im Homeoffice zu erbringen. Es ist neuerdings ausreichend, dass lediglich der zeitlich überwiegende Teil der Tätigkeiten des Tages im Homeoffice erbracht wird. Eine parallele Außendiensttätigkeit ist unschädlich.

     

    • Beispiel 1

    Rechtsanwalt R erbringt jeden Samstag im Homeoffice allgemeine Büroarbeiten und erstellt Schriftsätze. Die Anwaltskanzlei sucht er nicht auf. Die Tätigkeit im Homeoffice umfasst dabei rund 2 Stunden je Samstag.

     

    Lösung: Für die Jahre 2020 bis 2022 konnte R für jeden entsprechenden Samstag eine Homeoffice-Pauschale von 5 EUR (maximal 600 EUR jährlich) absetzen. Ab dem Jahr 2023 erhöht sich der Abzug auf 6 EUR pro Tag (max. 1.260 EUR jährlich).

     
    • Beispiel 2

    R hat an einem Mittwoch einen auswärtigen Gerichtstermin. Daher übt er seine Tätigkeit von 07:00 bis 12:00 Uhr zur Vorbereitung im Homeoffice aus und nimmt im Anschluss von 12:00 bis 16:00 Uhr den auswärtigen Gerichtstermin wahr.

     

    Lösung: Bislang konnte R lediglich Reisekosten für den auswärtigen Termin und keine Homeoffice-Pauschale geltend machen. Ab 2023 gilt: Da er die Tätigkeit des Tages überwiegend (5 von 9 Stunden) im Homeoffice erbracht hat, ist neben den Reisekosten die neue Homeoffice-Pauschale von 6 EUR abzugsfähig.

     
    • Beispiel 3

    R arbeitet an einem Freitag von 08:00 bis 12:00 Uhr (4 Stunden) in der Anwaltskanzlei. Danach fährt er ins Homeoffice und arbeitet dort aufgrund einer wichtigen Terminsache nochmal von 14:00 bis 19:00 Uhr (5 Stunden).

     

    Lösung: Sowohl nach der alten als auch nach der neuen Regelung kann für diesen Tag nur die Fahrt zur Anwaltskanzlei (erste Tätigkeitsstätte) abgesetzt werden. Der parallele Abzug der Homeoffice-Pauschale scheidet aus, da neben der Tätigkeit im Homeoffice die erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wurde.

     

    MERKE | Stünde für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit an der ersten Tätigkeitsstätte des R dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, wäre dagegen der Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit an demselben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.

     

    Beachten Sie | Sowohl in dem JStG 2022 als auch in der zugrunde liegenden Gesetzesbegründung und in der bisherigen Regelung zur Homeoffice-Pauschale wurden keine speziellen Nachweisvoraussetzungen aufgenommen. Damit genügt als Nachweis gegenüber dem Finanzamt eine einfache (plausible) Aufstellung der für den Abzug der Homeoffice-Pauschale berücksichtigungsfähigen Tage. Der Anwalt muss nicht einzelne tatsächlich angefallene Kosten für das Homeoffice nachweisen.

     

    PRAXISTIPP | Die Homeoffice-Pauschale deckt lediglich die laufenden Fixkosten für das Homeoffice ab (Miete oder Abschreibung des Gebäudes, Strom, Gas, Versicherungen usw.). Die Aufwendungen für im Homeoffice eingesetzte Arbeitsmittel (z. B. Notebook / Schreibtisch) können deshalb parallel nach den allgemeinen Regelungen abgesetzt werden. Gleiches gilt für betrieblich bzw. beruflich veranlasste Telefon- und Internetkosten.

     

    3. Das häusliche Arbeitszimmer bis 2022

    Bisher konnten Anwälte ein häusliches Arbeitszimmer ‒ unter Nachweis der auf das Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen ‒ nur absetzen, wenn

    • das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildete (unbeschränkter Abzug) oder
    • für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit außerhalb des Arbeitszimmers kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand (auf 1.250 EUR jährlich beschränkter Abzug).

     

    PRAXISTIPP | Die unbeschränkte Abzugsmöglichkeit kam für Rechtsanwälte bisher nahezu nie zur Anwendung, da sich der Mittelpunkt der betrieblichen bzw. beruflichen Tätigkeit eines Rechtsanwalts nicht im Arbeitszimmer, sondern in der Kanzlei, beim Gericht bzw. beim Mandanten befindet.

     

    4. Neuregelung zum häuslichen Arbeitszimmer ab 2023

    Im Zuge des JStG 2022 ist der Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer erheblich vereinfacht worden. Positiv daran ist: Statt der bisher unbeschränkten Abzugsmöglichkeit kann nun anstelle der tatsächlichen Aufwendungen (mit Einzelnachweis) wahlweise eine Jahrespauschale von 1.260 EUR angesetzt werden. Negative Änderung ist: Die Variante des beschränkten Abzugs bis 1.250 EUR jährlich ist ersatzlos entfallen.

     

    • Beispiel 4

    Syndikusanwalt S arbeitet von Montag bis Freitag in der Kanzlei. Nebenbei übt er jeden Samstag eine anwaltliche Nebentätigkeit aus. Für diese Nebentätigkeit nutzt er sein häusliches Arbeitszimmer, da für diese Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

     

    Lösung: Alle Tätigkeiten des S müssen in ihrer Gesamtheit erfasst werden. Das häusliche Arbeitszimmer ist insofern nur bezüglich der Nebentätigkeit des S, nicht aber im Hinblick auf seine Gesamttätigkeit Mittelpunkt. Bis einschließlich 2022 kann S die anteiligen tatsächlichen Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer bis zu einem Höchstbetrag von jährlich 1.250 EUR absetzen (vgl. auch BFH 13.6.20, VIII B 166/19, Abruf-Nr. 218114). Diese Möglichkeit entfällt seit dem Jahr 2023. Jetzt kann er lediglich die Homeoffice-Pauschale geltend machen. Diese beträgt bei 52 Samstagen im Jahr 312 EUR (= 52 x 6 EUR). So umgeht er außerdem die ungünstige Regelung, dass das häusliche Arbeitszimmer zum Betriebsvermögen gehört und bei einer Betriebsaufgabe/einem Verkauf des Objekts anteilige stille Reserven zu versteuern wären.

     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2023 | Seite 52 | ID 48980943