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  • · Nachricht · Elektronischer Rechtsverkehr

    Weniger Nachsicht der Gerichte bei digitalen Kanzlei-Pannen

    | Obwohl der elektronische Rechtsverkehr längst routiniert genutzt wird, argumentieren Anwälte mitunter immer noch mit „Anfangsphase“ oder „technischen Änderungen“, die den korrekten Umgang mit dem beA erschweren. Angesichts der moderaten Zeitspannen, mit denen der elektronische Rechtsverkehr verpflichtend wird, ist dies ein Spiel mit dem Feuer. |

     

    Im vergangenen Jahr entschied das LAG Rheinland-Pfalz (21.5.19, 8 Sa 279/18, Abruf-Nr. 211537), dass einem Anwalt keine Wiedereinsetzung gewährt wird, wenn ein Schriftsatz via beA ungeprüft versendet wird. Der Anwalt hatte unter anderem argumentiert, dass der elektronische Rechtsverkehr zum Zeitpunkt der Berufungsbegründung erst seit drei Wochen praktisch angewandt wurde. Die Anforderungen dürften in der Anfangsphase „nicht überspannt“ werden. Das Gericht sah dies anders: Gerade bei technischen Anfangsschwierigkeiten gilt für den Anwalt eine erhöhte Sorgfaltspflicht bei der Nutzung des beA in Form von Hinweisen und Kontrollen (vgl. auch BayLSG 3.1.18, L 17 U 298/17).

     

    PRAXISTIPP | Die Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz kann gedanklich fortgeführt werden: Neue Mitarbeiter sind ‒ insbesondere wenn sie den elektronischen Rechtsverkehr nicht oder nicht routiniert beherrschen ‒ sorgfältig einzuarbeiten. Immer wieder führen fehlende Kontrollen oder der falsche Umgang mit dem beA zu Fristversäumnissen, die auf mangelnde Qualifikation und Einarbeitung zurückgehen. Die Rechtsprechung geht dabei oft von einem Anwaltsverschulden aus.

     

    Anwälte sollten keine Grenzen ausloten: Zwar haben Gerichte auch im Sinne der Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs oft anwaltsfreundlich entschieden, wenn technische Schwierigkeiten zu einem Fristversäumnis geführt hatten. Angesichts des in immer mehr Justizabläufen obligatorischen E-Verkehrs und der in rund einem Jahr geltenden aktiven Nutzungspflicht des beA dürfte eine nachsichtige Haltung der Gerichte rasch zurückgehen.

     

    Weiterführende Hinweise

    • beA-Versand: Gericht hat bei Formfehlern Hinweispflichten, AK 20, 166
    • Bei einfacher Signatur muss Anwalt zwingend eigenes beA verwenden, AK 20, 165
    • beA-Nutzungspflicht: BGH tendiert zu anwaltsfreundlicher Haltung, AK 20, 111
    Quelle: Ausgabe 11 / 2020 | Seite 183 | ID 46870213