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  • · Fachbeitrag · Editorial AK 06/2021

    Die deutsche Anwaltschaft schrumpft

    von RA Martin Huff, Geschäftsführer der RAK Köln, LLR Rechtsanwälte Köln

    | Liebe Kolleginnen und Kollegen, die deutsche Anwaltschaft schrumpft, die Veränderung ist deutlich: Die Zahl der niedergelassenen Rechtsanwälte in Deutschland ist erstmals deutlich zurückgegangen. Netto sind es 2.022 Kolleginnen und Kollegen weniger, die zum 1.1.21 gegenüber dem 1.1.20 zugelassen waren. Dies bedeutet einen Rückgang von 1,38 Prozent. Dies geht aus den jetzt veröffentlichten Zahlen der Bundesrechtsanwaltskammer ( iww.de/s4954 ) hervor. Und dies ist nur das Ergebnis einer Saldierung. Folglich müssen ‒ geschätzt ‒ knapp 10.000 Rechtsanwälte ihre Zulassung zurückgegeben haben. |

     

    Die Ursachen dafür sind sehr unterschiedlich: Einen großen Anteil daran hat sicher die Einführung des beA, das ab dem 1.1.22 von allen Rechtsanwälten aktiv genutzt werden muss. Dies ist vielen Anwälten erst deutlich geworden, als die regionalen Rechtsanwaltskammern im Jahr 2020 nicht registrierte Kollegen auf die passive Nutzungspflicht hingewiesen und zum Anschluss aufgefordert haben. In der Zwischenzeit liegen den Kammern immer mehr Beschwerden ‒ von Kollegen oder aus der Justiz ‒ vor, weil Anwälte nicht auf beA-Nachrichten reagiert haben. Zunehmend versenden die Kammern ihre Beitragsinformationen nur noch über das beA. Deshalb mussten viele Kollegen abwägen, ob sie ihre Zulassung behalten wollen, obwohl sie kaum mehr anwaltlich tätig sind.

     

    Einen (der Höhe nach unterschiedlichen) Nettorückgang verzeichnen 18 der 27 regionalen Kammern. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren fortsetzen. Denn wenn das Berufsleben endet, wird auch vermehrt die Zulassung zurückgegeben. Dies war früher eher unüblich. Heutzutage „muss“ man nicht mehr sein Leben lang zugelassen sein. Außerdem wird es noch in diesem Jahr berufsrechtlich erlaubt werden, den offiziellen Titel „Rechtsanwalt i. R.“ zu führen. Das ist eine Änderung, auf die pensionierte Anwälte lange gewartet haben.

     

    Dass die Mitgliederzahl der Kammern insgesamt nur um 0,1 Prozent von 167.234 auf 167.092 gesunken ist, ist allein dem deutlichen Anstieg bei den Syndikusrechtsanwälten geschuldet. Ihre Zahl ‒ Doppelzulassungen und reine Syndikusrechtsanwälte zusammengefasst ‒ stieg innerhalb des letzten Jahres deutlich um 9,6 Prozent (von 19.947 auf 20.947) an. Das macht knapp 13 Prozent der Anwaltschaft aus. Zählt man diejenigen dazu, die noch keine Zulassung erworben haben und doch als Unternehmensanwälte tätig sind, spiegelt dies die Bedeutung für den Berufsstand, die lange ignoriert wurde. Und mit einem Frauenanteil von rund 50 Prozent zeigt sich: Frauen sind hier im Angestelltenverhältnis angekommen, gerne auch in Teilzeit. Das ist eine spannende Entwicklung, die allen Kanzleien Denkanstöße geben sollte.

     

    Mit besten kollegialen Grüßen

     

    Ihr Martin W. Huff

    Quelle: Ausgabe 06 / 2021 | Seite 2 | ID 47407218