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  • · Fachbeitrag · Editorial AK 11/2021

    Der Wandel vom Formular zum e-Formular ändert nichts am Rechtscharakter

    | Liebe Kolleginnen und Kollegen, das „smartlaw“-Urteil des BGH wird heftig diskutiert. Doch ist dieses Urteil wirklich so neu und so überraschend, wie viele meinen? Ich sehe dies nicht so! |

     

    Der Vertragsgenerator „smartlaw“ des Verlags Wolters Kluwer Deutschland (WKD) gibt Kunden die Möglichkeit, durch die Beantwortung vorgegebener Fragen einen Vertrag zu erstellen und auszudrucken. Die RAK Hamburg hatte WKD deshalb auf Unterlassung verklagt. Sie war der Auffassung, dass der Verlag mit „smartlaw“ eine unerlaubte Rechtsberatung anbietet, da er in konkreten fremden Rechtsangelegenheiten (§ 2 RDG) berate und dafür keine entsprechende Rechtsberatungserlaubnis habe. Letztere könnte er nach den gesetzlichen Voraussetzungen auch nicht erhalten.

     

    Das LG Köln hatte der Klage der RAK noch stattgegeben ‒ doch diese hatte beim OLG Köln und beim BGH keinen Erfolg (BGH 9.9.21, I ZR 113/20). Der BGH bejahte zunächst die Klagebefugnis der RAK nach dem UWG als Berufsorganisation (als Körperschaft des öffentlichen Rechts wäre die RAK nicht beschwert gewesen). Dieser Aspekt ist wichtig: Denn wäre die Klagebefugnis abgelehnt worden, wäre ein weiterer Gang zum BVerfG unmöglich. Die BGH-Richter haben dann Schritt für Schritt geprüft, ob

    • 1. es sich um eine Rechtsdienstleistung handelt,
    • 2. eine Tätigkeit ausgeübt wird und
    • 3. eine konkrete fremde Angelegenheit wahrgenommen wird.

     

    Die beiden ersten Punkte bejaht der BGH problemlos zu Recht. Und Punkt 3 lehnt der BGH ab. Denn er zieht den Vergleich zu Formularhandbüchern und auszufüllenden Vertragsformularen. Diese seien nicht auf einen konkreten Sachverhalt ausgerichtet. Übertragen auf den Generator formuliert der BGH: „Die Generierung des Dokuments erfolgt nicht auf der Grundlage eines der Beklagten (Wolters Kluwer) von einer bestimmten Person unterbreiteten konkreten Sachverhalts“. Das Angebot sei abstrakt und nicht auf einen konkreten Einzelfall ausgerichtet. Und weiter: „Eine solche abstrakte Angelegenheit wird nicht dadurch zu einer konkreten Angelegenheit, dass der Nutzer des Rechtsdokumentengenerators durch die Beantwortung vorgegebener Fragen Angaben zu einem realen Sachverhalt macht. Die Eingaben bewirken lediglich, dass die Textbausteine … abgerufen und zu einem Vertragsdokument zusammengestellt werden“. Eine andere Sichtweise sei auch nicht aus Gründen des Verbraucherschutzes erforderlich.

     

    Insgesamt hat der BGH Klarheit geschaffen und zeigt, dass der Wandel vom Formular zur elektronischen Bearbeitung an dem Rechtscharakter nichts ändert. Den Anwälten obliegt es nun, den (potenziellen) Mandanten klarzumachen, wo sie die bessere Beratung als der Generator im Internet bieten!

     

    Mit besten kollegialen Grüßen

    Ihr Martin W. Huff

    Quelle: Ausgabe 11 / 2021 | Seite 2 | ID 47719464