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  • · Nachricht · Leserforum

    beA: Risiken einer Kündigung per elektronischem Schriftsatz?

    | FRAGE: Wenn ich einen Mietvertrag fristlos kündige und sofort auf Räumung klage, verbinde ich Kündigungserklärung und Klageschrift. Die Gegenseite weist aber die mir per beA übertragene Vollmacht nach § 174 S. 1 BGB zurück und rügt die nicht eingehaltene Schriftform (§ 568 BGB). Doch mit einer qeS in der Anwaltssoftware kann ich nicht arbeiten, weil die Vollmacht vom Mandanten unterschrieben wird. Dasselbe Problem stellt sich, wenn ich vor Gericht eine Kündigung/ein Mieterhöhungsverlangen nachschiebe. Wie kann ich per beA die Schriftform einhalten und die Vollmacht im Original vorlegen? |

     

    ANTWORT von RiOLG Dennis Müller (Koblenz): Die Frage verdeutlicht in mehrfacher Hinsicht, dass mit der aktiven Nutzungspflicht des ERV tradierte Prozesse neu auf rechtliche Risiken abgeklopft werden müssen. Es bleibt zu hoffen, dass sich der Gesetzgeber dieses Problems zeitnah annimmt. Zurzeit ist von Folgendem auszugehen: Zum einen hat der Gesetzgeber die materiell-rechtliche elektronische Form (§ 126a BGB) bislang nicht an die prozessuale elektronische Form (§ 130a Abs. 3 ZPO) angeglichen. Deshalb müssen Sie immer, wenn Ihr Schriftsatz materiell-rechtlich schriftformbedürftige Erklärungen enthält, auch bei Nutzung des beA als sicherem Übermittlungsweg eine qeS anbringen. Zum anderen sprechen Sie zutreffend das Problem des Nachweises der Vollmacht an. Insoweit bedürfte es zusätzlich einer qeS des Mandanten, an der es regelmäßig fehlt.

     

    Es bleibt Ihnen daher in risikobehafteten Fällen nur der Weg, die Kündigung gesondert außerhalb des Schriftsatzes zu erklären ‒ wofür die Papierform möglich bleibt. Oder aber Sie müssen für den Mandanten vorab eine Bekanntgabe der entsprechenden Bevollmächtigung i. S. d. § 174 S. 2 BGB abfassen und diese dem Gegner außerhalb des Prozesses zuleiten.

    Quelle: Ausgabe 12 / 2022 | Seite 204 | ID 48711520