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  • · Fachbeitrag · Elektronischer Rechtsverkehr

    Das beA und das gerichtliche Mahnverfahren

    von Ilona Cosack, ABC AnwaltsBeratung Cosack, Mainz, https://bea-abc.de

    | Die aktive Nutzungspflicht für die Korrespondenz mit den Gerichten betrifft auch das gerichtliche Mahnverfahren, soweit Mahnbescheide für Antragsteller durch Prozessbevollmächtigte eingereicht werden. Der folgende Beitrag erläutert, was das in der beA-Praxis bedeutet. |

    1. Kanzleien, die ohne Anwaltssoftware arbeiten

    Arbeiten Sie ohne Anwaltssoftware, werden Sie für einen Mahnantrag die offizielle Seite der deutschen Mahngerichte nutzen, die federführend durch das Justizministerium Baden-Württemberg betreut wird: https://www.online-mahnantrag.de. Dabei gehen Sie folgendermaßen vor:

     

    • Wählen Sie das zuständige Bundesland (= Sitz des Antragstellers) aus. Antragsteller aus dem Ausland wählen „Berlin“.
    • Wählen Sie als Prozessbevollmächtigter des Antragstellers den „Download zum Individualversand vom lokalen PC (für Nutzer sicherer Übermittlungswege)“:
      • Das beA ist der „sichere Übermittlungsweg“, wenn der Anwalt mit seiner beA-Karte am beA angemeldet ist und selbst versendet.
      • Sollen Mitarbeiter den Mahnbescheid versenden, muss der Anwalt die Datei vor dem Versand mit einer qeS versehen. Danach kann ein Mitarbeiter den Mahnbescheid mit der beA-Mitarbeiterkarte versenden.
    • Das Formular erzeugt eine EDA-Datei (Elektronischer Daten-Austausch). Ursprünglich war damit der „Elektronische Datenträger-Austausch“ gemeint. Denn vor der Einführung des Internets wurden EDA-Dateien auf Disketten (Datenträger) per Post an die Mahngerichte verschickt, dort elektronisch ausgelesen und auf analogem Weg weiterbearbeitet.
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    • Beachten Sie | Die EDA-Datei ist eine maschinenlesbare Datei, die man nicht öffnen kann. Es erfolgt der Hinweis: „Änderungen des Antrags sind nicht zulässig. Wenn Sie die Daten nach dem Download ändern, zerstören Sie die Integrität der Datei; sie kann vom Mahngericht nicht mehr verarbeitet werden. Wenn Sie Daten ändern müssen, erstellen Sie unbedingt einen neuen Antrag. Übermitteln Sie keine unzulässigen Dateien an das Gericht. Insbesondere die Übermittlung der Antragsübersicht oder anderer Internetseiten im HTML-Format stören und verzögern die Bearbeitung Ihres Antrags.“
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    • Zum Herunterladen der EDA-Datei klicken Sie auf „Speichern“. Dabei wird die EDA-Datei als Download (mit dem Format: „EDA_MBA_TT_MM_JJJJ_sehr_lange_Ziffernfolge.eda“) zur Verfügung gestellt. Sie können diese Datei nun in einem elektronischen Verzeichnis / einer elektronischen Akte speichern und per beA an das Mahngericht schicken.
    • Als „Ausdruck für die Akten“ können Sie zusätzlich eine Übersicht der Antragsdaten als PDF-Datei speichern. Diese Datei ist nicht für die Übersendung an das Mahngericht, sondern „für Ihre Unterlagen“ bestimmt.

     

    Beachten Sie | An jedem ersten Mittwoch im Monat steht der Online-Mahnantrag von 8:00 bis 10:00 Uhr zwecks Wartung nicht zur Verfügung.

    2. Kanzleien, die mit Anwaltssoftware arbeiten

    Arbeiten Sie mit einer Anwaltssoftware, erzeugt diese selbst die EDA-Datei und Sie versenden dann über die beA-Schnittstelle.

    3. Per beA: Neue Nachricht mit „Schriftsatz“ versenden

    Erstellen Sie jetzt in Ihrem beA eine „Neue Nachricht“ und laden Sie die EDA-Datei als Anhang mit dem Dateityp „Schriftsatz“ in das beA. Die Anhangs-Bezeichnung können Sie freilassen. Das gerichtliche Mahnverfahren ist ein vollkommen automatisiertes Verfahren, sofern keine Beanstandungen notwendig sind. Sofern ein Mitarbeiter die Nachricht versendet, muss der Anwalt den Mahnbescheid mit einer qeS signieren.

    4. Den richtigen Empfänger auswählen

    Die Bearbeitung der Mahnsachen erfolgt durch zentrale Mahngerichte, wobei einige Bundesländer länderübergreifend gemeinsame Mahngerichte eingerichtet haben. Im beA ist das Auffinden der Mahngerichte ggf. schwierig, weil nicht alle Mahngerichte nach demselben Suchschema gefunden werden können. Die folgende Aufzählung zeigt die zuständigen Mahngerichte in den einzelnen Bundesländern:

     

    • Baden-Württemberg: Mahngericht beim AG 70190 Stuttgart
    • Bayern: AG 96450 Coburg (dieses führt den zusätzlichen Hinweis „Zentrales Mahngericht“)
    • Berlin: AG Wedding in 13357 Berlin (achten Sie darauf, das richtige Mahngericht auszuwählen, weil dort neben dem Mahngericht in Wedding auch das Europäische Mahngericht und das AG Wedding für Zivil- und Strafsachen sowie die Gerichtsvollzieherverteilerstelle ihren Sitz haben. Alle Gerichte werden unter verschiedenen SAFE-ID-Nummern erreicht!)
    • Brandenburg: s. Berlin (gemeinsames Mahngericht!)
    • Bremen: AG 28195 Bremen
    • Hamburg: Mahngericht in 22765 Hamburg-Altona (hier müssen Sie nach „Mahngericht“ und nicht nach „Amtsgericht“ suchen!)
    • Hessen: AG 36088 Hünfeld
    • Mecklenburg-Vorpommern: s. Hamburg (gemeinsames Mahngericht!)
    • Niedersachsen: AG Uelzen als „Zentrales Mahngericht NI“ 29525 Uelzen
    • Nordrhein-Westfalen
      • OLG-Bezirk Köln: AG 53879 Euskirchen („Zentrale Mahnabteilung“)
      • alle übrigen NRW-Bezirke: AG 58099 Hagen („Zentrale Mahnabteilung“)
    • Rheinland-Pfalz: AG 56727 Mayen
    • Saarland: s. Rheinland-Pfalz (gemeinsames Mahngericht!)
    • Sachsen und Sachsen-Anhalt: AG 06449 Aschersleben
    • Schleswig-Holstein: AG Schleswig als Mahngericht SH in 24837 Schleswig
    • Thüringen: s. Sachsen (gemeinsames Mahngericht!)

     

    PRAXISTIPP | Achten Sie beim Pflichtfeld „Justizbehörde“ darauf, dass das bei „Empfänger“ eingetragene Gericht identisch mit dem Eintrag bei „Justizbehörde“ ist. Speichern Sie die von Ihnen häufig benötigten Mahngerichte in Ihrem persönlichen Adressbuch (Achtung: Die Speicherung gilt nur für den jeweiligen Nutzer).

     

    5. Antrag über Anwaltssoftware stellen

    Wer mit Anwaltssoftware arbeitet, sollte auf Folgendes achten: Eine „Erfolgreich“-Meldung bedeutet nicht zwingend, dass der Mahnbescheid beim Mahngericht vollständig angekommen ist. Auch wenn es lästig ist: Es empfiehlt sich, den Versand und den Eingang der Nachricht und der Anhänge über die beA-Webanwendung zu kontrollieren.

     

    PRAXISTIPP | Wenn Sie Mitarbeiter sind, sollten Sie sich in der beA-Webanwendung bei „Persönliche Sichten“ einen Ordner „Postausgang“ für alle Anwälte anlegen. So können Sie hier ‒ auch bei mehreren Anwälten ‒ auf einen Blick kontrollieren, ob Postausgänge „hängengeblieben“ sind. Dies würde durch eine gelbe „1“ ersichtlich. Leider zeigt die Praxis, dass die Anwaltssoftware ein erfolgreiches Versenden gemeldet hat, die Nachricht jedoch noch im Ordner „Postausgang“ des beA steckte und nur per Zufall entdeckt wurde.

     

    6. Anhänge bei der Eingangsbestätigung kontrollieren

    Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes (hier: Berufungsbegründung) über das beA erfordert die Kontrolle, ob sich die erhaltene automatisierte Eingangsbestätigung gemäß § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO auf die Datei mit dem betreffenden Schriftsatz bezieht (BGH 20.9.22, XI ZB 14/22, Abruf-Nr. 231805; vgl. auch AK 22, 114).

     

    PRAXISTIPP | Exportieren Sie die gesendete Nachricht und überprüfen Sie danach in der ZIP-Datei die Datei „export.html“. Der Nachricht beigefügt sein müssen eine EDA-Datei, eine im beA erzeugte Signaturdatei (.eda.p7s) und der Strukturdatensatz (xjustiz_nachricht.xml). Aus der Zusammenfassung des Prüfprotokolls müssen sich Datum und Uhrzeit des Zugangs auf dem Justizserver mit dem Status „kein Fehler“ ergeben. Erst, wenn diese beiden Überprüfungen ohne Beanstandung erfolgt sind, darf die Frist gestrichen werden.

     

    7. Besonderheiten im Urkunden-Mahnverfahren beachten

    Prüfen Sie, ob anstelle des regulären Mahnverfahrens die Beantragung eines Urkunden-Mahnbescheids möglich ist. Urkunden können z. B. Ansprüche aus Mietverträgen sein. Bei einem Widerspruch oder Einspruch des Antragsgegners erfolgt die Überleitung in den Urkundenprozess (§ 703a ZPO). Der Erlass des Vollstreckungsbescheids kann unter Vorbehalt erfolgen.

    8. Folgeantrag über https://www.online-mahnantrag.de stellen

    Kanzleien ohne Anwaltssoftware müssen auch die Folgeanträge über die Formulare auf der Seite https://www.online-mahnantrag.de stellen, also den

    • Antrag auf Neuzustellung eines Mahnbescheids,
    • Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids,
    • Antrag auf Neuzustellung eines Vollstreckungsbescheids,
    • Widerspruch gegen einen Mahnbescheid.

    9. PKH nur für Gerichtskosten beantragen

    Wenn der Antragsteller die Gerichtskosten aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht oder nur in mehr als vier Raten aufbringen kann und die Rechtsverfolgung im Mahnverfahren nicht offensichtlich aussichtslos erscheint (§§ 114 ff. ZPO), kann PKH nur für die Gerichtskosten gewährt werden. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts wird mangels Notwendigkeit grundsätzlich abgelehnt. Den Antrag auf Bewilligung von PKH müssen Sie zusammen mit dem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids einreichen. Fügen Sie den PKH-Antrag nebst Anlagen als PDF-Dokument bei. Umstritten ist, ob das PKH-Formular im Original unterschrieben sein muss oder ob die Übermittlung eines elektronischen Dokuments genügt, sofern feststeht, dass die Erklärung von der Partei stammt (so LAG Mecklenburg-Vorpommern 18.6.21, 5 Ta 15/21, m. w. N., Abruf-Nr. 223187). Weisen Sie ggf. im Antrag darauf hin, dass das Original-PKH-Formular auf dem Postweg nachgereicht werden kann.

     

    PRAXISTIPP | Prüfen Sie, ob das Mahnverfahren der geeignete Weg zur Durchsetzung der Forderungen des Mandanten ist. Bei Klageeinreichung ist eine Beiordnung auch für die Anwaltsgebühren möglich.

     

    Beachten Sie | Das Mahnverfahren bietet eine schnelle und kostengünstige Möglichkeit zur Titulierung. Besonderheiten über das „normale“ Mahnverfahren hinaus, z. B. für den europäischen Zahlungsbefehl und die Vorteile des arbeitsgerichtlichen Mahnverfahrens sowie spezielle Zwangsvollstreckungsmöglichkeiten mittels beA, werden in dem IWW-Webinar am 28.11.22 von 13 bis 16 Uhr erläutert (iww.de/webinar/iww-webinar-bea-und-zwangsvollstreckung). Themen sind u. a.:

     

    • Auswirkungen bei der Auswahl von Sonderformen im gerichtlichen Mahnverfahren im Hinblick auf vorzeitige Einleitung der Zwangsvollstreckung
    • beA und europäischer Zahlungsbefehl?
    • das arbeitsgerichtliche Mahnverfahren
    • Aufträge an den Gerichtsvollzieher, auch außerhalb der Mobiliarvollstreckung
    • Zustellung nach Erlass einer einstweiligen Verfügung
    • Besonderheiten bei § 829a ZPO
    • Sicherheitsleistung und Problematiken bei der Hinterlegung
    • Korrespondenz mit dem Grundbuchamt bzw. der Zwangsversteigerungsabteilung

     

    Weiterführender Hinweis

    • In AK und auf der Seite https://bea-abc.de halten wir Sie auf dem Laufenden und informieren Sie, sobald es Neuigkeiten in Sachen beA gibt.
    Quelle: Ausgabe 11 / 2022 | Seite 187 | ID 48658661