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  • · Fachbeitrag · Vertragsarztrecht

    BSG: Auch „Wachstumsärzte“ können von Maßnahmen zur Honorarstützung profitieren

    von RAin Liv Schäfer, Kanzlei D+B Rechtsanwälte, Berlin, db-law.de

    | Wachstumsärzte, also Ärzte, denen von den KVen in der Anfangszeit der Niederlassung ein schnelles Wachstum der Fallzahlen zugebilligt wird, dürfen nicht von Honorarstützungsmaßnahmen durch sogenannte Konvergenzvereinbarungen ausgeschlossen werden. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden. In Zukunft werden somit Wachstumsärzte ‒ wie etablierte Praxen auch ‒ vor übermäßigen Honorareinbußen aufgrund von Änderungen des Vergütungssystems zu schützen sein (Urteil vom 30.10.2019, Az. B 6 KA 21/18 R). |

     

    Sachverhalt

    Die KV Schleswig-Holstein hatte im Zuge der Einführung von Regelleistungsvolumen (RLV) im Jahr 2009 eine Regelung vereinbart, nach der während einer Übergangsfrist die Verluste von Praxen auf maximal 7,5 Prozent ihres GKV-Umsatzes im Vorjahresquartal begrenzt wurden (sogenannte Konvergenzvereinbarung). Nur Wachstumsärzte (auch: Anfängerpraxen), die weniger als fünf Jahre niedergelassen sind und eine unterdurchschnittliche RLV-relevante Fallzahl aufweisen, wurden von dieser Honorarstützungsmaßnahme ausgeschlossen. Hingegen wurden etablierte Praxen mit unterdurchschnittlicher Fallzahl in die Konvergenzvereinbarung einbezogen.

     

    Der klagende Arzt forderte wegen erheblicher Honorarverluste im Quartal I/2009 gegenüber dem Vorjahresquartal in Höhe von 27,55 Prozent u. a. die Anwendung der Konvergenzregelung. Die Nichtanwendung sei eine willkürliche Diskriminierung von Praxen in der Wachstumsphase.

     

    Entscheidungsgründe

    Gegen die Entscheidungen der Vorinstanzen wandte sich der Kläger erfolgreich mit der Revision vor dem BSG. Das BSG führte aus, dass der Ausschluss von Wachstumsärzten von der Konvergenzregelung eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung beinhalte. Dabei sei u. a. in dem Umstand, dass Anfängerpraxen ‒ anders als etablierte Praxen ‒ noch nicht so lange ein bestimmtes Honorarniveau gewohnt sind, kein geeignetes Differenzierungskriterium zu sehen.

     

    FAZIT | Zwar ist die Übergangsfrist abgelaufen und RLV haben sich mittlerweile etabliert, doch wer weiß, was die Zukunft bringt. Bei künftigen Änderungen des Vergütungssystems kann es stets zu ähnlichen Konvergenzvereinbarungen kommen. Dabei werden fortan Wachstumsärzte genauso wie etablierte Praxen vor übermäßigen Honorareinbußen wegen Änderungen des Vergütungssystems zu schützen sein.

     

    Zusätzlich zeigt die Entscheidung, dass bei Ausschlüssen von begünstigenden Regelungen genau hinzusehen ist. Es gilt zu hinterfragen, ob die herangezogenen Differenzierungskriterien die Nichtanwendung einer begünstigenden Regelung tatsächlich rechtfertigen können. Für eine abschließende Bewertung der Entscheidung bleibt die schriftliche Urteilsbegründung des BSG abzuwarten.

     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2019 | Seite 14 | ID 46250297