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  • · Fachbeitrag · Gebührenrecht

    GOÄ-Faktorsteigerung: Begründungsmängel können noch im Gerichtsverfahren geheilt werden

    von Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht Torsten Münnch, D+B Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Berlin, db-law.de

    | Das Honorar des Arztes für privatärztliche Leistungen hängt nicht nur davon ab, welche Leistungen erbracht wurden, sondern insbesondere auch davon, ob die Rechnung formal korrekt erstellt wurde. In einem neueren Urteil des bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) ging es um die dabei häufig streitige Frage, ob eine Überschreitung des Regelsatzes ‒ also des 2,3-fachen des einfachen Gebührensatzes ‒ gerechtfertigt ist. Die Entscheidung des Gerichts ‒ die zwar den zahnärztlichen Bereich betrifft, aber ohne Weiteres auf ärztliche Leistung übertragbar ist ‒ belegt einerseits die doch recht hohen Anforderungen an die Begründung der Überschreitung, gewährt aber andererseits dem Arzt im Streitfall die Möglichkeit, seine Begründung zu ergänzen (Urteil vom 23.03.2023, Az. 24 B 20.549). |

    Der Fall

    Eine Beihilfestelle kürzte bei einer zur Erstattung eingereichten Zahnarztrechnung alle Leistungspositionen, bei denen der Zahnarzt einen 3,5-fachen Satz angesetzt hatte, auf den Regelsatz. Die Patientin erhob dagegen Widerspruch und legte ein Schreiben ihres Zahnarztes vor, in dem dieser die Überschreitungen näher begründete. Das erkannte die Beihilfestelle teilweise an, teilweise aber auch nicht. Die Patientin verklagte ihren Dienstherrn beim Verwaltungsgericht (VG) München auf weitere Erstattung ‒ und verlor. Das Gericht hielt die in der Rechnung enthaltenen Begründungen für die Überschreitung des Regelsatzes für zu allgemein bzw. unspezifisch. Die nachträglich vom Zahnarzt abgegebenen ausführlicheren Begründungen seien nicht anzuerkennen, weil die GOÄ ein Nachschieben von Gründen nicht vorsehe. In der Berufung revidierte der VGH die Vorinstanz und gestand der Beamtin weitere Beihilfe zu. Der Fall hat zwar einen beihilferechtlichen Einschlag, die Aussagen der Gerichte lassen sich aber auch auf eine Klage des Arztes/Zahnarztes gegen den Patienten auf Honorarzahlung übertragen.

     

    • Hintergrund: Anforderungen an eine Faktorsteigerung nach GOÄ

    Die GOÄ stellt in § 12 formelle Anforderungen an die Arztrechnung auf. Zu diesen gehört auch eine schriftliche Begründung bei Überschreitung des 2,3-fachen Satzes. Diese Begründung muss

    • erstens „auf die einzelne Leistung bezogen“ und
    • zweitens „für den Zahlungspflichtigen verständlich und nachvollziehbar“ sein.

     

    Die Begründungsmöglichkeiten zählt § 5 Abs. 2 GOÄ abschließend auf: [1] Die Schwierigkeit der einzelnen Leistung (die auch durch die Schwierigkeit des Krankheitsfalls begründet sein kann), [2] der Zeitaufwand der einzelnen Leistung und die [3] Umstände bei der Ausführung. Bei mindestens einem dieser Kriterien müssen „Besonderheiten“ vorliegen. Ist ein Kriterium bereits in der Leistungsbeschreibung der GOÄ-Position enthalten, kann es nicht mehr zur Begründung einer Regelsatzüberschreitung herangezogen werden.