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  • · Fachbeitrag · GOÄ-Reform

    „Plan B“ von Klaus Reinhardt: Die Abdingung ‒ Mit Vertrag mehr Honorar

    | Wegen der ‒ bei erheblich gestiegenen Kosten ‒ seit 1996 unveränderten GOÄ-Honorare und der aktuell bestehenden Weigerung von Karl Lauterbach, sich mit der GOÄneu zu beschäftigen, suchen immer mehr Ärzte einen Weg, auch Honorare zu erzielen, die über dem 3,5-fachen Satz liegen. Die Möglichkeit dazu bietet § 2 GOÄ, die „Abweichende Vereinbarung“, umgangssprachlich sagt man „Abdingung“, gemeint ist immer eine Honorarvereinbarung. Diese Variante hat der Präsident der Bundesärztekammer nun als „Plan B“ für den Fall ins Spiel gebracht, dass die GOÄneu nicht in absehbarer Zeit an den Start geht. Wie Sie „Plan B“ umsetzen, liesen Sie hier. |

    Viele Formalien sind zu beachten

    Das meiste, was bei der Vereinbarung eines höheren Faktors zu beachten ist, steht im § 2 GOÄ. Danach darf sich die Vereinbarung nur auf den Faktor beziehen. Das Vereinbaren von z. B. Pauschalen, einem höheren Punktwert oder unzutreffenden Abrechnungspositionen ist ebenso unzulässig wie das Außerkraftsetzen von Abrechnungsbestimmungen (z. B. Ziffernausschlüsse).

     

    Aber Vorsicht! Auch wenn es keine starren Grenzen für die Höhe des Faktors gibt, bietet auch eine Abdingungserklärung keine „Narrenfreiheit“. Sehr hohe Faktoren (z. B. 8- oder 12-fach) sind zwar durchaus möglich, wenn die Höhe der Beträge wegen z. B. besonderer Qualifikation des Arztes, dem Aufwand der Behandlung oder besonderem Service nachvollziehbar ist. Bewährt hat es sich aber, sich in der Höhe an „markt- oder ortsüblichen“ Preisen unter ähnlichen Umständen zu orientieren.

     

    In der Vereinbarung müssen die GOÄ-Nr(n) der Leistung(en), zu der die Vereinbarung getroffen werden soll, deren Leistungsbezeichnung, der jeweils zur Ziffer vereinbarte Steigerungssatz und der jeweils resultierende Betrag angeführt sein. Ein Hinweis im Text, dass eine Erstattung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in voller Höhe gewährleistet ist, ist unumgänglich. Selbstverständlich dürfen die allgemeinen Merkmale einer schriftlichen Vereinbarung (z. B. Ort, Datum und eigenhändige Unterschriften beider Beteiligter) nicht fehlen. Dem Zahlungspflichtigen muss ein „Abdruck“ der Vereinbarung (Kopie, zu empfehlen mit Paraphierung) ausgehändigt werden.

     

    Die Abdingungsvereinbarung muss unbedingt vor (!) Erbringung der Leistung persönlich zwischen Arzt und Zahlungspflichtigem (i. d. R. ist das der Patient), also im Rahmen eines direkten Gesprächs, getroffen werden. Eine Unterzeichnung ohne Anwesenheit des Arztes und ohne Gespräch darüber (z. B. bei der Anmeldung) ist unzulässig.

     

    MERKE | Für unter den § 5a GOÄ fallende Schwangerschaftsabbrüche und Leistungen der GOÄ-Abschnitte A, E, M und O ist eine Abdingung nicht erlaubt. Auch Notfall- und Schmerzbehandlungen dürfen nicht von einer Abdingungsvereinbarung abhängig gemacht werden. Das heißt aber nicht, dass die Abdingung im gesamten Behandlungsverlauf unzulässig wäre.

     

    Keinen Grund angeben!

    Ein häufig gemachter Fehler ist, in die Abdingungsvereinbarung auch einen Grund für den höheren Faktor aufzunehmen (z. B., dass eine mit besonderen Kosten verbundene Behandlung erfolgt). Es heißt aber in § 2 GOÄ, dass die Vereinbarung keine weiteren Hinweise enthalten darf, somit auch keinen Grund für den höheren Faktor. Die Vereinbarung wird ansonsten formal ungültig! Wenn es Sinn macht, dass der Patient den Grund für die Abdingung schriftlich erläutert bekommt, muss das in einem gesonderten Schriftstück angeführt werden. Das mag ihm ggf. helfen, beim Kostenträger die Erstattungsfrage zu klären.

    Vorsicht „Formular“

    Die Abdingungserklärung darf nicht den Charakter einer „allgemeinen Geschäftsbedingung“ haben. Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25.10.2004 gilt, dass die ohnehin durch § 2 GOÄ vorgegebenen Inhalte und allgemeinen Formalien auch vorgedruckt sein dürfen. Die „auszuhandelnden“ Bestandteile (Ziffern, Faktor und resultierende Beträge) müssen jedoch handschriftlich eingetragen werden, logischerweise dann auch die Kurztexte der Leistungen.

     

    PRAXISTIPP | In erster Linie ist die Abdingung gebräuchlich, um Honorare noch oberhalb des 3,5-fachen Faktors zu erzielen. Die Abdingung kann aber auch dann eingesetzt werden, wenn man einen Faktor oberhalb von 2,3-fach, aber noch innerhalb der Spanne bis zum 3,5-fachen Satz anwenden möchte. Das macht dann Sinn, wenn es für die Faktorerhöhung keinen der nach § 5 GOÄ zulässigen Gründe (höhere Schwierigkeit, Zeitaufwand, Umstände bei der Ausführung, Besonderheiten des Krankheitsfalls) gibt.

     

    Erstattungsverhalten und Akzeptanz

    Wird die Abdingung zu Leistungen getroffen, für die ohnehin keine Erstattungspflicht besteht (z. B. rein ästhetisch begründeten Leistungen), sind Probleme nicht bekannt. Der Patient kennt und akzeptiert den Preis. Ist für das Arzthonorar ein Kostenträger grundsätzlich erstattungspflichtig, sollte der Patient mit ihm vorher die Erstattungsfrage klären. Dabei hilft ihm dann ggf. die gesondert beigefügte Begründung. Beihilfen sind nach den Beihilfeverordnungen generell für das 3,5-fach übersteigende Honorar nicht erstattungspflichtig, es sind nur seltene zustimmende Einzelfallentscheidungen bekannt. Wenn z. B. aus der beigefügten Erläuterung ein besonders hoher Zeitaufwand oder besonders hohe Kosten hervorgehen und der Versicherungsvertrag das nicht grundsätzlich ausschließt, wird von PKVen oft erstattet. Bei „vernünftigen“ Gründen sind viele Patienten bereit, eine evtl. Differenz selber zu tragen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Ein Musterschreiben für eine Honorarvereinbarung finden Sie hier.
    Quelle: Ausgabe 08 / 2018 | Seite 12 | ID 45388740