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  • 14.11.2022 · IWW-Abrufnummer 232248

    Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Beschluss vom 22.07.2022 – 26 Ta (Kost) 6016/22

    Enthält ein Versäumnisurteil nach teilweiser Klagerücknahme eine "gemischte Kostenentscheidung", so ist diese hinsichtlich der Kosten, die auf der Rücknahme beruhen, gesondert anfechtbar (vgl. BGH 28. Februar 2007 - XII ZB 165/06 , Rn. 8; OLG Köln 9. Januar 1998 - 3 W 66/97 , Rn. 1; OLG München 30. Juni 2011 - 5 W 1020/11, Rn. 6; Hessisches LAG 27. April 2005 - 17/13 Ta 573/04, Rn. 8; Stein-Jonas/Roth § 269 Rn 64; MüKo-ZPO/Becker-Eberhard § 269 Rn. 76).

    Insoweit kam es hier nicht darauf an, ob sich das Ergebnis aus einer entsprechenden Anwendung des § 99 Abs. 2 ZPO oder § 269 Abs. 5 ZPO ergibt (vgl. dazu Bader/Nungeßer, NZA 2007, 1200, 1202, auch zur Frage des Erfordernisses einer Begründung des Versäumnisurteils in diesem Fall).


    Tenor:
    1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Kostengrundentscheidung im Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. Dezember 2021 - 36 Ca 11790/21 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.


    2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.



    Gründe



    I.



    Der Kläger wendet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen die Kostenentscheidung im Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts vom 16. Dezember 2021.



    Der Kläger hat mit seiner Klage zunächst Beschäftigung als Konstrukteur und im Übrigen Vergütung nach "Stufe 12 Hauptstufe des Entgeltrahmenabkommens (ERA)" geltend gemacht.



    Zu dem auf den 16. Dezember 2021 anberaumten Termin erschien für die Beklagte niemand. Der Kläger hat - unter Rücknahme der Klage im Übrigen - beantragt, ihn vertragsgemäß als Konstrukteur zu beschäftigen. Das Arbeitsgericht hat ein dem Antrag entsprechendes Versäumnisurteil erlassen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es "bei einem Kostenstreitwert von 22.404,88 Euro" der Beklagte zu 17 vH und dem Kläger zu 83 vH auferlegt.



    Mit Schriftsatz vom 3. Januar 2022 hat der Kläger gegen die Kostenentscheidung aus dem Versäumnisurteil sofortige Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass der Kostenstreitwert zu hoch angesetzt worden sei. Der monatlich geforderte Entgeltunterschied betrage wegen seiner Teilzeit nur 80 vH. Daraus ergebe sich eine Vergütungsdifferenz in Höhe von 495,20 Euro und nicht in Höhe von 619 Euro, die das Gericht zugrunde gelegt habe. Diese Argumentation hat der Kläger nach den Hinweisen des Arbeitsgerichts in der Nichtabhilfeentscheidung aufgeben und die Festlegung eines Differenzbetrages in Höhe von 516 Euro durch das Arbeitsgericht als zutreffend bestätigt. Zudem sei "der Gesamtbetrag der geforderten Leistung geringer" als der dreijährige Vergütungsdifferenzbetrag. Hintergrund sei eine für den 1. Oktober 2022 geplante Betriebsveräußerung. Zudem wäre mit Rechtskraft der Entscheidung über den Weiterbeschäftigungsantrag angesichts des dann wieder vorhandenen Zwischenvorgesetzten der Anspruch auf die höhere Vergütung wieder entfallen. Das wäre bei Auslegung seiner Klageanträge zu berücksichtigen gewesen. Bei einem auf 39 vH verringerten Streitwert für den Eingruppierungsantrag wäre eine Aufteilung der Kosten von 61 vH für die Beklagte und in Höhe von 39 vH für ihn gerechtfertigt gewesen. Im Übrigen sei er nicht auf die sich aus der Klagerücknahme ergebende Kostenfolge hingewiesen worden. Bei einem entsprechenden Hinweis hätte er anders agiert. Zudem habe es sich bei verständiger Würdigung des Antrags zu 2) um einen Hilfsantrag für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1) gehandelt. Er habe ihn nämlich für den Fall gestellt, dass er weiterhin dem Herrn Dr. M. direkt unterstellt wäre, was bei der Beschäftigung als Konstrukteur - wie mit dem Antrag zu 1) beantragt - nicht der Fall sei. Die Rücknahme sei daher überflüssig gewesen.



    Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das damit begründet, dass den Kläger die Kostenlast für den zurückgenommenen Teil der Klage treffe. Für die Bestimmung des Streitwerts sei von einem Bruttoeinkommen in Höhe von 3.828,88 Euro auszugehen. Daraus ergebe sich für den Beschäftigungsantrag ein Betrag in Höhe von 3.828,88 Euro und bei Berücksichtigung der Teilzeitbeschäftigung des Klägers für den Eingruppierungsantrag eine zugrunde zu legende Vergütungsdifferenz in Höhe von 516 Euro. Aus dem klägerischen Begehren lasse sich keine zeitliche Beschränkung entnehmen.



    II.



    1) Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Enthält ein Urteil nach teilweiser Klagerücknahme eine "gemischte Kostenentscheidung", so ist diese hinsichtlich der Kosten, die auf der Rücknahme beruhen, gesondert anfechtbar (vgl. BGH 28. Februar 2007 - XII ZB 165/06, Rn. 8; OLG Köln 9. Januar 1998 - 3 W 66/97, Rn. 1; OLG München 30. Juni 2011 - 5 W 1020/11, Rn. 6; Hessisches LAG 27. April 2005 - 17/13 Ta 573/04, Rn. 8; Stein-Jonas/Roth § 269 Rn 64; MüKo-ZPO/Becker-Eberhard § 269 Rn. 76). Insoweit kommt es hier nicht darauf an, ob sich das Ergebnis aus einer entsprechenden Anwendung des § 99 Abs. 2 ZPO oder § 269 Abs. 5 ZPO ergibt (vgl. dazu Bader/Nungeßer, NZA 2007, 1200, 1202, auch zur Frage des Erfordernisses einer Begründung des Versäumnisurteils in diesem Fall).



    2) Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet, da das Arbeitsgericht von zutreffenden Streitwerten ausgegangen ist und sich aus der Klagebegründung auch nicht ergibt, dass der Antrag zu 2) als Hilfsantrag gemeint war. Das Arbeitsgericht hat auch keine Hinweispflicht missachtet.



    a) Das Arbeitsgericht hat den Antrag zu 1) richtig mit einem Bruttoeinkommen bewertet. Auch die Bewertung des Antrags zu 2) ist nicht zu beanstanden. Das Arbeitsgericht ist dabei zutreffend vom 36-fachen Vergütungsdifferenzbetrag ausgegangen. Eine zeitliche Beschränkung ergab sich aus der Klagebegründung nicht. Eine Betriebsveräußerung könnte sich auf den Anspruch des Klägers im Zweifel ohnehin nicht auswirken. Jedenfalls hatte der Kläger dazu auch nichts vorgetragen. Eine zeitliche Beschränkung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Anspruch des Klägers im Falle der Rechtskraft der Entscheidung über den Antrag zu 1) ohnehin entfallen wäre. Dieser Zusammenhang ergab sich aus dem der Vortrag des Klägers nicht.



    b) Der Antrag zu 2) war daher auch nicht als Hilfsantrag zu erkennen. Eine Weiterbeschäftigung als Konstrukteur wäre auch unter dem Vorgesetzten Dr. M. nicht ausgeschlossen gewesen. Der Kläger hat seine Klage allerdings insoweit damit begründet, dass sich aus der Unterstellung unter Herrn Dr. M. ergebe, dass er höher eingruppiert werden müsse. Er hat aber nicht erkennen lassen, dass das im Falle einer Fortführung seiner Aufgabe als Konstrukteur nicht mehr der Fall sein sollte. Insbesondere war seinem Vortrag nicht zu entnehmen, dass er die höhere Vergütung gerade nur für den Fall eines Unterliegens mit dem Antrag zu 1) geltend machen wolle.



    c) Daran ändert sich auch nichts durch eventuell unterbliebene Hinweise des Gerichts über die Kostenfolgen. Für die Höhe des Streitwerts ist grundsätzlich die den jeweiligen Streitgegenstand betreffende Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet. Das war bezüglich der hier relevanten Streitgegenstände die Antragstellung in der Klageschrift. Das Arbeitsgericht hatte daher nicht die Möglichkeit, durch ein Hinwirken auf die Formulierung eines Hilfsantrags an der Kostenfolge etwas zu ändern. Hätte der Kläger allerdings tatsächlich einen Hilfsantrag formuliert oder wäre sein Antrag jedenfalls als solcher auslegbar gewesen, wäre er angesichts des Obsiegens des Klägers nicht zur Entscheidung angefallen. Die vorherige Klagerücknahme hätte insoweit zu keinem anderen Ergebnis geführt, da Hilfsanträge den Streitwert nur beeinflussen können, wenn sie zur Entscheidung anfallen. Die Klagerücknahme hätte dem entgegengestanden. Im Übrigen war die Anregung auch in der Sache nicht fehlerhaft.



    III.



    Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.



    IV.



    Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

    Vorschriften§ 99 Abs. 2 ZPO, § 269 Abs. 5 ZPO, § 97 Abs. 1 ZPO