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  • 03.02.2022 · IWW-Abrufnummer 227304

    Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern: Beschluss vom 23.12.2021 – 2 Ta 37/21

    1. Im Kostenfestsetzungsverfahren wird nach einer gerichtlichen Kostengrundentscheidung über die Erstattungsfähigkeit von Verfahrenskosten nach prozessualen Maßstäben und Maßgabe des Kostenrechts entschieden.

    2. Die Kostengrundentscheidung trifft keine Aussage über die Erstattungsfähigkeit von Verfahrenskosten.

    3. Im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren ist der Umfang der erstattungsfähigen Kosten über § 91 ZPO hinaus durch § 12 a ArbGG eingeschränkt. Danach sind Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten in der I. Instanz trotz positiver Kostengrundentscheidung nicht ersetzbar.


    Tenor:
    1. Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 08. November 2021 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Schwerin vom 05. November 2021 zum Az.: 4 Ca 104/21 wird als unbegründet zurückgewiesen.


    2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.


    3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.



    Gründe



    I.



    Der Kläger hat als Insolvenzverwalter über das Vermögen eines Arbeitnehmers des Beklagten Klage auf Aufzahlung an ihn abgetretener, pfändbarer Lohnanteile gegen den Beklagten erhoben.



    Nach Erfüllung der Klageforderung hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte ist dem nach Belehrung im Sinne von § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO nicht entgegengetreten.



    Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 23. März 2021 tenoriert:



    "I. Der Rechtsstreit ist erledigt.-



    II. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt."



    Mit Schriftsatz vom 24. März 2021 hat der Kläger bezüglich Gebühren und Auslagen in Höhe von 1.017,45 € basierend auf einem gerichtlicherseits mitgeteilten Streitwert in Höhe von 4.848,88 € die Kostenfestsetzung beantragt.



    Das Arbeitsgericht hat die Festsetzung dieser Kosten zu Lasten des Beklagten nach Gewährung rechtlichen Gehörs mit dem angegriffenen Beschluss vom 05.11.2021 unter Verweis auf § 12 a ArbGG abgelehnt.



    Gegen diesen ihm am 05. November 2021 zugestellten Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde vom 08. November 2021, die am selben Tage beim Arbeitsgericht eingegangen ist. Der Kläger stützt seine Beschwerde auf die getroffene rechtskräftige Kostengrundentscheidung in dem Beschluss des Arbeitsgerichts Schwerin vom 23. März 2021 und vertritt die Auffassung, daraus ergebe sich sein Anspruch auf Festsetzung der ihm entstandenen Prozesskosten gegen den Beklagten.



    Das Arbeitsgericht Schwerin hat der Beschwerde unter nochmaligem Hinweis auf § 12 a Abs. 1 ArbGG nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.



    Das Landesarbeitsgericht hat rechtliches Gehört gewährt.



    II.



    Die zulässige Kostenbeschwerde ist unbegründet.



    1.



    Die Beschwerde ist innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Beschwerdefrist sowie gesetzlich vorgesehenen Form (§ 569 ZPO) eingelegt. Sie ist als Kostenbeschwerde statthaft, da der Wert der Beschwer den Betrag von 200,00 € übersteigt (§ 567 Abs. 2 ZPO). Die Prozessbevollmächtigten des Klägers sind nach § 126 ZPO berechtigt, die Forderung aus eigenem Recht gegenüber dem Gegner geltend zu machen.



    2.



    Die Beschwerde ist nicht begründet.



    Nach der im gerichtlichen Beschluss vom 23. März 2021 enthaltenen Kostengrundentscheidung können die in § 91 ZPO i.V.m. § 12 a Abs. 1 ArbGG genannten außergerichtlichen Kosten, die durch die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts entstanden sind, trotz der vorliegenden Kostengrundentscheidung nicht vom Gegner verlangt werden.



    In dem Kostenfestsetzungsverfahren wird nämlich nach einer gerichtlichen Kostengrundentscheidung über die Erstattungsfähigkeit von Verfahrenskosten nach prozessualen Maßstäben und Maßgabe des Kostenrechts entschieden (vgl. BAG, Urteil vom 28.05.2009 - 8 AZR 226/08 - Rn. 17, juris). Im Kostenfestsetzungsverfahren wird ausschließlich geprüft, ob ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch nach den §§ 91 ff. ZPO, § 12 a ArbGG besteht.



    Der Kostengrundentscheidung vom 23. März 2021 selbst trifft keine Aussage bezüglich der Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten auf Seiten der klagenden Partei. Auch wenn mit der Kostengrundentscheidung die Kosten des Rechtsstreits dem Gegner auferlegt sind, ist hiermit keinerlei Aussage zum Kostenfestsetzungsverfahren getroffen. Es können lediglich erstattungsfähige Kosten festgesetzt werden. Zu diesen äußert sich die Kostengrundentscheidung nicht.



    Auf Basis der Kostengrundentscheidung kann zwar die Erstattung bzw. der Ausgleich der Kosten durch den Begünstigten der Kostengrundentscheidung beantragt werden, erstattungsfähig sind die Kosten jedoch nur, soweit ihre Entstehung notwendig war (§ 91 ZPO). Im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren ist der Umfang der erstattungsfähigen Kosten über § 91 ZPO hinaus durch § 12 a ArbGG zusätzlich eingeschränkt. Aus dieser Norm folgt, dass die Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten in der I. Instanz trotz positiver Kostengrundentscheidung nicht ersetzbar sind.



    Grundsätzlich ergibt sich aus den Bestimmungen der §§ 91 ff. ZPO der Umfang, der durch die unterliegende Partei zu erstattenden Kosten. Nach § 91 Abs. 2 ZPO gehören hierzu die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei. Hiervon macht § 12 a Abs. 1 S. 1 ArbGG eine Ausnahme. Nach dieser Norm besteht im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Erstattung der Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten. § 12 a Abs. 1 S. 1 ArbGG ist eine "andere Bestimmung" im Sinne von § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG. Die Vorschrift dient dem Zweck, beide Parteien im arbeitsgerichtlichen Verfahren durch Freistellung von Kosten der Prozessbevollmächtigten in der I. Instanz vor überhöhten Kostenrisiken zu bewahren. Sie findet auch dann Anwendung, wenn der Prozess ohne Obsiegen einer Partei endet (BAG, Beschluss vom 27.10.2014 - 10 AZB 93/14 - Rn. 6, juris).



    Nach der Grundregelung in § 91 Abs. 2 ZPO gehören die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der "obsiegenden Partei" in allen Prozessen zu den erstattungsfähigen Kosten. Diese Bestimmung definiert, obwohl sie ihrem Wortlaut nach nur die obsiegende Partei betrifft, alle erstattungsfähigen Kosten, auch dann, wenn die Kosten ohne Obsiegen einer Partei - z. B. nach § 91 a ZPO - zu verteilen sind. Das ergibt sich daraus, dass in den gesetzlichen Regeln über die Kostenverteilung immer nur von den "Kosten" die Rede ist, ohne dass sie dort besonders und anders definiert würden.



    Abweichend von § 91 Abs. 2 ZPO bestimmt § 12 a Abs. 1 ArbGG als insoweit vorgehende Spezialregelung, dass in Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs vor dem Arbeitsgericht kein Anspruch der "obsiegenden Partei" auf Erstattung der Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten besteht. Mit dieser Formulierung knüpft das Arbeitsgerichtsgesetz ersichtlich an die Regelung des § 91 Abs. 2 ZPO und damit an die Definition des Begriffs der erstattungsfähigen Kosten an und will insoweit eine abweichende Regelung treffen. Das entspricht auch dem Zweck der Bestimmung, beide Parteien im arbeitsgerichtlichen Verfahren durch Freistellung von Kosten der Prozessbevollmächtigten in der I. Instanz vor überhöhten Kostenrisiken zu bewahren. Das gilt auch dann, wenn der Prozess ohne Obsiegen einer Partei - beispielsweise bei Erledigterklärung - endet (BAG, Beschluss vom 16.11.2005 - 3 AZB 45/05 - Rn. 13, 14, juris).



    Danach hat das Arbeitsgericht in dem angegriffenen Beschluss die von den klägerischen Prozessbevollmächtigten beantragte Kostenfestsetzung zu Recht unter Hinweis auf § 12 a ArbGG abgelehnt, denn es handelt sich nicht um erstattungsfähige Kosten. Daran ändert die ergangene Kostengrundentscheidung nichts.



    III.



    Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, da das von ihm eingelegte Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 Abs. 1 ZPO).



    Diese Entscheidung ist rechtskräftig. Ein weiteres Rechtsmittel sieht das Gesetz nicht vor. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an den notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen im Sinne von § 574 ZPO.

    Vorschriften