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  • 16.05.2012 · IWW-Abrufnummer 121523

    Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 21.12.2011 – 9 Sa 136/11

    Ein Auflösungsantrag des Arbeitnehmers nach § 9 Abs. 1 KSchG bedarf eines über den Ausspruch der unwirksamen Kündigung hinausgehenden von der Rechtsordnung missbilligten Verhaltens des Arbeitgebers. Der bloße Ausspruch einer sozial nicht gerechtfertigten Kündigung ist, auch dann, wenn sie zu einer Erkrankung des Arbeitnehmers führt, noch kein von der Rechtsordnung missbilligtes Verhalten des Arbeitgebers, welches die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 9 Abs. 1 KSchG begründen könnte.


    9 Sa 136/11

    Tenor:
    1. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Freiburg, Kammern Villingen-Schwenningen vom 11.08.2011 - 13 Ca 151/11 - wird zurückgewiesen.

    2. Der Auflösungsantrag des Klägers wird zurückgewiesen.

    3. Von den Kosten der Berufung trägt die Beklagte 2/3, der Kläger 1/3.

    4. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

    Tatbestand
    Die Parteien streiten in der Berufung über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen arbeitgeberseitigen ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung sowie darüber, ob das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Klägers aufzulösen ist.

    Der zum Zeitpunkt der Klagerhebung 32 Jahre alte Kläger ist bei der Beklagten seit 09.01.1998 als Arbeiter beschäftigt. Er ist gegenüber 3 Kindern zum Unterhalt verpflichtet, verheiratet und verdiente zuletzt € 2.280,00 brutto monatlich.

    Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger durch ordentliche Kündigung vom 30.03.2011 zum 31.08.2011 gekündigt. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 13.04.2011 beim Arbeitsgericht Freiburg, Kammern Villingen-Schwenningen eingegangenen Kündigungsschutzklage. Die betrieblichen Voraussetzungen für die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes liegen unstreitig vor.

    Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Arbeitsvertrag vom 26.08.1998 (AS 66 d. arbeitsgerichtlichen Akte) sowie der Ergänzung zum Arbeitsvertrag zur Neuregelung von Arbeitszeit und Flexibilisierung der Arbeitszeit vom 01.12.2004 (AS 53 ff. d. arbeitsgerichtlichen Akte) und einer Ergänzung zum Arbeitsvertrag vom 01.04.2005. Eine weitere Ergänzung zum Arbeitsvertrag vom 20.06.2006, mit der die Beklagte dem Kläger angetragen hatte, die bisherige Wochenarbeitszeit von 38 Stunden auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich zu erhöhen, wurde vom Kläger nicht unterzeichnet.

    Die Beklagte stützt die Kündigung darauf, dass der Kläger trotz mehrfacher Abmahnungen weiter gravierende Vertragsverletzungen begangen habe. Sie wirft ihm vor, am 16.03.2011 seinen Arbeitsplatz vorzeitig verlassen zu haben. Er habe eigenmächtig ohne Genehmigung der Vorgesetzten den Schichtplan tauschen wollen und darüber hinaus habe er einen Arbeitszeitbetrug begangen, weil er ohne abzustempeln sich vom Arbeitsplatz entfernt habe um eine Zigarette zu rauchen.

    Eine von der Beklagten am 18.08.2011 ausgesprochene Kündigung zum 31.01.2012 hat der Kläger gerichtlich nicht angegriffen.

    Vor dem Arbeitsgericht hat der Kläger vorgetragen, die ausgesprochene Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Am 16.03.2011 habe er jedenfalls nicht vorsätzlich seine Arbeit zu früh beendet. Er sei an diesem Tag zu seinem regelmäßigen Schichtbeginn um 07:00 Uhr im Betrieb erschienen, dann jedoch in eine parallel laufende Schicht eingeteilt worden, bei der die Arbeitnehmer bereits um 06:00 Uhr angefangen hätten. Nachdem er dort mit den anderen Arbeitnehmern zusammen gearbeitet habe, habe er um 15:15 Uhr, wie die anderen Mitarbeiter auch, die Arbeit beendet und sei nach Hause gegangen. Er sei davon ausgegangen, dass sich seine Arbeitszeit nach dem Schichtende der Schicht, zu der er eingeteilt gewesen sei, richten würde. Er habe auch korrekt ausgestempelt. Es liege lediglich ein Missverständnis vor, welches auch die Beklagte zu verantworten habe, weil sie ihm keine andere Weisung erteilt habe. Im Übrigen sei nicht, wie von der Beklagten eigenmächtig zugrunde gelegt, von einer 40 Stundenwoche, sondern nur von einer 38 Stundenwoche für den Kläger auszugehen. Der Kläger habe die Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag, mit der die 40 Stundenwoche ohne Lohnausgleich eingeführt werden sollte, gerade nicht unterschrieben.

    Er habe auch nicht am 18.03.2011 eine Pflichtverletzung dadurch begangen, dass er eigenmächtig die Schicht getauscht habe. Er habe die Vorgesetzte Frau B. darauf angesprochen, ob ein Schichtwechsel mit einem Kollegen möglich sei. Diese habe das ohne Angabe von Gründen abgelehnt. Daraufhin habe er einen Arbeitskollegen angesprochen, ob dieser mit ihm tauschen wolle. Der sei dazu bereit gewesen. Er habe jedoch nicht eigenmächtig die Schicht getauscht, sondern lediglich die Möglichkeiten eines Tausches mit dem Kollegen besprochen. Er habe auch weder die Beklagte noch seine Vorgesetzte Frau B. vor vollendete Tatsachen gestellt. Auch der Vorwurf, er habe am 09.03.2011 einen Arbeitszeitbetrug begangen indem er eine Zigarette außerhalb des Arbeitsplatzes ohne vorher abzustempeln geraucht habe, sei nicht gerechtfertigt. Zwar sei es zutreffend, da er im Hinblick auf das Rauchverbot sich vom Arbeitsplatz ohne Abstempeln entfernt habe. Jedoch habe ihn die Beklagte wegen dieses Vorfalls abgemahnt, sodass sie eine Kündigung hierauf nicht mehr stützen könne. Auf die Abmahnung vom 09.03.2011 (AS 12 d. arbeitsgerichtlichen Akte) wird Bezug genommen.

    Bei dem Arbeitsgericht hat der Kläger - soweit für das Berufungsverfahren von Interesse - beantragt

    festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis des Klägers bei der Beklagten ungekündigt fortbesteht und insbesondere nicht aufgrund der Kündigung vom 30.03.2011 mit Wirkung zum 31.08.2011 beendet wird.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Vor dem Arbeitsgericht hat sie vorgetragen, die ausgesprochene ordentliche Kündigung sei als verhaltensbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt gewesen. Der Kläger habe seinen Arbeitsplatz am 16.03.2011 bereits um 15:15 Uhr verlassen, obwohl seine Arbeitszeit von 07:00 bis 16:30 Uhr gewesen sei. Der Kläger hätte sich bei Schichtende bei seinem Vorgesetzten erkundigen müssen, was er bis zum Ende seiner Arbeitszeit arbeiten solle, statt eigenmächtig seinen Arbeitsplatz frühzeitig zu verlassen. Darüber hinaus habe der Kläger sich am 18.03.2011 pflichtwidrig verhalten. Seine Vorgesetzte Frau B. habe den Schichtplan für die Folgewoche verteilt und kurz darauf habe sich der Kläger gemeldet, er wolle die Schicht tauschen. Ihm sei mitgeteilt worden, dass dies aus personellen Gründen nicht gehe. Gleichwohl habe der Kläger mit seinem Kollegen Herrn R. dann die Schicht getauscht. Zudem habe er bei einem daran anschließenden Telefonat mit Frau B. sich frech und unverschämt verhalten und erklärt, er könne machen, was er wolle und den Telefonhörer hingeschmissen.

    Darüber hinaus sei die Kündigung auch durch die Vertragsverletzung vom 09.03.2011 begründet. Die Abmahnung erfasste nur den Umstand, dass der Kläger gegen das im Betrieb herrschende Rauchverbot verstoßen habe. Der damit verbundene Arbeitszeitbetrug sei nicht abgemahnt und stelle einen Arbeitszeitbetrug dar.

    Darüber hinaus verweist die Beklagte darauf, dass der Kläger mehrfach wegen weiterer Vertragsverletzungen abgemahnt worden ist.

    Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vortrags wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

    Durch Teilurteil vom 11.08.2011 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 30.03.2011 zum 31.08.2011 beendet wird, da die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt sei. Zur Begründung hat es ausgeführt, bezüglich des Vorfalls vom 18.03.2011 (Schichttausch) habe die Beklagte bereits keinen zur Kündigung geeigneten Pflichtverstoß des Klägers vorgetragen. Der Kläger habe auch nach der Darstellung der Beklagten die Schicht nicht eigenmächtig getauscht, sondern lediglich einen Tauschpartner gefunden. Der Vorfall vom 16.03.2011 (vorzeitiges Verlassen des Arbeitsplatzes) sei angesichts der konkreten Umstände ebenfalls nicht als Kündigungsgrund geeignet. Es sei nachvollziehbar, dass der Kläger dem Irrtum erlegen sei, dass er wie seine Arbeitskollegen aus der Schicht, in der er dann kurzfristig eingesetzt worden ist, ebenfalls um 15:15 Uhr Arbeitsende gehabt habe. Insbesondere fehle es an einer Wiederholungsgefahr. Auch der Vorfall vom 09.03.2011 (nicht ordnungsgemäßes Abstempeln einer eigenmächtig genommenen Raucherpause) führe nicht zur Wirksamkeit der Kündigung, denn dieses Verhalten habe die Beklagte noch am selben Tag abgemahnt und es sei daher als Kündigungsgrund verbraucht. In der Abmahnung sei ihm gerade zum Vorwurf gemacht worden, dass er während der regulären Arbeitszeit geraucht habe. Daher sei der mit dem unerlaubten Rauchen verbundene Arbeitszeitbetrug ebenfalls durch die Abmahnung als Kündigungsgrund verbraucht. Zudem wäre die Raucherpause so kurz gewesen, dass sie nicht ohne eine vorherige Abmahnung auch bezüglich des damit verbundenen "Arbeitszeitbetruges" möglich sei.

    Die Beklagte hat danach das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 18.08.2011 erneut fristgerecht zum 31.01.2012 gekündigt. Diese Kündigung ist vom Kläger nicht angegriffen worden und beendet das Arbeitsverhältnis.

    Das Teilurteil wurde dem Beklagtenvertreter am 06.09.2011 zugestellt. Die Berufung der Beklagten hiergegen ging fristgerecht am 26.09.2011 beim Landesarbeitsgericht ein und wurde ebenso fristgerecht am 02.11.2011 begründet.

    Zur Begründung der Berufung führt die Beklagte aus, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes sei die Kündigung sozial gerechtfertigt. Bezüglich des Vorfalls am 18.03.2011 habe der Kläger den Schichttausch mit dem Arbeitskollegen R. bereits verbindlich vereinbart gehabt, trotz des Umstandes, dass ihm zuvor von seiner Vorgesetzten Frau B. der Tausch in der Frühschicht untersagt worden sei. Er habe den Schichttausch dann auch durchgeführt, entgegen seiner Behauptung jedoch ohne die Zustimmung der Vorgesetzten Frau H.. Zudem habe er in einem Telefonat gegenüber Frau B. geäußert, "Ich kann machen was ich will", was dahingehend zu verstehen sei, dass er sich um das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht kümmere.

    Die vorzeitige Beendigung der Arbeitstätigkeit am 16.03.2011 sei vom Arbeitsgericht ebenfalls als Kündigungsgrund verkannt worden. Wenn das Arbeitsgericht davon ausgehe, dieser Vorfall hätte lediglich abgemahnt werden dürfen, verkenne es, dass der Kläger unbelehrbar sei und selbst den Arbeitsbeginn und das Arbeitsende festlege und die vom Arbeitgeber festgelegten Arbeitszeiten konsequent missachte. So habe der Kläger, wie sich aus der Abmahnung vom 15.01.2007 ergebe, konsequent an drei aufeinander folgenden Tagen die Arbeit erst mit erheblicher Verzögerung aufgenommen. Der Irrtum des Klägers sei auch nicht entschuldbar. Es liege auf der Hand, dass er, wenn er später angefangen habe als seine Kollegen, auch später erst Arbeitsende habe. Ebenfalls habe das Arbeitsgericht zu Unrecht angenommen, der Verstoß gegen das Rauchverbot am 09.03.2011 sei hinsichtlich des damit verbundenen Arbeitszeitbetruges durch die Abmahnung vom selben Tage verbraucht. Die Abmahnung beziehe sich lediglich auf den Verstoß gegen das Rauchverbot an sich, nicht jedoch auf den damit verbundenen Arbeitszeitbetrug. Dieser sei auch erst nach Übergabe der Abmahnung am 09.03.2011 festgestellt worden. Der Kläger räume den Verstoß selber ein. Der Umstand, dass er ihn damit zu rechtfertigen versuche, dass ein Abstempeln angesichts des Rauchverbotes gar nicht in Betracht gekommen sei, bedeute, dass der Kläger, um den Verstoß gegen das Rauchverbot zu verdecken, noch einen Arbeitszeitbetrug begangen habe. In der Wertung des § 211 StGB (Mordmerkmale) stelle ein solches Verhalten einen niedrigen Beweggrund dar. Zudem habe er eine Raucherpause von mehr als 10 Minuten gemacht. Ein solcher Arbeitszeitbetrug rechtfertige bereits eine fristlose Kündigung. Der Arbeitgeber verzichte jedoch mit der Abmahnung nicht auf solche Gründe, die erst nach Erklärung der Abmahnung hinzu getreten oder ihm bekannt geworden seien. Im vorliegenden Fall sei der Arbeitszeitbetrug überhaupt nicht abgemahnt worden und zudem durch Frau H. nach Übergabe der Abmahnung überhaupt erst entdeckt worden. Der Kläger habe hier vorsätzlich nicht abgestempelt, so dass ein Kündigungsgrund vorliege.

    Die Beklagte beantragt daher:

    Das Teilurteil des Arbeitsgerichts Freiburg, Kammern Villingen-Schwenningen wird abgeändert und die Klage wird abgewiesen.

    Der Kläger beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Er trägt zur Begründung vor, ein Kündigungsgrund liege nicht vor, das Arbeitsgericht habe richtig entschieden. Er habe den Schichttausch mit seinem Arbeitskollegen R. nicht verbindlich vereinbart, sondern ihn nur auf die Möglichkeit und seine Bereitschaft zu einem Schichttausch angesprochen. Zwar habe seine Vorgesetzte Frau B. allerdings ohne einen Grund zu nennen, bereits vorher einen Schichttausch ausdrücklich abgelehnt. Ein solches Verhalten sei aber ebenfalls rechtlich nicht in Ordnung. Indem Herr R. sein Einverständnis mit dem Schichttausch erklärt gehabt hätte, hätte er seinen Maschinenführer darüber unterrichtet, dass es vielleicht einen Tausch geben würde. Der Maschinenführer habe daraufhin Frau B. gefragt, ob dies in Ordnung gehen würde, die daraufhin "ausgerastet" sei und den Kläger zur Rede gestellt habe. Der Kläger habe dabei nicht ultimativ gesagt "Ich kann machen, was ich will", sondern lediglich zum Ausdruck bringen wollen, dass er mit seinem Kollegen doch reden könne, was er wolle. Zudem habe anschließend die weitere Vorgesetzte Frau H. dem Schichttausch zugestimmt und ihn genehmigt. Der Vorfall sei lediglich ein Beleg dafür, dass die Geschäftsführung gegenüber dem Kläger voreingenommen sei und dass sie völlig unbedeutende Vorfälle als Kündigungsgrund aufbausche, um den Kläger loszuwerden.

    Bezüglich des Vorfalls vom 16.03.2011 (vorzeitiges Verlassen des Arbeitsplatzes) habe der Kläger ebenfalls keinen Pflichtverstoß begangen. Zwar sei es zutreffend, dass der Kläger für die Normalschicht von 07:00 bis 16:00 Uhr eingetragen gewesen sei. Ihm sei jedoch bei Arbeitsaufnahme mitgeteilt worden, seine Arbeit an der Spiralblock-Maschine aufzunehmen. Das habe er gemacht. Weitere Weisungen seien ihm nicht erteilt worden. Er sei daher davon ausgegangen, dass die Schichtzeiten für die Arbeit an der Spiralblock-Maschine auch für ihn Gültigkeit hätten und sei bei Ende der Schicht mit den übrigen Kollegen heimgegangen. Zudem habe die Beklagte den Kläger so eingeteilt, dass er in der Woche mehr Arbeitszeit zu leisten habe, als er vertraglich schulde. Der Kläger habe der Verlängerung der Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich auf 40 Stunden gerade nicht zugestimmt. Gleichwohl teile ihn die Beklagte so ein, dass er 40 Stunden pro Woche zu leisten habe. Den Arbeitsplatz an der Spiralblock-Maschine habe er auch verlassen müssen, weil dieser Arbeitsplatz anschließend von der Spätschicht besetzt worden sei.

    Der Verstoß gegen das Rauchverbot am 09.03.2011 sei ebenfalls kein Kündigungsgrund. Der Kläger sei nikotinabhängig und habe kurz vor der Pause das Raucherzimmer spontan aufgesucht, um eine Zigarette zu rauchen. Er sei von Frau H. entdeckt worden, die ihn zu Recht aus dem Raucherraum verwiesen und an den Arbeitsplatz geschickt habe, was der Kläger auch gleich gemacht habe. Er habe nicht mehr als ein oder zwei Züge geraucht und die Zigarette sofort gelöscht. Eine nennenswerte Unterbrechung der Arbeitszeit habe nicht vorgelegen. Da den Mitarbeitern grundsätzlich keine Raucherpause zwischendurch gestattet werde, habe der Kläger gar nicht daran gedacht, abzustempeln. Wenn die Beklagte sich nunmehr auf einen Arbeitszeitbetrug berufe, so sei ihr vorzuhalten, dass sie selber über Jahre hinweg den Kläger gezwungen habe, eine 40 Stundenwoche ohne Lohnausgleich abzuleisten, obwohl nur eine 35 oder allenfalls 38 Stundenwoche vertraglich vereinbart sei und der Kläger gerade nicht einverstanden gewesen sei, 40 Stunden pro Woche zu arbeiten. Die Beklagte sei es, die den Kläger Woche für Woche fortlaufend um mindestens 2 Stunden Arbeitszeit "betrogen" habe, indem sie ihn gegen seinen Willen gezwungen habe, jede Woche 2 Stunden länger ohne Bezahlung zu arbeiten. Im Übrigen sei den arbeitsgerichtlichen Feststellungen und Wertungen zu diesem Vorfall in vollem Umfang beizupflichten.

    Das Arbeitsverhältnis sei jedoch auf Antrag des Klägers durch das Gericht aufzulösen. Dem Kläger sei eine weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten nicht zuzumuten. Das Arbeitsverhältnis sei unbelastet bis zum Jahre 2006 verlaufen. Der Kläger habe einen erheblichen Solidaritätsbeitrag durch Verlängerung der Arbeitszeit um 3 Stunden geleistet. Nachdem er es jedoch abgelehnt hatte, die von der Beklagten mit Schreiben vom 20.02.2006 angetragene weitere Arbeitszeiterhöhung von 38 auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich zu akzeptieren, sei er bei der Beklagten in Ungnade gefallen. Der damalige Betriebsleiter habe ihm vorgehalten, er würde mit seinem "Arbeitsplatz spielen". Seitdem habe der Kläger Angst um seinen Arbeitsplatz. Unter vorgeschobenen Gründen habe die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers dann mit Schreiben vom 29.09.2006 gekündigt. Gegen diese Kündigung habe er Klage erhoben und durch arbeitsgerichtliches Urteil vom 05.12.2006 - 8 Ca 423/06 - des Arbeitsgerichts Freiburg obsiegt. Die Kündigung sei ohne jede Sozialauswahl ausgeführt worden. Die Beklagte habe dadurch gegenüber dem Kläger deutlich ihre Macht über seinen Arbeitsplatz verfügen zu können vor Augen geführt. Dies habe den Kläger persönlich noch weiter belastet und aufgrund dieser Situation habe er sich in die seit dem fortbestehende ärztliche Behandlung von Dr. B. begeben. Grund für die Aufnahme der Behandlung seien die arbeitsplatzbezogenen Probleme gewesen. Der Kampf um den Arbeitsplatz habe den Kläger so belastet, dass er psychisch aufgrund der Gesamtsituation stark angeschlagen gewesen sei. Die durch die damalige Kündigung ausgelöste Depression habe sich fortlaufend verstärkt, bis der Kläger nach weiteren Nackenschlägen seitens der Beklagten festgestellt habe, dass für ihn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar sei. Nach der fehlgeschlagenen ersten Kündigung habe sich die Beklagte mehr und mehr darauf verlegt, den Kläger mit der "Politik der kleinen Nadelstiche zu treffen", um ihn aus dem Betrieb hinaus zu drängen. So sei der Kläger bei zahlreichen kleineren Gelegenheiten von seinem Vorgesetzten getadelt worden, weil er angeblich nicht sorgfältig genug oder zu langsam gearbeitet habe. Dadurch habe sich der Kläger seit dem zunehmend empfindlich gewordene Kläger von der Beklagten systematisch gemobbt gesehen. Dies habe zu einer weiteren Verschlimmerung seiner Depression geführt, sodass die Behandlung bis heute nahtlos habe fortgesetzt werden müssen. Weitere Umstände bei der Beklagten hätten sodann den Kläger weiterhin zunehmend belastet und zu einer Verschlechterung seiner psychischen Situation geführt, unter anderem auch durch übermäßig lange Arbeitszeiten, die er bei der Beklagten habe einhalten müssen. Er habe teilweise 10 und mehr Stunden gearbeitet (wegen der Einzelheiten wird auf S. 13 und 14 der Berufungserwiderung Bezug genommen). Durch diese intensive Belastung sei der an Depression leidende Kläger überbelastet worden. Er habe sich von der Beklagten missbraucht und ausgenutzt gefühlt, da er von der Beklagten gezwungen gewesen sei, eine 40 Stundenwoche ohne Lohnausgleich zu arbeiten. Das Arbeitszeitkonto des Klägers werde mit einer Sollarbeitszeit von 40 statt von 35 oder 38 Stunden geführt. Endgültig unzumutbar geworden sei die Weiterarbeit des Klägers durch den Ausspruch der hier streitgegenständlichen zweiten und einer weiteren dritten ungerechtfertigten Kündigung im Zusammenwirken mit den vorausgegangenen ungerechtfertigten Abmahnungen. Aus dem Gesamtverhalten der Beklagten werde deutlich, dass es ihr nur darum ginge, irgendeinen Grund zu finden, um den missliebigen Kläger aus dem Betrieb zu entfernen, weil er nicht die Vereinbarung für die 40 Stundenwoche ohne Lohnausgleich unterschrieben habe. Ein Grund nach dem anderen sei von ihr zum Kündigungsgrund aufgebauscht und zur Begründung der Kündigung des Klägers nachgeschoben worden. Die Beklagte habe zwischenzeitlich eine weitere dritte ungerechtfertigte Kündigung nachgeschoben. Einen Grund für diese Kündigung gäbe es auf keinen Fall, denn der Kläger sei durchgehend krankgeschrieben worden, wobei die Krankheit ausschließlich auf die Situation am Arbeitsplatz zurückzuführen sei. Seit dem Ausspruch der ersten Kündigung im Jahre 2006 leide der Kläger zunehmend an Depressionen. Sein Zustand habe sich fortlaufend verschlimmert und durch den Ausspruch der zweiten Kündigung hätten diese Depressionen ein Ausmaß erlangt, dass der Kläger mehrfach ernstlich arbeitsunfähig erkrankt sei. Im Laufe dieses Verfahrens und aufgrund der Folgen dieses Verfahrens sowie nach Ausspruch der dritten Kündigung sei der Kläger seit August dieses Jahres durchgehend wegen dieser Depression arbeitsunfähig erkrankt, was auch vom MDK bestätigt worden sei. Nach Aussagen der behandelnden Fachärztin, Frau Dr. S. hätte sich dieser Zustand weiter verfestigt, wenn der Kläger an dem Arbeitsverhältnis festgehalten hätte. Seine Ärzte hätten dem Kläger daher dringend nahe gelegt, das Arbeitsverhältnis im Interesse seiner Genesung zu beenden, denn anders sei keine Besserung zu erwarten. Diese Situation sei ausschließlich von der Beklagten zu vertreten, da sie sich nicht gescheut habe, eine ungerechtfertigte Kündigung nach der anderen auszusprechen, obgleich ihr die Depression des Klägers bekannt gewesen sei. Unter diesen Umständen sei dem Kläger eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar, so dass der Auflösungsantrag begründet sei. Das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der Beklagten wird durch Urteil mit Wirkung zum 31.08. aufgelöst gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe durch das Gericht festzusetzen ist.

    Die Beklagte beantragt,

    den Auflösungsantrag des Klägers zurückzuweisen.

    Die Voraussetzungen für einen Auflösungsantrag lägen nicht vor. Die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses könne sich entweder aus den Umständen nach der Kündigung selbst ergeben oder aber aus Umständen, die nach Ausspruch der Kündigung sich ereignet hätten. Dafür sei der Kläger bislang jeden Vortrag schuldig geblieben; die angeführten Gründe rechtfertigten einen Auflösungsantrag nicht. Die dritte Kündigung, welche der Kläger nicht angegriffen haben, sei nicht willkürlich erfolgt, sondern deswegen, weil der Kläger sich seit der Kammerverhandlung vom 11.08.2011 nicht mehr trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit bei der Beklagten gemeldet habe. Er habe weder eine bestehende Arbeitsunfähigkeit mitgeteilt, noch sei er der Nachweispflicht nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz nachgekommen. Daher habe die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 18.08.2011 fristgerecht zum 31.01.212 gekündigt. Diese Kündigung sei mangels Angriffs des Klägers nach § 7 KSchG rechtswirksam und beendet das Arbeitsverhältnis.

    Das Arbeitsgericht hatte durch Teilurteil entschieden, welche Gegenstand der Berufung ist, da zwischen den Parteien noch weitere Streitgegenstände anhängig sind, die insbesondere die Frage, ob die Beklagte dem Kläger wegen dessen Arbeitsleistung in einer 40-Stundenwoche ohne Lohnausgleich Vergütungsnachzahlung zu erbringen hat. Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze, insbesondere Berufungsbegründung und Berufungserwiderung Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe
    Die zulässige Berufung der Beklagten wie auch der Auflösungsantrag des Klägers sind unbegründet und waren daher zurückzuweisen.

    I. Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG an sich statthafte Berufung ist innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Begründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Nach § 9 KSchG konnte der Kläger den Auflösungsantrag bis zum Ende der mündlichen Verhandlung stellen, so dass dieser statthaft ist.

    II. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, denn die von ihr ausgesprochene Kündigung war nicht sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG. Ebenso ist der Auflösungsantrag des Klägers unbegründet. Im Einzelnen:

    1. Die Kündigung vom 30.03.2011 zum 31.08.2011 beendet das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht, da sie sozial nicht gerechtfertigt ist. Das hat das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung entschieden. Aus diesem Grunde wird zunächst auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils in vollem Umfang Bezug genommen. Auch die Ausführungen in der Berufungsbegründung der Beklagten führen zu keinem anderen Ergebnis.

    a) Wegen der allgemeinen Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG wird auf die zutreffenden Ausführungen des arbeitsgerichtlichen Urteils und I 1. der Entscheidungsgründe Bezug genommen.

    b) Der Vorfall am 09.03.2011 (unerlaubtes Rauchen) kann von der Beklagten für eine Kündigung nicht mehr herangezogen werden, da dieser Vorfall durch die Beklagte bereits abgemahnt worden ist. In welchem Umfang durch eine Abmahnung ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers beanstandet wird und damit für den Ausspruch einer Kündigung verbraucht ist, ist durch die Auslegung der Abmahnung zu ermitteln. Maßgeblich ist dabei nach § 133, 157 BGB, das Verständnis eines mit dem Sachverhalt vertrauten redlichen objektiven Dritten in der Rolle des Empfängers der Abmahnung.

    Die Abmahnung vom 09.03.2011 verweist im ersten Satz darauf, dass seit dem 29.01.2010 bei der Beklagten das absolute Rauchverbot gilt. Im zweiten Satz weist die Beklagte darauf hin, dass der Kläger trotz des Rauchverbotes während der regulären Arbeitszeit in der Raucherkantine geraucht habe. Der Hinweis darauf, dass der Kläger in der Raucherkantine geraucht habe, spricht dafür, dass das absolute Rauchverbot bei der Beklagten jedenfalls in örtlicher Hinsicht nicht an dem Ort gilt, nämlich der Raucherkantine, in der der Kläger geraucht hat, denn andernfalls würde diese nicht den Namen "Raucher"-Kantine tragen. Der Umstand, dass der Kläger trotz des Rauchverbotes geraucht hat, kann sich also folglich nicht darauf beziehen, dass sich der Kläger in der Raucherkantine zum Zwecke des Rauchens aufgehalten hat, denn dort scheint jedenfalls der Begrifflichkeit nach das Rauchen erlaubt zu sein. Der Verstoß des Klägers besteht auch nach der Abmahnung darin, dass er sich während der regulären Arbeitszeit in die Raucherkantine begeben hat. Das absolute Rauchverbot scheint insoweit ein relatives zu sein, als während der Arbeitszeit nicht geraucht werden darf. Bestärkt wird dies dadurch, dass die Abmahnung ausdrücklich von der "regulären" Arbeitszeit spricht. Der ausdrückliche Hinweis darauf hin, dass der Kläger während der Arbeitszeit geraucht habe, impliziert den Vorwurf an ihn, dass er mit dem Rauchen jedenfalls nicht bis zur Pausenzeit gewartet hat, denn dann scheint es in der Raucher-Kantine zulässig zu sein. Wenn ihm aber vorgeworfen wird, während der Arbeitszeit schon geraucht zu haben, statt die Pausen abzuwarten, dann kann und darf der Kläger die Abmahnung dahin gehend verstehen, dass damit auch der Umstand erfasst wird, dass er reguläre Arbeitszeit zum Rauchen missbraucht hat, anstatt zu warten, bis eine Pause ist. Die Verteidigung des Klägers, für ihn wäre eine Abstempeln des Rauchverbotes auch gar nicht in Betracht gekommen, ist entgegen der Auffassung der Beklagten kein "niedriger Beweggrund", sondern belegt, dass der Kläger die Abmahnung vom 09.03.2011 gerade auch dahingehend verstehen durfte, dass mit dieser Abmahnung der Missbrauch der Arbeitszeit zum Zwecke des Rauchens erfasst worden ist.

    Aus diesem Grund ist das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass durch die Abmahnung vom 09.03.2011 das Fehlverhalten des Klägers an diesem Tag bezüglich der Verletzung des Rauchverbotes insgesamt abgemahnt worden ist und aus diesem Grunde für eine Kündigung nicht mehr herangezogen werden kann.

    c) Auch der Vorfall am 18.03.2011 (Schichttausch) stellt keine Pflichtwidrigkeit des Klägers dar, die die Beklagte zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigen würde. Das Arbeitsgericht weist zu Recht darauf hin, dass hier eine Pflichtwidrigkeit des Klägers bereits nicht erkennbar ist. Selbst wenn die Beklagte in Person von Frau B. unmissverständlich klar gemacht haben sollte, dass sie mit einem Schichttausch nicht einverstanden ist, so kann sie damit dem Kläger gleichwohl nicht verbieten, mit andern Kollegen über die Möglichkeit eines Schichttausches gleichwohl zu sprechen. Eine Vertragsverletzung läge erst dann vor, wenn der Kläger und sein Arbeitskollege, Herr R. eigenmächtig ohne die Erlaubnis durch die Beklagte diesen Schichttausch tatsächlich durchgeführt hätten. Selbst wenn sich die beiden schon dahingehend verbindlich vereinbart hätten, heißt das nicht, dass sie ohne weitere Zustimmung der Beklagten diesen Schichttausch gewissermaßen "durchgezogen" hätten. Vielmehr zeigt der Umstand, dass Herr R. den entsprechenden Vorarbeiter informiert hat und der nochmals nachgefragt hat, dass hier ein eigenmächtiges Handeln der beiden Arbeitnehmer nicht geplant gewesen ist. Im Übrigen ist auch das Verhalten der Beklagten zu beanstanden, denn diese hat ihr Weisungsrecht nach § 106 GewO unter Berücksichtigung von billigem Ermessen auszuüben. Dabei hat sie auch angemessen Rücksicht auf die Belange des Arbeitnehmers, hier des Klägers zu nehmen. Wenn er nachvollziehbare Gründe gehabt hat, warum er die Schicht mit dem Kollegen R. tauschen wollte, und es für die Beklagte keinerlei Gründe gegeben hat, sich einem solchen Schichttausch zu widersetzen, dann hätte sie im Rahmen ihrer Ermessensausübung diesen Schichttausch gestatten müssen. Stattdessen hat Frau B., wie vom Kläger vorgetragen und von der Beklagten nicht bestritten, einen Schichttausch von vornherein oder jede nachvollziehbare Begründung abgelehnt.

    Ein Verstoß des Klägers gegen seine Verpflichtung zur Leistung der von der Beklagten angewiesenen Arbeit liegt nicht vor. Die bloße Verabredung eines Schichttausches ohne die konkrete Umsetzung stellt noch keinen Vertragsverstoß dar. Zu einem solchen kommt es erst in dem Moment, in dem er ohne Zustimmung des Arbeitgebers tatsächlich die Arbeitszeit zu einem von der Beklagten angewiesenen Zeitpunkt nicht leistet und stattdessen zu einem anderen Zeitpunkt. Dass es so weit gekommen ist, trägt die Beklagte nicht schlüssig vor. Erstinstanzlich hat sie das nicht behauptet, zweitinstanzlich bleibt unklar, ob sie dem Kläger nur vorwirft, den Schichttausch verbindlich vereinbart zu haben oder auch ohne Genehmigung umgesetzt, also zur falschen Zeit gearbeitet zu haben. Ob, wie vom Kläger vorgetragen, der Schichttausch hinterher von Frau H. genehmigt worden ist, braucht nicht durch Beweiserhebung geklärt zu werden.

    Soweit die Beklagte als Kündigungsgrund vorträgt, der Kläger habe sich anschließend in einem Telefonat mit Frau B. frech und ungehörig verhalten, reduziert sich dies wohl darauf, dass er gesagt haben soll "ich mache was ich will". Daraus abzuleiten, der Kläger werde zukünftig das Weisungsrecht von Frau B. missachten, geht zu weit. Aus dem Kontext der Situation heraus waren die Einlassungen des Klägers dahin zu verstehen, dass er sich nicht das Recht nehmen lassen will, sich mit einem Kollegen bezüglich eines Schichttausches zu verabreden. Dass er diesen Schichttausch eigenmächtig dann auch umsetzt, lässt sich dieser Aussage nicht entnehmen.

    d) Auch das vorzeitige Verlassen des Arbeitsplatzes am 16.03. im Zusammenhang mit der Einteilung an der Spiralblockmaschine stellt keinen Kündigungsgrund dar. Der Beklagten ist allerdings darin beizupflichten, dass der Kläger gegen seine vertraglichen Rücksichtnahmepflichten aus § 241 Abs. 2 BGB insoweit verstoßen hat, als er sich angesichts der unklaren Situation am Schichtende bei der Beklagten hätte erkundigen müssen, ob er heimgehen konnte oder ob ihm noch eine andere Arbeit zugewiesen werden solle. Andererseits trägt auch die Beklagte an der missverständlichen Situation eine erhebliche Verantwortung, denn sie hat den Kläger kurzfristig in einem anderen Arbeitsbereich eingesetzt, ohne klarzustellen, was der Kläger machen soll, wenn die dortige Arbeitszeit zu Ende ist und der Arbeitsplatz, an dem er tätig gewesen ist, jetzt von den Mitarbeitern der Spätschicht in Beschlag genommen wird. Angesichts dessen hat das Arbeitsgericht zu Recht erkannt, dass das Fehlverhalten des Klägers an der unteren Grenze eines relevanten Pflichtverstoßes anzusiedeln ist. Hinzu kommt, worauf der Kläger zu Recht hinweist, dass die Beklagte von ihm eine Arbeitsleistung von 40 Stunden ohne Lohnausgleich verlangt hat, obwohl es eine entsprechende Vereinbarung nicht gibt. Einerseits verlangt die Beklagte durch die Macht des Faktischen vom Kläger jede Woche 2 Stunden vertraglich nicht vereinbarte unentgeltliche Arbeitsleistung, andererseits spricht sie bereits eine Kündigung aus, wenn der Kläger aufgrund eines von ihm mit zu vertretenen Missverständnisses in einem Einzelfall die Arbeit vorzeitig um rund eine Stunde beendet.

    Beizupflichten ist dem Arbeitsgericht auch in der Annahme, dass bezüglich dieses Vertragsverstoßes des Klägers keine Wiederholungsgefahr besteht, weil er aufgrund einer besonderen und spezifischen Einzelfall - Konstellation sich ereignete und eine solche Situation in Zukunft nicht wieder anzunehmen ist, denn auch die Beklagte wird in Zukunft in derartigen Situationen dafür sorgen, dass sie dem Kläger konkret mitteilt, was er nach Ablauf der Schicht, in die er kurzfristig versetzt worden ist, noch eine Arbeit zu erledigen hat.

    Im Übrigen würde spätestens bei der ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung vorzunehmenden Interessenabwägung diese zu Gunsten des Klägers ausfallen. Das dem Kläger vorgeworfene Verhalten ist nur geringfügig oberhalb der Schwelle der arbeitsrechtlichen Relevanz, die Beklagte selbst verlangt vom Kläger immerhin in rechtlich fragwürdiger Weise Mehrarbeit, die sie nicht vergütet, die Beklagte selber hat ihren Anteil daran, dass dieses Missverständnis entstanden ist und wenn sie den Vorfall arbeitsrechtlich sanktionieren will, dann wäre eine Abmahnung für dieses Fehlverhalten bei weitem ausreichend gewesen.

    Aus den genannten Gründen war die ordentliche Kündigung der Beklagten sozial nicht im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG gerechtfertigt und daher rechtsunwirksam. Auf die Berechtigung der zuvor ausgesprochenen Abmahnungen kommt es nicht an; diese können offen bleiben.

    Da die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt ist, hat das Arbeitsgericht zu Recht aufgrund der fristgerecht erhobenen Kündigungsschutzklage entschieden, dass es durch die Kündigung vom 30.03.2011 nicht beendet wird.

    2. Der Auflösungsantrag des Klägers nach § Abs. 1 KSchG ist ebenfalls unbegründet und war daher zurückzuweisen. Es fehlt an einem Auflösungsgrund. Nach § 9 Abs. 1 KSchG kann das Arbeitsgericht das Arbeitsverhältnis der Parteien auf Antrag des Arbeitnehmers dann auflösen, wenn es feststellt, dass es durch die ausgesprochene Kündigung mangels derer sozialen Rechtfertigung nicht aufgelöst ist, jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Für den Auflösungsantrag des Arbeitnehmers verlangt § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG, dass diesem die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Der Begriff der Unzumutbarkeit ist dabei angesichts des unterschiedlichen Normzwecks mit dem Begriff der Unzumutbarkeit in § 626 Abs. 1 BGB nicht identisch, denn dort wird auf den zeitlich begrenzten Zeitraum bis zum Ablauf der Kündigungsfrist abgestellt, während der Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG hinsichtlich der Frage der Unzumutbarkeit eine langfristige Prognose auf die gesamte zukünftige Dauer des Arbeitsverhältnisses erfordert (BAG, Urt. vom 26.11.1981, 2 AZR 509/79). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt hierfür ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz. Trotz der gesetzlich angeordneten Rückwirkung auf den Kündigungszeitpunkt ist der Auflösungsantrag in die Zukunft gerichtet und betrifft die künftige Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien, für die eine Prognose zu erstellen ist (BAG, Urteil v. 07.03.2002, 2 AZR 158/01). Als Auflösungsgründe kommen daher sowohl Gründe, die bei Ausspruch einer Kündigung bereits vorlagen, als auch später entstandene Gründe in Betracht.

    Die Führung eines Kündigungsschutzprozesses allein vermag mit den damit immer verbundenen Spannungen eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht zu begründen. Die Gründe für den Auflösungsantrag müssen konkret von demjenigen, der diesen Antrag stellt, dargelegt werden. Bloße Wertungen oder Vermutungen genügen nicht.

    Die Auflösungsgründe können sich aus einem Verhalten des Arbeitgebers vor oder nach der Kündigung ergeben, müssen jedoch immer in einem inneren Zusammenhang mit der Kündigung stehen (BAG, Urt. v. 24.09.1992 - 8 AZR 597/91). Letztendlich hängt die Beurteilung der Unzumutbarkeit regelmäßig von den vom Arbeitnehmer darzulegenden Umständen des Einzelfalles ab.

    a) Der Kläger stützt seinen Auflösungsantrag zunächst darauf, dass die Beklagte im Zeitraum von 2006 bis 2011 insgesamt drei Kündigungen ausgesprochen hat.

    Die durch Tatsachen begründete Befürchtung weiterer Kündigungen genügt als Auflösungsgrund, wenn erkennbar ist, dass sich der Arbeitgeber ungeachtet der Rechtsauffassung des Gerichtes auf jeden Fall von dem Arbeitnehmer trennen will und solange Kündigungen aussprechen wird, bis er sein Ziel erreicht hat (Arnold in Thüsing/Laux/Lemke, KSchG, § 9 Rn 47).

    Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die drei ausgesprochenen Kündigungen der Beklagten stehen in keinem inneren Zusammenhang zueinander, zudem liegt zwischen der ersten und der zweiten Kündigung ein Zeitraum von mehr als vier Jahren. Die drei ausgesprochenen Kündigungen begründen nicht die Befürchtung, dass die Beklagte solange Kündigungen aussprechen werde, bis sie das Ziel, sich vom Kläger erfolgreich zu trennen, erreicht hat. Die Kündigung vom 29.09.2006 war eine betriebsbedingte Kündigung. Das Arbeitsgericht hat sie für sozial nicht gerechtfertigt gehalten, weil es der Argumentation der Beklagten nicht gefolgt ist, der Kläger werde betriebsbedingt gekündigt, weil die Maschine, auf deren Bedienung sich die geschuldete Arbeitsleistung konzentriert habe, verkauft worden sei und daher der Arbeitsplatz in Wegfall geraten sei.

    Die Beklagte hat dieses arbeitsgerichtliche Urteil akzeptiert und danach erst wieder im März 2011 eine weitere, diesmal verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen, die im Berufungsverfahren streitgegenständlich ist. Allein der Zeitablauf von viereinhalb Jahren zwischen den beiden Kündigungen zeigt, dass diese Kündigungen in keinem inneren Zusammenhang stehen und die zweite Kündigung nicht als Reaktion auf den Verlust des Rechtsstreits bezüglich der ersten Kündigung erfolgt ist.

    Die Kündigung, welche im Berufungsverfahren streitgegenständlich ist vom 30.03.2011 ist zwar, wie oben dargelegt sozial nicht gerechtfertigt, sie lässt jedoch nicht den Rückschluss auf die Befürchtung zu, die Beklagte wolle sich nun mit jedwedem beliebigem Mittel ohne Berücksichtigung der Rechtslage vom Kläger trennen. Die Beklagte konnte zur Begründung ihrer Kündigung Gründe vortragen, die in anderem Zusammenhang durchaus hätten geeignet sein können, die Kündigung zu begründen. Insbesondere der mit dem unerlaubten Entfernen vom Arbeitsplatz zum Zwecke des Rauchens verbundene Missbrauch der Arbeitszeit kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Kündigungsgrund sein und war hier nur deswegen nicht heranzuziehen, weil er bereits durch die ausgesprochene Abmahnung verbraucht gewesen ist. Alleine die Kündigung vom 30.03.2011 lässt also nicht den Rückschluss zu, dass die Beklagte sich ohne Rücksicht auf rechtliche Vorgaben von dem Kläger trennen will.

    Auch die dritte Kündigung vom 18.08.2011 stellt keine Kündigung dar, die einen solchen Rückschluss zulässt. Zum Einen erfolgte diese Kündigung schon zu einem Zeitpunkt, als noch nicht rechtskräftig entschieden gewesen ist, ob das Arbeitsverhältnis nicht unter Umständen schon durch die Kündigung vom 30.03.2011 beendet ist, denn gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts hat sich die Beklagte mit der Berufung gewandt. Es reicht für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht aus, dass der Arbeitgeber nach erstinstanzlichem Verlust eines Kündigungsschutzprozesses erneut kündigt. Zwar kann die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar sein, wenn feststeht, dass sich der Arbeitgeber ungeachtet der Rechtsauffassung des Gerichtes auf jeden Fall vom Arbeitnehmer trennen will und offensichtlich beabsichtigt, mit der selben oder einer beliebigen anderen Begründung solange Kündigungen auszusprechen, bis er sein Ziel erreicht hat. Solange die Beklagte aber in nachvollziehbarer Weise von den ihnen durch die Rechtsordnung eingeräumten Möglichkeiten, Arbeitsverhältnisse zu kündigen Gebrauch macht und die zur Begründung dieser Kündigung vorgetragenen Gründe solche sind, bei denen nicht von vorneherein eine soziale Rechtfertigung ausscheidet, handelte es sich nicht um Kündigungen, auf die der Arbeitnehmer einen Auflösungsantrag stützen kann.

    Zum Zweiten hat die Beklagte auch hier nachvollziehbare Gründe für die Kündigung vorgetragen, nämlich den Umstand, dass der Kläger einerseits dauerkrank gewesen ist und sich andererseits nicht mehr bei der Beklagten entgegen seinen Pflichten nach § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz ordnungsgemäß arbeitsunfähig gemeldet und dies nachgewiesen hat. Wenn ein Arbeitnehmer gegen die entsprechenden Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes verstößt, ist es denkbar, unter bestimmten Voraussetzungen eine Kündigung auszusprechen. Auch ein besonnener Arbeitgeber hätte bei Vorliegen der von der Beklagten unwidersprochen geschilderten Gründe für die Kündigung, nämlich der Verletzung der Anzeige und Nachweispflicht im Entgeltfortzahlungsfalle eine erneute Kündigung in Betracht gezogen. Ob diese ohne vorherige Abmahnung möglich gewesen wäre, brauchte jedoch nicht entschieden zu werden.

    Es handelte sich jedenfalls nicht um eine Kündigung, die die Beklagte von vorne herein außerhalb des möglichen rechtlich Zulässigen ausgesprochen hat, und die aus diesem Grunde auch nicht den Schluss zulässt, die Beklagte wollte mit beliebigen anderen Kündigungen solange Kündigungen aussprechen, bis das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger endgültig beendet ist.

    b) Die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe versucht, ihn, nachdem er sich geweigert habe, der Arbeitszeiterhöhung ohne Lohnausgleich auf 40 Stunden pro Woche zuzustimmen, systematisch gemobbt, ihm immer wieder "Nadelstiche" zugefügt und ihn durch eine überzogene Arbeitseinteilung gesundheitlich fertig gemacht, vermag den Auflösungsantrag schon allein deswegen nicht zu begründen, weil hier ein substantiierter Sachvortrag fehlt. Der Kläger bleibt die Schilderung von Einzelheiten - worauf er selbst auch hinweist - schuldig, sein Sachvortrag ist nicht hinreichend substantiiert, um beurteilen zu können, ob die Beklagte im Zusammenhang mit den Kündigungen tatsächlich sich entschlossen hat, ihn durch ein "mobbingartiges Verhalten" aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen. Allein der Umstand, dass der Kläger in verschiedenen Wochen hatte besonders lange arbeiten müssen, selbst dann, wenn es einzelne Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz gegeben haben sollte, wofür der Kläger aber auch jeden Sachvortrag schuldig bleibt, wäre noch kein Grund die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anzunehmen. Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz erfolgen regelmäßig, weil der Arbeitgeber mit der vorhandenen Arbeitszeit nicht auskommt, um den vorhandenen Auftragsbestand zu bewältigen. Damit macht er aber gerade nicht deutlich, dass er auf ihre Mitarbeit keinen Wert mehr legt, das Gegenteil ist der Fall. Im Übrigen haben gelegentliche Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz auch nichts mit der vorliegenden streitgegenständlichen Kündigung zu tun, aufgrund derer der Kläger den Auflösungsantrag gestellt hat.

    d) Auch der vom Kläger dargestellte Umstand, dass die Beklagte von ihm regelmäßig eine Arbeitsleistung von 40 Stunden pro Woche verlangt, ihn jedoch nur mit 38 Stunden vergütet, obwohl der Kläger der Erhöhung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich gerade nicht zugestimmt hat, stellt keinen Auflösungsgrund dar. Wie oben dargelegt, muss der Auflösungsgrund im Zusammenhang mit der ausgesprochenen Kündigung, aufgrund derer der Auflösungsantrag gestellt wird stehen. Das ist hier gerade nicht der Fall. Ob ein Verhalten des Arbeitgebers, das einen fristlosen Kündigungsgrund für den Arbeitnehmer darstellt auch dann ein Grund für einen Auflösungsantrag sein kann, wenn es nicht im Zusammenhang mit der Kündigung steht, braucht hier nicht entschieden zu werden. Der Kläger hatte jedenfalls ohne eine vorherige Abmahnung gegenüber der Beklagten keinen Grund, das Arbeitsverhältnis wegen der Nichtzahlung von zwei Stunden pro Woche fristlos zu kündigen, so dass er hierauf auch keinen Auflösungsantrag stützen kann. Auch der Arbeitnehmer ist verpflichtet, bei Zahlungsrückständen des Arbeitgebers, die eine Verletzung der Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers darstellen, vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung den Arbeitgeber abzumahnen und ihn darauf hinzuweisen, dass bei weiterer Nichterfüllung der Vertragsverpflichtungen er eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses beabsichtigt (APS/Dörner, § 626 BGB Rn. 394 m. w. N.). Eine solche Abmahnung hat der Kläger nicht ausgesprochen, so dass er jedenfalls nicht berechtigt gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis sofort fristlos zu kündigen. Jedenfalls kann er auf den Umstand, dass die Beklagte ihm seit einiger Zeit pro Woche zwei Arbeitsstunden abverlangt, ohne sie zu vergüten, seinen Auflösungsantrag nicht stützen.

    e) Auch der Umstand, dass der Kläger nach seiner - als wahr unterstellten - Darstellung nach Ausspruch der ersten Kündigung an Depressionen erkrankt ist und dies durch das Verhalten der Beklagten weiter verstärkt worden ist, insbesondere durch die zweite ausgesprochene Kündigung, stellt keinen Grund für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Gericht dar.

    Dem Kläger ist es bei objektiver, zukunftsbezogener Betrachtung nicht zuzumuten, bei der Beklagten weiter zu arbeiten, da sich dann seine Erkrankung - als wahr unterstellt - weiter verschlimmern würde.

    Ob eine psychische Erkrankung infolge des Ausspruches einer sozial ungerechtfertigten Kündigung einen Auflösungsantrag begründen kann, ist in Rechtsprechung und Fachliteratur soweit ersichtlich endgültig geklärt. Zugunsten des Klägers soll unterstellt werden, dass das Verhalten der Beklagten nach Ausspruch der ersten Kündigung, insbesondere durch den Ausspruch der zweiten Kündigung ursächlich dafür gewesen ist, dass der Kläger an Depressionen erkrankt ist. Die Erkrankung macht dem Kläger auch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, dies sei zu seinen Gunsten unterstellt - unzumutbar, denn so wie der Kläger seine gesundheitliche Situation und auch den Rat der Ärzte schildert, ist eine Genesung nur dann denkbar, wenn der Kläger das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten beendet.

    Allerdings kann nicht der Ausspruch jeder Kündigung, die rein kausal zu einer Erkrankung des Arbeitnehmers führt, einen Auflösungsantrag des Arbeitnehmers begründen. Grundprinzip des Kündigungsschutzrechtes ist der Bestandsschutz und damit der Erhalt des Arbeitsplatzes, wenn eine Kündigung sozial nicht gerechtfertigt ist. Die mit dem Ausspruch einer Arbeitgeberkündigung regelmäßig verbundenen - auch psychischen - Beeinträchtigungen hat der Arbeitnehmer hinzunehmen, andernfalls würde das Bestandsschutzprinzip des Kündigungsschutzgesetzes aufgeweicht. Unzumutbarkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG setzt daher eine werdende Betrachtung der Ursache voraus, die der Arbeitgeber gesetzt hat. Sie muss von solchem Gewicht sein, dass es gerechtfertigt ist, den Bestandsschutz zu Gunsten einer Entlassungsentschädigung zu durchbrechen. Das Verhalten des Arbeitgebers, das zur Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses führt, muss von der Rechtsordnung daher in stärkerem Maße als der bloßen Rechtsunwirksamkeit mangels fehlender sozialer Rechtfertigung missbilligt werden. Der bloße Ausspruch einer sozial nicht gerechtfertigten Kündigung ist, auch dann, wenn sie zu einer Erkrankung des Arbeitnehmers führt, noch kein von der Rechtsordnung missbilligtes Verhalten des Arbeitgebers, welches die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 9 Abs. 1 KSchG begründen könnte. Erkrankt der Arbeitnehmer in Folge des Ausspruchs der Kündigung, so handelt es sich, wenn keine besonderen Umstände hinzutreten, um eine Ausprägung des allgemeinen Lebensrisikos des Arbeitnehmers. Die gilt umso mehr, als die Rechtsordnung für den in Folge der Kündigung erkrankten Arbeitnehmer Hilfen wie das betriebliche Eingliederungsmanagement bereithält, die zu seiner Reintegration in das Arbeitsleben beitragen. Auch eine krankheitsbedingte Kündigung ist in diesen Fällen im Hinblick auf die betriebliche Verursachung nur unter besonders erschwerten Bedingungen möglich, so dass es für den Arbeitnehmer ausreichenden Schutz gibt, um das Arbeitsverhältnis unter zumutbaren Bedingungen weiter fortzusetzen. Erst dann, wenn der Ausspruch der Kündigung entweder zielgerichtet erfolgt, um dem Arbeitnehmer gesundheitlichen Schaden zuzufügen oder seine gesundheitliche Labilität auszunutzen oder wenn die Kündigung leichtfertig oder unter Heranziehung offensichtlich ungeeigneter, insbesondere herabsetzender Kündigungsgründe erfolgt, kann ein Verhalten des Arbeitgebers angenommen werden, dass bei einer nachfolgenden kausalen Erkrankung des Arbeitnehmers zur Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses führt.

    Ein solches Verhalten hat die Beklagte jedoch nicht gezeigt. Wie bereits oben dargelegt worden ist, war sowohl die zweite Kündigung als auch die dritte Kündigung keine solche, die offensichtlich leichtfertig oder mit der Zielrichtung der Beschädigung der Gesundheit des Arbeitnehmers ausgesprochen worden ist. Selbst wenn der Beklagten bekannt gewesen wäre, dass der Kläger an Depressionen litt, so wäre es gleichwohl von der Rechtsordnung nicht missbilligt worden, wenn sie dem Beklagten aufgrund eines Verhaltens, das jedenfalls nicht offensichtlich als Kündigungsgrund ungeeignet gewesen wäre, ordentlich verhaltensbedingt kündigt. Wie oben dargestellt, war das Verhalten des Klägers nicht offensichtlich für eine verhaltensbedingte Kündigung ungeeignet. Auf die Ausführungen bezüglich des Verstoßes gegen das Rauchverbot wie auch auf die Ausführungen bezüglich der Kündigung vom 18.08. bezüglich der nicht ordnungsgemäßen Anzeige der weiteren Arbeitsunfähigkeit wird Bezug genommen.

    Aus diesem Grunde scheidet also die Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Antrag des Klägers aus und sein Antrag war zurückzuweisen.

    Sowohl die Berufung der Beklagten als auch der Auflösungsantrag des Klägers waren zurück- bzw. abzuweisen.

    III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Einerseits hat die Beklagte die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen. Andererseits ist bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen, dass der Kläger mit seinem Auflösungsantrag nicht durchgedrungen ist, so dass eine Kostenquotelung von 2/3 zu Lasten der Beklagten und 1/3 zu Lasten des Klägers angemessen ist unter Berücksichtigung der Wertungen des § 92 Abs.1 ZPO.

    Die Revision war für den Kläger zuzulassen, da die Rechtsfrage, ob die jahrelange Vorenthaltung von Arbeitsentgelt (hier Nichtzustimmung des Klägers zur Arbeitszeiterhöhung ohne Lohnausgleich) und auch die Verursachung einer Erkrankung durch den Ausspruch einer Kündigung als Gründe für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Gericht von grundsätzlicher Bedeutung sind.

    RechtsgebietKSchGVorschriften§ 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 KSchG § 9 Abs. 1 KSchG