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  • 18.11.2011 · IWW-Abrufnummer 114186

    Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Urteil vom 09.08.2011 – 17 Sa 504/11

    1. Der Wirksamkeit der Befristung steht nicht entgegen, dass die Dauer der Befristung nicht mit der dem Ende des Abwesenheitszeitraums des Vertretenden übereinstimmt. Die vertraglich vereinbarte Befristungsdauer bedarf keiner eigenen sachlichen Rechtfertigung (BAG 06.12.2000 - 7 AZR 262/99 - EzA § 620 BGB Nr. 171). 2. Die Befristung des Arbeitsvertrages zur Vertretung eines Mitarbeiters, der Elternzeit in Anspruch nimmt, ist sachlich gerechtfertigt. § 21 Abs. 1 BEEG konkretisiert den bereits in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG normierten Sachgrund der Befristung. Das gesetzgeberische Ziel deckt sich mit dem nach § 1 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub (Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub) mit dieser Vereinbarung verfolgten Ziel, die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben erwerbstätiger Eltern zu erleichtern (BAG Beschluss vom 02.06.2010 (- 7 AZR 904/08 (A) - Vorabentscheidungsverfahren Rdnr. 37 NV). Dass der Vertreter zuvor aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge aus verschiedenen anderen Gründen bei der Beklagten tätig war, ändert nichts an der Beurteilung. Ein Verstoß gegen die unionsrechtlichen Anforderungen des § 5 Nr. 1 a der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang zur Richtlinie 1999/70 zu der EGB-UNICE-CEEP Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge ist nicht gegeben.


    Tenor:

    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts

    Mönchengladbach vom 10.03.2011 - 1 Ca 42/11 - wird kosten-

    pflichtig zurückgewiesen.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung.

    Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 07.03.2005 aufgrund 12 befristeter Anstellungsverträge als Telefon-Service-Beraterin im Servicebereich der Agentur für Arbeit tätig.

    Der letzte befristete Arbeitsvertrag vom 12. April 2010 wurde für die Zeit vom 01.05.2010 bis zum 31.12.2010 abgeschlossen. In dem zum Arbeitsvertrag gefertigten Vermerk heißt es:

    "Weiterbeschäftigung von Frau N. I., geb. 05.02.1965, als

    Telefon-Service-Beraterin im Service Center mit befristetem Arbeitsver-

    trag nach dem TzBfG für den Zeitraum vom 01.05.2010 bis 31.12.2010

    bei der Agentur für Arbeit N..

    Befristungsgrund:

    § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG (Vertretung) Frau N. I. wird für die

    in Mutterschutz bzw. Elternzeit befindliche Mitarbeiterin Frau N.

    O. beschäftigt.

    Die Arbeitnehmerin wurde heute über die Tatsachen, Gründe und

    Rechtsfolgen des befristeten Arbeitsvertrages belehrt. Ihr wurde erläu-

    tert, dass das befristete Arbeitsverhältnis - ohne dass es einer Kündi-

    gung bedarf - mit Ablauf der im Arbeitsvertrag vereinbarten Frist en-

    det.

    Auf die für das Arbeitsverhältnis geltende Tarifregelung des § 33 TV-BA

    sowie die Sonderregelungen (TzBfG) wurde sie hingewiesen".

    Frau O. hat nach Abschluss ihrer Ausbildung am 20.03.2009 als Telefon-Service-Beraterin für die Beklagte gearbeitet. Sie teilte am 29.07.2009 ihre Schwangerschaft und den voraussichtlichen Entbindungstermin, den 13.03.2010 mit. Mit Schreiben vom 23.03.2010 beantragte sie für die Zeit vom 15.05.2010 bis zum 18.03.2011 die Elternzeit, die ihr auch mit Schreiben der Beklagten vom 15. 04.2010 gewährt wurde.

    Mit der vorliegenden am 06.01.2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Befristung des Arbeitsverhältnisses und begehrt ihre Weiterbeschäftigung.

    Sie hat vorgetragen, dass die Befristung zum 31.12.2010 schon deshalb unwirksam sei, weil Frau O. die Elternzeit bis zum 18.03.2011 beantragt habe. Im Übrigen bestünden Zweifel, ob mehrmalige Befristungen mit der Rechtsprechung vereinbar seien.

    Die Klägerin hat beantragt,

    1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei der

    Beklagten über den 31.12.2010 hinaus fortbesteht,

    2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin über den 31.12.2010 hinaus für die Dauer des Rechtsstreits als Telefon-Service-Beraterin

    im Service Center zu im Übrigen unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte trägt vor, dass der letzte Arbeitsvertrag maßgeblich sei. Die Klägerin sei als Vertretung für die im Mutterschutz befindliche Frau O. tätig gewesen. Sie habe mit einer Rückkehr der Mitarbeiterin rechnen müssen.

    Durch Urteil vom 10.03.2011 hat das Arbeitsgericht Mönchengladbach die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG bei einem sachlichen Grund gerechtfertigt sei. Ein sachlicher Grund sei die Vertretung eines anderen Arbeitnehmers. Dies sei hier gegeben, da die Vertretung wegen der Mutterschutzzeit von Frau O. erfolgt sei. Dies sei auch konkret im Vermerk zum Arbeitsvertrag angegeben. Teil des Sachgrundes sei zwar die Prognose über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsfalles durch die Rückkehr des vertretenen Arbeitnehmers. Der Sachgrund entfalle aber nicht, wenn sich die Prognose nachher als unzutreffend erweise. Hier hätten keine Anhaltspunkte bestanden, davon auszugehen, dass die Prognose und damit die Rückkehr von Frau O. nicht eintreffe. Ein Verstoß gegen europarechtliche Bestimmungen liegt nicht vor.

    Gegen das der Klägerin am 22.03.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit dem am 21.04.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Antrag Prozesskostenhilfe unter Beiordnung durch den Unterzeichner für das Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf beantragt. Durch Beschluss vom 31.05.2011 hat das Landesarbeitsgericht der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt. Dieser Beschluss wurde der Klägerin am 06.06.2011 zugestellt.

    Mit dem am 07.06.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berufung eingelegt und gleichzeitig die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. In dem Schriftsatz hat sie zugleich die Berufung und den Wiedereinsetzungsantrag begründet.

    Die Klägerin trägt vor, dass sie unverschuldet daran gehindert gewesen sei, die Frist zur Berufungseinlegung und zur Begründung der Berufung einzuhalten, da sie aufgrund ihrer Vermögensverhältnisse nicht in der Lage gewesen sei, die Berufung einzulegen.

    Die Befristung des letzten Arbeitsvertrages sei sachlich nicht gerechtfertigt. Die Beklagte habe nicht davon ausgehen können, dass Frau O. auf den Arbeitsplatz zurückkehren würde. Unabhängig davon werde auf das Vorabentscheidungsersuchen des Bundesarbeitsgerichts vom 17.11.2010 - 7 AZR 443/09 - verwiesen. Es liege ein vergleichbarer Sachverhalt vor, da die Klägerin nahezu sechs Jahre im Service-Center aufgrund befristeter Verträge u.a. zur Vertretung tätig gewesen sei. Angesichts der vielen Befristungen müsse man davon ausgehen, dass ein dauerhafter Bedarf bestanden habe, sodass die Befristung gegen § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverhältnisse verstoße.

    Die Klägerin beantragt,

    1.unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 10.03.2011, AZ: 1 Ca 42/11 festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei der Beklagten über den 31.12.2010 hinaus fortbesteht und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin über den 31.12.2010 hinaus als Telefon-Service-Beraterin im Service-Center zu im Übrigen unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen,

    2.der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Wiedereinsetzungsantrag nicht zulässig, zumindest nicht begründet sei, da sich aus den Unterlagen ergebe, dass die Klägerin unabhängig von der Prozesskostenhilfe Berufung habe einlegen wollen. Insofern hätten die Fristen eingehalten werden müssen. In jedem Fall sei die Berufung unbegründet. Die Befristung sei sachlich gerechtfertigt, weil sie zur Vertretung der Mitarbeiterin O. beschäftigt worden sei. Frau O. sei auch vor ihrer Mutterschutz- und Elternzeit als Telefon-Service-Beraterin im Service-Center als Vollzeitbeschäftigte in Tätigkeitsebene V, wie die Klägerin, tätig gewesen. Sie habe davon ausgehen müssen, dass die Mitarbeiterin zurückkehre. Unabhängig davon brauche der Vertreter nicht die Aufgaben des Vertretenen auszuüben. Ausreichend sei, dass der Vertreter mit Aufgaben betraut werde, die vom Vertretenen nach dessen Rückkehr rechtlich und tatsächlich ausgeübt werden könnten. Dies sei hier gegeben. Die Befristung sei auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts 07.10.2010 gebiete keine abweichende Beurteilung. Unabhängig davon sei hier § 21 Abs. 1 BEEG zu berücksichtigen. Die Vertretung sei durch eine sozialpolitische besondere Situation gerechtfertigt.

    Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt, die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und eingereichten Anlagen sowie auf die gerichtlichen Protokolle und den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils ergänzend Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    A.

    I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben.

    1. Die Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift gingen zwar erst nach Ablauf der Berufungsfrist gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG (22.04.2011) und Berufungsbegründungsfrist (22.05.2011) am 07.06.2011 beim Landearbeitsgericht ein. Der Klägerin war aber nach § 233 ZPO die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Berufungsführer, der vor Ablauf der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe beantragt, ist bis zur Entscheidung über den Antrag solange als ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Wahrnehmung einer fristwahrenden Handlung verhindert anzusehen, als er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste (BGH Beschluss vom 20.02.2008 - XII ZB 83/07 - FamRZ 2008, 868-869 m.w.N.).

    2. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die mittellose Klägerin hat innerhalb der Berufungsfrist unter Darlegung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Berufung sowie unter Beifügung des Prozesskostenhilfeformulars nebst Belegen am 21.04.2011 Prozesskostenhilfe beantragt. Unmittelbar nach Zustellung des Bewilligungsbeschlusses am 06.06.2011 hat sie mit dem am 07.06.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese begründet und darin gleichzeitig form- und fristgerecht gemäß §§ 234 Abs. 1, 2, 236 Abs. 2 ZPO die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

    II. Die Berufung ist aber unbegründet.

    1. Die fristgerecht gemäß § 16 TzBfG erhobene Klage ist unbegründet. Die Befristung des Arbeitsvertrages vom 13.12.2010 ist rechtswirksam.

    a) Zu Recht hat das Arbeitsgericht nur die letzte Befristung im Arbeitsvertrag vom 12.04.2010 der Befristungskontrolle unterzogen. Die früheren Befristungsabreden gelten nach § 17 Satz 2 TzBfG, § 7 Halbsatz 1 KSchG als wirksam, da sie die Klägerin nicht innerhalb der 3-Wochenfrist des § 17 Satz 1 TzBfG gerichtlich angegriffen hat (BAG 06.10.2010 - 7 AZR 397/09 - EzA § 14 TzBfG Nr. 70; BAG 25.03.2009 - 7 AZR 34/08 - EzA § 14 TzBfG Nr. 57). Die Arbeitsvertragsparteien wollen ihr Arbeitsverhältnis durch den vorbehaltlosen Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages regelmäßig auf eine neue rechtliche Grundlage stellen und damit zugleich ihr etwa unwirksam befristetes früheres Arbeitsverhältnis aufheben.

    b) Die Befristungsabrede im Arbeitsvertrag vom 12.04.2010 ist durch den Sachgrund der Vertretung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG i.V.m. § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt.

    aa) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrages zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt Urteil vom 12.01.2011 - 7 AZR 194/09 - NZA 2011, 507-509) liegt der Grund für die Befristungen in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmer in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Arbeitnehmers rechnet. Damit besteht an der Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Arbeitnehmer obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vorneherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis. Entgegen der Auffassung setzt der Sachgrund der Befristung nicht voraus, dass der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt. Der Vertreter kann auch mit anderen Aufgaben betraut werden, da die befristete Beschäftigung die Versetzung und Umsetzungsbefugnisse des Arbeitgebers unberührt lässt. Es muss nur sichergestellt sein, dass die Beschäftigung des befristet Eingestellten wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts besteht der erforderliche Kausalzusammenhang auch in den Fällen, in denen dem befristet Beschäftigten ohne tatsächliche Neuverteilung der Arbeitsaufgaben Tätigkeiten zugewiesen werden, die der vertretene Mitarbeiter zu keinem Zeitpunkt ausgeübt hat, wenn der Arbeitgeber tatsächlich und rechtlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Weiterarbeit nicht seine bisherigen Tätigkeiten, sondern den Aufgabenbereich des Vertreters zu übertragen. Allerdings ist bei dieser Fallgestaltung erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesend Beschäftigten, etwa durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag erkennbar gedanklich zuordnet (BAG 14.04.2010 - 7 AZR 121/09 - EzA TzBfG § 14 Nr. 65).

    bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich die Berufungskammer anschließt, ist ein Vertretungsfall gegeben. Wie sich im Kammertermin herausgestellt hat, ist nunmehr unstreitig, dass Frau O. die Aufgaben im Telefon-Service-Bereich verrichtet hat. Insofern besteht der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der Beschäftigung der Klägerin und der Elternzeit von Frau O.. Unabhängig davon war die Beklagte aufgrund der Vorbeschäftigung von Frau O. im Telefon-Service-Bereich tatsächlich und rechtlich in der Lage, dieser vorübergehend abwesenden Arbeitnehmerin im Falle ihrer Weiterarbeit die bisherigen Tätigkeiten der Klägerin zu übertragen. Die Klägerin ist wie die vertretene Mitarbeiterin in die Vergütungsgruppe V eingruppiert. Es kommt hinzu, dass die erforderliche Zuordnung der Arbeitsaufgaben der Klägerin zu der vorübergehend abwesenden Arbeitnehmerin Frau O. im Vermerk zum Arbeitsvertrag vom 12.04.2010 dokumentiert ist.

    Nach alledem wurde die Klägerin zur Vertretung der Mitarbeiterin O. beschäftigt.

    cc) Der Wirksamkeit der Befristung steht nicht entgegen, dass der Arbeitsvertrag der Klägerin bis zum 31.12.2010 befristet wurde, während die Beklagte der zu vertretenden Frau O. Mutterschutz/Elternzeit für die Zeit vom 15.05.2010 bis zum 18.03.2011 gewährte. Die vertraglich vereinbarte Befristungsdauer bedarf keiner eigenen sachlichen Rechtfertigung. Dem Arbeitgeber steht es frei, den Arbeitsausfall überhaupt zu überbrücken. Deshalb bleibt ihm auch die Entscheidung vorbehalten, die Vertretung nur für eine kürzere Zeit zu regeln (BAG 06.12.2000 - 7 AZR 262/99 - EzA § 620 BGB Nr. 171). Für die gesetzlichen Vertretungsfälle nach § 21 BEEG hat der Gesetzgeber zudem ausdrücklich bestimmt, dass die Befristung auch "über Teile" der Vertretungszeit erfolgen kann. Ein Zurückbleiben der Befristungsdauer hinter dem voraussichtlichen Bestand des Befristungsgrundes stellt nicht den Befristungsgrund selbst in Frage (BAG 13.10.2004 - 7 AZR 654/03 - EzA § 14 TzBfG Nr. 14). Hier ist auch das Zurückbleiben der Befristung gegenüber der gewährten Elternzeit nicht geeignet, den Befristungsgrund in Frage zu stellen.

    Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass Frau O. nach Ablauf der gewährten Elternzeit nicht mehr zurückkehren wollte, sind nicht vorgetragen und ergeben sich nicht.

    dd) Letztlich ist im vorliegenden Fall auch kein Verstoß gegen die unionsrechtlichen Anforderungen des § 5 Nr. 1 a der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang zur Richtlinie 1999/70 zu der EGB-UNICE-CEEP Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge gegeben, weil die Klägerin aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge aus verschiedenen Gründen bei der Beklagten tätig war. Danach haben die Mitgliedsstaaten zur Vermeidung von Missbrauch durch aufeinander folgende befristete Arbeitsverträge entweder sachliche Gründe, die die Verlängerung solcher Verträge oder Verhältnisse rechtfertigen (Buchstabe a) oder die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinander folgender Arbeitsverträge oder Verhältnisse (Buchstabe b) oder die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge oder Verhältnisse (Buchstabe c) festzulegen. Die gemeinschaftsrechtliche Regelung der Rahmenvereinbarung (Buchstabe a) verlangt insoweit jeweils sachliche Gründe und lässt eine allgemeine Rechtsvorschrift, in der die Zulässigkeit aufeinanderfolgender Verträge geregelt ist, nicht ausreichen (EuGH 04.07.2006 - C -212/04 Adeneler NJW 2006, 909-912). Dem wird durch die Regelungen im Teilzeit- und Befristungsgesetz Rechnung getragen. Der deutsche Gesetzgeber hat sich hinsichtlich § 14 Abs. 1 TzBfG für das Erfordernis sachlicher Gründe entschieden (vgl. BAG, Urteil vom 17.03.2010 - 7 AZR 943/08 -AP Nr. 16 zu § 14 TzBfG Haushalt). Die erleichterte Befristung eines Arbeitsvertrages ist nur bei einer Neueinstellung zulässig, d. h. bei der erstmaligen Beschäftigung eines Arbeitnehmers durch einen Arbeitgeber § 14 Abs. 2 TzBfG. Jede weitere Befristung bedarf zu ihrer Rechtfertigung eines sachlichen Grundes. (vgl. auch LAG Sachsen 19.04.2011 - 7 Sa 499/10- juris.de).

    Die Berufungskammer folgt zudem der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts im Beschluss vom 02.06.2010 (- 7 AZR 904/08 (A) - Vorabentscheidungsverfahren Rdnr. 37 NV; juris. de), dass § 21 Abs. 1 BEEG den bereits in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG normierten Sachgrund der Befristung weiter konkretisiert und betont, in den Fällen, in denen ein Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers für die Dauer der Elternzeit oder für Teile davon eingestellt wird. Der deutsche Gesetzgeber verfolgt durch diese dem Arbeitgeber eröffnete Möglichkeit, durch Mutterschutz und Elternzeit bedingte Ausfallzeiten im Wege der befristeten Einstellung von Arbeitnehmern aufzufangen, zumindest auch das Ziel, Arbeitgebern die Gewährung sowie Arbeitnehmern die Inanspruchnahme von Sonderurlaub, insbesondere aus Gründen des Mutterschutzes und der Erziehung, zu erleichtern. Dies deckt sich mit dem nach § 1 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub (Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub; siehe auch Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010 zur Durchführung der von BUSINESSEUROPE, UEAPME, CEEP und EGB geschlossenen überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub und zur Aufhebung der Richtlinie 96/34/EG) mit dieser Vereinbarung verfolgten Ziel, die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben erwerbstätiger Eltern zu erleichtern (BAG 02.06.2010 a.a.O.). In Ansehung auch dieser gemeinschaftsrechtlichen Zielsetzung kann im vorliegenden Fall kein Verstoß gegen gemeinschaftsrechtliche Vorschriften angenommen werden. Dass sich das Erfordernis für eine Befristung nach § 21 BEEG erst nach mehreren Befristungen aufgrund anderer sachlicher Gründe ergeben hat, ändert nichts an der Beurteilung. Der Verweis der Klägerin auf den Vorlagebeschluss des Landesarbeitsgerichts Köln (13.04.2010 - 7 Sa 1224/09 - EzTöD 100 § 30 Abs. 1 TVöD-AT Sachgrundbefristung Nr. 29) führt nicht weiter, da dem letzten Vertrag eine Befristung wegen vorübergehend freier Haushaltsmittel zu Grunde lag.

    Nach alledem kann die streitige Befristung auch in Ansehung der vorangegangenen Befristungen weder als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, noch kann ein Verstoß gegen gemeinschaftsrechtliche Vorschriften festgestellt werden.

    2. Da das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Befristung geendet hat, war auch der Weiterbeschäftigungsantrag unbegründet.

    Die Berufung war folglich insgesamt zurückzuweisen.

    B.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 i.V.m. § 97 ZPO.

    Die Berufungskammer hat den entscheidungserheblichen Fragen grundsätzliche Bedeutung beigemessen und daher gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG für die Klägerin die Revision an das Bundesarbeitsgericht zugelassen.