Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Urlaubsanspruch

    Ausschluss von Doppelansprüchen bei unwirksamer Kündigung

    | Der Anspruch auf Urlaub nach § 6 Abs. 1 BUrlG besteht nicht, soweit dem ArbN für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren ArbG Urlaub gewährt worden ist. Die Vorschrift regelt den Urlaubsanspruch, wenn der ArbN während des Urlaubsjahres den ArbG wechselt. Was geschieht aber, wenn ein ArbN nach einer Kündigung des ArbG ein anderweitiges Arbeitsverhältnis eingegangen ist und festgestellt wird, dass das ursprüngliche Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist? |

     

    • Der Sachverhalt

    Die ArbN wurde beim ArbG als Fachexpertin für Fotogrammetrie eingestellt. Im Arbeitsvertrag sind 29 Arbeitstage Urlaub vereinbart. Nachdem der ArbG das Arbeitsverhältnis mehrmals gekündigt hatte und die ArbN ein anderweitiges Arbeitsverhältnis eingegangen war, wurden ihr im Kalenderjahr 2008 durch den neuen ArbG 21 Arbeitstage Urlaub gewährt. Mit einem Schreiben vom 6.11.08 beantragte die ArbN beim alten ArbG erfolglos Urlaub für die Zeit vom 14.11. bis zum 30.12.08. Im Kündigungsrechtsstreit wurde festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigungen des ArbG nicht vor Ablauf 2008 aufgelöst worden ist. Die Vorinstanzen haben der Klage, mit der die ArbN einen Ersatzurlaubsanspruch von 29 Arbeitstagen für 2008 festgestellt haben wollte, stattgegeben.

    Ansprüche bei einem Doppelarbeitsverhältnis

    Im beschriebenen Fall liegt ein sogenanntes Doppelarbeitsverhältnis vor. Der ArbN kann seine Pflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen nicht gleichzeitig erfüllen. Der ArbG, mit dem er während des Kündigungsrechtsstreits ein Arbeitsverhältnis eingegangen ist, hat ihm für ein laufendes Kalenderjahr Urlaub gewährt. Der ArbN hat daher grundsätzlich keinen weiteren Urlaubsanspruch für dieses Jahr. Einem doppelten Urlaubsanspruch des ArbN steht entgegen, dass dieser im Falle eines Obsiegens im Kündigungsrechtsstreit grundsätzlich so zu stellen ist, als hätte keine tatsächliche Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses stattgefunden. Zwar handelt es sich beim Urlaub nicht um Entgelt für geleistete Dienste, sodass die Anrechnungsvorschriften § 11 Nr. 1 KSchG und § 615 S. 2 BGB keine unmittelbare Anwendung finden. Wegen der Gleichheit der Interessenlage ist jedoch eine analoge Anwendung dieser Bestimmungen geboten (BAG 21.2.12, 9 AZR 487/10, Abruf-Nr. 121170).

     

    Volle Anrechnung des gewährten Urlaubs

    Die Revision des ArbG, mit der er die Anrechnung von 21 Urlaubstagen auf den Urlaubsanspruch der ArbN für 2008 erreichen wollte, hatte vor dem BAG Erfolg. Der ArbN steht für 2008 nur ein Ersatzurlaubsanspruch von acht Arbeitstagen zu. Da sie nicht gleichzeitig ihre Pflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen erfüllen konnte, hat sie keinen doppelten Urlaubsanspruch, sondern muss sich die ihr gewährten 21 Urlaubstage auf ihren Urlaubsanspruch anrechnen lassen.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2012 | Seite 89 | ID 32950190