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  • · Fachbeitrag · Urlaubsanspruch

    Ist unbezahlter Sonderurlaub auf den gesetzlichen Mindesturlaub anrechenbar?

    Der Urlaubsanspruch nach §§ 1, 3 BUrlG steht nicht unter der Bedingung, dass der ArbN im Bezugszeitraum tatsächlich eine Arbeitsleistung erbringt. Der Urlaubsanspruch entsteht auch für den Fall, dass ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses im Wege der Absprache zwischen ArbN und ArbG im Hinblick auf die Gewährung von Sonderurlaub herbeigeführt wird (BAG 6.5.14, 9 AZR 678/12, Abruf-Nr. 141427).

     

    Sachverhalt

    Der ArbN wurde durch den ArbG auf Grundlage der im Betrieb des ArbG anwendbaren Tarifverträge Sonderurlaub für den Zeitraum zwischen Januar und September 2011 gewährt. Für diesen Fall sehen die anwendbaren Tarifverträge vor, dass der Erholungsurlaub für jeden Monat des Sonderurlaubs um 1/12 gekürzt werden kann. Zum Ende des Sonderurlaubs, zum 30.9.11, sprach der ArbN eine Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses aus.

     

    Er verlangt nun im Wege der Zahlungsklage Urlaubsabgeltung für die Urlaubsansprüche aus dem Urlaubsjahr 2011. Die Klage war in der Revisionsinstanz vor dem BAG erfolgreich.

     

    Entscheidungsgründe

    Nach Auffassung des 9. Senats des BAG ist der Urlaubsanspruch für das Urlaubsjahr 2011 entstanden. Er ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. Allein der Bestand des Arbeitsverhältnisses sei Bedingung für das Entstehen des Urlaubsanspruchs nach §§ 1, 3 BUrlG. Eine (ungeschriebene) Bedingung, dass tatsächlich im Urlaubsjahr eine Arbeitsleistung erbracht werde, sei auch für das Ruhen der beiderseitigen Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis nicht anzunehmen.

     

    • Eine solche Regelung sei in § 1 BUrlG nicht vorgesehen.
    • § 2 BUrlG nimmt ArbN, denen Sonderurlaub gewährt worden ist, vom Anwendungsbereich des BUrlG nicht aus.
    • Auch eine Quotelung nach § 5 BUrlG ist für Zeiten des Sonderurlaubs nicht gesetzlich geregelt.

     

    Eine solche Kürzungsmöglichkeit sei auch nicht wirksam durch die Tarifvertragsparteien in Tarifverträgen vereinbar. Das folge daraus, dass damit die nicht dispositiven Grundsätze der §§ 1 bis 3 BUrlG betroffen seien. Dies sei nach § 13 Abs. 1 S. 1 BUrlG unwirksam. Eine entsprechende Anwendung der Kürzungsmöglichkeiten bezüglich des Wehrdiensts oder der Elternzeit, die in § 17 Abs. 1 BEEG bzw. 4 Abs. 1 ArbPlSchG vorgesehen sei, komme nicht in Betracht. Diese Vorschriften seien ausdrücklich gesetzlich geregelte Ausnahmen. Sie seien nicht etwa Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens dahingehend, dass für alle Fälle des Ruhens des Arbeitsverhältnisses, insbesondere den Fall des unbezahlten Sonderurlaubs, eine entsprechende Kürzungsmöglichkeit gegeben sei.

     

    Praxishinweis

    Die Regeln über den gesetzlichen Urlaub nach § 1, 3 BUrlG sind unabdingbar. Sie stehen auch nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien. Das ist in § 13 Abs. 1 BUrlG ausdrücklich geregelt. Dem ArbG bleibt hingegen die Möglichkeit, im Rahmen einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung mit dem ArbN das Entstehen von Urlaubsansprüchen, die über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehen, während eines gewährten Sonderurlaubs wirksam auszuschließen. Auf tarifvertragliche Kürzungsnormen, die nicht zwischen gesetzlichem und (tarif-)vertraglichem Urlaub unterscheiden, kann sich der ArbG hingegen nach der vorliegenden Entscheidung des 9. Senats nicht mehr verlassen.

     

     

     

     

    Weiterführende Hinweise

    • Ausschluss von Doppelansprüchen bei Urlaub: BAG in AA 15, 23
    • Zusätzliche Urlaubstage für ältere ArbN: BAG in AA 14, 214
    • Unwiderrufliche Freistellung und Festlegung des Urlaubszeitpunkts: BAG in AA 14, 81
    • Gesetzlicher Urlaubsanspruch nach unbezahltem Sonderurlaub: BAG in AA 14, 92
    Quelle: Ausgabe 03 / 2015 | Seite 43 | ID 43203015