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  • · Fachbeitrag · Wohngebäudeversicherung

    Kein Versicherungsschutz bei Rohrbruch im Heizkessel

    von RiOLG Dr. Dirk Halbach, Köln

    Bruchschäden an einer Verbindungsleitung zwischen der Brennkammer und den Wasser führenden Leitungen in einem Heizkessel sind keine versicherten Rohrbruchschäden (OLG Saarbrücken 19.12.12, 5 U 144/12, Abruf-Nr. 140308).

     

    Sachverhalt

    In den VGB 2000 (Fassung 2008) der Wohngebäudeversicherung heißt es u.a.:

    • § 7 Rohrbruch, Frost
    • 1. Innerhalb versicherter Gebäude sind versichert frostbedingte und sonstige Bruchschäden an Rohren
      • a) der Wasserversorgung (Zu- oder Ableitungen),
      • b) der Warmwasser- oder Dampfheizung,
      • c) von Sprinkler- oder Berieselungsanlagen, ...
    • 2. Darüber hinaus sind innerhalb versicherter Gebäude auch versichert Frostschäden an
      • a) Badeeinrichtungen, Waschbecken, Spülklosetts, Armaturen, Geruchsverschlüssen, Wassermessern oder ähnlichen Installationen,
      • b) Heizkörpern, Heizkesseln, Boilern oder vergleichbaren Teilen von Warmwasser- oder Dampfheizungs-, Klima-, Wärmepumpen oder Solarheizungsanlagen, ...
     

    Der VN stellte eine Funktionsstörung an seinem Heizkessel fest. Der VR ließ den Schaden durch einen Sachverständigen begutachten. Der konnte in seinem Bericht keinen Schaden feststellen, der durch das ausgetretene Wasser entstanden war. Den Schaden am Heizkessel selbst beschrieb er als „Materialausbruch in der Feuerungskammer“. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des VN hatte keinen Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Der VN hat keinen Anspruch nach §§ 4, 7 VGB 2000 wegen des Schadens an seinem Heizkessel. Der VR hat keinen Versicherungsschutz für Bruchschäden an Teilen innerhalb des Heizungskessels versprochen, die nicht auf eine Frosteinwirkung zurückgehen. Nach den AVB sind Bruchschäden innerhalb eines Heizungskessels nicht als „Bruchschäden an Rohren … der Warmwasser- … Heizung“ (§ 7 Nr. 1b 2000) versichert, sondern nur als Frostschaden am Heizkessel (§ 7 Nr. 2b VGB 2000).

     

    Der durchschnittliche VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse wird den Begriff „Bruchschäden an Rohren der Heizung“ bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs nicht so verstehen, dass damit alle wasserführenden Teile innerhalb eines Heizkessels gegen jeglichen Bruch versichert sind. Dagegen spricht, dass ein Heizkessel nach allgemeinem Verständnis und Sprachgebrauch als selbstständige technische und wirtschaftliche Einheit und damit auch als technisch selbstständiger Teil einer Heizungsanlage begriffen wird. Ein Heizkessel ist kein „Rohr“ der Warmwasserheizung, sondern ein komplexes technisches Gebilde. Dass sich in seinem Inneren auch Rohre befinden, rechtfertigt keine andere Auslegung.

     

    Entweder beschäftigt sich der VN dann sogleich mit § 7 VGB 2000 insgesamt oder er stößt auf § 4 Nr. 2 VGB 2000, der von „Bruchschäden an Rohren der Wasserversorgung und Frostschäden an sonstigen Leitungswasser führenden Einrichtungen (siehe § 7)“ spricht. Damit wird eine Differenzierung zwischen Schäden an Rohren und Schäden an sonstigen Einrichtungen betont. In diesem Sinne wird der VN überlegen, ob der gebrochene Gegenstand dem Erscheinungsbild nach ein „Rohr“ ist oder nicht bzw. ob der Schaden „dem Rohrleitungssystem“ oder dem Heizkessel zuzuordnen ist. Dabei wird er erhebliche Zweifel daran hegen, einen Materialausbruch zwischen Brennkammer und wasserführenden Teilen im Inneren des Heizkessels als Rohrbruch anzusehen, zumal der Defekt den Heizkessel insgesamt betrifft und nicht ein isoliert zu betrachtendes und auszutauschendes Einzelteil des Kessels, welches man als Rohr bezeichnen würde.

     

    Daher liegt keine Unklarheit vor, die nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten des VR geht. Es liegt auch kein Verstoß gegen § 305c Abs. 1 BGB vor. Der Regelung, dass Defekte an wasserführenden Bauteilen in Anlagen und Einrichtungen der Warmwasserheizung nur im Frostfalle und nicht aus jedem Grund, also in erster Linie aus Abnutzungs- und Verschleißgründen vom Versicherungsschutz erfasst werden, kommt kein Überrumpelungseffekt zu. Spätestens nach dem Gutachten steht fest, dass kein Schaden durch auslaufendes Wasser entstanden ist. Deshalb kommt es lediglich auf § 7 VGB 2000 an.

     

    Praxishinweis

    Der BGH hat zu § 4 VGB 62 entschieden, dass unter die Leitungswasserversicherung auch die Beschädigung des Heizkessels fällt, die durch Platzen eines im Heizkessel befindlichen Wasserrohres verursacht worden ist (BGH VersR 93, 1102). In § 4 Abs. 1 VGB 62 heißt es aber, dass Versicherungsschutz für Leitungswasser besteht, welches u.a. aus „Anlagen der Warmwasser- oder der Dampfheizung bestimmungswidrig ausgetreten ist“. Diese Grundsätze sind auf § 7 VGB 2000, der gerade zwischen Rohren und Anlagen bzw. Einrichtungen unterscheidet, nicht zu übertragen.

     

    Die Trennung zwischen Rohren und Einrichtungen ist nach der Fassung des § 7 VGB 2000 zutreffend. Während § 7 Nr. 1 VGB 2000 z.B. von Rohren der Warmwasserheizung spricht, betrifft § 7 Nr. 2 VGB 2000 u.a. den Heizkessel oder auch eine Solarheizungsanlage als solche. Dies ist für VN als Trennung zwischen Rohren und den sonstigen Einrichtungen, wie z.B. Heizkessel oder Solaranlage als technische Einheit, zu verstehen. Zudem ist erkennbar, dass der VR durch die Differenzierung die sonstigen Einrichtungen, die starken Alterungs- und Verschleißprozessen ausgesetzt sind, lediglich gegen frostbedingte Beschädigungen absichert, nicht aber - wie das OLG ausführt - gegen die zwangsläufigen Alterungs- und Verschleißschäden. Schäden durch austretendes Leitungswasser im Inneren der Anlage dürften zu ersetzen sein (vgl. Rüffer, VersRHdb, 2. Aufl., § 32 Rn. 338).

    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 35 | ID 42492383