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  • 08.01.2010

    Finanzgericht München: Urteil vom 20.11.2000 – 13 K 2630/95

    1. Ein zum Betriebsvermögen eines Landwirts gehörendes Grundstück geht durch die bloße Änderung seiner Funktion --Nutzung als Haus- und Gemüsegarten-- ohne ausdrückliche Entnahmeerklärung nicht in das Privatvermögen über.

    2. Für die sachgerechte Schätzung des Entnahmewerts von Grundstücken kommt den von einem örtlichen Gutachterausschuss ermittelten Richtwerten als Durchschnittswerten anhand von tatsächlich festgestellten Verkäufen eine entscheidende Bedeutung zu.

    3. Der im Rahmen der Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebes zu bestimmende Wert der in das Privatvermögen überführten, als Bauerwartungsland einzustufenden Grundstücke, bestimmt sich nach den zum Entnahmezeitpunkt gegebenen tatsächlichen Verhältnissen und wertbegründenden Faktoren. Ist aufgrund eines sehr frühen Stadiums der Bauleitplanung nicht vorhersehbar, ob und inwieweit in Zukunft mit Flächenabtretungen zu rechnen ist, wird diesem Umstand durch die Zugrundelegung des niedrigsten Werts des Schätzungsrahmens für Bauerwartungsland (15 v.H. des Werts von vollwertigem Bauland) ausreichend Rechnung getragen.


    IM NAMEN DES VOLKES

    hat das Finanzgericht München, … Senat, durch den Richter am Finanzgericht als Einzelrichter mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung am 22. November 2000

    für Recht erkannt:

    1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12. Juli 1995 werden die geänderten Einkommensteuerbescheide 1989 und 1990 vom 29. Mai 1995 dahingehend geändert, daß die Einkommensteuer 1989 auf 115.188 DM und die Einkommensteuer 1990 auf 89.004 DM herabgesetzt wird.

    Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

    2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin bis 2. November 2000 zu 72 % und das Finanzamt zu 28 %, ab 2. November 2000 die Klägerin zu 100 %.

    3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar.

    Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

    Gründe

    I.

    Die 1928 geborene Klägerin ist seit 1985 verwitwet. Sie betrieb eine Land- und Forstwirtschaft. Mit notariellem Vertrag vom 5. April 1990 (rotes Geheft in der FG-Akte, Bl. 38 ff.) übertrug sie das Grundstück FlNr. 74/4 der Gemarkung … -R- (= Grundstück A) auf ihren Stiefsohn (Abfindung als weichender Erbe). Mit notariellem Vertrag vom 22. Mai 1990 (Bl. 15 ff. a.a.O.) übergab sie ihren landwirtschaftlichen Betrieb mit dem zugehörigen Grundvermögen ihrer Stieftochter zum 1. Januar 1990, behielt sich aber lt. Tz. 2.4 (S. 4) die Hoffläche zu 725 qm (Grundstück D) sowie die Grundstücke FlNr. 74/5 (B) und 74/6 (C) zurück. Die Grundstücke A – C wiesen folgende nunmehr unstreitigen Flächengrößen auf:

    A3.185qm
    B12.736qm
    C1.383qm.


    139 qm, die zur Fläche C gehören, wurden mit Vertrag vom 2. April 1979 (Bl. 4 ff. a.a.O.) für 30 DM/qm zugekauft, es handelte sich um Straßengrund. Lt. Angabe der Klägerin im Schriftsatz vom 13. Januar 1996 (S. 9) diente das Grundstück C im übrigen stets als Hausgarten und soll seit 1978 an die Stieftochter verpachtet gewesen sein: Schriftliche Unterlagen über diesen Vorgang konnten nicht vorgelegt werden, da die Absprachen nur mündlich erfolgt seien. Ferner wurde vorgetragen, das Grundstück sei bereits seit den 60er-Jahren Bauland gewesen und habe daher nicht mehr zum Betriebsvermögen gehört. Seit 1983 war der gesamte landwirtschaftliche Betrieb an den Ehemann der Stieftochter verpachtet (Pachteinnahmen im Wirtschaftsjahr 1989/90: 7.400 DM).

    In ihrer Anlage zur Einkommensteuer (ESt)-Erklärung 1989 (Bl. 10–13 ESt-Akte 1989) stellte sie den Sachverhalt ausführlich dar und setzte für die Grundstücke A und B einen qm-Wert von 25 DM an. Sie ermittelte den Entnahmegewinn mit 328.335 DM. Für den „Bauplatz” C erklärte sie keinen Entnahmegewinn, da sie ihn zum Privatvermögen rechnete (wie das Grundstück D mit dem Wohnhaus). Noch im Schreiben an den Beklagten (das Finanzamt -FA-) vom 20. November 1990 hielt sie an einem qm-Wert von 25 DM für die Grundstücke A und B fest (Bl. 14 ff., 16 ESt-Akte 1989).

    Das FA setzte in verschiedenen Steuerbescheiden die ESt in unterschiedlicher Höhe fest, da die jeweiligen Entnahmewerte für die Grundstücke A – C stark differierten.

    So kam beispielsweise der eingeschaltete Amtliche Landwirtschaftliche Sachverständige (ALS) zu einem Entnahmewert von 200 DM/qm für das Grundstück C (dabei ging das FA davon aus, daß dieses Grundstück im Entnahme Zeitpunkt – Mai 1990 – noch zum Betriebsvermögen -BV- gehört hatte). Nach den Feststellungen des Gutachterausschusses betrug der qm-Wert für Grundstücke zum 31. Dezember 1988 120 DM – 180 DM (s. Bl. 55 f. FG-Akte), zum 31. Dezember 1990 betrug der Richtwert 150 – 250 DM/qm. Für 1989 wurden keine Richtwerte festgestellt.

    Im Einspruchsverfahren legte die Klägerin mit Schreiben vom 7. September 1994 (Bl. 26–32 ESt-Akte; Anlage: Schreiben der Gemeinde R vom 12. September 1994) ihre Auffassung dar, daß stichtagsbezogen ein qm-Preis von 100 – 120 DM für Bauland angemessen sei.

    Sie stützt ihre Ansicht mit folgenden Verkäufen (nähere Angaben im Schriftsatz vom. 13. Januar 1996, S. IC f. = Bl. 27 f. FG-Akte):

    DM
    August 1989100
    November 1989100
    Januar 1990120
    Oktober 1990160.


    Das FA ermittelte einen Verkauf (Februar 1990), bei dem 235 DM/qm bezahlt wurden, und zwar, wie es angab, für ein vergleichbares Grundstück.

    Weiterhin führte die Klägerin aus, daß der von ihr vorgeschlagene Entnahmewert für die Grundstücke A und B weit überhöht sei. Angesichts der Ungewißheiten bei der Bauleitplanung seien 12 DM/qm angemessen.

    Zu beiden Grundstücken haben sich folgende Feststellungen ergeben: Im Flächennutzungsplan vom 29. November 1985 waren A und B als „allgemeines Wohngebiet” ausgewiesen. In der Folgezeit kam es zu Änderungen dieses Flächennutzungsplans. Die zweite Änderung des Flächennutzungsplans, in der die Grundstücke ebenfalls großenteils als Bauland ausgewiesen waren, wurde am 12. Januar 1994 rechtskräftig. Am 25. Juni 1995 wurde sodann die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen, der am 21. Oktober 1998 rechtskräftig wurde. Am 3. November 1998 ordnete der Gemeinderat die Umlegung an. Der Umlegungsplan wurde am 12. April 2000 rechtskräftig. Die Grundstücke A und B wurden in die Umlegung einbezogen (Bl. 86–91 FG-Akte).

    Aufgrund der Einwendungen der Klägerin setzte das FA den Entnahmewert für die Grundstücke A und B auf 30 DM/qm herab. Es ermittelte im Teilabhilfebescheid vom 29. Mai 1995 einen Entnahmegewinn von 653.344 DM. Abzüglich des Freibetrags nach § 14 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) und zuzüglich laufender Einkünfte von 4.375 DM (1989) entfielen auf 1989 Einkünfte von 316.714 DM und 1990 solche von 260.281 DM. Im übrigen blieb der Einspruch erfolglos (s. die Einspruchsentscheidung -EE- vom 12. Juli 1995, Bl. 88–97 ESt-Akte 1990).

    Gegen die Änderungsbescheide 1989/1990 und die EE hat die Klägerin Klage erhoben. Mit ihren Schriftsätzen vom 12. August 1995, 13. Januar 1996, 23. April 1996, 15. September 1997, 20. Juni 2000, 9. August 2000 und 28. September 2000 vertieft und modifiziert sie teilweise ihr bisheriges Vorbringen. Sie hält an ihrer Ansicht fest, daß das Grundstück C mindestens seit 1960 Bauland dargestellt habe und nicht mehr landwirtschaftlich nutzbar gewesen sei. Durch den irrtümlichen Antrag auf Feststellung des höheren Teilwerts könne es nicht zu BV geworden sein. Jedenfalls sei der Entnahmewert viel zu hoch angesetzt. Es könne höchstens von 100 – 120 DM/qm ausgegangen werden.

    Hinsichtlich der Grundstücke A und B wird dargelegt, es handle sich nicht um Bauerwartungsland, sondern um sog. Zwischenstellenland (= Ackerland mit Hoffnungscharakter), auf das der vom FA angewandte Schätzungsrahmen Gerardys nicht angewandt werden dürfe. Doch selbst wenn man dem Ansatz des FA mit 15 % folge, ergäbe sich ein qm-Preis von höchstens 18 DM (bei einem Entnahmewert für Bauland von 120 DM/qm). Jedoch dürfe nicht vom gesamten entnommenen qm-Betrag der Grundstücke A und B ausgegangen werden: Wegen der zu erwartenden Flächenabtretungen zugunsten der öffentlichen Hand sei ein Abschlag von 43 % der entnommenen Flächen vorzunehmen. Denn nicht zu realisierende Gewinne dürften nicht besteuert werden. Außerdem sei zu beachten, daß lt. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) der Bürger kein subjektives Recht auf eine gemeindliche Bauleitplanung habe (Bl. 46–48 FG-Akte).

    Die Klägerin beantragt sinngemäß,

    unter Aufhebung der EE vom 12. Juli 1995 die geänderten ESt-Bescheide 1989 und 1990 vom 29. Mai 1995 dahingehend zu ändern, daß der Entnahmegewinn für das Grundstück C außer Ansatz gelassen bzw. ein Entnahmegewinn von 120 DM/qm angesetzt wird und daß bei den Grundstücken A und B ein Entnahmegewinn von 18 DM/qm angesetzt wird und 43 % dieses Entnahmegewinns außer Ansatz bleiben; hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Das FA beantragte zunächst,

    die Klage abzuweisen.

    Es beantragt nunmehr (Schriftsatz vom 27. Oktober 2000 mit ergänzenden Berechnungen vom 6. November 2000),

    die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, daß für 1989 eine ESt von 115.188 DM und für 1990 eine ESt von 89.004 DM angesetzt wird (Hinweis auf die Probeberechnungen; Bl. 106 f., 115 f. FG-Akte).

    Es tritt in den Schriftsätzen vom 24. Oktober 1995, 20. März 1996, 3. Juni 1996, 4. Juni 2000 und 13. September 2000 der Argumentation der Klägerin entgegen.

    Während des Verfahrens hat der Berichterstatter mit Schreiben vom 14. Juni 2000 einen Kompromißvorschlag unterbreitet (150 DM/qm für das Grundstück C und 22,50 DM/qm für die Grundstücke A + B, Bl. 59 FG-Akte). Er wurde von den Beteiligten nicht akzeptiert: Die Klägerin schlug 140 DM/qm für das Grundstück C (für A und B s. oben) vor, das FA zunächst 180 DM/qm für das Grundstück C und 27 DM/qm für die Grundstücke A und B. Sodann hat es eine weitere Minderung der Entnahmewerte befürwortet (s.o.). Einen weiteren Kompromißvorschlag der Klägerin vom 10. November 2000 hat das FA mit Schreiben vom 21. November 2000 abgelehnt.

    II.

    Die Klage hat teilweise Erfolg.

    1. Die strittigen Entnahmewerte sind entsprechend dem Antrag des FA vom 27. Oktober/6. November 2000 herabzusetzen. Eine weitere Minderung ist nicht möglich.

    a) Grundstück C

    aa) Dieses Grundstück gehörte im Entnahmezeitpunkt noch zum BV. Eine Auswechslung mit einem anderen Grundstück, wie von der Klägerin auf S. 9 ihres Schriftsatzes vom 13. Januar 1996 vorgeschlagen, kommt daher nicht in Betracht.

    Das Grundstück ging nicht dadurch ins Privatvermögen über, daß sich seit den 60er-Jahren seine Funktion im Betrieb der Klägerin und ihres Ehemannes geändert hat. Durch bloße Nutzungsänderung verliert ein Grundstück nicht die Zugehörigkeit zum BV, solange es nicht zu notwendigem Privatvermögen wird (s. Urteile des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 4. November 1982 IV R 159/79, BFHE 137, 294, BStBl II 1983, 448, und vom 30. Januar 1986 IV R 270/84, BFHE 146, 378, BStBl II 1986, 516). Davon kann bei einer Nutzung als Haus- und Gemüsegarten nicht die Rede sein. Ein anderes Ergebnis wäre nur denkbar, wenn das Grundstück bereits in den 60er-Jahren entnommen worden wäre. Dies wurde weder behauptet noch belegt.

    Darüber hinaus gilt hier der vom BFH aufgestellte Grundsatz (s. Urteil vom 26. November 1987 IV R 139/85, BFH/NV 1989, 225), daß der Steuerpflichtige mit dem Einwand, ein Grundstück sei niemals land- oder forstwirtschaftliches BV gewesen, nicht gehört werden kann, wenn das FA dafür einen höheren Teilwert festgestellt hatte. Dies ist hier der Fall gewesen (Bl. 1, 5, 6, 13 Feststellungsakte § 55 EStG). Aus dem diesbezüglichen Schriftverkehr geht übrigens deutlich hervor, daß sich der verstorbene Ehemann der Konsequenzen seines Handelns sehr wohl bewußt war. Sein schon damals gebrachter Einwand (Schreiben vom 27. Dezember 1977, Bl. 7 a.a.O.), das Grundstück C sei wegen seiner Eigenschaft als Bauland Privatvermögen gewesen, wurde mit Schreiben des FA vom 16. Januar 1978 widerlegt. Das Einspruchsverfahren wurde einvernehmlich erledigt.

    Schließlich entfällt seit Abschaffung der Nutzungswertbesteuerung und Einführung der Übergangsregelung in § 52 Abs. 15 EStG ab 1987 der Ansatz eines Entnahmegewinns nicht deshalb, weil das Grundstück als Hausgarten genutzt wurde (so der BFH im Urteil vom 24. Oktober 1996 IV R 43/95, BFHE 181, 333, BStBl II 1997, 50).

    bb) Als gem. § 162 Abgabenordnung (AO) zu schätzender Entnahmewert sind 160 DM/qm anzusetzen. Dieser Betrag hat die größte Wahrscheinlichkeit für sich.

    Zunächst ist zu bemerken, daß den vom örtlichen Gutachterausschuß ermittelten Richtwerten als Durchschnittswerten anhand von tatsächlich festgestellten Verkäufen eine, entscheidende Bedeutung für eine sachgerechte Schätzung zukommt (zu ihrer Bedeutung bei der Einheitsbewertung s. Urteil des Finanzgerichts -FG- Nürnberg vom 27. Januar 2000 IV 261/99, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2000, 610). Denn den Gutachterausschüssen liegt regelmäßig eine Vielzahl von Verkäufen vor, wobei nur die wertmäßig völlig aus dem Rahmen fallenden Verkäufe außer Betracht bleiben. Ausgehend vom Mittelwert zum 31. Dezember 1988 (150 DM) und demjenigen zum 31. Dezember 1990 (200 DM) ergibt sich ein Durchschnittswert von 175 DM für Anfang 1990. Der Klägerin ist allerdings zuzugeben, daß die Richtwerte das Marktgeschehen zu anderen Stichtagen als denjenigen, für die sie jeweils festgestellt worden sind, nicht genau wiedergeben. Es sind daher als weitere Entscheidungsgrundlage festgestellte Einzelverkäufe heranzuziehen. Dies gilt auch für den vom FA festgestellten Verkauf vom Februar 1990 (235 DM/qm); das FA hat ausdrücklich erwähnt, daß er ein Grundstück betraf, welches vergleichbare wertbildende Faktoren mit dem Grundstück C aufweist. Aus Gründen des Steuergeheimnisses (§ 30 AO) sind dem FA weitere Detailangaben nicht möglich. Bestimmt man den Durchschnittswert aus allen fünf Verkäufen, so ergibt sich ein Betrag von (100 DM + 100 DM + 120 DM + 160 DM + 235 DM : 5 =) 143 DM/qm. Nach Auffassung des Berichterstatters sind jedoch die Verkäufe je nach Zeitnähe zu gewichten, dies bedeutet: Die beiden bereits 1989 erfolgten sechs – acht Monate zurückliegenden Verkäufe (je 100 DM) und wohl auch der ca. fünf Monate spätere (160 DM) sollten ausgeschieden werden. Berücksichtigt man also nur die im Januar und Februar erfolgten Verkäufe, so ergibt sich ein Durchschnitt von (120 DM + 235 DM : 2 =) 177,5 DM.

    Interessanterweise liegt der vom Einzelrichter für zutreffend erachtete Schätzwert von 160 DM/qm fast genau zwischen dem Durchschnittswert für alle fünf und demjenigen für die zwei zeitnächsten Verkäufe.

    b) Grundstücke A + B

    Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin sind beide Grundstücke als Bauerwartungsland einzustufen. Unter Berücksichtigung aller wertmindernden Faktoren, also auch der voraussichtlich die Grundstückseigentümer treffenden Pflicht, einen Teil der Flächen an die Gemeinde abzutreten, sieht der Berichterstatter mit dem FA die Untergrenze des Schätzungsrahmens für Bauerwartungsland (15 – 40 %; s. ESt-Kartei § 13 K. 18.2) als sachgerecht an.

    Gem. § 4 Abs. 2 der Wertermittlungsverordnung (WertV) liegt Bauerwartungsland vor, wenn die fraglichen Flächen nach ihrer Eigenschaft, ihrer sonstigen Beschaffenheit und ihrer Lage eine bauliche Nutzung in absehbarer Zeit tatsächlich erwarten lassen. Diese Erwartung kann sich insbesondere auf eine entsprechende Darstellung dieser Flächen im Flächennutzungsplan gründen. Diese Voraussetzungen treffen auf den Streitfall zu, da die Grundstücke bereits 1985 in einem Flächennutzungsplan als Wohngebiet ausgewiesen waren. Daß dieser Plan in den folgenden ca. 5 1/2 Jahren bis zur Entnahme und auch danach nicht umgesetzt und weiterentwickelt wurde, führt zu keiner abweichenden Beurteilung, da die ursprüngliche Festlegung im endgültigen Flächennutzungsplan (Rechtskraft im Januar 1994) weit überwiegend bestätigt worden ist (s. Bl. 54 ESt-Akte 1989 sowie den Fortgang der Bauleitplanung vor und nach dem Umlegungsverfahren Bl. 90 f. FG-Akte). Außerdem kann ein Zeitraum von ca. 14 1/2 Jahren zwischen der erstmaligen Aufstellung eines Flächennutzungsplans und der Rechtskraft des Umlegungsplans durchaus als „absehbar” bezeichnet werden.

    Die Klägerin wendet aber zu Recht ein, daß 1990 die bauplanungsrechtlichen Verhältnisse noch sehr ungewiß waren. Dem hat aber das FA ausreichend Rechnung getragen, indem. es den niedrigsten Wert des Schätzungsrahmen für Bauerwartungsland (nämlich 15 %) zugrunde gelegt hat.

    Zu Recht hat das FA der Entnahmegewinn aus 100 % der Grundstücksflächen A und B ermittelt, ohne Abzüge für künftige Flächenabtretungen vorzunehmen. Denn zum einen können aufgrund des Stichtagsprinzips nur die zum Entnahmezeitpunkt gegebenen tatsächlichen Verhältnisse und wertbegründenden Faktoren berücksichtigt werden. Nach Aufstellung eines Flächennutzungsplans – also in einem noch sehr frühen Stadium der Bauleitplanung – ist aber noch gar nicht bestimmbar, ob und inwieweit der Grundstückseigentümer Flächen abtreten muß. Dies zeigt auch der Streitfall, in dem statt der von der Klägerin prognostizierten 43 % nur insgesamt 39 % der entnommenen Flächen an die Gemeinde abzutreten waren (s. Bl. 89 FG-Akte). Zum anderen ist der Umstand, daß der Eigentümer von Bauerwartungsland in Zukunft mit Flächenabtretungen wird rechnen müssen, durch den relativ niedrigen Wertansatz (15 – 40 %) ausreichend berücksichtigt. Nicht von der Hand zu weisen ist auch die Überlegung des FA, daß sich bei dem hier angenommenen Wertverhältnis von Bauerwartungsland zu vollwertigem Bauland (15 %) und bei einem üblicherweise anzusetzenden Abzinsungsfaktor von 5,5 % eine Planungs- und Genehmigungszeit von mehr als 35 Jahren ergeben würde (s. Anhang 1, S. 159 der Vermögensteuer-Richtlinien -VStR- 1989, sowie Anhang 4, Tabelle 1. S. 165 VStR 1995). Damit wäre eine Bauplanungszeit unterstellt, die den normalen realistischen Zeitrahmen einer Bauleitplanung seit Aufstellung eines Flächennutzungsplans (ca. 15 – 20 Jahre) weit überschreitet. Mit dem niedrigen Wertansatz sollen daher noch andere wertmindernde Umstände ausgeglichen werden als der reine Zeitfaktor.

    2. Die ESt-Festsetzungen 1989, 1990 sind daher gem. Änderungsantrag des FA vom 27. Oktober/6. November 2000 und den vorgelegten Probeberechnungen zu ändern.

    Die gespaltene Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und auf den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 6. Juni 1984 II R 184/81 (BFHE 141, 335, BStBl II 1985, 261). Dabei beträgt der Streitwert bis 2. November 2000 (Eingang des geänderten Antrags des FA beim Gericht) 256.424 DM und ab 2. November 2000 nurmehr 183.638 DM.

    Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

    Der Berichterstatter entscheidet gem. § 79 a Abs. 3, 4 FGO mit Einverständnis der Beteiligten anstelle des Senats.

    VorschriftenEStG § 16 Abs. 3, EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4, AO 1977 § 162, EStG § 4 Abs. 1 S. 2, WertV § 4 Abs. 2