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  • 09.08.2024 · IWW-Abrufnummer 243181

    Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 17.12.2019 – 9 U 195/18

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Köln

     
    Tenor:

    Auf die Berufung des Klägers wird unter deren Zurückweisung im Übrigen das am 12.12.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 23 O 106/18 ‒ teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 89.760,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 32.980,- € seit dem 05.01.2018, aus jeweils weiteren 340,- € seit dem 06.01.2018, 07.01.2018, 08.01.2018, 09.01.2018, 10.01.2018, 11.01.2018, 12.01.2018, 13.01.2018, 14.01.2018, 15.01.2018, 16.01.2018, 17.01.2018, 18.01.2019, 19.01.2018, 20.01.2018, 21.01.2018, 22.01.2018, 23.01.2018, 24.01.2018, 25.01.2018, 26.01.2018, 27.01.2018, 28.01.2018, 29.01.2018, 30.01.2018, 31.01.2018, 01.02.2018, 02.02.2018, 03.02.2018, 04.02.2018, 05.02.2018, 06.02.2018, 07.02.2018, 08.02.2018, 09.02.2018, 10.02.2018, 11.02.2018, 12.02.2018, 13.02.2018, 14.02.2018, 15.02.2018, 16.02.2018, 17.02.2018, 18.02.2018, 19.02.2018, 20.02.2018, 21.02.2018, 22.02.2018, 23.02.2018, 24.02.2018, 25.02.2018, 26.02.2108, 27.02.2018, 28.02.2018 01.03.2018 sowie 02.03.2018 und aus weiteren 37.740,- € seit dem 23.07.2018 zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien wie folgt: die in erster Instanz entstandenen Kosten tragen der Kläger zu 12 % und die Beklagte zu 88 %, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 11 % und die Beklagte zu 89 %.

    Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

    Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    1
    G r ü n d e:

    2
    I.

    3
    Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Krankentagegeld aus der bei dieser unterhaltenen Krankentagegeldversicherung für den Zeitraum vom 30.09.2017 bis 23.07.2018 in Höhe von insgesamt 101.320,- €.

    4
    Der am xx.03.1970 geborene Kläger ist als Flugkapitän bei der A AG tätig. Er ist Mitglied in dem zwischen der Beklagten und der Versicherungsmaklerin der A AG, der B Versicherungsdienste GmbH, bestehenden Gruppenvertrag, der u.a. eine private Krankentagegeldversicherung mit den Tarifen TC 43/200 und TC 274/140 auf der Grundlage der AVB-G und der Tarifbedingungen (K 2 Bl. 14 ff.) beinhaltet. Diese sieht ab 01.09.2017 ein Krankentagegeld in Höhe von kalendertäglich 340,- € vor (K 1 Bl. 9 ff.). Im Rahmen des Gruppenvertrags bestehen ferner ergänzende Vereinbarungen (K 3 Bl. 25 f.), die u.a. Folgendes vorsehen:

    5
    „3) Bei Vorlage einer vorübergehenden Flugdienstuntauglichkeit gilt die nachfolgende Vorgehensweise innerhalb der Krankentagegeldversicherung.

    6
    In den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Gruppenversicherung für das Krankentagegeld (AVB-KT) ist der Versicherungsfall als die medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfallfolgen, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, definiert. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung und endet, wenn nach medizinischem Befund keine Arbeitsunfähigkeit und keine Behandlungsbedürftigkeit mehr festgestellt wird.

    7
    Arbeitsunfähigkeit im Sinne der AVB-G KT liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgeht.

    8
    In der Regel ist eine krankheits- oder unfallbedingte medizinisch festgestellte vorübergehende („vorübergehend“ gemäß den AVB-G KT) Flugdienstuntauglichkeit mit der völligen Arbeitsunfähigkeit im Sinne der vorstehend beschriebenen Definition der AVB-G KT gleichgestellt. (…)“

    9
    Ab dem 06.09.2016 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Bei ihm wurden u.a. die Diagnosen nach ICD-10 F 45.0 (Somatisierungsstörung) und F 43.23 (Anpassungsstörung) gestellt.

    10
    Aufgrund eines Besuchs bei dem Fliegerarzt Dr. C am 08.03.2017 verwies dieser den Kläger nach dem dafür vorgesehenen Verfahren zur abschließenden Entscheidung über dessen flugmedizinische Tauglichkeit am 13.03.2017 an das Luftfahrtbundesamt ‒ im Folgenden LBA ‒ als Genehmigungsbehörde. Aufgrund dieser Verweisung ordnete der Leiter L5 des LBA, Dr. D, die Begutachtung des Klägers durch Dr. E, F, an.

    11
    Nach der Begutachtung des Klägers durch Dr. E am 14.06.2017 legte dieser sein Gutachten dem LBA vor.

    12
    Mit Bescheid vom 08.08.2017 stellte das LBA fest, dass der Kläger flugmedizinisch untauglich für alle Kassen zu beurteilen sei, weil bei ihm die Diagnose einer Somatisierungsstörung sowie einer mittelgradigen depressiven Episode bestehe. Nach dem Ergebnis einer im Verfahren erfolgten psychiatrischen Begutachtung bestehe zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch kein ausreichend dauerhaft stabilisierter psychischer Zustand (K 9 Bl. 117 f. d.A.).

    13
    Mit Schreiben vom 09.08.2017 teilte das LBA dem Kläger mit, dass die vorliegende Diagnose einen positiven Tauglichkeitsentscheid derzeit nicht zulasse. Beigefügt war die Stellungnahme mit der Feststellung der Untauglichkeit für alle Kassen für mindestens 6 Monate (K 4 Bl. 27 d.A.).

    14
    Die Beklagte machte daraufhin von ihrer Möglichkeit  einer Nachuntersuchung nach § 10 III AVB-GT zur Prüfung des  Krankentagegeldanspruchs Gebrauch und veranlasste am 15.08.2017 eine Untersuchung des Klägers durch Dr. G und H im I (I), die am 04.09.2017 stattfand. Nach dem Ergebnis der dabei durchgeführten internistisch-gastroenterologischen Begutachtung durch Dr. G vom 06.09.2017 (K 7 Bl. 34 ff. d.A.) und der neurologischen Begutachtung durch Dr. H vom 07.09.2017 (K 7 Bl. 43 ff. d.A.) war der Kläger aus medizinischer Sicht arbeitsfähig.

    15
    Aufgrund dessen legte der Kläger unter dem 05.09.2017 fristgerecht Widerspruch gegen die Entscheidung des LBA vom 08./09.08.2017 ein.

    16
    Nachdem es im September 2017 einen Wechsel in der Abteilung L des LBA gegeben und die Bearbeitung des Vorgangs des Klägers von der Abteilung L3 durch die Abteilungsleiterin und Ärztin Frau J übernommen worden war, schlug das LBA am 22.09.2017 zur Beschleunigung des Widerspruchsverfahrens eine Zweitprüfung durch den Fliegerärztlichen Ausschuss vor.

    17
    Nachdem die Beklagte im Zeitraum vom 17.10.2016 bis 29.09.2017 vereinbarungsgemäß Krankentagegeld an den Kläger geleistet hatte, teilte sie ihm mit Schreiben vom 29.09.2017 mit, dass sie ihre Zahlungen ab dem 30.09.2017 einstellen werde (XXX 1 Bl. 84 d.A.). Hierzu nahm der Kläger mit E-Mail vom 25.10.2017 Stellung, forderte die Beklagten zur Erfüllung ihrer Leistungspflicht ab dem 30.09.2017 unter Hinweis auf seine derzeitige Fluguntauglichkeit gemäß Bescheid des LBA vom 09.08.2017 auf und legte Widerspruch gegen die Einstellung der Krankentagegeldzahlungen gemäß Schreiben der Beklagten vom 29.09.2017 ein (XXX 2 Bl. 85 d.A.).

    18
    Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 22.11.2017 mit, dass es bei der Einstellung der Krankentagegeldzahlungen ab dem 30.09.2017 bleibe, weil die Entscheidung des LBA für ihre Entscheidung nicht maßgeblich sei, sondern es auf die medizinische Einschätzung ankomme (XXX 3 Bl. 86 d.A.).

    19
    Unter dem 27.11.2017 gab der Fliegerärztliche Ausschuss am Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im Rahmen der Zweitprüfung die einstimmige Empfehlung ab, den Kläger ‒ zunächst unter Auflagen („Tauglich TML (6 Monate); SIC (psychiatrische Kontrollen am besten durch Psychiater LH), OML, Überprüfung nach 24 Monaten mit dem Ziel OML aufzuheben“)  ‒ als flugtauglich zu erklären (K 10 Bl. 119 f. d.A.).

    20
    Trotz erneuter schriftlicher Aufforderung des Klägers vom 27.12.2017, die Leistungen aus seinem Versicherungsvertrag fortlaufend zu gewähren und die Rückstände auszugleichen bis zum 05.01.2018 (XXX 4 Bl. 87 ff. d.A.), teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 04.01.2018 mit, dass wegen seiner vorliegenden Arbeitsfähigkeit eine Auszahlung weiteren Krankentagegeldes nicht erfolgen könne (XXX 5 Bl. 90 d.A.).

    21
    An dieser Entscheidung hielt die Beklagte trotz Aufforderung durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 12.01.2018 in ihrem Schreiben vom 20.01.2018 fest (XXX 6 Bl. 91 d.A.).

    22
    Das LBA folgte der Empfehlung des Fliegerärztlichen Ausschusses nicht vollumfänglich, sondern forderte am 22.01.2018 eine erneute aktuelle Begutachtung des Klägers 6 Monate nach der Erstbegutachtung durch Dr. E. Außerdem legte das LBA am 09.03.2017 dem Prozessbevollmächtigten des Klägers die Empfehlung des Fliegerärztlichen Ausschusses vom 27.11.2017 vor.

    23
    Da die von Dr. E und Dr. K in der Folgezeit erstellten ärztlichen Gutachten zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangten und von der Empfehlung des Empfehlung des Fliegerärztlichen Ausschusses vom 27.11.2017 abwichen, beauftragte das LBA einen weiteren externen Gutachter, Prof. Dr. L aus M, mit einer weiteren Begutachtung des Klägers.

    24
    Nach einer ganztägigen Untersuchung des Klägers durch Prof. Dr. L und Dr. N am 14.05.2018 erstellten diese unter dem 21.06.2018 und 15.06.2018 schriftliche Gutachten (B 1 Bl. 242 ff. d.A. und B 2 Bl. 263 ff. d.A.). Prof. Dr. L kam in Ziffer 5. seines Gutachtens zu folgender „Beurteilung und Empfehlung“ (Bl. 260/261 d.A.):

    25
    „Somit kann die Verdachtsdiagnose einer psychischen Erkrankung im Sinne einer „mood disorder“ gemäß AMC1 MED.B.055 (e) nicht ausgeräumt werden, die zunächst zur Fluguntauglichkeit für Klasse 1 führt. Ferner lag eine somatoforme Störung nach MED.B.055 (f) vor, die zumindest zu einer psychiatrischen Tauglichkeitsüberprüfung führen muss. Dies trifft umso mehr zu, als die somatoforme Störung in Komorbität mit einer depressiven Symptomatik auftrat. Da nach den vorliegenden fachärztlichen und neuropsychologischen Feststellungen allerdings inzwischen eine symptomfreie Vollremission eingetreten ist und derzeit weder eine psychopharmakologische noch eine psychotherapeutische Behandlung erforderlich ist, kann aus Sicht des Referenten der Wiedererteilung der Flugtauglichkeit für Klasse 1 zugestimmt werden.

    26
    Aufgrund des signifikanten allgemeinen Rezidivrisikos bei depressiven Störungen sind jedoch Einschränkungen und Auflagen aus fachpsychiatrischer Sicht notwendig und sinnvoll. Die frühere somatoforme Symptomatik ändert diese Einschätzung nicht, sondern stellt nach MED.B.055 (f) aus Sicht des Referenten aufgrund der häufigen Komorbidität mit depressiven  Störungen eher einen weiteren Grund für eine Überprüfung dar.

    27
    Sichere Hinweise auf eine andere psychische Störung, auf Suizidalität, eine relevante Persönlichkeitsstörung oder eine zusätzliche komorbide Substanzabhängigkeit lagen weder derzeit noch im dokumentierten Verlauf vor. Hieraus ließe sich keine Überprüfungsnotwendig ableiten.

    28
    Daher sollten aus fachpsychiatrischer Sicht folgende Auflagen erteilt werden:

    29
    1.) Die Gültigkeit des Tauglichkeitszeugnisses ist auf 6 Monate (unabhängig vom Alter des Bewerbers) zu begrenzen (TML Limitation).

    30
    2.) Der Bewerber hat bis auf weiteres, wenigstens in den nächsten 3 Jahren, alle 6 Monate ein ausführliches fachärztlich-psychiatrisches Zeugnis vorzulegen, das einen vollständigen psychopathologischen Untersuchungsbefund und eine ausführliche Zwischenanamnese zur biographischen Situation, zum Symptomverlauf und zu evtl. Behandlungen enthält (SIC Limitation). Eine neuropsychologische Kontrolluntersuchung sollte in 12 Monaten erfolgen. Über weitere neuropsychologische Nachuntersuchungen ist in Abhängigkeit vom Ergebnis zu entscheiden.

    31
    3.) Schließlich erscheint aus medizinischer Sicht auch die Auflage OML bis auf weiteres ‒ wenigstens für 3 Jahre ‒ sinnvoll, um die Belastbarkeit des Bewerbers unter den konkreten Bedingungen des Flugbetriebs abzusichern.

    32
    4.) Bei Wiederauftreten von depressiven, somatoformen, Angst- oder Paniksyndromen oder anderen psychopathologischen Auffälligkeiten erlischt die Tauglichkeit unverzüglich.

    33
    5.) Die eventuelle Wiederaufnahme einer Psychotherapie, einer Psychopharmakotherapie oder eine medikamentöse Rezidivprophylaxe sind anzuzeigen, um die Notwendigkeit einer evtl. Nachbegutachtung zu prüfen.“

    34
    Dieser Empfehlung folgend stellte das LBA mit Bescheid vom 19.07.2018 die Flugtauglichkeit Klasse 1 des Klägers mit den Auflagen SIC, OML und TML fest (Bl. 294 ff. d.A.) und stellte dem Kläger am 21.07.2018 ein Tauglichkeitszeugnis ‒ sog. Medical - aufgrund der Zweitüberprüfung gemäß Anhang VI ARA-MED.325 der EU (VO) Nr. 1178/2011 aus  (Bl. 297 f. d.A.).

    35
    Am 24.07.2018 erhielt der Kläger vom medizinischen Dienst der A AG eine  Flugtauglichkeitsbescheinigung (XXX 9 Bl. 135 d.A.).

    36
    Mit E-Mail vom gleichen Tag teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er ab dem 24.07.2018 wieder flugtauglich sei und fügte die Flugtauglichkeitsbescheinigung des Medizinischen Dienstes der A AG sowie das ausgefüllte DKB Formular „Nachweis Arbeitsunfähigkeit“ bei (XXX 9 Bl. 133 ff. d.A.).

    37
    Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil vom 12.12.2018 ‒ 23 O 106/18 -, auf das wegen der Sachverhaltsdarstellung im Übrigen und der Anträge Bezug genommen wird, die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen zur Zahlung von 100.980,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus 52.020,- € seit dem 05.01.2018 und aus weiteren 48.960,- € seit dem 23.07.2018 verurteilt und hat einen Krankentagegeldanspruch des Klägers für den Zeitraum vom 30.09.2017 bis zum 23.07.2018 zuerkannt, weil in diesem Zeitraum eine bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit des Klägers vorgelegen habe.

    38
    Die Fluguntauglichkeit des Klägers sei gemäß Ziffer 3. der ergänzenden Vereinbarungen zum Gruppenversicherungsvertrag in der Regel der völligen Arbeitsunfähigkeit gleichgestellt. Diese auf die besonderen luftfahrtrechtlichen Anforderungen an Piloten abzielende Gleichstellung trage dem Umstand Rechnung, dass der aus medizinischen Gründen flugunfähige Pilot völlig arbeitsunfähig ‒ da rechtlich an der Berufsausübung gehindert - sei.

    39
    Nach einer Auslegung der Klausel nach AGB-Kriterien verstehe der durchschnittliche Gegner diese ausschließlich für Piloten und Bordpersonal geschlossene Klausel dahingehend, dass die zeitliche Lücke zwischen Entfall einer medizinischen Arbeitsunfähigkeit und Wiedererlangung der Flugtauglichkeit eine bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit = Flugunfähigkeit darstelle.

    40
    Das von der Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz vom 27.11.2018 zitierte Urteil des OLG Köln vom 20.11.2018, Az. 9 U 32/18, rechtfertige keine abweichende Beurteilung. Nach der in dieser Entscheidung vorgenommenen Auslegung der dort zugrunde liegenden Loss-of-Licence-Versicherung seien die aus dieser Versicherung bezogenen Leistungen nicht als Leistung einer Berufsunfähigkeitsversicherung zu werten. Die Ausführungen des OLG Köln, dass eine Krankentagegeldversicherung in Fällen wie dem dort zugrunde liegenden ‒ vorübergehender Entzug der Fluglizenz aufgrund flugsicherheitsrelevanter Vorschriften, obwohl eine medizinisch notwendige Heilbehandlung nicht erforderlich sei ‒ ihre Eintrittspflicht zu Recht verneinen dürfe, seien auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Denn mit der in Ziffer 3. der ergänzenden Vereinbarungen des Gruppenversicherungsvertrags enthaltenen Gleichstellung von Flugdiensunttauglichkeit und völliger Arbeitsunfähigkeit sei im vorliegenden Krankentagegeldversicherungsvertrag gerade eine grundsätzliche Eintrittspflicht der Beklagten begründet worden. Auf das Vorliegen eines Ausnahmefalls i.S.v. Ziffer 3. der ergänzenden Vereinbarungen berufe sich die Beklagte ohne Erfolg. Eine Ausnahme ergebe sich insbesondere nicht aus dem notwendigen Zeitversatz zwischen Genesung des Piloten und seiner Wiedererlangung der Flugdiensttauglichkeit nach Beschreiten des zwingend vorgeschalteten Verfahrens.

    41
    Der Kläger könne somit für den Zeitraum vom 30.09.2017 bis einschließlich 23.07.2018 Zahlung bedingungsgemäßen Krankentagegeldes in Höhe von kalendertäglich 340,- € verlangen, wobei sich der Zeitraum abweichend von seiner Berechnung auf nur 297 Kalendertage erstrecke. Hinsichtlich des Krankentagegeldes für einen weiteren Kalendertag sei die Klage daher abzuweisen.

    42
    Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung der Beklagten, mit der sie die vollumfängliche Klageabweisung begehrt.

    43
    Die Beklagte wendet ein, das Landgericht habe der Klage verfahrensfehlerhaft ohne Beweisaufnahme stattgegeben.

    44
    Die Annahme, dass nach der ergänzenden Vereinbarung ein Krankentagegeldanspruch immer schon dann bestehe, wenn der Pilot „rechtlich an der Berufsausübung gehindert sei“ und ein Krankentagegeldanspruch im Ergebnis solange bestehe, bis das Luftfahrtbundesamt die Flugtauglichkeit des Versicherten feststelle, sei rechtsverletzend. Das Landgericht habe die vertraglichen Vereinbarungen nicht zutreffend ausgelegt und zudem tatsächliches Parteivorbringen zum Teil übergangen.

    45
    Nach den grundlegenden Definitionen des Versicherungsfalles und der Arbeitsunfähigkeit in § 3 II und III AVB-G komme es grundsätzlich auf objektive medizinische Gesichtspunkte und eine daraus resultierende vollständige Arbeitsunfähigkeit an. Danach genüge es für die Entstehung eines Krankentagegeldanspruchs nicht, dass Dritte Arbeitsunfähigkeit bescheinigten, was für die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der behandelnden Ärzte gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung sei. Für Bescheinigungen durch sonstige Dritte könne nach denselben Grundsätzen nichts anderes gelten. Daher sei die Feststellung der Fluguntauglichkeit durch die zuständige Verwaltungsbehörde nicht maßgebend.

    46
    Bei der Auslegung der ergänzenden Vereinbarung handele es sich nicht um AGB.

    47
    Nach Ziffer 3 der ergänzenden Vereinbarung, die ausdrücklich auf die AVB-G Bezug nehme, müsse Arbeitsunfähigkeit nach medizinischem Befund bestehen. Die sodann folgende Gleichstellung einer Flugdienstuntauglichkeit mit der völligen Arbeitsunfähigkeit beziehe sich ‒ was das LG nicht berücksichtigt habe ‒ nur auf die Arbeitsunfähigkeit, nicht auf die weiteren Voraussetzungen des Versicherungsfalles. Dies spreche gegen die Annahme, dass bei bloßer Bescheinigung einer Flugdienstuntauglichkeit schon ein Leistungsanspruch bestehe. Außerdem habe die in Ziffer 3. der ergänzenden Vereinbarung verwendete Einleitung „in der Regel“ nach allgemeinem Sprachgebrauch die Bedeutung „meistens“ oder „für gewöhnlich“, bedeute aber nicht, dass etwas immer und ausnahmslos so sei. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer werde sie auch nicht so, sondern dahingehend verstehen, dass Ausnahmen von der Regel möglich seien und es vor allem auf die mehrfach in Bezug genommenen Regelungen aus den AVB-G zum Versicherungsfall bzw. zur Arbeitsunfähigkeit ankommen werde. Er werde aus dem Gesamtgefüge schließen müssen, dass die Grundregel in Ausnahmefällen nicht greife, weswegen das Landgericht der Frage hätte nachgehen müssen, ob ein solcher Ausnahmefall vorliege. In einer solchen Konstellation sei es mit dem erkennbaren Sinn und Zweck der Bestimmung nicht vereinbar, weiterhin eine Krankentagegeldzahlungspflicht anzunehmen.

    48
    Überdies habe nach der Anlage K 10 beim Kläger ab dem 16.11.2017 aus behördlicher Sicht keine Flugdienstuntauglichkeit mehr vorgelegen, so dass jedenfalls für die Krankentagegeldforderungen ab diesem Datum die Klage hätte abgewiesen werden müssen. Insoweit sei es nicht um die „zeitliche Lücke zwischen Entfall einer medizinischen Arbeitsunfähigkeit und Wiedererlangung der Flugtauglichkeit“ gegangen, sondern um den nachgeschalteten Zeitversatz nach amtlich festgestellter Wiedererlangung der Flugdiensttauglichkeit bis zum Abschluss eines behördlichen Verfahrens. Für diesen Zeitraum greife die Sonderregelung erkennbar nicht ein.

    49
    Bei der Kostenentscheidung habe das Landgericht die Teilklagerücknahme übersehen, obwohl dieser Gesichtspunkt in der mündlichen Verhandlung angesprochen worden sei.

    50
    Die Beklagte beantragt sinngemäß,

    51
    das Urteil des Landgerichts Köln vom 12.12.2018 - 23 O 106/18 abzuändern und die Klage abzuweisen.

    52
    Der Kläger beantragt,

    53
    die Berufung zurückzuweisen.

    54
    Er ist der Berufung der Beklagten unter Verteidigung des angefochtenen Urteils und Wiederholung sowie Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens entgegengetreten.

    55
    Er ist der Ansicht, das vermeintliche Bestreiten einer bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit durch die Beklagte sei nicht hinreichend substantiiert. Außerdem habe sie erstinstanzlich das Bestehen einer bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit nicht bestritten, sondern unter Bezugnahme auf die von ihr eingeholten ärztlichen Befunde und Stellungnahmen nur seine Arbeitsfähigkeit angenommen. Darauf komme es wegen der Gewährung von Leistungen aus der Krankentagegeldversicherung auch bei Fluguntauglichkeit des Piloten nicht an. Deren Vorliegen bei ihm habe die Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum nicht in Abrede gestellt habe. Konsequenterweise habe sie nicht mit Feststellung der Arbeitsfähigkeit ab 05.09.2017 ihre Zahlungen eingestellt, sondern erst später nach anfänglicher Fortzahlung ohne Begründung.

    56
    Die Beklagte übersehe, dass die Regelungen der Zusatzvereinbarung explizit für den bei ihm eingetretenen Fall getroffen worden seien. Damit hätten Fälle der vorliegenden Art miterfasst werden und Leistungen aus dem Versicherungsvertrag auch für den Zeitraum erbracht werden sollen, in dem zwar Arbeitsfähigkeit bestanden habe, aber die Flugdiensttauglichkeit noch nicht positiv beschieden gewesen sei. Anderenfalls wäre die Ergänzung sinnlos.

    57
    Die Einleitung „in der Regel ..“ sei im Kontext mit dem darauffolgenden Satz zu lesen „…., wenn jedoch für die Dauer einer krankheits- oder unfallbedingten medizinisch festgestellten vorübergehenden Flugdienstuntauglichkeit am Boden eine andere Tätigkeit, z.B. Lehrtätigkeit ausgeübt wird, besteht … kein Zahlungsanspruch“. Die Ausübung einer anderen Tätigkeit in diesem Sinne durch ihn ‒ den Kläger - trage die Beklagte nicht vor. Gemeint könne auch nur eine fliegerische Tätigkeit, z.B. als Pilot im Simulator sein, wofür nach gesetzlichen Bestimmungen kein gültiges Medical erforderlich sei.

    58
    Der Fliegerarzt, der ihn fortan weiter betreue, arbeitsunfähig krankschreibe und dann nach umfassender Anamnese und Diagnostik wieder zu seiner Arbeitsfähigkeit gelange, treffe damit zugleich die Feststellung der ab sofort wieder vorliegenden Flugtauglichkeit. Für die Entscheidung darüber, ob die Flugtauglichkeit vorliege, sei nach VO (EU) Nr. 1178/2011 ausschließlich das LBA als Genehmigungsbehörde zuständig. Erst wenn nach dessen Auffassung die Flugtauglichkeit wiedererlangt worden sei, entfalle nach der Zusatzvereinbarung zum Gruppenversicherungsvertrag eine Zahlungsverpflichtung aus der Krankentagegeldversicherung.

    59
    Seine Flugtauglichkeit ergebe sich auch nicht aus der als Anlage K 10 vorgelegten Beurteilung des Fliegerärztlichen Ausschusses beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, die eine sog. Zweitprüfung gemäß Anhang VI ARA.MED.325 der VO (EU) Nr. 1178/2011 zum Gegenstand habe. Der Fliegerärztliche Ausschuss als Gremium für die Einholung der Zweitmeinung des LBA sei nicht zur verbindlichen Bestimmung seiner Flugdiensttauglichkeit berechtigt. Der Verordnungsgeber der EASA habe ausdrücklich vorgesehen, dass in Fällen einer Erkrankung, wie sie bei ihm vorgelegen habe und derentwegen er lange Zeit arbeitsunfähig gewesen sei, das LBA als verantwortliche Behörde über das Vorliegen der Flugdienstuntauglichkeit zu entscheiden habe.

    60
    Seinen erstinstanzlichen Ausführungen im Schriftsatz vom 26.06.2018, dass mit Feststellung seiner Arbeitsfähigkeit keineswegs die Flugdienstuntauglichkeit i.S.d. zwischen den Parteien vereinbarten Zusatzvereinbarung gegeben gewesen sei, habe die Beklagte nicht widersprochen. Die Beklagte übersehe, dass die Flugdiensttauglichkeit neben der entsprechenden Lizenz noch ein sog. medizinisches Tauglichkeitszeugnis (Medical) voraussetze, worin festgestellt werde, dass keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen i.S.d. VO (EU) Nr. 1178/2011 vorlägen, die gegen eine Tätigkeit als verantwortlicher Luftfahrzeugführer sprächen. Im Vordergrund stehe daher die Frage der Flugdiensttauglichkeit, nicht die Frage der Arbeitsunfähigkeit bzw. der Arbeitsfähigkeit.

    61
    Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 13.03.2019 (Bl. 211 ff. d.A.) verwiesen.

    62
    Wegen aller weiteren Einzelheiten im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

    63
    II.

    64
    Die zulässige Berufung ist teilweise, in geringem Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.

    65
    Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Krankentagegeld gemäß § 1 S. 1 VVG i.V.m. Ziffer 3. der ergänzenden Vereinbarung zwischen der B Versicherungsdienste GmbH ‒ im folgenden B GmbH ‒ und der Beklagten zu, allerdings nur für den Zeitraum vom 30.09.2017 bis zum 20.06.2018 in Höhe von insgesamt 89.760,- € (264 Tage x 340,- €/Tag).

    66
    Nach § 3 Abs. 3 AVB-G liegt Arbeitsunfähigkeit i.S. dieser Bedingungen vor, wenn der Versicherte seine berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht.

    67
    Diese Voraussetzungen sind zumindest für den o.g. Zeitraum erfüllt, weil der vom LBA beauftragte Fliegerarztes Prof. Dr. L beim Kläger erst am 21.06.2018 die medizinische Flugdiensttauglichkeit mit den Auflagen SIC, OML und TML gutachterlich festgestellt hat. Auf der Grundlage dieser gutachterlichen Feststellung hat das LBA dem Kläger anschließend mit Bescheid vom 19.07.2018 die Flugdiensttauglichkeit behördlich bescheinigt und ihm am 21.07.2018 das Tauglichkeitszeugnis, das sog. Medical, ausgestellt.

    68
    1. Dass der Kläger die Feststellungen der von der Beklagten im Rahmen der Nachuntersuchung eingeschalteten Ärzte Dr. G und Dr. H in deren Gutachten vom 06.09.2017 (K 7 Bl. 34 ff. d.A.) und vom 07.09.2017 (K 7 Bl. 43 ff. d.A.) inhaltlich nicht angreift und er daher ‒ insoweit unstreitig - ab dem 06.09.2017 jedenfalls wieder „generell arbeitsfähig“ i.S.d. § 3 Abs. 3 AVB-G war, steht seinem  Krankentagegeldanspruch nicht entgegen, weil er über den 05.09.2017 hinaus bis zur Feststellung seiner medizinischen Flugdiensttauglichkeit durch den Fliegerarzt Prof. Dr. L am 21.06.2018 weiterhin flugdienstuntauglich war. Die beim Kläger seit dem 05.09.2017 festgestellte generelle Arbeitsfähigkeit schließt seine Flugdienstuntauglichkeit nicht aus, weil ‒ wie auch Dr. H in ihrem Gutachten vom 06.09.2017 auf Seite 16 unten ausgeführt hat (K 7 Bl. 58 unten d.A.) ‒ bei der beruflichen Tätigkeit des Piloten an dessen Gesundheit erhöhte Anforderungen aufgrund des möglichen Gefährdungspotentials für Mitmenschen bei Vorliegen einer Krankheit zu stellen sind und trotz ärztlich festgestellter Arbeitsfähigkeit bei dem betreffenden Piloten dieser dennoch flugdienstuntauglich sein kann. Nach der Regelung in Ziffer 3 der ergänzenden Vereinbarung zwischen der B GmbH und der Beklagten (K 3 Bl. 25 f. d.A.) indiziert die fliegerärztlich festgestellte Flugdienstuntauglichkeit eines Piloten seine Arbeitsunfähigkeit i.S.d. AVB-G.

    69
    Der Senat folgt dem Landgericht im Grundsatz darin, dass die Regelung in Ziffer 3. der ergänzenden Vereinbarung zwischen der B GmbH und der Beklagten nach dem maßgeblichen Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne Spezialkenntnisse auf dem Gebiet des Versicherungsvertragsrechts so auszulegen ist, dass bei Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit, aber weiterhin fortbestehender medizinisch festgestellter Flugdienstuntauglichkeit des Piloten für einen vorübergehenden Zeitraum letztere der Arbeitsunfähigkeit i.S.v. § 3 Abs. 3 AVB-G gleichzustellen ist und der Pilot für diesen Zeitraum der medizinisch festgestellten Flugdienstuntauglichkeit trotz bestehender genereller Arbeitsfähigkeit Krankentagegeld beanspruchen kann, bis seine Flugdiensttauglichkeit von einem Fliegerarzt medizinisch wieder festgestellt wird.

    70
    Abgedeckt ist damit aus Sicht des Senats aber nur der Zeitraum, in dem bei einem Piloten eine krankheits- oder unfallbedingte vorübergehende Flugdienstuntauglichkeit medizinisch festgestellt worden ist.

    71
    Nicht versicherungsrechtlich abgedeckt ist demgegenüber der anschließende weitere Zeitraum bis zur behördlichen Entscheidung des LBA auf der Grundlage der vorliegenden medizinischen Feststellungen des Fliegerarztes, dass die Flugdiensttauglichkeit des jeweiligen Piloten wieder gegeben ist, bzw. bis zur Erteilung des behördlichen Tauglichkeitszeugnis oder sogar bis zur Aushändigung der Flugtauglichkeitsbescheinigung durch seinen Arbeitgeber, wie hier der A AG. Das gilt jedenfalls für den ‒ hier vorliegenden Fall ‒, dass sich das LBA den medizinischen Feststellungen des Fliegerarztes und der von diesem angenommenen Flugdiensttauglichkeit des betreffenden Piloten vollumfänglich anschließt. Für diesen letztgenannten weiteren Zeitraum („Zeitversatz zwischen der medizinisch festgestellten Genesung des Piloten bezogen auf seine Flugdiensttauglichkeit und der behördlichen Entscheidung des LBA darüber mit Erteilung des entsprechenden Zeugnisses, des sog. Medicals, im Rahmen des zwingend notwendigen Verfahrens“) - hier vom 21.06.2018 bis zum 23.07.2018 - kann dem Kläger kein Krankentagegeldanspruch zuerkannt werden.

    72
    Die Regelung in Ziffer 3. der ergänzenden Vereinbarung (K 3 Bl. 25 f. d.A.) über die Gleichstellung der krankheits- oder unfallbedingten medizinisch festgestellten vorrübergehenden Flugdienstuntauglichkeit mit der völligen Arbeitsunfähigkeit i.S.d. von § 3 Abs. 3 AVB-G, die in dieser Vereinbarung auch wörtlich wiedergegeben wird, ist wegen der Formulierung „krankheitsbedingt medizinisch festgestellten Flugdienstuntauglichkeit“ aus der auch insoweit maßgeblichen Sicht des durchschnittlichen Versicherten so zu verstehen, dass damit der Zeitraum erfasst ist, in dem der Pilot zwar medizinisch gesehen arbeitsfähig, aber nach der Einschätzung eines Fliegerarztes oder eines anderen kompetenten Arztes nachweislich aus medizinischer Sicht noch nicht flugdiensttauglich ist.

    73
    Dafür spricht der Wortlaut der Regelung, wonach die „medizinisch festgestellte Flugdienstuntauglichkeit“ maßgebend sein soll und gerade nicht der Zeitpunkt der „behördlich festgestellten Flugdiensttauglichkeit“ oder die „Ausstellung des behördlichen Flugdiensttauglichkeitszeugnisses - sog. „Medical“. Der Zeitraum der medizinisch festgestellten Flugdienstuntauglichkeit ist im Hinblick auf die besonderen, erhöhten gesundheitlichen und körperlichen Anforderungen, die ein Pilot zur Ausübung seines Berufs erfüllen muss, nicht immer ‒ so auch hier - identisch mit der vom behandelnden Arzt festgestellten Arbeitsunfähigkeit bzw. Arbeitsfähigkeit. Bei Anwendung der besagten Regelung kann es allerdings nicht zu Lasten der Beklagten gehen, wenn die vom LBA als Genehmigungsbehörde nach dem in der VO (EU) Nr. 1178/2011 vorgesehenen Verfahren zu treffende Entscheidung über die fliegerärztlich bereits medizinisch festgestellte Flugdiensttauglichkeit erst nach dem Zeitpunkt ergeht, zu dem das Ende Flugdiensttauglichkeit durch ein behördlich eingeholtes Gutachtens medizinisch attestiert wurde. Dies gilt insbesondere dann, wenn zwischen dem Vorliegen des ärztlichen Gutachtens des eingeschalteten Fliegerarztes und der abschließenden behördlichen Entscheidung ein längerer Zeitraum vergeht.

    74
    Darauf können zwar weder der Kläger noch die Beklagte Einfluss nehmen. Allerdings besteht im Hinblick auf die Fassung der Regelung in Ziffer 3 der ergänzenden Vereinbarung kein Grund, der Beklagten das Risiko aufzubürden, Krankentagegeld noch für einen Zeitraum zahlen müssen, in dem der Pilot zwar nach ärztlicher Feststellung medizinisch wieder flugtauglich ist, ihm aber aufgrund der ausstehenden behördlichen Entscheidung über die Erteilung des Flugdiensttauglichkeitszeugnisses die Aufnahme der Pilotentätigkeit noch nicht wieder erlaubt ist. Dies gilt insbesondere in dem hier vorliegenden Fall, dass das LBA der medizinischen Feststellung des Fliegerarztes vollumfänglich folgt.

    75
    Sinn und Zweck der Regelung in Ziffer 3. der ergänzenden Vereinbarung ist der Ausgleich des Verdienstausfalls, der dem Piloten infolge seiner medizinisch festgestellten Fluguntauglichkeit entsteht. Nicht ersetzt werden soll danach aber der weitere Verdienstausfall, der ihm durch die Dauer des behördlichen Verfahrens über den medizinisch festgestellten Endzeitpunkt der Fluguntauglichkeit hinaus entsteht, weil er wegen noch ausstehender Wiedererteilung des sog. Medicals durch das LBA seine berufliche Tätigkeit noch nicht wieder aufnehmen kann. Für den Fall, dass das LBA diese Entscheidung verzögert, könnte der Kläger das LBA bei Vorliegen der Voraussetzungen auf Schadensersatz nach den Grundsätzen der Amtshaftung in Anspruch zu nehmen. Für die Beklagte besteht diese Möglichkeit nicht, weil sie an dem Verfahren zur Überprüfung der Flugtauglichkeit nicht beteiligt ist und die Amtspflicht zur zügigen Durchführung eines Verfahrens nur den betroffenen Piloten als Antragsteller schützt.

    76
    Aufgrund der engen Fassung der Regelung in Ziffer 3 der ergänzenden Vereinbarung können daher Verdienstausfälle, die der Pilot in der Zeit  nach erfolgter medizinischer Feststellung der Flugdiensttauglichkeit durch den Fliegerarztes bis zur abschließenden positiven Entscheidung durch das LBA über die Wiedererteilung des sog. Medicals erleidet, nicht der Versicherung aufgebürdet werden. Es hätte den Parteien des Versicherungsvertrags frei gestanden, diesen weitergehenden Zeitraum durch eine weitere Fassung dieser Regelung oder durch eine weitergehende individuelle Vereinbarung abzudecken.

    77
    Für dieses Verständnis bzw. diese Auslegung spricht neben dem Wortlaut auch die Regelung in Satz 6 in Ziffer 3. der ergänzenden Vereinbarung, wonach für die Erbringung der Tagegeldleistung allein die Bestimmungen des Versicherers der AVB-G KT Voraussetzung sind. Darin wird in § 3 Abs. 2 S. 1 AVB-G zunächst für die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit verlangt, dass sie „ärztlich festgestellt wird“. Außerdem regelt § 3 Abs. 2 S. 2 AVB-G, dass der Versicherungsfall endet, wenn nach „medizinischem Befund“ keine Arbeitsunfähigkeit und keine Behandlungsbedürftigkeit mehr bestehen. Danach ist der Versicherungsfall auf den Zeitraum begrenzt, in dem die Arbeitsunfähigkeit nach medizinischem Befund feststeht. Entsprechendes muss auch für die nach Ziffer 3. der ergänzenden Vereinbarung gleichgestellte medizinisch festgestellte Flugdienstuntauglichkeit gelten. Auch bei dieser ist der Versicherungsfall nach den für den Krankengeldanspruch allein maßgeblichen AVG-G auf den Zeitraum zu begrenzen, in dem der Pilot nach ärztlicher Einschätzung und entsprechendem medizinischem Befund flugdienstuntauglich ist.

    78
    Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich nicht aus der Formulierung „Vorlage einer medizinisch festgestellten Flugdienstuntauglichkeit“ zu Beginn von Ziffer 3. der ergänzenden Vereinbarung. Daraus kann und wird ein durchschnittlicher Versicherter nicht entnehmen, dass ein Anspruch auf Krankentagegeld solange fortbesteht, bis das LBA ihm eine vom zuständigen Fliegerarzt medizinisch festgestellten Flugdiensttauglichkeit mit Bescheid behördlich bestätigt und ihm das Tauglichkeitszeugnis ausstellt oder sogar bis ihm der Medizinische Dienst seines Arbeitgebers aufgrund des Bescheides des LBA seine Flugdiensttauglichkeitsbescheinigung wieder erteilt.

    79
    Der Senat verkennt dabei nicht, dass ein Pilot wie der Kläger zur Ausübung seines Berufs neben der medizinisch festgestellten Flugdiensttauglichkeit auch ein behördliches Tauglichkeitszeugnis des LBA und eine Flugdiensttauglichkeitsbescheinigung seines Arbeitsgebers, hier der A AG, zwingend benötigt.

    80
    Maßgebend für den Beginn des Versicherungsfalles und des Anspruchs auf Krankentagegeld ist aber nach Ziffer 3 der ergänzenden Vereinbarung im Falle eines Piloten der Zeitpunkt der medizinisch festgestellten Flugdienstuntauglichkeit ‒ wenn nicht zusätzlich auch Arbeitsunfähigkeit i.S.v. § 3 Abs. 3 AVB-G vorliegt. Maßgebend für das Ende des Versicherungsfalles und den Wegfall des Anspruchs auf Kranktagegeld ist dementsprechend der Zeitpunkt, an dem durch einen kompetenten Facharzt die Flugdiensttauglichkeit bei dem betroffenen Piloten medizinisch wieder feststellt wird. Insoweit gilt das gleiche wie bei der Arbeitsunfähigkeit i.S.d. § 3 Abs. 3 AVB-G. Es besteht keine Veranlassung, das Risiko der Dauer des beim LBA durchzuführenden Verfahrens zur Überprüfung der Flugdiensttauglichkeit in vollem Umfang der Beklagten als Krankenversicherer aufzuerlegen. Wenn die A AG bzw. die B GmbH einen krankheitsbedingten Verdienstausfall ihrer Piloten vollumfänglich über das Krankentagegeld absichern wollte, hätte man die Regelung in Ziffer 3. der ergänzenden Vereinbarung entsprechend fassen können und müssen, bspw. dahingehend, dass medizinisch festgestellte vorübergehende Flugdienstuntauglichkeit der vollständigen Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen ist und der Versicherungsfall ‒ in Abweichung zu § 3 Abs. 2 AVB-G - erst endet, wenn nach der medizinisch festgestellten Flugdiensttauglichkeit dem Piloten das behördliche Tauglichkeitszeugnis vom LBA und/oder die Flugtauglichkeitsbescheinigung von seinem Arbeitgeber wieder erteilt worden ist.

    81
    Es kann demnach nicht zu Lasten der Beklagten gehen, dass das LBA dem Kläger erst ca. einen Monat nach der bei ihm medizinisch festgestellten Flugdiensttauglichkeit durch Prof. Dr. L im Gutachten vom 21.06.2018 aufgrund behördlicher Entscheidung mit Bescheid vom 19.07.2018 seine Flugdiensttauglichkeit bescheinigt und ihm am 21.07.2018 das behördliche Flugdiensttauglichkeitszeugnis erteilt hat und dass ihm der medizinische Dienst der A AG erst am 24.07.2018 die Flugtauglichkeitsbescheinigung ausgehändigt hat.

    82
    Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass Prof. Dr. L in seinem Gutachten vom 21.06.2018 hinsichtlich der bestehenden Flugdiensttauglichkeit des Klägers aus seiner medizinischen Sicht nur eine „Empfehlung“ abgegeben hat, die für das LBA nicht bindend ist. Dies ändert nichts daran, dass die gutachterlichen Ausführungen von Prof. Dr. L die medizinische Feststellung der Flugdiensttauglichkeit des Klägers i.S.d. Ziffer 3. der ergänzenden Vereinbarung beinhalten, auf die es danach entscheidend ankommt. Außerdem ist das LBA in seinem Bescheid vom 19.07.2018 dieser Empfehlung uneingeschränkt und vorbehaltslos gefolgt.

    83
    Andererseits kann aber auch die Beklagte aus der einleitenden Formulierung „In der Regel“ nichts zu ihren Gunsten herleiten. Daraus kann es zwar von dem Grundsatz, dass eine medizinisch festgestellte Flugdienstuntauglichkeit mit der völligen Arbeitsunfähigkeit in § 3 Abs. 3 AVB-G gleichzusetzen ist, auch Ausnahmen geben. Insoweit besteht allerdings ein Bezug zu dem nachfolgenden Satz, der die Ausnahme von diesem Grundsatz regelt, nämlich dass kein Anspruch auf Zahlung eines Krankentagegeldes besteht, wenn der Versicherte trotz einer krankheitsbedingten medizinisch festgestellten Flugdienstuntauglichkeit am Boden eine andere Tätigkeit ausübt, wie z.B. Lehrtätigkeit. In diesem „Ausnahmefall“ wirkt sich die Flugdienstuntauglichkeit für den Piloten nicht nachteilig auf seinen Verdienst aus, weil er trotz seiner Flugdienstuntauglichkeit ‒ wenn auch in anderer Funktion ‒ beruflich tätig ist und dafür ein Gehalt bezieht. Für diesen Fall ist die Flugdienstuntauglichkeit der Arbeitsunfähigkeit zu Recht nicht gleichgestellt, weil der Pilot auf den Bezug von Krankentagegeld zum  Ausgleich eines ‒ dann nicht vorliegenden - krankheitsbedingten finanziellen Verdienstausfalles nicht angewiesen ist.

    84
    2. Ein Versicherungsfall i.S.d. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AVB-G i.V.m. Ziffer 3 der ergänzenden Vereinbarung ist gegeben. Nach den vorliegenden ärztlichen Berichten, insbesondere des Gutachtens von Prof. Dr. L vom 21.06.2018, steht nachweislich fest, dass der Kläger im Zeitraum vom 30.09.2017 bis 20.06.2018 medizinisch flugdienstuntauglich war, was nach Ziffer 3. der ergänzenden Vereinbarung mit der völligen Arbeitsunfähigkeit gemäß AVB-G gleichzusetzen ist.

    85
    Aus dem Vortrag des Klägers und den vorliegenden Unterlagen ergibt sich seine medizinische Fluguntauglichkeit bis Anfang Januar 2018. Der Kläger weist zu Recht darauf hin, dass die Beklagte erstinstanzlich zu keiner Zeit seine Flugdienstunfähigkeit über den 29.09.2017 hinaus bestritten hat. Sie hat sich in erster Instanz ausschließlich darauf berufen, dass im Tarif nur die Arbeitsunfähigkeit, nicht die Fluguntauglichkeit versichert (Bl. 132 d.A.) und für den Krankentagegeldanspruch nur das Vorliegen einer medizinisch festgestellten Arbeitsunfähigkeit i.S.d. AVB-G maßgebend sei, die ‒ insoweit unstreitig ‒ schon ab 06./07.09.2017 nicht mehr vorgelegen habe (Bl. 82 d.A.). Außerdem hat die Beklagte erstinstanzlich nur eine „Arbeitsunfähigkeit“ des Klägers ab dem 06.09.2017 bestritten, hilfsweise hat sie bestritten, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum vollständig arbeitsunfähig i.S.d. AVB-G gewesen ist und seine berufliche Tätigkeit in keiner Weise ausüben konnte (Bl. 82 d.A.). Auch in der Berufungsbegründung hat die Beklagte das Vorliegen der Fluguntauglichkeit des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum nicht bestritten. Soweit sie dies erstmals im Schriftsatz vom 28.10.2019, Seite 2 nachholt (Bl. 368 d.A.), ist sie damit gemäß § 531 II Nr. 3 ZPO präkludiert. Weder hat die Beklagte dargetan noch ist sonst ersichtlich, dass sie an einem rechtzeitigen Bestreiten der Flugdienstuntauglichkeit des Klägers in erster Instanz unverschuldet gehindert war.

    86
    Die Flugdienstuntauglichkeit des Klägers im o.g. Zeitraum ergibt sich außerdem aus den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen bzw. Gutachten der vom LBA eingeschalteten Fliegerärzte.

    87
    Nach der ärztlichen Stellungnahme des Fliegerarztes des LBA Dr. D vom 08.08.2017 ist der Kläger als flugmedizinisch untauglich für alle Kassen beurteilt worden (K 9 Bl. 117 ff. d.A.). Grundlage dieser Feststellung war eine Begutachtung des Klägers durch Dr. E (F), den Dr. D eingeschaltet hatte, weil  er aufgrund der übersandten Unterlagen und Befunde keine abschließende Tauglichkeitsfeststellung treffen konnte.

    88
    Dr. E hat nach einer Befragung und Untersuchung des Klägers am 14.06.2017 ein psychiatrisch-nervenärztliches Gutachten erstellt und ist darin zusammenfassend zu dem Ergebnis gekommen, dass bei diesem ein psychiatrisches Beschwerdebild i.S. einer Somatisierungsstörung mit zusätzlich depressiver Symptomatik vorgelegen und zum Zeitpunkt der Aufnahme in der psychosomatischen Fachklinik O auch eine mittelgrade depressive Episode bestanden habe. Es wurde angeraten, eine qualifizierte medikamentös-antidepressive Behandlung in den Vordergrund zu rücken und eine entsprechende Hilfestellung dabei zu geben, den Kläger hinsichtlich seines Krankheitsverständnisses vom ggf. ehemaligen Vorliegen einer Somatisierungsstörung und einer depressiven Episode zu überzeugen. Ferner wurde eine teilstationäre und stationäre psychiatrische Behandlung mit hoher psychopharmakologischer Kompetenz empfohlen, die dazu genutzt werden sollte, eine adäquate psychopharmakologische Behandlung zu initiieren. Aufgrund der Untersuchung ist Dr. E zu der Einschätzung gelangt, dass dem Kläger gegenwärtig aus gutachterlich-psychiatrischer Sicht noch kein ausreichend dauerhaft stabilisierter psychischer Zustand attestiert werde und zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf psychiatrischem Fachgebiet keine ausreichende Leistungsfähigkeit bestehe, um eine Flugdiensttauglichkeit positiv zu bescheinigen. Diskutiert werde aber eine erneute Vorstellung zur Begutachtung nach Ablauf von sechs Monaten nach Einleitung adäquater Therapie- u. Kontrollmaßnahmen.

    89
    Diesen gutachterlichen Feststellungen von Dr. E hat sich Dr. D vom LBA in der Entscheidung vom 08.08.2017 (K 9 Bl. 117 unten) vollumfänglich angeschlossen.

    90
    Anschließend wurde dem Kläger auf dieser Grundlage mit Schreiben des LBA vom 09.08.2017 mitgeteilt, dass die bei ihm vorliegende Diagnose einen positiven Tauglichkeitsentscheid derzeit nicht zulasse (K 4 Bl. 27 d.A.).

    91
    Aufgrund dieser ärztlichen Feststellungen, denen die Beklagte nicht entgegengetreten ist, stand somit fest, dass der Kläger aus medizinischer Sicht aufgrund seines Gesundheitszustandes Anfang August 2017 und auch für die folgenden sechs Monate, also jedenfalls bis Anfang Januar 2018, nicht flugdiensttauglich war.

    92
    Dem stehen die Ausführungen der von der Beklagten beauftragten Gutachter Dr. G und Dr. H in ihren jeweiligen Gutachten nicht entgegen, worin nur die „generelle Arbeitsfähigkeit“ des Klägers ab dem 06.09.2017 festgestellt worden ist. Insbesondere lassen die ärztlichen Feststellungen dieser beiden Gutachter keinen Rückschluss auf eine medizinische Flugdiensttauglichkeit des Klägers Anfang September 2017 zu. Dr. G (Internist, Gastroenterologe) hat auf Seite 9 seines Gutachtens vom 06.09.2017 nur festgestellt, dass der Versicherungsnehmer ‒ gemeint ist der Kläger - ab sofort arbeitsfähig sei und Berufsunfähigkeit nicht bestehe. Er weist allerdings ausdrücklich darauf hin, dass unabhängig davon die Flugdiensttauglichkeit (gem. JAR-FCL 1) nur durch einen lizenzierten Fliegerarzt respektive das Luftfahrtbundesamt festgestellt werden könne (K 7 Bl. 34 ff., insb. Bl. 42 d.A.).

    93
    Dr. H stellt als Fachärztin für Neurologie in ihrem Gutachten vom 07.09.2017 auf Seite 17 unten fest, das anhand der vorgelegten Befunde und der gutachterlichen Untersuchung auf medizinischem Fachgebiet aktuell keine sichere Beeinträchtigung festgestellt werden könne, so dass aus rein medizinischen Gesichtspunkten zwar Arbeitsfähigkeit des Klägers ab dem 05.09.2017 bestehe, er aber mangels Fluglizenz flugdienstuntauglich sei. Die Flugdiensttauglichkeit könne von neurologischer und internistischer Seite nicht beurteilt werden. Im Hinblick auf die berufliche Tätigkeit des Piloten seien erhöhte Anforderungen an deren Gesundheit aufgrund eines möglichen Gefährdungspotentials für Mitmenschen bei Vorliegen einer Krankheit zu stellen, wobei die Beurteilung einer Flugdiensttauglichkeit ausschließlich vom LBA beurteilt werden könne. Ferner weist sie auf Seite 18 ihres Gutachtens darauf hin, dass die Beurteilung der Flugdiensttauglichkeit allein durch das Luftfahrtbundesamt entschieden werde und anhand der vorliegenden Befunde nicht absehbar sei, wann das Luftfahrtbundesamt eine Entscheidung fälle (K 7 Bl. 43 ff., insb. Bl. 58 d.A.).

    94
    Eine andere Beurteilung ergibt sich hinsichtlich der medizinischen Flugdienstuntauglichkeit des Klägers für die Zeit bis zum 08.01.2018 auch nicht aus der Mitteilung des fliegerärztlichen Ausschusses am BMVI vom 27.11.2017. Dieser ist zwar zu dem Ergebnis gekommen, dass eine depressive Phase nicht habe nachgewiesen werden können, alle Testverfahren dahingehend unauffällig gewesen seien, EBV Infektion und eine chronische Tonsillitis (raus 08/17) gesichert seien und jetzt kein Infekt und keine Beschwerden mehr vorhanden seien. Dementsprechend wurde der Kläger von den Mitglieder des Ausschusses als „tauglich mit 5 Stimmen“ angesehen,  mit der Empfehlung, ihn als „Tauglich, TML (6 Monate), SIC (psychiatrische Kontrollen am besten durch Psychiater LH), OML“ einzustufen sowie nach 24 Monaten eine Überprüfung mit dem Ziel der Aufhebung der OML durchzuführen (K 10 Bl. 119/120 d.A.).

    95
    Daraus folgt jedoch nicht, dass der Kläger schon ab dem 16.11.2017 nicht mehr flugdienstuntauglich i.S.v. Ziffer 3 der ergänzenden Vereinbarung gewesen ist. Bei der Mitteilung des fliegerärztlichen Ausschusses handelt es sich weder um eine medizinische Feststellung noch um eine behördliche Entscheidung über die Flugdiensttauglichkeit, sondern nur um eine Empfehlung an das LBA, welches über die Wiedererlangung der Flugdiensttauglichkeit des Klägers zu entscheiden hatte.

    96
    Dies ergibt sich aus den §§ 21 und 34 der VO über Luftfahrtpersonal (LuftPersV). Nach § 21 IV S. 2 LuftPersV ist der fliegerärztliche Ausschuss vor der Entscheidung über die flugmedizinische Tauglichkeit nach Maßgabe des § 34 IV LuftPersV „anzuhören“. Nach § 34 I S. 1 LuftPersV wird der fliegerärztliche Ausschluss „zur Beratung“ der medizinischen Sachverständigen des LBA bei Verfahren gemäß § 21 IV S. 1 LuftPersV gebildet. Nach § 34 IV LuftPersV nimmt der fliegerärztliche Ausschuss gegenüber den medizinischen Sachverständigen des LBA schriftlich Stellung (S. 2) und kann dabei Empfehlungen aussprechen (S. 3), wobei die medizinischen Sachverständigen des LBA daran jedoch nicht gebunden sind (S. 4). Danach hat der fliegerärztliche Ausschuss nur eine beratende Funktion im Rahmen der Verfahren nach § 21 IV S. 1 LuftPersV bei der Beantwortung der Frage der Flugdiensttauglichkeit des betreffenden Piloten. Trotz der gesetzlich vorgesehenen Anhörung des fliegerärztlichen Ausschlusses bleibt demnach die Entscheidungsbefugnis zur Frage der Flugdiensttauglichkeit gem. VO (EU) Nr. 1178/2011 beim LBA als der zuständigen Behörde, die sich bei der Entscheidung über die Flugdiensttauglichkeit des jeweiligen Piloten über die Empfehlung des fliegerärztlichen Ausschlusses mangels Bindungswirkung auch hinwegsetzen kann. Hierfür spricht im Übrigen auch, dass die Mitglieder des fliegerärztlichen Ausschusses den Kläger nicht untersucht haben.

    97
    Im Falle des Klägers ist das LBA der Empfehlung des fliegerärztlichen Ausschusses nicht gefolgt, sondern hat nach dem ergänzenden Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 04.04.2019 (Bl. 239 unten d.A.) am 22.01.2018 eine erneute aktuelle Begutachtung 6 Monate nach der Erstbegutachtung des Klägers durch Dr. E gefordert. Infolge dessen bestand eine Flugdienstuntauglichkeit des Klägers jedenfalls über den 22.01.2018 hinaus noch fort, weil bis dahin noch keine medizinische Feststellung der Flugdiensttauglichkeit des Klägers i.S.v. Ziff. 3 der ergänzenden Vereinbarung durch den fachlich zuständigen Fliegerarzt vorgelegen hat.

    98
    Eine Wiedererlangung der Flugdiensttauglichkeit des Klägers aus rein medizinischer Sicht ist auch nicht aufgrund der „Epikrise“ der Psychologischen Psychotherapeutin P vom 16.02.2018 (K 6 f. 32 f. d.A.) anzunehmen, bei der der Kläger im Zeitraum vom 20.01.2017 bis Januar 2018 wegen „F 43.23 Anpassungsstörung mit vorwiegend Störung von andere Gefühlen“ therapeutisch behandelt worden ist. Auch bei diesem Bericht handelt es sich nicht um eine medizinische Feststellung der Flugdiensttauglichkeit i.S.v. Ziffer 3. der ergänzenden Vereinbarung, weil diese nicht vom behandelnden Arzt vorgenommen werden kann. Erforderlich ist die Feststellung eines neutralen und fachlich geeigneten Fliegerarztes, der auch die Flugdiensttauglichkeit feststellen kann. Diese Qualifikation hatte Frau P nicht.

    99
    Die Flugdiensttauglichkeit ist beim Kläger erst aufgrund des Gutachtens von Prof. Dr. L vom 21.06.2018 (B 1 Bl. 242 ff. d.A.) und dem ebenfalls vorgelegten „Neuropsychologischen Zusatzgutachten“ von Dr. N vom 15.06.2018 (B 2 Bl. 263 ff. d.A.) medizinisch festgestellt worden. Bei Prof. Dr. L handelt es sich um einen vom LBA beauftragten Fliegerarzt. Dass die Feststellung der Flugdiensttauglichkeit die Erteilung der Tauglichkeitsbescheinigung unter den von Prof. Dr. L auf Seite 20 unter Ziffer. 1.) ‒ 3.) genannten Auflagen erfolgen sollte, steht der medizinischen Flugdiensttauglichkeit des Klägers ab dem 21.06.2018 nicht entgegen, weil ihm trotz dieser Auflagen die Ausübung seiner Pilotentätigkeit für die A AG wieder möglich und erlaubt war.

    100
    Die Auflage „TML Limitation“ bedeutet nur eine Begrenzung der Gültigkeit des Tauglichkeitszeugnisses auf 6 Monate mit der Möglichkeit der Verlängerung nach Ablauf dieses Zeitraums.

    101
    Die Auflage „SIC Limitation“ steht damit in Zusammenhang und bedeutet, dass der Kläger bis auf weiteres, zumindest in den nächsten 3 Jahren, alle 6 Monate ein ausführliches fachärztlich-psychiatrisches Zeugnis vorlegen muss, das einen vollständigen psychopathologischen Untersuchungsbefund und eine ausführliche Zwischenanamnese zur biographischen Situation, zum Symptomverlauf und zu evtl. Behandlungen enthält. Der Kläger unterliegt danach mindestens in den nächsten 3 Jahren der fachärztlichen Kontrolle und muss entsprechende ärztliche Bescheinigungen vorlegen.

    102
    Die Auflage „OML“ besagt nur, dass der Kläger bis auf weiteres, wenigstens für 3 Jahre, Luftfahrzeuge nur mit einem gültig qualifizierten Copiloten führen kann, d.h. mit einem anderen Piloten, der für das Führen eines Luftfahrzeugs der betreffenden  Klasse und des betreffenden Musters vollständig qualifiziert ist, selbst nicht der Einschränkung „OML“ unterliegt und das 60-igste Lebensjahr noch nicht vollendet hat (Durchführungs-VO (EU) Nr. 2019/27 vom 19.12.2018 zur Änderung der VO (EU) Nr. 1178/2011 und (EU) Nr. 2018/1139, MED.B001 (c) 1. I ii), Bl. 240 unten/241 oben d.A.).

    103
    Das ergänzende Vorbringen des Klägers im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 25.07.2019, insbesondere zu den erforderlichen weiteren Untersuchungen im Juli 2017 durch Dr. Q (Belastungs-EKG, Augen-, Ohren-, Blut- und Urinuntersuchung) und das Vorliegen dieser Untersuchungsergebnisse beim LBA am 17.07.2018 führt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung, insbesondere nicht zu einem weitergehenden Krankentagegeldanspruch des Klägers über den 20.06.2018 hinaus. Diese weiteren Untersuchungen dienten nicht der medizinischen Feststellung der Flugdienstuntauglichkeit i.S.v. Ziffer 3 der ergänzenden Vereinbarung, sondern sind auf Veranlassung des LBA vor Erlass der behördlichen Entscheidung über die Erteilung des Tauglichkeitszeugnisses, des sog. Medicals, gemäß der VO (EU) Nr. 1178/2011 durchgeführt worden. Der dafür erforderliche Zeitraum ist von der Regelung in Ziffer 3 der ergänzenden Vereinbarung nicht gedeckt.

    104
    Der Kläger verkennt, dass für seinen versicherungsrechtlichen Krankentagegeldanspruch allein auf die medizinische Feststellung seiner Flugdiensttauglichkeit abzustellen ist. Diese lag aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. L im Gutachten vom 21.06.2018 vor. Die zeitlich danach vom Luftfahrtbundesamt durchgeführten Feststellungen weiterer Parameter auf dem Gebiet der inneren Medizin, der Augenheilkunde und des Hörvermögen zur Erteilung des Flugdiensttauglichkeitszeugnisses sind zwar in der VO (EU) Nr. 1178/2011 vorgesehen und müssen zur Erteilung des Flugtauglichkeitszeugnisses durchgeführt werden. Grund für die Flugdienstuntauglichkeit des Klägers i.S.v. Ziffer 3 der ergänzenden Vereinbarung war aber ausschließlich eine psychische Erkrankung. Die daraus resultierenden Beeinträchtigungen der Flugdiensttauglichkeit des Klägers bestanden nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. L am 21.06.2018 nicht mehr. Die zur Erlangung des Flugdiensttauglichkeitszeugnisses erforderlichen weiteren internistischen Untersuchungen sowie die Untersuchungen des Seh- und Hörvermögens waren nicht durch die krankheitsbedingte Flugdienstuntauglichkeit des Klägers infolge einer psychischen Erkrankung veranlasst, sondern als Routineuntersuchungen im Rahmen des behördlichen Verfahrens vor Erteilung des sog. Medicals durchzuführen.

    105
    3. Aufgrund einer medizinisch festgestellten vorrübergehenden Flugdienstuntauglichkeit des Klägers nur bis zum 20.06.2018 und dem Wiedereintritt seiner medizinischen Flugtauglichkeit ab dem 21.06.2018, steht ihm ein weiterer Krankentagegeldanspruch für den Zeitraum vom 30.09.2017 bis zum 20.06.2018, nicht aber darüber hinaus bis zum 23.07.2018.

    106
    Für diesen Zeitraum von insgesamt 264 Tagen (30.09.2017 ‒ 01.03.2018 = 153 Tage; 02.03.2018 ‒ 20.06.2018 = 111 Tage) ergibt sich bei dem vereinbarten Krankentagegeld von kalendertäglich 340,- € ein Zahlungsanspruch in Höhe von insgesamt 89.760,- €.

    107
    4. Der Kläger hat den behördlichen Ablauf während des vom Luftfahrt-Bundesamt durchgeführten Verfahrens auch nicht durch fehlende Mitwirkung verzögert. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass er ‒ so die Behauptung der Beklagten im Schriftsatz vom 09.08.2019, Seite 4 (Bl. 325 d.A.) - die für die Beauftragung des Sachverständigen Prof. Dr. L vom Luftfahrtbundesamt benötigte und angeforderte sowie dort gemäß Schreiben vom 09.03.2018 (Bl. 305 d.A.) am 09.03.2018 eingegangene Schweigeentbindungserklärung nicht zeitnah abgegeben und dadurch das laufenden behördliche Verfahren erheblich verzögert hat.

    108
    Nach der vom Kläger mit Schriftsatz vom 07.10.2019 vorgelegten Korrespondenz zwischen ihm und dem Luftfahrtbundesamt hat dieses im Hinblick auf die beabsichtigte weitere Begutachtung durch Prof. Dr. L dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 23.02.2018 eine Schweigeentbindungserklärung mit der Bitte um Unterzeichnung und Rücksendung übermittelt (Bl. 354 ff. d.A.). Nach Eingang dieses Schreibens vom 23.02.2018 bei dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 28.02.2018 ‒ laut Eingangsstempel ‒ wurde es zusammen mit der Schweigeentbindungserklärung von diesem an den Kläger weitergeleitet und ist am 02.03.2018 eingegangen. Nachdem der Kläger in der Zeit vom 05. ‒ 07.03.2018 mit den Fliegerärzten der A und den Ärzten der Vereinigung Cockpit (VC) wegen Prof. Dr. L und der auszufüllenden Schweigeentbindungserklärung Rücksprache genommen hatte, hat er diese ausgefüllt per Einschreiben am 08.03.2018, also schon sechs Tage nach Erhalt an das Luftfahrtbundesamt zurückgesandt. Dort ist die unterzeichnete Schweigeentbindungserklärung nach dem Schreiben des LBA vom 09.03.2018 an diesem Tag ‒ „heute“ ‒ eingegangen (Bl. 308 d.A.).

    109
    Danach liegt im Zusammenhang mit der vom LBA angeforderten Schweigeentbindungserklärung keine vom Kläger veranlasste und diesem vorwerfbare Verzögerung vor, die eine Kürzung des ihm zustehenden Krankentagegeldes rechtfertigen könnte. Der Zeitraum für die Übersendung des Schreibens vom 23.02.2018 nebst Schweigeentbindungserklärung zunächst vom Luftfahrtbundesamt an den Prozessbevollmächtigten des Klägers und sodann von diesem an den Kläger bis zum 02.03.2018 ist weder vom Kläger veranlasst noch von ihm zu vertreten und entspricht auch den üblichen Postlaufzeiten. Der Kläger hat vielmehr nach Erhalt der Schweigepflichterklärung pflichtgemäß für deren zeitnahe Rücksendung an das Luftfahrtbundesamt gesorgt. Dabei war ihm eine Bearbeitungszeit von fünf Tagen vom 02. bis zum 07.03.2018 zuzubilligen, in der er zunächst Rücksprache bei den für ihn zuständigen Fliegerärzten seiner Arbeitgeberin nehmen und das Formular ausfüllen konnte.

    110
    Für den Senat bestand aufgrund der vorliegenden Korrespondenz keine Veranlassung, die Akte des Luftfahrtbundesamts beizuziehen, um noch weiter aufzuklären, ob der Kläger ‒ entsprechend dem Vorwurf der Beklagten im Schriftsatz vom 09.08.2019, Seite 4 (Bl. 325 d.A.) - durch pflichtwidrig unterlassene bzw. verzögerte Abgabe der für die Beauftragung von Prof. Dr. L erforderlichen Schweigepflichtentbindungserklärung das behördliche Verfahren verzögert hat. Dieser von der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten erhobene Vorwurf hat sich nach der vorliegenden und von der Beklagten inhaltlich nicht bestrittenen Korrespondenz nicht bestätigt. Dass das LBA im Zusammenhang mit der beabsichtigten weiteren Begutachtung des Klägers durch Prof. Dr. L erstmals mit Schreiben vom 23.02.3018 eine Schweigeentbindungserklärung vom Kläger angefordert hat, ergibt sich bereits aus dem Inhalt dieses Schreibens. Dort wird mitgeteilt, dass aufgrund der unterschiedlichen Ergebnisse in den Gutachten von Dr. E und Dr. K  Prof. Dr. L mit einer weiteren Begutachtung des Klägers beauftragt werden soll. Ferner wurde bei Einverständnis des Klägers mit dieser Vorgehensweise um Rücksendung der beigefügten und klägerseits unterzeichneten Schweigepflichtentbindungserklärung gebeten. Dafür, dass das LBA den Kläger zuvor schon einmal um die Übersendung einer Schweigepflichtentbindungserklärung gebeten hat, bestehen ersichtlich keine Anhaltspunkte. Auch bedurfte es weder der Vorlage des im Betreff des Schreibens des LBA vom 09.03.2018 genannten Schreibens des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 09.03.2018 noch eines Begleitschreibens zu der am 08.03.2018 übersendeten Schweigeentbindungserklärung. Dass die für die Beauftragung von Prof. Dr. L benötigte Schweigeentbindungserklärung am 09.03.2018 beim LBA eingegangen ist, ergibt sich eindeutig aus dessen Schreiben vom 09.03.2018, dort 2. Absatz (Bl. 308 d.A.). Die von der Beklagten vorgetragenen Anhaltspunkte im Schriftsatz vom 09.08.2019 für eine vermeintliche Verzögerung des behördlichen Ablaufs aufgrund fehlender Mitwirkung des Klägers bei der Abgabe der benötigten Schweigepflichtentbindungserklärung sind bereits durch die vorliegenden Schreiben des LBA vom 23.02.2018 und vom 09.03.2018 widerlegt. Danach sowie unter Berücksichtigung des normalen Postlaufs hat der Kläger nach Erhalt der Schweigepflichtentbindungserklärung am 02.03.2018 bis zu deren Rücksendung am 08.03.2018 bzw. ihrem Eingang beim LBA am 09.03.2018 lediglich einen Zeitraum von sechs Tage benötigt. Darin liegt keine vorwerfbare Verzögerung des behördlichen Verfahrens.

    111
    Da weitere Anhaltspunkte für eine Verfahrensverzögerung durch ein Verhalten des Klägers weder von der insoweit darlegungspflichtigen Beklagten dargetan noch sonst ersichtlich sind, bedurfte es  auch insoweit nicht der Beiziehung der Akte des Luftfahrbundesamtes.

    112
    Gegen eine Verfahrensverzögerung durch den Kläger spricht überdies, dass er selbst Widerspruch gegen die Feststellung seiner Flugdienstunfähigkeit im Bescheid des LBA vom 08.08.2017 eingelegt und zur Beschleunigung des Verfahrens die Einschaltung des Fliegerärztlichen Ausschusses betrieben hat. Auch der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den persönlichen Eindruck gewonnen, dass dem Kläger an einer möglichst zeitnahen Feststellung seiner Flugdiensttauglichkeit gelegen war und er im Rahmen des laufenden Verfahrens beim LBA alles in seiner Macht stehende getan hat, um dies so schnell wie möglich zu erreichen.

    113
    5. Dem Kläger steht auch ein Anspruch auf Verzugszinsen aus § 286 I, 288 I BGB zu, allerdings nur in erkanntem Umfang.

    114
    Die Beklagte befand sich mit der Zahlung von Krankentagegeld für den Zeitraum vom 30.09.2017 bis zum 04.01.2018 (97 Tage x 340,- €/Tag = 32.980,- €) aufgrund  ihrer ernsthaften und endgültigen Leistungsablehnung im Schreiben vom 04.01.2018 ab dem 05.01.2018 in Verzug.

    115
    Hinsichtlich des Krankengeldtagegeldanspruchs des Klägers im anschließenden Zeitraum vom 05.01.2018 bis zum 01.03.2018 (56 Tage x 340,- €/Tag = 19.040,- €) befand sich die Beklagte frühestens ab dem 06.01.2018 in Verzug. Wegen der kalendertäglichen Berechnung und Fälligkeit des Krankentagegeldes kann der Kläger insoweit Verzugszinsen aus jeweils 340,- € erst ab dem jeweiligen Folgetag verlangen.

    116
    Hinsichtlich des Krankentagegeldanspruchs für den Zeitraum vom 02.03.2018 bis zum 20.06.2018 (111 Tage x 340,- €/Tag = 37.740,- €) besteht ein Anspruch des Klägers auf Verzugszinsen gemäß § 308 I ZPO erst ab dem mit der Klageerweiterung vom 04.10.2018 geltend gemachten Zeitpunkt, dem 23.07.2017 (Bl. 144 d.A.).

    117
    Die Höhe der Verzugszinsen folgt aus § 288 I BGB.

    118
    Die Kostenscheidung beruht auf § 92 I, 269 III 2 ZPO.

    119
    Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    120
    Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung.

    121
    Streitwert für das Berufungsverfahren: 100.980,00 €