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  • 14.08.2020 · IWW-Abrufnummer 217343

    Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht: Urteil vom 14.05.2020 – 7 U 181/19

    1. Bei Unfällen eines Fahrzeuggespanns haben die beiden Versicherer im Innenverhältnis je zur Hälfte den Schaden zu tragen, wenn Zugmaschine und Auflieger bei zwei unterschiedlichen deutschen Versicherungen haftpflichtversichert sind.

    2. Dieser Innenausgleich kann nach deutschem Recht nicht durch eine Subsidiaritätsvereinbarung des einen Haftpflichtversicherers mit seinem Versicherungsnehmer ausgeschlossen werden, da ein solcher Ausschluss auf einen unzulässigen Vertrag zulasten Dritter hinauslaufen würde. Eine Abbedingung wäre grundsätzlich nur im Verhältnis zwischen den Versicherern möglich.

    3. Der Innenregress ist auch dann möglich, wenn ein dänischer Versicherer mit seinem Versicherungsnehmer hinsichtlich des Anhängers/Aufliegers eine nach dänischem Recht wirksame Subsidiaritätsklausel vereinbart hat. Denn der Versicherungspflicht nach deutschem Recht kommt bei einem Unfall in Deutschland nach Art. 7 Abs. 4 lit. a Rom I-VO Vorrang zu. Ein im EU-Ausland geführtes Fahrzeug erhält damit den am Nutzungsort gesetzlich erforderlichen, ggf. erweiterten vertraglichen Versicherungsschutz.


    Oberlandesgericht Schleswig

    Urteil vom 14.05.2020



    Hälftiger Regress bei LKW-Gespannunfall in Deutschland, auch wenn der ausländische (hier dänische) Versicherungsvertrag für den Anhänger nur eine subsidiäre Haftung vorsieht

    Tenor:

    Die Berufung der Beklagten gegen das am 29. Juli 2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe wird zurückgewiesen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Itzehoe ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

    Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

    Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

    Berufungsstreitwert: 5.681,75 €.

    Gründe

    I.

    Die Klägerin begehrt als Kraftfahrtzeughaftpflichtversicherung der Sattelzugmaschine mit dem amtlichen Kennzeichen ... von der Beklagten, einer dänischen Versicherung, den hälftigen Ersatz der von ihr aufgrund eines Verkehrsunfalles geleisteten Zahlungen.

    Die Versicherungsverträge der Beklagten sehen bei der Versicherung von Sattelaufliegern lediglich eine subsidiäre Haftung vor, für den Fall, dass die Zugmaschine nicht auffindbar ist oder der Sattelauflieger zum Zeitpunkt des Unfalls nicht an eine Zugmaschine gekoppelt war.

    Am 25. September 2015 übersah der Fahrer der Sattelzugmaschine, an welcher der vorgenannte Sattelauflieger angespannt war, auf einer Windradbaustelle bei G. beim Rückwärtsfahren das hinter ihm stehende Baustellenfahrzeug der Firma K. und beschädigte dieses mit dem Sattelauflieger an der rechten Seite.

    Die Klägerin regulierte den bei der Geschädigten entstandenen Schaden in Höhe von 11.363,51 € vollständig.

    Sie nimmt die Beklagte nunmehr als Versicherin des Sattelaufliegers auf hälftigen Schadensersatz in Anspruch.

    Die Klägerin hat beantragt,

    die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.681,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die hälftige Haftung der Beklagten ergebe sich aus einer Doppelversicherung. Es gelte deutsches Recht, da sich der Unfall in Deutschland ereignet habe. Das dänische Recht müsse nach Art. 7 Abs. 4 lit. a Rom I VO dem deutschen Haftpflichtversicherungsrecht weichen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen. Dass die Beklagte Versicherin des Sattelaufliegers zum Unfallzeitpunkt war, hat sie erstinstanzlich zugestanden.

    Mit der Berufung verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter. Sie behauptet, es bestehe schon kein Versicherungsvertrag über den unfallbeteiligten Sattelauflieger. Sie vertritt die Auffassung, es bestehe kein Direktanspruch der Klägerin gegen die Beklagte. Darüber hinaus habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass zwischen den Versicherern kein deliktisches, sondern ein vertragliches Verhältnis bestehe. Die nur subsidiäre Haftung im Versicherungsvertrag über den Sattelauflieger sei nach dänischem Recht zulässig, weshalb eine Doppelversicherung gar nicht vorliege. Ein dänisches Versicherungsverhältnis könne nicht erweitert werden, da der deutsche Gesetzgeber und die deutsche Justiz kein Recht hätten, in ausländische Versicherungsverträge einzugreifen. Eine Harmonisierung müsse derart gelöst werden, dass lediglich die Garantiefonds der anderen Mitgliedstaaten eintrittspflichtig sein sollten. Dies ergebe sich insbesondere aus Art. 10 u. 11 der Internal Regulations. Darüber hinaus habe Dänemark die Rom II-VO nicht ratifiziert.

    Die Beklagte beantragt,

    das Urteil des Landgerichts vom 29. Juli 2019 zu ändern und die Klage abzuweisen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Die Klägerin tritt der Berufung entgegen und rügt die Zulassung des Vorbringens der Beklagten zum Nichtbestehen eines Versicherungsvertrags.

    Mit Zustimmung der Parteien hat der Senat am 14. April 2020 das schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet und die Frist zur Einreichung von Schriftsätzen auf den 7. Mai 2020 bestimmt.

    II.

    Das Gericht konnte nach Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO entscheiden.

    Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die festgestellten Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung. Der Klägerin steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 5.681,75 € gegen die Beklagte aus § 78 Abs. 1, Abs. 2 VVG, § 426 Abs. 1 S. 1 BGB zu.

    Nach § 78 Abs. 2 Satz 1 VVG sind die Versicherer sind im Verhältnis zueinander zu Anteilen nach Maßgabe der Beträge verpflichtet, die sie dem Versicherungsnehmer nach dem jeweiligen Vertrag zu zahlen haben. Dies ermöglicht der Klägerin im vorliegenden Fall den geltend gemachten hälftigen Regress gegenüber der Beklagten.

    Bei Unfällen eines Fahrzeuggespanns haben die beiden Versicherer im Innenverhältnis je zur Hälfte den Schaden zu tragen, wenn Zugmaschine und Auflieger bei zwei unterschiedlichen deutschen Versicherungen haftpflichtversichert sind. Geht eine der Versicherungen in Vorleistung, kann sie von der anderen Versichererung aufgrund des Bestehens einer Doppelversicherung im Regelfall die Hälfte der von ihr geleisteten Zahlungen im Wege des Regresses aus § 78 Abs. 2 VVG (§ 59 Abs. 2 VVG a. F.) ersetzt verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 27.10.2010 - IV ZR 279/08 - NJW 2011, 447, 448). Dieser Innenausgleich kann nach deutschem Recht nicht durch eine Subsidiaritätsvereinbarung des einen Haftpflichtversicherers mit seinem Versicherungsnehmer ausgeschlossen werden, da ein solcher Ausschluss auf einen unzulässigen Vertrag zulasten Dritter hinauslaufen würde. Eine Abbedingung wäre grundsätzlich nur im Verhältnis zwischen den Versicherern möglich (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.2018 - IV ZR 121/17 - NJW 2018, 2958, 2959).

    Dieser Grundsatz ist auch dann anwendbar, wenn ein dänischer Versicherer mit seinem Versicherungsnehmer hinsichtlich des einen Gespannteils eine nach dänischem Recht wirksame Subsidiaritätsklausel vereinbart hat. Denn der Versicherungspflicht nach deutschem Recht kommt bei einem Unfall in Deutschland Vorrang vor der nach dänischem Recht wirksamen Vereinbarung zu.

    Für einen Regressanspruch der Klägerin gegen die Beklagte muss sowohl die Klägerin als auch die Beklagte gegenüber der Geschädigten aus demselben rechtlichen Grund zum Schadensersatz verpflichtet sein. Ferner muss das geltende Recht die Möglichkeit vorsehen, dass die Klägerin in die Rechte der Geschädigten eintritt (vgl. EuGH, 4. Kammer, Urteil vom 21.01.2016 -C-359/14, C-475/14, NJW 2016, 1005, 1007).

    Diese Voraussetzungen liegen vor.

    1) Zunächst hat die Klägerin hier die Sattelzugmaschine als Haftpflichtversicherung versichert und die Beklagte den Sattelauflieger.

    Die Beklagte kann mit dem Vortrag in der Berufungsinstanz nicht gehört werden, dass über den Sattelauflieger bei ihr kein Versicherungsvertrag existiere. Dies folgt zum einen aus ihrem prozessualen Zugeständnis gemäß § 288 ZPO, das sie nicht widerrufen hat. Die Beklagte hat den Vortrag der Klägerin zum Bestehen eines Versicherungsvertrags bei ihr über den Sattelauflieger nicht nur nicht bestritten, sondern sogar ausdrücklich zugestanden. Im Schriftsatz vom 21. Februar 2019 (Bl. 14 d. A.) hat sie hierzu ausgeführt:

    "Insoweit kommt es nicht darauf an, ob das Fahrzeug aus Dänemark, welches bei der Beklagten versichert ist, zeitweise in Deutschland unter der Deckung des Deutsches Büro Grüne Karte e. V. steht (...) Allerdings wird durch die Deckung nach den sog. internal und external regulations, früher Londoner Abkommen, ja der Heimatversicherungsvertrag kein deutscher, sondern bleibt zwischen Anhängerhersteller und dem dänischen Versicherer, hier der Beklagten, immer noch ein dänischer Versicherungvertrag."

    Mit diesem Vortrag hat die Beklagten das Bestehen eines Versicherungsvertrags über den Sattelauflieger ausdrücklich zugestanden. Durch die Antragstellung im Verhandlungstermin vor dem Landgericht am 8. Juli 2019 hat die Beklagte konkludent auf ihre vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen. Das reicht aus, um dem Erfordernis einer Erklärung des Geständnisses in der mündlichen Verhandlung zu entsprechen (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.2007 - II ZR 89/06, NJW-RR 2007, 1563, 1565). Dieses Geständnis aus der ersten Instanz behält nach § 535 ZPO auch in der Berufungsinstanz seine Wirksamkeit. Die Voraussetzungen eines Widerrufs des Geständnisses nach § 290 ZPO liegen nicht vor.

    Selbst wenn man im zweitinstanzlichen Vortrag zum Nichtbestehen eines Vertragsverhältnisses einen konkludenten Widerruf des Geständnisses sehen wollte, wäre die Beklagten gleichwohl mit ihrem neuen Sachvortrag, der von der Klägerin bestritten worden ist, in der Berufungsinstanz präkludiert. Gemäß § 529 Abs. 1 ZPO hat der Senat die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zu Grunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Nach dem unstreitigen Tatbestand des angefochtenen Urteils war der Sattelauflieger bei der Beklagten versichert.

    Werden neue Verteidigungsmittel vorgetragen, können diese gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nur zugelassen werden, wenn sie im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht. Trotz entsprechender Verspätungsrüge der Klägerin hat die Beklagte keine Umstände mitgeteilt, die begründen können, warum die Beklagte nicht bereits in erster Instanz über das Bestehen eines Versicherungsvertrags hätte intern nachforschen und die ermittelten Tatsachen dem Gericht hätte mitteilen können.

    2) Die Haftung der Halter der Sattelzugmaschine und des Sattelauflegers gegenüber der Geschädigten richtet sich gemäß Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO nach deutschem Recht.

    Die Rom II-VO ist anwendbar. Zwar gilt die Rom II-VO gemäß Art. 1 Abs. 4 Rom II-VO nicht in Dänemark. Gleichwohl wird sie von allen Mitgliedstaaten gemäß Art. 3 Rom II-VO im Verhältnis zu Dänemark angewandt.

    Gemäß Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO ist auf ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung das Recht desjenigen Staates anzuwenden, in welchem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind. Der Unfall ereignete sich in Deutschland. Es liegt ferner ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung zwischen der Geschädigten und den Haltern der Sattelzugmaschine und des Sattelauflegers aus § 7 Abs. 1, Alt. 2 StVG vor.

    Im Verhältnis zwischen der Klägerin und Beklagten liegt zwar im Ausgangspunkt kein vertragliches Verhältnis vor. Welches Recht im Verhältnis zwischen den Versicherern angewendet wird, regelt insoweit Art. 19 Rom II-VO. Nach dieser Vorschrift ist maßgeblich, welches Recht in dem Verhältnis zwischen der Beklagten und der Geschädigten angewendet wird. Dies regelt wiederum Art. 7 Rom I-VO, da es sich bei diesem Verhältnis um ein vertragliches Schuldverhältnis handelt. Der Anspruch der Geschädigten gegen die Beklagte als Versicherer folgt aus dem Versicherungsvertrag zwischen der Beklagten und dem Versicherungsnehmer über den Sattelaufleger (vgl. EuGH, NJW 2016, 1005, 1007, Rd. 54). Insoweit ändert die direkte Inanspruchnahme des Geschädigten den Charakter der übergeleiteten vertraglichen Haftung nicht.

    Zwar wäre grundsätzlich gemäß Art. 7 Abs. 2 Rom I-VO dänisches Recht auf den Versicherungsvertrag zwischen der Beklagten und dem Versicherungsnehmer und damit auch auf das Verhältnis zwischen der Beklagten und der Geschädigten anzuwenden, da die Beklagte als Versicherung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Dänemark hat. Nach dänischem Recht wäre ein Regress der Klägerin bei der Beklagten nicht möglich, da die Beklagte in dem Versicherungsvertrag über den Sattelaufleger vereinbart hat, dass sie für den Sattelaufleger nur subsidiär haftet, was nach dänischem Recht zulässig ist.

    Allerdings räumt Art. 7 Abs. 4 lit. a Rom I-VO dem Recht desjenigen Mitgliedstaates den Vorrang ein, welcher eine Versicherungspflicht vorschreibt, soweit es um die Frage geht, ob der Versicherungsvertrag der Versicherungspflicht genügt. Deshalb hat deutsches Recht hier den Vorrang. In Deutschland besteht zum einen eine Versicherungspflicht für Anhänger, die aus § 1 PflVG i.V.m. §§ 2, 3 der Kraftfahrzeug-PflichtversicherungsVO folgt. Ferner kann nach deutschem Recht der Versicherer eines Gespannteils, welcher den Geschädigten bereits befriedigt hat, hälftigen Regress bei dem Versicherer des anderen Gespannteils nehmen, wobei eine Subsidiaritätsklausel nach deutschem Recht unwirksam ist. Ein im EU-Ausland geführtes Fahrzeug erhält mithin den am Nutzungsort gesetzlich erforderlichen, ggf. weiteren vertraglichen Versicherungsschutz.

    Der ausländische Versicherungsvertrag wird auf diesem Wege gewissermaßen auf den Versicherungsumfang erweitert, den der EU-Staat, in dem Fahrzeug genutzt wird, zwingend vorschreibt (vgl. Müller, Anm. zu LG Göttingen, Urt. vom 23. Mai 2019, Az. 8 O 286/17, NZV 2020, 202).

    Die Argumentation, der deutsche Gesetzgeber habe keine Befugnis, in ausländische Versicherungsverträge gestaltend einzugreifen, geht fehl. Vielmehr ermöglicht Art. 7 Abs. 4 lit. b Rom I-VO gerade den Vorrang für weitergehende Versicherungspflichten nach deutschem Recht.

    Das Ergebnis aus der Anwendung des Art. 7 Abs. 4 Rom I-VO befindet sich auch im Einklang mit der Richtlinie 2009/103/EG und den notwendigen Anforderungen des Grüne-Karte-Systems, die in den Internal Regulations ihren aktuellen Ausdruck gefunden haben. So ist zwar Art. 14 der Richtlinie 2009/103 EG, der das Einprämienprinzip einer umfassenden Deckung für das gesamte Gemeinschaftsgebiet zumindest im jeweils vom besuchten Staat vorgeschriebenen Umfang festschreibt, keine Spezialnorm gegenüber den Festlegungen in der Rom I bzw. Rom II-VO zum anwendbaren Recht bei internationalen Sachverhalten (EuGH, NJW, 2016, 1005, Rd. 38 ff.). Sie wirkt aber zusammen mit Art. 7 Abs. 4 Rom I-VO und sichert so für sämtliche Mitgliedsstaaten den Vorrang des vor Ort geltenden Pflichtversicherungsrechts für die Zeit des Aufenthalts einer Zugmaschine bzw. eines Anhängers ab.

    Zweck des Grüne-Karten-Systems ist es insbesondere, den grenzüberschreitenden Straßenverkehr zu vereinfachen und Verkehrsopfer davor zu schützen, dadurch benachteiligt zu werden, dass der ihnen entstandene Schaden durch ein ausländisches Kraftfahrzeug verursacht wurde. Allein aus dem Umstand, dass aufgrund der Internal Regulations nationale Büros eingerichtet wurden, welche die Umsetzung der erstrebten Harmonisierung gewährleisten sollen, können sich die jeweiligen Versicherer nicht ihrer auf Grund der Rom I-VO und der Rom II-VO geltenden Einstandspflicht entziehen. Die Einrichtung der nationalen Büros dient lediglich einer Absicherung des Schadensausgleichs und stellt keinen Haftungsausschluss des ausländischen Versicherers dar. Daneben bleibt die Haftung des nationalen Büros nach AuslPflVG unberührt. Aus diesen Gründen tritt der Senat auch nicht der Auffassung der Beklagten bei, eine Harmonisierung müsse darüber gelöst werden, dass stets die Garantiefonds der anderen Mitgliedstaaten eintrittspflichtig sein müssten.

    Nach alledem verbleibt es auch unter Beteiligung einer ausländischen Versicherung bei den durch den Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 4. Juli 2018 niedergelegten Grundsätzen (vgl BGH (a.a.O.), NJW 2018, 2958 ff. [BGH 04.07.2018 - IV ZR 121/17]).

    Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1 ZPO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung des Verfahrens sowie zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen. Die Frage, ob im Regelfall ein hälftiger Regress nach Gespannunfällen in Deutschland auch in jenen Fällen möglich ist, bei denen ein ausländischer (hier dänischer) Versicherungsvertrag für den Anhänger bzw. Auflieger nur eine subsidiäre Haftung vorsieht, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO).

    RechtsgebieteBGB, StVG, KfZPflVVO, VVGVorschriften§ 426 Abs. 1 S. 1 BGB; § 7 Abs. 1, Alt. 2 StVG; § 1 PflVG i.V.m. §§ 2, 3 der KfZPflVVO; § 78 Abs. 1, Abs. 2 VVG; Art. 4 Abs. 1, 19 Rom II-VO; Art. 7 Abs. 2, Abs. 4 lit. a Rom I-VO