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  • 19.12.2018 · IWW-Abrufnummer 206216

    Oberlandesgericht Dresden: Urteil vom 30.10.2018 – 4 U 777/18

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Dresden
    Zivilsenat

    Aktenzeichen: 4 U 777/18
    Landgericht Leipzig, 03 O 949/16

    Verkündet am: 30.10.2018

    IM NAMEN DES VOLKES

    ENDURTEIL

    In dem Rechtsstreit

    C. W.
    - Kläger und Berufungsbeklagter -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwältin S. N.

    gegen

    xxx Versicherung AG, ...
    vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Dr. A. V.
    - Beklagte und Berufungsklägerin -
    Prozessbevollmächtigte:
    S. Rechtsanwälte

    wegen Forderung

    hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch

    Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S.,
    Richterin am Oberlandesgericht Z. und
    Richterin am Oberlandesgericht R.

    aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.10.2018

    für Recht erkannt:

    I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 18.04.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Leipzig - 7 O 1509/15 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

    II. Das Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

    III. Die Revision wird nicht zugelassen.

    Beschluss:

    Der Streitwert wird auf 5.010,97 EUR festgesetzt.

    Gründe

    I.

    Von der Abfassung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

    II.

    Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat dem Kläger zu Recht einen Anspruch auf Zahlung der begehrten Versicherungsleistung für die Kamera nebst Zubehör aus der Hausratversicherung, Vers.-Schein Nr.: XXX xx/xxxx/xxxxxxx/xxx, zuerkannt.

    1. Bei der Kamera und dem Zubehör handelt es sich um Sachen, die zum Haushalt gehören, vgl. § 1 (1) ABEH 2007. Es handelte sich um vom Kläger für private Zwecke angeschaffte Gegenstände, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat. Diese Würdigung wird von der Berufung nicht mehr angegriffen.

    2. Die Sachen sind durch ein versichertes Ereignis abhanden gekommen.

    a) Nach den dem Vertragsverhältnis zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen setzt der Erstattungsanspruch einen versicherten Diebstahl voraus. Die versicherten Gegenstände müssen daher nach einem Einbruch weggenommen worden sein. Dabei reicht es im Rahmen der erweiterten Hausratversicherung nach § 5 (1) e AHBE aus, wenn die versicherten Sachen entwendet werden und zu diesem Zweck in ein Kfz eingebrochen wird. Erst recht muss von einer bedingungsgemäßen Entwendung ausgegangen werden, wenn der Täter nicht nur in das Kfz eingebrochen ist, um darin befindliche Gegenstände zu entwenden, sondern das Kfz aufgebrochen und selbst einschließlich der darin befindlichen Gegenstände (mit-)entwendet wird. Dies ergibt sich bereits aus der Auslegung der Versicherungsbedingungen, die sich nach den Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse richtet, der die AVB aufmerksam liest und verständig - unter Abwägung der Interessen der beteiligten Kreise und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs würdigt (vgl. Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., Vorbem. III, Rn. 2 m.w.N.). Ein verständiger Versicherungsnehmer wird die Bedingung aber nicht so verstehen, dass bei einem Einbruch in das Fahrzeug entwendete Sachen nur dann ersetzt werden sollen, wenn das Fahrzeug selbst nicht entwendet wird. Für eine solche Auslegung sprechen auch keine Schutzwürdige Interessen der Versicherung. Versicherungsschutz soll dann gewährt werden, wenn die entwendeten Sachen besonders gegen Entwendung geschützt sind, sei es durch ein verschlossenes Gebäude oder ein verschlossenes Behältnis in einem Gebäude oder wie hier durch ein verschlossenes Kfz. Der Schutz ist nicht stärker oder geringer, wenn das Kfz selbst (mit-) entwendet wird.

    b) Der Kläger hat auch den ihm obliegenden Nachweis einer bedingungsgemäßen Entwendung der Kamera nebst Zubehör erbracht.

    Grundsätzlich trägt der Versicherungsnehmer die Beweislast dafür, dass ihm die versicherte Sache tatsächlich entwendet worden ist. Dabei können im Rahmen der Hausratversicherung auch die für den Bereich der Kraftfahrzeugversicherung entwickelten Beweisgrundsätze und -erleichterungen herangezogen werden, wenn und soweit die Situation des Versicherungsnehmers hinsichtlich der tatsächlichen Schwierigkeiten, den Eintritt des Versicherungsfalles nachzuweisen aufgrund von fehlenden Zeugen oder anderen Beweismitteln im Einzelfall vergleichbar ist. Den ihm obliegenden Beweis erbringt er dann in der Regel mit dem Nachweis eines Sachverhaltes, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die in den Versicherungsbedingungen genannte Entwendung zulässt. Im Regelfall genügt also die Feststellung von Beweisanzeichen, denen hinreichend deutlich das äußere Bild eines bedingungsgemäß versicherten Diebstahls entnommen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 08. April 2015 – IV ZR 171/13 –, Rn. 22, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 19. Mai 2017 –-20 U 53/17 –, Rn. 22, juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 23. November 2017 – 3 U 23/15 –, Rn. 35, juris; Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., VHB A. § 3 Rn. 27, 28 m.w.N.). Der Beweis kann grundsätzlich auch durch die Angaben eines glaubwürdigen (redlichen) Versicherungsnehmers erbracht werden (vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 1995 – IV ZR 279/94 –, juris; Urteil vom 21. Februar 1996 - IV ZR 351/94 -, juris).

    aa) Der Kläger hat zum einen den ihm obliegenden Beweis geführt, dass sich die Kamera und das Zubehör im Fahrzeug zum Zeitpunkt der Entwendung befunden hat. Ob die Darstellung des Klägers zu den näheren Umständen der Ablage der Kamera nebst Zubehör im Fahrzeug trotz der von der Berufung dargestellten Widersprüche glaubwürdig ist, kann hier dahinstehen. Denn das Landgericht hat die behauptete Mitentwendung der Gegenstände aufgrund der glaubwürdigen Aussage der Zeugin M. zu Recht als erwiesen angesehen. Die Zeugin M. hat bekundet, wie sie die zuvor vom Kläger ausgeliehene Kamera selbst in das Auto gelegt hat und der Kläger im Anschluss daran zusammen mit der gemeinsamen Tochter mit der Straßenbahn in die Stadt gefahren ist, ohne die Kamera mitzunehmen. Die gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts gerichteten Angriffe der Berufung sind nicht geeignet, diese zu erschüttern. Das Landgericht hat sich gerade davon überzeugt gesehen, dass die Zeugin die ihrer Schilderung teilweise widersprechenden Angaben des Klägers nicht einfach bestätigt, sondern ihre eigene Wahrnehmung des Ablaufs geschildert hat. Auch ein besonderes Näheverhältnis zwischen dem Kläger und der Zeugin wurde vom Landgericht überzeugend verneint. Die Beweiswürdigung des Landgerichts bietet auch keinen Anlass für eine Wiederholung der Beweisaufnahme.

    Abgesehen davon wird die zugunsten des Klägers streitende Redlichkeitsvermutung nicht bereits durch den Umstand erschüttert, dass der Kläger sowohl in der Diebstahlsanzeige als auch im Klageschriftsatz behauptet hat, die Kamera selbst zur Abholung seiner Tochter mitgebracht zu haben, während die Zeugin ausgesagt hat, sie habe sich die Kamera ausgeliehen und sie erst anlässlich der Abholung zurückgegeben und selbst in das Fahrzeug gelegt. Denn für die Redlichkeit des Klägers spricht, dass es angesichts des Umstandes, dass sich die Zeugin die Kamera häufiger ausgeliehen hatte, durchaus nachvollziehbar erscheint, wenn der Kläger den genauen Ablauf dieses konkreten Ereignisses nicht mehr mit den Einzelheiten im Gedächtnis hatte. Die wiederholte anderslautende Darstellung im Klageschriftsatz kann auch darauf beruhen, dass die Angaben aus der Diebstahlsanzeige übernommen wurden, ohne diese noch einmal zu hinterfragen.

    bb) Der Kläger hat zum anderen auch den Nachweis geführt, dass die Kamera und das Zubehör infolge eines Einbruchdiebstahls abhandengekommen sind. Nach § 5 (1) e AHBE liegt ein versichertes Ereignis bei einem Einbruch in ein durch verschlossene Türen gesichertes Kfz vor. Der Kläger hat der Beklagten den Schadensfall unter Übersendung der Bescheinigung über die Erstattung der Strafanzeige vom 25.03.2015 angezeigt, in der er unter „Art der mechanischen Sicherung“ angegeben hat, das Fahrzeug verschlossen zuhaben. Damit hat er die Voraussetzungen für eine bedingungsgemäße Entwendung hinreichend dargetan. Die Beklagte ist dem weder in der vorgerichtlichen Korrespondenz entgegengetreten, noch hat sie erstinstanzlich bestritten, dass ein Einbruch in das Kfz erfolgt sei. Sie hatte vielmehr nur mit Nichtwissen bestritten, dass sich die Gegenstände überhaupt im Fahrzeug befunden haben. Soweit sie mit der Berufung erstmalig vortragen lässt, dass mangels Vortrags zu den Voraussetzungen für das Vorliegen eines Einbruchs in das Fahrzeug lediglich ein schlichter Diebstahl vorliegen würde, der nicht versichert sei, ist sie mit diesem Vorbringen gem. § 531 ZPO ausgeschlossen.

    Aber auch wenn man zugunsten der Beklagten den Sachvortrag zuließe, würde es bei der Feststellung einer bedingungsgemäßen Entwendung verbleiben. Denn auch insoweit kommen dem Kläger Beweiserleichterungen zugute. Bei einer Fahrzeugentwendung kann regelmäßig kein näherer Nachweis dafür erbracht werden, dass und auf welche Weise das Fahrzeug vor der Entwendung aufgebrochen wurde. Aus diesem Grund ist bei der Entwendung eines verschlossenen Fahrzeugs zumindest dann von einem zuvor erfolgten Einbruch auszugehen, wenn ein redlicher Versicherungsnehmer glaubhaft vorgetragen hat, das Fahrzeug verschlossen zu haben, dem keine Anhaltspunkte entgegenstehen oder ein hiervon abweichender Tathergang aufgrund von konkreten Indizien hinreichend wahrscheinlich ist.

    III.

    Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr.10, 713 ZPO. Die Streitwertfestsetzung hat ihre Grundlage in § 3 ZPO, § 48 Abs. 2 GKG. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

             
    BESCHLUSS

    In dem Rechtsstreit

    C. W., …
    - Kläger und Berufungsbeklagter -

    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwältin …

    gegen

    … Versicherung AG, …
    vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden …
    - Beklagte und Berufungsklägerin -

    Prozessbevollmächtigte:
    …  Rechtsanwälte, …

    wegen Forderung

    hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch

    Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S.,
    Richterin am Oberlandesgericht Z. und
    Richterin am Oberlandesgericht P.

    ohne mündliche Verhandlung am 14.01.2019

    beschlossen:

    Ziffer I. des Senatsurteils vom 9.10.2018 wird gem. § 519 ZPO wie folgt berichtigt:

    I.     Die Berufung der Beklagten gegen das am 18.4.20187 verkündete Urteil des Landgerichts Leipzig - 3 O 949/16 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.