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  • 15.02.2024 · IWW-Abrufnummer 239742

    Landgericht Wuppertal: Urteil vom 24.10.2023 – 4 O 74/23

    1. Fordert ein Versicherungsnehmer Beiträge in der privaten Krankenversicherung wegen einer behaupteten Unwirksam der erfolgten Beitragsanpassungen zurück, muss er als Bereicherungsgläubiger im Rahmen des § 812 BGB alle Umstände darlegen und beweisen, aus denen sich die Voraussetzungen des Anspruches ergeben. Das gilt auch für das Fehlen eines Rechtsgrundes. Demgegenüber hat der Bereicherungsschuldner lediglich die Voraussetzungen für Einwendungen darzulegen und zu beweisen (statt vieler Grüneberg/Sprau, BGB, 81. Aufl., § 812 Rn. 76 f.).

    2. Gegenteiliges ergibt sich nicht aus der Rechtsprechung des 4. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 22.06.2022, IV ZR 193/20. Soweit dort im Zusammenhang mit der Verjährung argumentativ darauf abgestellt wird, der Versicherungsnehmer sei in der Lage, allein aufgrund der ihm gemäß § 203 Abs. 5 VVG erteilten Begründung der Prämienerhöhung verjährungshemmend Klage zu2.erheben, ist darin noch keine Aussage über eine abweichende Darlegungslast enthalten. Denn auch nach dem hier vertretenen Rechtsstandpunkt kann ein Versicherungsnehmer - soweit er sich in entschuldbarer Unkenntnis - über die technischen Berechnungsgrundlagen des Versicherungsnehmers befindet, eine Klage mit pauschal behaupteten Unrichtigkeiten erheben. Macht ihm indes der Versicherer diese Informationen zugänglich, muss die klagende Partei Anhaltspunkte für ihre Angaben anführen und kann ihr Geldverlangen gegenüber dem Versicherer nicht mehr auf inhaltslosen Vermutungen stützen.

    3. Dementsprechend kann sich die darlegungsbelastete Partei hinsichtlich der anspruchsbegründenden Umstände nicht auf eine Erklärung mit Nichtwissen nach § 138 Abs. 4 ZPO zurückziehen.


    Landgericht Wuppertal 

    Urteil vom 24.10.2023


    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

    Tatbestand

    Der Kläger wendet sich gegen die von der Beklagten vorgenommenen Beitragsanpassungen in der privaten Krankenkostenversicherung.

    Die Parteien sind durch eine substitutive private Krankenversicherung miteinander verbunden. Dem Vertragsverhältnis lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Beklagten zugrunde. In § 8b AVB wird die Möglichkeit einer Beitragsanpassung geregelt, die zu dem gesetzlichen Anpassungsrecht hinzutreten soll. Wegen der Einzelheiten wird auf das Anlagekonvolut 1 zur Klageerwiderung Bezug genommen.

    Die Beklagte passte die Beträge des Klägers - soweit hier von Belang - zwischen 2020 und 2023 wiederholt an. Über die Beitragsveränderungen informierte die Beklagte den Kläger vorab durch die Übersendung eines Anschreibens nebst Nachtrag zum Versicherungsschein und weiteren Mitteilungen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage 2 zur Klageerwiderung verwiesen.

    Der Kläger zahlte monatlich die von der Beklagten festgelegten Beträge.

    Er ist der Ansicht, bei der Vornahme der jeweiligen Beitragsanpassung habe die Beklagte ihn nicht die maßgeblichen Gründe im Sinne von § 203 VVG mitgeteilt. Zudem seien sämtliche Beitragserhöhungen ab dem Jahr 2020 materiell unwirksam. Die Beklagte habe darzulegen und zu beweisen, dass die Rechtsvorschriften für die Erhöhungen der Prämien jeweils vorgelegen hätten. Daher müsse er zur materiellen Rechtmäßigkeit nicht weiter vortragen. Er behauptet, dass keine nicht nur vorübergehende Veränderung mindestens einer der beiden maßgeblichen Rechnungsgrundlagen (Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeit) in der erforderlichen Höhe vorgelegen hätte, kein unabhängiger Treuhänder den Beitragsanpassungen zugestimmt habe, diesem nicht sämtliche "erforderlichen Unterlagen" vorgelegen hätten und sich aus diesen Unterlagen weder die Voraussetzungen noch der Umfang der Beitragserhöhungen nach versicherungsmathematischen Grundsätzen nachvollziehbar und belegbar ergäben. Zudem hätten dem Treuhänder auch keine Unterlagen vorgelegen, denen die Verteilung der Limitierungsmaßnahmen nachvollziehbar hätten entnommen werden können.

    Der Kläger beantragt:

    1.
    a.
    Es wird festgestellt, dass folgende Prämienerhöhungen in der zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden Krankenversicherung mit der Versicherungsnummer N01 unwirksam sind und die Klägerseite nicht zur Zahlung des jeweiligen Differenzbetrages verpflichtet ist:

    aa) Im Tarif CLIN2 die Erhöhung zum 01.01.2020 in Höhe von € 43,98,
    bb) im Tarif CLIN2 die Erhöhung zum 01.01.2021 in Höhe von € 32,15,
    cc) im Tarif PT1 die Erhöhung zum 01.01.2021 in Höhe von € 34,71,
    dd) im Tarif KH die Erhöhung zum 01.01.2022 in Höhe von € 0,03,
    ee) im Tarif CLIN2 die Erhöhung zum 01.01.2023 in Höhe von € 80,74,
    ff) im Tarif PT1 die Erhöhung zum 01.01.2023 in Höhe von € 12,55.

    b.
    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 3.985,08 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

    c.
    Es wird festgestellt, dass der monatlich fällige für die Zukunft Gesamtbetrag um € 217,68 zu reduzieren ist.

    d.
    Es wird festgestellt, dass die Beklagte die tatsächlich gezogenen Nutzungen aus den bereits überzahlten Beiträgen (Antrag zu 1.b.) von deren Erhalt bis zur Rechtshängigkeit an den Kläger herauszugeben hat.

    2.
    Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.134,55 EUR freizustellen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie behauptet, die Beitragsanpassungen seien erforderlich gewesen, weil die Gegenüberstellung der erforderlichen Versicherungsleistungen mit den in den technischen Berechnungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen bei der Überprüfung eine Veränderung von mehr als fünf Prozent ergeben hätten und die Abweichungen als nicht nur vorübergehend anzusehen gewesen seien. Sie meint, die vom Kläger behauptete Unvollständigkeit der Treuhänderunterlagen erfolge ins Blaue hinein.

    Das Gericht hat den Kläger mit Verfügung vom 20.07.2023 darauf hingewiesen, dass die Darlegungs- und Beweislast betreffend die Unrichtigkeit der Beitragsanpassungen im Rahmen des § 812 BGB und der damit zusammenhängenden Zwischenfeststellungsklage bei ihm liege (vgl. Bl. 167 GA).

    Entscheidungsgründe

    Die Klage hat keinen Erfolg.

    Es kann dahinstehen, ob hinsichtlich des Feststellungsbegehrens die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 256 ZPO vorliegen. Denn selbst wenn diese fehlen würden, wäre die Klage auch insoweit als unbegründet und nicht etwa als unzulässig abzuweisen. Nach Teilen der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung, die sich das erkennende Gericht zu eigen macht, handelt es sich bei den von § 256 ZPO geforderten Voraussetzungen nicht um Prozessvoraussetzungen, ohne deren Vorliegen dem Gericht ein Sachurteil verwehrt ist. In einer solchen Konstellation ist dem evidenten Interesse der Beklagtenseite, kein weiteres Mal zu Unrecht in Anspruch genommen zu werden, durch die mit der Abweisung als unbegründet einhergehenden materiellen Rechtskrafterstreckung nach § 322 Abs. 1 ZPO Rechnung zu tragen (vergleichbar OLG Hamm, Urteil vom 19.03.2021 - 11 U 56/20 , Rn. 19, juris unter Verweis auf BGH, Beschluss vom 26.09.1995 zu KVR 25/94, NJW 1996, S. 193 [BGH 26.09.1995 - KVR 25/94]; BGH, Urteil vom 27.10.2009 zu XI ZR 225/08, NJW 2010, S. 361 [BGH 27.10.2009 - XI ZR 225/08]).

    In der Sache haben die Klageanträge keinen Erfolg, da die Anpassungen auf der Grundlage des Vortrages der Klägerseite nicht zu beanstanden sind. Damit besteht insbesondere kein Abschöpfungsanspruch der klagenden Partei aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1; 818 Abs. 2 BGB (sog. condictio indebiti), weil die angegriffenen Vermögensverschiebungen ihren Rechtsgrund in dem Versicherungsvertrag i. V. m. §§ 1, 203 VVG haben.

    Zu den wesentlichen Erwägungen im Einzelnen:

    Die Beklagte hat die formellen Anforderungen für eine Beitragsanpassung eingehalten. Die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG erfordert die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben (z. B. den Rechnungszins) anzugeben. Das ergibt die Auslegung des § 203 VVG, namentlich dem Wortlaut der Norm, der Gesetzessystematik, der Entstehungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift (vgl. dazu ausführlich: BGH, Urteil vom 16.12.2020 - IV ZR 294/19 -, Rn. 26, juris; BGH, Urteil vom 16.12.2020 - IV ZR 314/19 -, Rn. 21, juris; bestätigend: BGH, Urteil vom 10.03.2021 - IV ZR 353/19 -, Rn. 20, juris; erneut bestätigend: BGH, Urteil vom 23.06.2021 - IV ZR 250/20 -, Rn. 17; ebenso OLG Stuttgart, Beschluss vom 16.05.2019 - 7 U 295/17).

    Geleitet von diesem rechtlichen Maßstab hat das Gericht im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden, ob die individuelle Mitteilung einer Prämienanpassung den gesetzlichen Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügt (vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2021 - IV ZR 250/20 -, Rn. 17, juris, unter Verweis auf die eingeschränkte revisionsrechtliche Überprüfung).

    Die formellen Voraussetzungen für die Anpassungen wurden von der Beklagten bei wertender Betrachtung aus Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers als Erklärungsempfänger bei allen Anpassungen eingehalten, indem sie die maßgeblichen Gründe für die Veränderung nannte. Die gegebenen Anpassungsinformationen erfüllen den Zweck, einem verständigen Versicherungsnehmer zu verdeutlichen, dass weder sein individuelles Verhalten noch eine freie Entscheidung des Versicherers Grund für die Beitragserhöhung war, sondern dass eine bestimmte Veränderung der Umstände dies aufgrund gesetzlicher Regelungen veranlasst hat. In den Anschreiben wird konkret die Rechnungsgrundlage, welche die jeweilige Erhöhung ausgelöst hatte, genannt. Dies war in allen Fällen klar erkennbar die Steigerung der Leistungsausgaben, was dem Kontext der Mitteilungen, also gesteigerte Kosten für Gesundheitsleistungen bedingen eine Erhöhung der Beiträge, zu entnehmen war. Dabei wies die Beklagte ausdrücklich darauf hin, dass eine Prüfung jährlich gesetzlich vorgeschrieben sei, woraus der Versicherungsnehmer ersehen konnte, dass die jeweilige Erhöhung nicht etwa auf einen bei ihm ggf. eingetretenen erhöhten Leistungsaufwand oder einem freien Ermessen des Versicherers beruhte. Zudem beließ es die Beklagte nicht bei der abstrakten Mitteilung der Erhöhungsvoraussetzungen, sondern band diese Informationen auf den vorliegenden Versicherungsfall durch die Formulierung "Diese Überprüfung hat ergeben, ..." sprachlich an. An der Aufstellung in dem Nachtrag zum Versicherungsschein war eindeutig zu ersehen, welche Tarife von der Steigerung betroffen waren. Mit den weiteren Informationen bettete die Beklagte zudem die Anpassungen aufgrund der Leistungssteigerungen in gut verständlicher Weise in das rechtliche System ein.

    In materieller Hinsicht sind die Anpassungen gleichfalls nicht zu beanstanden. Die Richtigkeit der zulässigen und gebotenen Neuberechnungen sind von der Klägerseite nicht in prozessual erheblicher Weise angegriffen worden. Deshalb steht für das Gericht gemäß § 138 Abs. 3 ZPO bindend fest, dass die Beitragsanpassungen erforderlich waren, weil die Gegenüberstellung der notwendigen Versicherungsleistungen mit den in den technischen Berechnungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen bei der Überprüfung eine Veränderung von mehr als fünf Prozent bzw. zehn Prozent ergab und die Abweichung als nicht nur vorübergehend anzusehen war. Ebenso steht fest, dass die Einzelprämie zutreffend kalkuliert wurde und die Limitierungsmittel entsprechend den gesetzlichen Vorgaben verteilt worden sind.

    Denn die Klägerseite beschränkt sich darauf, die Anpassungsvoraussetzungen lediglich abstrakt zu negieren, ohne dass erkennbar wird, worauf sich die von ihr vermutete Unrichtigkeit der Erhöhungen stützt. Ein solcher ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich "ins Blaue hinein" erfolgter Vortrag ist nach allgemeiner Ansicht unbeachtlich (vgl. etwa Musielak/Voit/Stadler, 20. Aufl. 2023, ZPO § 138 Rn. 6). Denn auch wenn es einer Partei grundsätzlich erlaubt ist, Tatsachen vorzutragen, die sie nur vermutet, kann und muss ihr abverlangt werden mitzuteilen, welche Umstände sie zu der Annahme einer etwaigen Unrichtigkeit bewegt haben. Allein die bloße Hoffnung, dass möglicherweise im Rahmen einer umfassenden Überprüfung aller unverjährten Beitragsanzahlungen schon etwas abfallen werde, beschreibt im besten Sinne den Begriff der Ausforschung.

    Der Kläger kann sich insoweit auch nicht auf eine Erklärung mit Nichtwissen nach § 138 Abs. 4 ZPO zurückziehen. Denn dies nur derjenigen Partei erlaubt, die nicht die Darlegungslast trägt (vgl. etwa BGH, NJW-RR 2009, 1666 [BGH 02.07.2009 - III ZR 333/08] m. w. N., beck-online; BeckOK ZPO/von Selle, 50. Ed. 1.9.2023, ZPO § 138 Rn. 23), was sich aus der Gleichstellung mit einem Bestreiten ergibt.

    Vorliegend trägt der Kläger - als Anspruchssteller - nach den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen im Rahmen eines bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsanspruchs sowie einer damit zusammenhängenden Zwischenfeststellungsklage indes die Darlegungslast. Grundsätzlich hat nämlich ein Bereicherungsgläubiger im Rahmen des § 812 BGB alle Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich die Voraussetzungen des Anspruches ergeben. Das gilt auch für das Fehlen eines Rechtsgrundes. Demgegenüber hat der Bereicherungsschuldner lediglich die Voraussetzungen für Einwendungen darzulegen und zu beweisen (statt vieler Grüneberg/Sprau, BGB, 81. Aufl., § 812 Rn. 76 f.). Gründe, die ein Abweichen von diesen allgemein anerkannten Grundsätzen gebieten würden, zeigt die Klägerseite nicht auf und sind im Übrigen auch nicht ersichtlich. Der Kläger verweist lediglich auf Rechtsprechungszitate, ohne sich mit dem Inhalt auseinanderzusetzen. Dabei ist klar, dass die Ausnahme und nicht etwa die Regel der besonders Begründungsbedürftig ist.

    Eine Entscheidung, in welcher der 4. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs darauf erkannt hätte, dass ein Versicherungsnehmer bei einem allgemeinen bereicherungsrechtlichen Anspruch nicht die Beweislast trägt, ist bislang - soweit ersichtlich - nicht ergangen und werden auch vom Kläger nicht aufgezeigt. Vielmehr nennt er Entscheidungen, die in anderen - hier nicht einschlägigen - Zusammenhängen ergangen sind und schiebt damit dem 4. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs gleichsam einen Rechtsstandpunkt unter, den er nicht eingenommen hat. Dabei darf unterstellt werden, dass allein schon wegen der Divergenz zur Entscheidungspraxis der anderen Senate beim Bundesgerichtshof und zur Herstellung einer Anschlussfähigkeit bei den Instanzgerichten eine dezidierte Auseinandersetzung erfolgt wäre, wenn der 4. Zivilsenat ernsthaft hätte abweichen wollen.

    Das vom Kläger angeführte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.06.2022, IV ZR 193/20 (abrufbar in juris) betrifft lediglich die Frage der Verjährung. Soweit in diesem Zusammenhang argumentativ darauf abgestellt wird, der Versicherungsnehmer sei in der Lage, allein aufgrund der ihm gemäß § 203 Abs. 5 VVG erteilten Begründung der Prämienerhöhung verjährungshemmend Klage zu erheben, ist darin noch keine Aussage über eine abweichende Darlegungslast enthalten. Denn auch nach dem hier vertretenen Rechtsstandpunkt kann ein Versicherungsnehmer - soweit er sich in entschuldbarer Unkenntnis - über die technischen Berechnungsgrundlagen des Versicherungsnehmers befindet, eine Klage mit pauschal behaupteten Unrichtigkeiten erheben. Macht ihm indes - wie hier - der Versicherer diese Informationen zugänglich, muss die klagende Partei auch Anhaltspunkte für ihre Angaben anführen und kann ihr Geldverlangen gegenüber der Beklagten nicht mehr mit inhaltslosen Vermutungen stützen. Das der Bundesgerichtshof etwas anderes vertritt, lässt sich der genannten Entscheidung nicht entnehmen.

    Das als Zwischenfeststellungsklage und damit als Vorfrage der Leistungsklage erhoben Feststellungsbegehren folgt hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast derjenigen der Leistungsklage.

    Auf ein Wissensdefizit kann sich die Klägerseite vorliegend nicht zurückziehen. Denn die Beklagtenseite hat die Übergabe der technischen Berechnungsunterlagen angeboten, ohne dass die Klägerseite die Einsichtnahme zur Substantiierung verlangte. Vielmehr hat der Kläger trotz gerichtlichen Hinweises darauf beharrt, nicht weiter vortragen zu müssen, mithin eine weitere Substantiierung verweigert.

    Entsprechen der vorstehenden Ausführungen ist der Vortrag des Klägers zu der behaupteten "Unvollständigkeit" der Unterlagen unsubstantiiert, weil dieser nicht erkennen lässt, welche konkreten Informationen dem Treuhänder nicht zur Verfügung gestanden haben sollen.

    Damit unterliegen die materiellen Nebenansprüche gerichtet auf Ersatz gezogener Nutzungen und Zinszahlung mangels Hauptanspruch ebenfalls der Abweisung.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.

    Der Streitwert wird auf 13.386,67 Euro festgesetzt.

    RechtsgebietVVGVorschriften§ 203 Abs. 5 VVG