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  • 13.10.2022 · IWW-Abrufnummer 231786

    Oberlandesgericht Karlsruhe: Beschluss vom 19.01.2022 – 9 U 130/19

    1. Die Widerspruchsfrist gemäß § 5 a Abs. 1 VVG a. F. begann nur zu laufen, wenn der Versicherungsnehmer die erforderlichen Unterlagen (Versicherungsschein, Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformation) vollständig erhalten hat. Den Zugang der Unterlagen hat im Streitfall der Versicherer nachzuweisen.

    2. Weiß der Versicherungsnehmer nach vielen Jahren nicht mehr, welche Unterlagen er bei der Übersendung des Versicherungsscheins vom Versicherer erhalten hat, kommt ein Bestreiten des Zugangs bestimmter Unterlagen mit Nichtwissen in Betracht. Der Versicherungsnehmer ist im Prozess jedoch verpflichtet, alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um die Frage aufzuklären, welche Unterlagen er erhalten hat (Rechercheobliegenheit).

    3. Der Versicherungsnehmer hat im Rahmen einer sekundären Darlegungslast zu erklären, welche konkreten Bemühungen mit welchen Ergebnissen er zur Aufklärung des Zugangs entfaltet hat. Sind die Darlegungen des Versicherungsnehmers nach den konkreten Umständen des Falles unzureichend, ist der Zugang der Unterlagen als unstreitig zu behandeln.


    Oberlandesgericht Karlsruhe

    Beschluss vom 19.01.2022


    In dem Rechtsstreit
    - Kläger und Berufungskläger -
    Prozessbevollmächtigter:
    gegen
    - Beklagte und Berufungsbeklagte -
    Prozessbevollmächtigte:
    wegen Rückabwicklung und Forderung

    hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - 9. Zivilsenat - durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht xxx, den Richter am Oberlandesgericht xxx und den Richter am Oberlandesgerichtxxx am 19.01.2022 beschlossen:

    Tenor:

    Der Senat erwägt gemäß § 522 Abs. 2 ZPO eine Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 30.09.2019 - A 10 O 117/18 -. Die Parteien erhalten vor einer Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

    Gründe

    I.

    Der Kläger verlangt im Rechtsstreit von der Beklagten die Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages nach einem Widerspruch.

    Im Dezember 2003 schloss der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Lebensversicherung ab. Die Versicherung sollte am 01.12.2003 beginnen und am 01.12.2025 ablaufen. Es war eine monatliche Prämie von 200,00 € vereinbart. Bei Vertragsablauf war ein Kapital in Höhe von 64.861,00 € garantiert. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus dem Versicherungsschein (Anlage K 2). Der Vertrag wurde nach dem sogenannten Policenmodell abgeschlossen. Im Policenbegleitschreiben vom 22.12.2003 (Anlage K 2) wurde der Kläger über ein Widerspruchsrecht gemäß § 5 a VVG a. F. belehrt.

    In der Folgezeit zahlte der Kläger für einige Jahre die vereinbarten Prämien an die Rechtsvorgängerin der Beklagten. Im Jahr 2008 kündigte der Kläger den Lebensversicherungsvertrag. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er 11.800,00 € Beiträge gezahlt. Die Beklagte zahlte den Rückkaufswert in Höhe von 8.034,77 € an den Kläger aus.

    Mit außergerichtlichem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 31.05.2017 erklärte der Kläger einen Widerspruch gegen das Zustandekommen des Lebensversicherungsvertrages. Im weiteren Schriftverkehr machte der Prozessbevollmächtigte gegenüber der Beklagten geltend, die Widerspruchsbelehrung im Jahr 2003 sei nicht ordnungsgemäß gewesen. Daher sei die Frist zur Einlegung des Widerspruchs im Jahr 2017 nicht abgelaufen. Er verlangte von der Beklagten für den Kläger eine Rückabwicklung des Lebensversicherungsvertrages. Bei einer Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht habe die Beklagte einen Betrag zu zahlen, der deutlich über den im Jahr 2008 ausgezahlten Rückkaufswert hinausgehe. Die Beklagte widersprach der Forderung des Klägers, da die Frist von zwei Wochen zur Einlegung des Widerspruchs des im Jahr 2003 abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrages abgelaufen sei.

    Mit seiner Klage zum Landgericht Konstanz vom 02.10.2018 hat der Kläger von der Beklagten Zahlung in Höhe von 11.572,04 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten verlangt. Hilfsweise hat der Kläger Auskunft über verschiedene Berechnungsparameter für das ihm zustehende Guthaben aus der Lebensversicherung verlangt, verbunden mit einem zunächst noch unbezifferten Zahlungsantrag. Der Kläger sei im Jahr 2017 noch zum Widerspruch gegen den im Jahr 2003 abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag berechtigt gewesen. Die Beklagte habe nach dem Widerspruch die vom Kläger eingezahlten Beiträge in Höhe von 11.800,00 € zurückzuzahlen zuzüglich der Nutzungen, die sie aus den Beiträgen gezogen habe. Nach Abzug des bereits ausgezahlten Rückkaufswertes von 8.034,77 € verbleibe ein Anspruch des Klägers in Höhe von 11.572,04 €.

    Die Beklagte ist der Klage mit verschiedenen Einwendungen entgegengetreten. Die Frist zur Einlegung eines Widerspruchs sei für den Kläger abgelaufen, da er im Jahr 2003 ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden sei. Insbesondere habe der Kläger zusammen mit der Versicherungspolice im Dezember 2003 sämtliche erforderlichen Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen erhalten.

    Das Landgericht hat mit Urteil vom 30.09.2019 die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe über den bereits ausgezahlten Rückkaufswert hinaus kein weiterer Zahlungsanspruch gegen die Beklagte aus der im Jahr 2003 abgeschlossenen Lebensversicherung zu. Das Widerspruchsrecht des Klägers sei verfristet; denn er sei im Policenbegleitschreiben vom 22.12.2003 ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt worden. Die Frist von zwei Wochen für einen Widerspruch habe mit der Übersendung des Policenbegleitschreibens zu laufen begonnen. Denn dem Schreiben seien sämtliche gemäß § 5 a Abs. 1 VVG a. F. erforderlichen Unterlagen, insbesondere die Verbraucherinformationen, beigefügt gewesen. Dies sei im Rechtsstreit unstreitig gemäß § 138 Abs. 4 ZPO. Der Kläger habe einen Zugang der erforderlichen Unterlagen lediglich mit Nichtwissen bestritten. Dies sei prozessual unerheblich, da der Kläger - trotz eines entsprechenden Hinweises des Landgerichts - seiner Rechercheobliegenheit nicht nachgekommen sei. Aus seinen Erklärungen und den schriftsätzlichen Darlegungen seines Prozessbevollmächtigten lasse sich nicht entnehmen, dass er sämtliche in Betracht kommenden Maßnahmen getroffen habe, um selbst festzustellen, welche Unterlagen die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihm im Dezember 2003 übermittelt habe.

    Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers. Er hält das erstinstanzliche Urteil für fehlerhaft. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger im Jahr 2003 die erforderlichen Verbraucherinformationen nicht oder nicht vollständig erhalten habe. Die Beklagte habe den Nachweis, dass der Kläger die notwendigen Unterlagen vollständig erhalten habe, nicht geführt. Der Kläger sei berechtigt gewesen, den Erhalt der vollständigen Unterlagen mit Nichtwissen zu bestreiten, da er sich nach langer Zeit nicht mehr an die Details erinnern könne, was ihm im Jahr 2003 übersandt worden sei. Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe der Kläger im Einzelnen dargetan, was er alles unternommen habe, um zu klären, welche Unterlagen er im Jahr 2003 tatsächlich erhalten habe. Das Landgericht habe die Anforderungen an die Informations- bzw. Recherchepflicht des Klägers in unzumutbarer Weise zu Lasten des Klägers ausgedehnt. Unter diesen Umständen habe die Beklagte ihrer Pflicht, nachzuweisen, welche Unterlagen der Kläger erhalten habe, nicht genügt. Aus Beweislastgründen sei mithin der Widerspruch des Klägers im Jahr 2017 als rechtzeitig anzusehen. Dies habe zur Konsequenz, dass der Kläger eine Rückabwicklung des Vertrages entsprechend seinen Anträgen verlangen könne, entweder beziffert, oder unbeziffert in Verbindung mit einem Auskunftsantrag über bestimmte Berechnungsparameter für die Höhe des Anspruchs.

    Der Kläger beantragt, das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Beklagte wie folgt zu verurteilen:

    1.
    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 11.572,04 zuzüglich 5% Zinsen über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    2.
    Hilfsweise wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger über die Höhe des Sparanteils betreffend der bei der Beklagten geführten Lebensversicherung mit der VS.NR 40-8481193 in tabellarischer und beleghafter Form Auskunft über die von der Beklagten aus den eingezahlten monatlichen Versicherungsprämien einbehaltenen Risikokosten für die Haupt- und Zusatzversicherung, die Abschluss- und Vertriebskosten, laufende Vertrags- und Verwaltungskosten, sowie über die einbehaltenen Beitragszuschläge für unterjährige Zahlungsweisen zu erteilen.

    3.
    Die Beklagte wird verurteilt, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte aus dem Antrag zu 2. an Eides statt zu versichern.

    4.
    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine nach Erteilung der Auskünfte aus dem Antrag zu 2. sich ergebenden Betrag nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    5.
    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger den nicht anrechenbaren Teil vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von EUR 1.592,93 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Die Beklagte verteidigt das Urteil des Landgerichts. Sie ergänzt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

    Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

    II.

    Die zulässige Berufung des Klägers dürfte voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben. Eine Entscheidung des Senats nach mündlicher Verhandlung erscheint auch im Hinblick auf die Gesichtspunkte gemäß § 522 Abs. 2 Ziffer 2, 3 und 4 ZPO nicht erforderlich. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

    1. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Zahlungsanspruch aus einer Rückabwicklung des im Jahr 2003 abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrages. Nach der Kündigung des Vertrages durch den Kläger im Jahr 2008 sind Zahlungsansprüche des Klägers durch die Auszahlung des Rückkaufswertes vollständig erfüllt worden. Da dem Kläger dem Grunde nach kein weitergehender Anspruch gegen die Beklagte zusteht, sind auch die Nebenforderungen (Zinsen und Anwaltskosten) und der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht begründet.

    Der Lebensversicherungsvertrag ist im Dezember 2003 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten wirksam zustande gekommen. Gemäß § 5 a VVG a. F. stand dem Kläger nach Erhalt des Versicherungsscheins und der erforderlichen Unterlagen ein Recht zum Widerspruch binnen 14 Tagen zu. Von dem Widerspruchsrecht hat der Kläger innerhalb der Frist keinen Gebrauch gemacht. Der von seinem Prozessbevollmächtigten im Jahr 2017 erklärte Widerspruch war verfristet und konnte nicht mehr nachträglich zur Unwirksamkeit des abgeschlossenen Vertrages führen.

    2. Die Frist zur Einlegung des Widerspruchs wäre nur dann im Jahr 2017 nicht abgelaufen gewesen, wenn die Widerspruchsbelehrung im Jahr 2003 unzulänglich gewesen wäre, oder wenn der Kläger damals nicht die erforderlichen Vertragsbedingungen und Verbraucherinformationen vollständig erhalten hätte. Dies lässt sich jedoch nicht feststellen.

    Die Widerspruchsbelehrung im Policenbegleitschreiben vom 22.12.2003 war korrekt. Sie entspricht dem Wortlaut der damals gültigen gesetzlichen Regelung gemäß § 5 a Abs. 1 VVG a. F.. Dass in der Belehrung nicht angegeben wurde, welche Unterlagen dem Kläger vorliegen mussten, um die Widerspruchsfrist in Gang zu setzen, ist unschädlich. Denn die für den Fristbeginn maßgeblichen Unterlagen waren im beigefügten Versicherungsschein im Einzelnen aufgeführt, so dass der Kläger kontrollieren konnte, ob er die für den Fristbeginn notwendigen Unterlagen hatte (Vgl. zur Korrektheit einer entsprechenden Widerspruchsbelehrung, wenn sich die erforderlichen Unterlagen aus einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Versicherungsschein und einem Policenbegleitschreiben ergeben, BGH, Beschluss vom 30.06.2015 - IV ZR 16/14 -, Rn. 8; BGH, Beschluss vom 29.06.2016 - IV ZR 28/16 -, Rn. 8; BGH, Beschluss vom 08.12.2016 - IV ZR 144/16 -, Rn. 7).

    Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat dem Kläger im Dezember 2003 mit dem Versicherungsschein sämtliche erforderlichen Unterlagen übersandt, insbesondere die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen. Aus dem in der Anlage B 1 von der Beklagten vorgelegten Unterlagen - die den damals an den Kläger übersandten Unterlagen entsprechen - ergibt sich die Vollständigkeit der Informationen. Es fehlen keine Informationen, die gemäß der Anlage D I Ziffer 1 und Ziffer 2 VAG a. F. damals erforderlich waren. Der Kläger hat nicht geltend gemacht, dass sich aus diesen Unterlagen eine bestimmte damals gesetzlich vorgeschriebene Information für den Kläger nicht ergab.

    3. Im Rechtsstreit ist für die Entscheidung des Senats davon auszugehen, dass der Kläger im Dezember 2003 mit dem Versicherungsschein und dem Policenbegleitschreiben tatsächlich alle Unterlagen erhalten hat, welche die Beklagte in der Anlage B 1 bezeichnet hat. Dies ist gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig zu behandeln, weil das Bestreiten des Klägers - im Verfahren vor dem Landgericht ebenso wie im Berufungsverfahren - nicht den Anforderungen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO entspricht.

    a) Gemäß § 138 Abs. 2, 3 ZPO hat sich eine Partei im Zivilprozess über die von der Gegenseite vorgetragenen Tatsachen vollständig zu erklären. Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO erheblich. Nur bei einem erheblichen Bestreiten kann eine Nachweispflicht der Gegenseite entstehen. Da der Kläger den von der Beklagten vorgetragenen Zugang der maßgeblichen Unterlagen im Jahr 2003 nicht in erheblicher Weise bestritten hat, besteht keine Nachweispflicht für den Zugang der Unterlagen für die Beklagte.

    Ein Bestreiten mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO ist nur zulässig, wenn das Bestreiten nicht einen Gegenstand der eigenen Wahrnehmung betrifft. Der Kläger hat im Rechtsstreit angegeben, er könne nicht mehr sagen, welche Unterlagen im Jahr 2003 dem Versicherungsschein beigefügt waren. Dies ist der Sache nach ein Bestreiten mit Nichtwissen. Wenn eine Partei nach vielen Jahren nicht mehr sicher sagen kann, welche Unterlagen sie zu einem bestimmten Zeitpunkt erhalten hat, ist dies zwar grundsätzlich im Prozess beachtlich, wenn die eingeschränkte Erinnerung im Hinblick auf den Zeitablauf plausibel erscheint. Die Partei ist im Rahmen von § 138 Abs. 4 ZPO jedoch verpflichtet, alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um den Sachverhalt aufzuklären. Das heißt, der Partei obliegt eine Rechercheobliegenheit. Nur dann, wenn sie dieser Rechercheobliegenheit vollständig genügt, reicht das Berufen auf eine unzureichende Erinnerung im Rahmen von § 138 Abs. 4 ZPO prozessual aus. Wenn die Recherchen unzureichend sind, kann sich die Partei nicht auf ein Bestreiten mit Nichtwissen berufen, mit der Konsequenz, dass der Sachvortrag der Gegenseite (Zugang der maßgeblichen Unterlagen im Jahr 2003) als unstreitig anzusehen ist. (Vgl. zur Rechercheobliegenheit einer Partei in entsprechenden Fällen OLG Hamm, Beschluss vom 24.10.2012 - 20 U 189/11 -, zitiert nach Juris; OLG Brandenburg, Urteil vom 21.12.2012 - 11 U 40/12 -, zitiert nach Juris; OLG Köln, Urteil vom 06.12.2013 - 20 U 144/13 -, Rn. 17 zitiert nach Juris; OLG Köln, Urteil vom 22.12.2015 - 20 U 147/15 -, zitiert nach Juris.)

    Aus diesen Grundsätzen ergibt sich eine Darlegungslast des Klägers, vollständig darzustellen, welche Bemühungen er mit welchen Ergebnissen entfaltet hat, um nachträglich zu rekonstruieren, welche Unterlagen er 2003 tatsächlich erhalten hat. Die Darlegungen des Klägers sind lückenhaft und unzureichend. Das bedeutet, dass für den Senat nicht nachvollziehbar ist, ob der Kläger tatsächlich alle notwendigen Bemühungen entfaltet hat, um die Frage des Zugangs der Unterlagen im Jahr 2003 zu klären. Dies wirkt sich gemäß § 138 Abs. 4 ZPO zu Lasten des Klägers aus. Dabei spielt es keine Rolle für die Entscheidung des Senats, ob der Prozessbevollmächtigte des Klägers diesem erklärt hat, welche Bemühungen er im Einzelnen entfalten muss. Es kommt auch nicht darauf an, ob die teilweise unklaren und unvollständigen Ausführungen in den Schriftsätzen vom Kläger selbst verursacht wurden, oder ob der Prozessbevollmächtigte Informationen des Klägers unvollständig wiedergegeben hat. Die Mängel in den Angaben des Klägers betreffen vereschiedene Punkte; jede dieser Lücken steht einem wirksamen Bestreiten des Beklagtenvorbringens mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO entgegen.

    b) Der Kläger hat nach seinen Angaben im Jahr 2009 Vertragsunterlagen zu seiner Lebensversicherung, die er im Einzelnen nicht mehr konkretisieren könne, an das Beratungsunternehmen P. in der Schweiz übersandt, damit dieses für ihn rechtliche Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag prüfen könne. Die Bemühungen des Klägers zur Klärung, welche Unterlagen er an P. gesandt hat, sind nicht ausreichend dargetan. Es wäre - worauf bereits das Landgericht hingewiesen hat - eine vollständige Vorlage des Schriftverkehrs mit dem Beratungsunternehmen P. erforderlich gewesen; denn aus diesem Schriftverkehr können sich möglicherweise Hinweise ergeben, welche Unterlagen der Kläger den Schreiben oder E-Mails an P. beigefügt hat. Aus dem erstinstanzlich vom Kläger vorgelegten Fragebogen (Anlage zum Schriftsatz vom 31.07.2019) ergibt sich, dass der Kläger vor diesem Fragebogen bereits Unterlagen an P. geschickt hatte. Eine Erklärung, weshalb dieser Schriftverkehr im Rechtsstreit nicht vorgelegt wird - oder nicht vorgelegt werden kann - fehlt. In der Berufungsbegründung wird lediglich vorgetragen, der Kläger könne den Schriftwechsel nicht mehr vorlegen, ohne in nachvollziehbarer Weise zu erläutern, weshalb eine Vorlage nicht mehr möglich sei.

    c) Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 11.07.2019 vor dem Landgericht angegeben, er habe Unterlagen zum Lebensversicherungsvertrag kopiert und an P. versandt. Wenn der Kläger lediglich Kopien an P. übersandt hat, können die Originale der Unterlagen nicht durch die Übersendung an P. abhandengekommen sein. Vielmehr müssten die Unterlagen, welche der Kläger im Dezember 2003 erhalten hat, im Original noch bei ihm vorhanden sein. Darlegungen zum Verbleib der Originale fehlen.

    d) In der Klageschrift vom 02.10.2018 hat der Kläger vorgetragen, er habe Recherchen in "seinem familiären Umfeld zwecks Vervollständigung" der Unterlagen durchgeführt. Diese Recherchen seien fehlgeschlagen. Dies ist mangels Substantiierung nicht nachvollziehbar. Es fehlen Darlegungen, bei welchen Familienangehörigen er aus welchem Grund welche Nachforschungen mit welchen konkreten Ergebnissen angestellt hat.

    e) Es fehlt eine Vorlage des relevanten Schriftverkehrs zwischen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und dem Beratungsunternehmen P.. Nach dem Vorbringen des Klägers hat sein Prozessbevollmächtigter die erforderlichen Informationen zum Lebensversicherungsvertrag des Klägers vor dem Schriftwechsel mit der Beklagten im Jahr 2017 nicht vom Kläger, sondern von P. erhalten. Auch die Vorlage dieses Schriftverkehrs könnte dazu beitragen, die Frage zu beantworten, welche Unterlagen der Kläger 2003 erhalten hat, wenn diese später von P. an den Prozessbevollmächtigten des Klägers übersandt wurden. Weshalb eine Vorlage dieses Schriftverkehrs für den Kläger und seinen Prozessbevollmächtigten nicht möglich sein könnte, ist aus den Schriftsätzen des Klägervertreters nicht ersichtlich. Da jeder Rechtsanwalt Schriftsätze, die ein bestimmtes Mandat betreffen, üblicherweise aufbewahrt, reicht die Erklärung des Klägervertreters im Schriftsatz vom 31.07.2019 nicht aus, wonach sich "im Kanzleisystem und in der hiesigen Akte" kein Schriftverkehr mit P. befinde.

    f) Da der Kläger nach seinen Angaben erhaltene Unterlagen (bzw. Kopien) an P. übersandt hat, liegt eine nachträgliche Recherche bei diesem Beratungsunternehmen nahe, um festzustellen, welche Unterlagen P. vom Kläger erhalten hat. Es ist nicht ersichtlich, warum eine solche Recherche unterblieben ist.

    RechtsgebieteZPO, VVGVorschriften§ 138 Abs. 4 ZPO, a. F. § 5 a VVG, § 522 Abs. 2 ZPO