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  • 28.02.2020 · IWW-Abrufnummer 214487

    Amtsgericht Stuttgart: Urteil vom 16.01.2020 – 1 C 3954/19

    Diese Entscheidung enhält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.




    In dem Rechtsstreit
    - Kläger / Widerbeklagter -
    Prozessbevollmächtigter:
    Rechtsanwalt
    gegen
    - Beklagte / Widerklägerin -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte
    wegen Freistellung u.a.
    hat das Amtsgericht Stuttgart durch Richter am Amtsgericht aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.01.2020 für Recht erkannt:
    Tenor:

        1.

        Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Forderung des Rechtsanwalts bezüglich der Kostenrechnung vom 13.08.2019 in Höhe von 481,95 € freizustellen.
        2.

        Im Übrigen haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Klage übereinstimmend für erledigt erklärt.
        3.

        Die Widerklage wird abgewiesen.
        4.

        Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
        5.

        Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 600,00 € vorläufig vollstreckbar.

        Beschluss-

        Der Streitwert wird auf 830,18 € festgesetzt.

    Tatbestand

    Der Kläger unterhält bei der beklagten Versicherung einen Rechtsschutzversicherungsvertrag. Zuständiges Schadenabwicklungsunternehmen ist die Beklagte. Inhalt des Vertrages sind u.a. die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2012).

    Der Kläger verlangt von der Beklagten im Rahmen der Klage im wesentlichen die Freistellung von - im Rahmen eines Rechtsstreits vor dem Landgericht Stuttgart durch den Abschluss eines Vergleiches entstandenen - Rechtsanwaltskosten in Höhe von 481,95 €. Die Beklagte verlangt vom Kläger im Rahmen der Widerklage die Rückerstattung einer Überzahlung in Höhe von 348,23 €. Der Streit der Parteien dreht sich im wesentlichen um die Frage der Eintrittspflicht der Beklagten für die durch den Vergleich entstandenen Kosten.

    Hintergrund des vorliegenden Rechtsstreits ist eine zivilrechtliche Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und dem Veräußerer eines Gebäudes gemäß notariellem Kaufvertrag vom 27.09.2017 über die Frage eines angeblich arglistig verschwiegenen Sachmangels am Ölbrenner. Gegenstand dieser zivilrechtlichen Angelegenheit war die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs in Höhe von 6.300,00 €.

    Die Beklagte erteilte dem Kläger mit Schreiben vom 13.12.2017 (Anlage K 4) zunächst Deckungszusage für das außergerichtliche Verfahren und in der weiteren Folge mit Schreiben vom 29.06.2018 (Anlage K 6) Deckungszusage für das gerichtliche Verfahren I. Instanz.

    Zur Erledigung des Rechtsstreits schlossen die dortigen Parteien vor dem Landgericht Stuttgart (Az.: ) am 15.01.2019 auf Vorschlag des Gerichts einen Vergleich, durch den der Kläger und seine Ehefrau insgesamt 500,00 € erhalten sollten, dies bei einer Kostenlast von 92 % (vgl. Protokoll der öffentlichen Sitzung des Landgerichts Stuttgart vom 15.01.2019, Anlage K 7).

    Mit Schreiben vom 10.07.2019 (Anlage K 10) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der abgeschlossene Vergleich mutwillig sei, da ein vernünftiger, nicht rechtsschutzversicherter Mandant diesen Vergleich mit Blick auf die entstehenden Mehrkosten in Höhe von 633,68 € so nicht abgeschlossen hätte. Die Beklagte machte daher den Betrag in Höhe von 633,68 € bzw. unter Verrechnung der Einigungsgebühr in Höhe von 481,95 € den Differenzbetrag in Höhe von 151,73 € gegen den Kläger geltend. Der Kläger trat dem mit anwaltlichem Schreiben vom 15.07.2019 (Anlage K 11) entgegen.

    Mit weiterem anwaltlichem Schreiben vom 13.08.2019 und beigefügter Kostenrechnung (Anlage K 13) machte der Kläger die Erstattung eines Betrages in Höhe von 481,95 € geltend, was die Beklagte mit Schreiben vom 14.08.2019 (Anlage K 14) ablehnte.

    Der Kläger macht im wesentlichen geltend, er habe aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Versicherungsvertrag und entsprechend der unbedingt erteilten Deckungszusage einen Anspruch auf Freistellung von den entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 481,95. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, die Kosten eines "mutwillig" abgeschlossenen Vergleichs nicht übernehmen zu müssen, zumal die Deckungszusage keine Definition eines sog. "mutwilligen Vergleichs" enthalte. Die Rechtsauffassung der Beklagten finde weder im Gesetz noch in den ARB eine Grundlage. Auch könne ein vom Gericht vorgeschlagener Vergleich begriffsnotwendig nicht "mutwillig" sein. Der Vergleich sei im Übrigen gerade deshalb abgeschlossen worden, um die Kosten des Prozesses gering zu halten, nachdem das Landgericht Stuttgart mitgeteilt hatte, dass im Falle einer streitigen Fortsetzung des Rechtsstreits ein kostenaufwändiges Sachverständigengutachten über den Zustand des Ölbrenners eingeholt werden müsse. Aus diesen Gründen stehe der Beklagten auch eine Rückzahlungsforderung in Höhe von 151,73 € - bzw. gemäß der Widerklage in Höhe von 348,23 € - gegen den Kläger nicht zu.

    Nach alledem ist der Kläger der Auffassung, dass die Beklagte eintrittspflichtig sei.

    Der Kläger hat zunächst beantragt,

        1.

        die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von der Forderung des Rechtsanwalts bezüglich der Kostenrechnung vom 13.08.2019 in Höhe von 481,95 € freizustellen;
        2.

        festzustellen, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger keinen Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 151,73 € hat.

    Nachdem die Beklagte den Betrag in Höhe von 151,73 € im Rahmen ihrer Widerklage auf 348,23 € erhöht hatte, erklärte der Kläger den Feststellungsantrag Ziff. 2 in der Hauptsache für erledigt und stellt lediglich noch den Klageantrag Ziff. 1.

    Die Beklagte hat der Teil-Erledigungserklärung hinsichtlich des Klageantrags Ziff. 2 zugestimmt und beantragt hinsichtlich des Klageantrags Ziff. 1,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte macht im wesentlichen geltend, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Freistellung von der Einigungsgebühr zu. Vielmehr bestehe aufgrund des mutwilligen Vergleichs eine Überzahlung. Der Abschluss des Vergleichs sei mutwillig gewesen, da durch den Vergleich weit mehr Anwaltsgebühren produziert worden seien als der Versicherungsnehmer als Zahlung erhalte. Einen solchen Vergleich hätte eine begüterte Partei, die auf die Kosten keine Rücksicht nehmen muss, nicht abgeschlossen. Komme eine begüterte Partei mit ihrer anwaltlichen Vertretung in der - allein maßgeblichen - konkreten prozessualen Ausstiegssituation zu dem Ergebnis, dass voraussichtlich keine Erfolgsaussichten mehr bestehen, würde die begüterte Partei den Rechtsstreit möglichst kostengünstig, d.h. entweder durch Klagerücknahme oder durch Verzicht, beenden, so dass keine Einigungsgebühren anfallen. Diese Überlegungen würden auch im Verhältnis zwischen einem Versicherungsnehmer und einer Rechtsschutzversicherung gelten. Da der Kläger aufgrund seines Einverständnisses zu dem Vergleich seine ursprüngliche Interessenwahrnehmung faktisch aufgegeben habe, sei er auch nicht schützenswert. Die Rechtsschutzversicherung sage in § 1 ARB nur die für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen erforderlichen Kosten zu. Die im Zusammenhang mit einem sog. "Lästigkeitsvergleich" entstehenden Kosten seien jedoch nicht mehr für die Interessenwahrnehmung erforderlich.

    Aus diesen Gründen habe die Beklagte ihre Eintrittspflicht für den Vergleich wegen Mutwilligkeit zu Recht abgelehnt.

    Von dem erklärten Vorbehalt, die Freistellungsverpflichtung gegebenenfalls durch Erteilung einer sog. "Abwehrdeckungszusage" zu erfüllen, hat die Beklagte letztlich keinen Gebrauch gemacht.

    Im Rahmen der erhobenen Widerklage hat die Beklagte den durch den Vergleich entstandenen wirtschaftlichen Schaden auf einen Betrag in Höhe von 1.330,18 € abzüglich der Vergleichszahlung in Höhe von 500,00 €, somit auf einen Betrag in Höhe von 830,18 € berechnet. Aufgrund dieser Mehrkosten habe die Beklagte die Schlussrechnung des Prozessbevollmächtigten des Klägers über 481,95 € nicht bezahlt, so dass ein Restguthaben zu Gunsten der Beklagten über 348,23 € bestehe.

    Die Beklagte beantragt im Wege der Widerklage,

    den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 348,23 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

    Der Kläger beantragt,

    die Widerklage abzuweisen.

    Der Kläger nimmt insoweit Bezug auf seinen Vortrag in der Klage und vertritt die Auffassung, die Beklagte setze sich letztlich mit ihrem Vortrag selbst in Widerspruch zu ihrem eigenen Handeln, nachdem sie die Deckungszusage für die gerichtliche Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erteilt habe. Im Übrigen gelte im Bereich der Rechtsschutzversicherung bei der Beurteilung der Erforderlichkeit ein großzügiger Maßstab. Zweck der Rechtsschutzversicherung sei es, dass ein Versicherungsnehmer, der sich die Abwälzung von Rechtskostenrisiken durch freiwillige Beitragszahlung zu einer Rechtsschutzversicherung erkauft, seine Rechte ohne Kostenüberlegungen wahrnehmen könne, die ein nicht Rechtsschutzversicherter in gleicher Lage anstellen würde. Schließlich verweist der Kläger auf die wohl gravierenden negativen Folgen für die Justiz insgesamt, sollte die Beklagte mit ihrer Rechtsauffassung durchdringen. Bei rechtsschutzversicherten Parteien würden wohl kaum mehr gerichtliche Vergleiche geschlossen werden, um für den Prozessvertreter das vollkommen unkalkulierbare Haftungsrisiko zu vermeiden. Weitere Folge wären weitere Prozesse um die Frage, wann ein Vergleich "mutwillig" sei.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.
    Entscheidungsgründe

    I.

    Die Klage ist zulässig und hinsichtlich des Klageantrags Ziff. 1 begründet (dazu 1.). Die Widerklage ist zulässig, aber nicht begründet (dazu 2.).

    1.

    Die Klage ist hinsichtlich des Anspruchs auf Freistellung des Klägers von der Forderung seines Rechtsanwalts bezüglich der Kostenrechnung vom 13.08.2019 in Höhe von 481,95 € begründet.

    Die Beklagte ist unter den gegebenen Umständen nicht berechtigt, den dem Kläger gewährten Deckungsschutz mit dem Argument eines "mutwillig" abgeschlossenen Vergleichs einseitig teilweise wieder zu entziehen. Die Rechtsauffassung der Beklagten findet in den maßgeblichen Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2012) keine hinreichende Grundlage.

    Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss, wobei es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen ankommt (st. Rspr. des BGH, vgl. nur Urteil vom 14.06.2017 - IV ZR 161/16).

    Soweit die Beklagte in ihrem Schreiben vom 10.07.2019 auf die Regelung in § 3 a Abs. (1) ARB 2012 hingewiesen hat, nach der der Versicherer den Rechtsschutz ablehnen kann, wenn seiner Auffassung nach die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen a) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder b) mutwillig ist, ist diese Regelung in Anlehnung an die die Voraussetzungen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe betreffende Vorschrift des § 114 ZPO zu verstehen.

    Diese Regelung gibt dem Versicherer daher zwar die Möglichkeit, die Gewährung von Rechtsschutz unter den genannten Voraussetzungen von Anfang an abzulehnen. Von dieser Möglichkeit hat die Beklagte vorliegend aber keinen Gebrauch gemacht. Vielmehr hat sie dem Kläger mit Schreiben vom 13.12.2017 zunächst eine Deckungszusage für das außergerichtliche Verfahren und in der weiteren Folge mit Schreiben vom 29.06.2018 eine Deckungszusage für das gerichtliche Verfahren I. Instanz erteilt und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Klägers weder für aussichtslos noch für mutwillig gehalten hat.

    Der Regelung in § 3 a Abs. (1) ARB 2012 lässt sich hingegen weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Sinn und Zweck die Berechtigung der Beklagten entnehmen, einen bereits gewährten Deckungsschutz im Nachhinein einseitig ganz oder teilweise wieder zu entziehen.

    Soweit die Rechtsschutzversicherungsbedingungen in § 5 Abs. (3) b) ARB 2012 eine Regelung enthalten, wonach der Versicherer nicht Kosten trägt, die bei einer einverständlichen Erledigung entstanden sind, soweit sie nicht dem Verhältnis des vom Versicherungsnehmer angestrebten Ergebnisses zum erzielten Ergebnis entsprechen, hat die Beklagte in ihrem Schreiben vom 23.07.2019 selbst erklärt, dass sie sich nicht auf diese Regelung beruft. Insoweit hatte der Kläger in seinem Schreiben vom 15.07.2019 unwidersprochen vorgetragen, dass die im Rahmen des gerichtlichen Vergleichs erfolgte Kostenverteilung (92 % ./. 8 %) genau dem Anteil des Obsiegens zum Unterliegen entsprach.

    Soweit die Beklagte geltend macht, der Kläger habe mit dem Abschluss des "mutwilligen" Vergleichs Obliegenheiten nach Eintritt des Rechtsschutzfalles im Sinne von § 17 Abs. (1) bzw. (5) ARB 2012 verletzt, lässt sich auch den dortigen Regelungen nicht hinreichend deutlich entnehmen, dass der Kläger vor dem Abschluss des Vergleiches die Zustimmung der Beklagten hätte einholen müssen oder den Vergleich nur widerruflich hätte abschließen dürfen. Ausdrücklich erwähnt ist in diesen Regelungen lediglich das Erfordernis der Abstimmung mit dem Versicherer im Falle von Kosten auslösenden Maßnahmen insbesondere vor der Erhebung und Abwehr von Klagen sowie vor der Einlegung von Rechtsmitteln, nicht aber vor dem Abschluss eines Vergleiches. Ferner ist dort lediglich geregelt, dass der Versicherungsnehmer für die Minderung des Schadens zu sorgen habe, was bedeute, dass die Rechtsverfolgungskosten so gering wie möglich gehalten werden sollen; von mehreren möglichen Vorgehensweisen habe der Versicherungsnehmer die kostengünstigste zu wählen. Nicht ausdrücklich geregelt ist dort aber, dass gerichtliche Vergleiche nur unter bestimmten Bedingungen oder nur mit Zustimmung der Beklagten abgeschlossen werden dürfen.

    Ferner kann die Beklagte auch nicht mit Erfolg geltend machen, die im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vergleichs entstehenden Kosten seien für die Interessenwahrnehmung nicht mehr erforderlich, da der Kläger aufgrund seines Einverständnisses zu dem Vergleich seine ursprüngliche Interessenwahrnehmung wegen der Erkenntnis fehlender Erfolgsaussichten faktisch aufgegeben habe. Zutreffend ist zwar, dass der Versicherer gemäß § 1 ARB 2012 die für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers oder des Versicherten "erforderlichen" Leistungen im vereinbarten Umfang (Rechtsschutz) erbringt. Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit gilt im Bereich der Rechtsschutzversicherung jedoch ein großzügiger Maßstab. Zwar sind nur die objektiv notwendigen Kosten zu übernehmen und sind vermeidbare Kosten nicht zu ersetzen. Das beurteilt sich indes nicht nach der Maßgabe einer vorsichtigen Partei, die die Kosten selbst zu tragen hätte. Maßstab ist vielmehr, was eine nicht versicherte Person in gleicher Lage tun würde, wobei Vergleichsperson ein Unversicherter ist, der keine finanziellen Rücksichten zu nehmen braucht (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 12.12.2018 - 16 U 83/18). Zweck einer Rechtsschutzversicherung ist es, dass ein Versicherungsnehmer, der sich die Abwälzung von Rechtskostenrisiken durch freiwillige Beitragszahlung zu einer Rechtsschutzversicherung erkauft, seine Rechte ohne die Kostenüberlegungen wahrnehmen kann, die ein nicht Rechtsschutzversicherter in gleicher Lage anstellen würde. Lediglich die Finanzierung sinnloser oder wirtschaftlich in hohem Maße unvernünftiger rechtlicher Maßnahmen Einzelner muss mit Rücksicht auf die Gefahrengemeinschaft der Versicherten ausgeschlossen sein (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 14.07.2016 - 7 U 60/16).

    Dies zugrunde gelegt, erscheint das Verhalten des Klägers im Rahmen des Rechtsstreits vor dem Landgericht Stuttgart weder als sinnlos noch als wirtschaftlich in hohem Maße unvernünftig.

    Denn entgegen der Auffassung der Beklagten kann in diesem Zusammenhang nicht außer acht gelassen werden, dass der seinerzeitige Rechtsstreit durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, durch Erlass eines Urteils und durch die Durchführung eines Berufungsverfahrens zu Lasten der Beklagten noch erheblich teurer hätte werden können. Da dieser hypothetische Verlauf eines fortgeführten Rechtsstreits durchaus in Betracht zu ziehen ist und nicht nur auf die konkrete prozessuale Ausstiegssituation abzustellen ist, ist es im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass der Kläger den besagten Vergleich gerade auch zu dem Zweck abgeschlossen hat, um die Kosten des Rechtsstreits gering zu halten. Insoweit entspricht es auch der jahrzehntelangen Handhabung des erkennenden Gerichts, den Parteien den Abschluss eines sachgerechten Vergleichs vorzuschlagen, um eine zeit- und kostenaufwändige Beweisaufnahme, insbesondere durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, zu vermeiden. Nach § 278 Abs. 1 ZPO soll das Gericht in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits bedacht sein. Der Hinweis auf Prozessrisiken (Kosten, Dauer, Rechtsmittel) ist dabei durchaus legitim. Bei einem "auf Vorschlag des Gerichts" abgeschlossenen Vergleich kann daher schwerlich von "Mutwilligkeit" gesprochen werden.

    Die Beklagte kann sich schließlich auch nicht auf den Inhalt ihrer Deckungszusage vom 29.06.2018 berufen. Die Beklagte teilte dort zwar mit, sie könne Kosten nicht erstatten, die die Mandantschaft übernimmt, ohne hierzu verpflichtet zu sein. Auch dies schließt den Abschluss eines Vergleichs jedoch nicht aus.

    Von dem erklärten Vorbehalt, die Freistellungsverpflichtung gegebenenfalls durch Erteilung einer sog. "Abwehrdeckungszusage" zu erfüllen, hat die Beklagte letztlich keinen Gebrauch gemacht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 21.10.2015 - IV ZR 266/14; Urteil vom 11.04.2018 - IV ZR 215/16 mit Anmerkung von Lensing, r+s 2018, 429 f., der ebenfalls die maßgebliche Bedeutung der Versicherungsbedingungen (ARB) hervorhebt).

    2.

    Nach den Ausführungen oben zu 1. ist die Widerklage der Beklagten unbegründet.

    Der Beklagten steht die geltend gemachte Rückzahlungsforderung in Höhe von 348,23 € aus den genannten Gründen gegen den Kläger nicht zu.

    II.

    Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 91a ZPO.

    Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits auch hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Klageantrags Ziff. 2 zu tragen. Auch insoweit wird auf die Ausführungen oben zu I. 1. verwiesen.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

    III.

    Der Streitwert beläuft sich auf (481,95 € + 348,23 € =) 830,18 €.