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  • 16.04.2018 · IWW-Abrufnummer 200663

    Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Beschluss vom 27.10.2017 – 3 U 184/15

    Beruft sich der Versicherer auf eine nach Fälligkeit den Anspruchs aus einer Lebensversicherung getroffene Vereinbarung über die Investition in ein anderes Kapitalanlageprodukts, so trägt er hierfür die Beweislast. Durch die bloße Existenz eines Zahlungsauftrags kann dieser Beweis nicht geführt werden.


    Oberlandesgericht Frankfurt a. M.

    Beschl. v. 27.10.2017

    Az.: 3 U 184/15

    Tenor:

    In dem Rechtsstreit (...)

    wird die Klägerin darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

    Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten ist.

    Gründe

    I.

    Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr Begehr nach Abweisung der erstinstanzlich stattgegebenden Klage auf Auskehr des Kapitals aus einer fälligen Lebensversicherung weiter.

    Der Kläger hatte eine Kapital-Lebensversicherung bei der Beklagten abgeschlossen, die ausweislich einer Mitteilung der Beklagten am 1.12.2013 mit 80.324,23 € fällig wurde.

    Im Vorfeld suchte am 4.6.2013 der Versicherungsvertreter der Beklagten, der Zeuge A, den Kläger auf und erörterte mit ihm verschiedene "Auszahlungsvarianten" einschließlich einer eventuellen Neuanlage des Kapitals bei der Beklagten.

    Beim zweiten Besuch des Zeugen A beim Kläger am 7.6.2013 unterzeichnete der Kläger einen in Papierform vorliegenden "Zahlungsauftrag zur Lebensversicherung" (Bl. 7 d.A.). Darin finden sich handschriftliche Ergänzungen "VNR ..." und "77.613,--", bei denen streitig ist, ob sie bei Unterzeichnung schon vorhanden waren.

    Nachdem Anfang Dezember 2013 das Versicherungskapital noch nicht beim Kläger eingegangen war, rief die Ehefrau des Klägers, die Zeugin B, den Zeugen A an. Der Inhalt des Gesprächs ist streitig.

    Noch im Dezember 2013 zahlte die Beklagte an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.711,23 € aus. Anfang Januar 2014 nahm die Beklagte eine monatliche Rentenzahlung in Höhe von 371,67 € auf. Etwa zur selben Zeit sandte die Beklagte dem Kläger Vertragsunterlagen zu einer von dieser angeblich abgeschlossenen "D Rente" (Bl. 54 ff d.A.). Mit Schreiben vom 4.1.2014 (Bl. 70 d.A.) protestierte der Kläger bei der Beklagten und erhob den Vorwurf der "Urkundenfälschung". Mit Schreiben vom 14.1.2014 wies die Beklagte diese Vorwürfe zurück.

    Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe mit ihr anstelle der Barauszahlung des Lebensversicherungskapitals die sog. "D Rente" vereinbart.

    Dazu habe der Kläger am 7.6.2013 einen entsprechenden Rentenversicherungsantrag nebst Empfangsbestätigung für Versicherungsunterlagen zweimal unterzeichnet, und zwar auf einem E-Pad. Dementsprechend seien auch die handschriftlichen Ergänzungen im sog. Zahlungsauftrag zur Lebensversicherung bereits bei der Unterzeichnung durch den Kläger eingetragen gewesen. Die Beklagte habe daraufhin die Rentenversicherungspolice bereits am 11.6.2013 ausgefertigt und mit Schreiben vom gleichen Tage an die Filialdirektion der Beklagten geschickt, wo sie vom Zeugen A in Empfang genommen und zeitnah in den Wohnungsbriefkasten des Klägers eingelegt worden sei.

    Der Kläger hat behauptet, die Unterschriften auf dem Versicherungsantrag nebst Empfangsbestätigung seien gefälscht. Der Zeuge A habe am 7.6.2013 zwar ein elektronisches Gerät dabei gehabt, der Kläger habe auch einmal auf den Bildschirm geschaut, aber die dort angezeigte Rente für uninteressant gehalten; unterschrieben habe er auf dem E-Pad nichts. Die Rentenversicherungspolice habe er erstmals im Januar 2014 gesehen.

    Der Kläger hat zuerst einen Betrag in Höhe von 80.324,23 € nebst Zinsen begehrt, dann unter teilweiser Klagerücknahme noch 74.639,64 € nebst Zinsen verlangt und schließlich noch 69.807,93 € begehrt sowie Feststellung, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 4.831,71 € (weitere Rentenzahlungen von August 2014 bis August 2015 = 13 x 371,67 €) erledigt ist.

    Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

    Das Landgericht hat den Kläger informatorisch angehört. Wegen des Inhalts seiner Äußerungen wird auf das Sitzungsprotokoll vom 8.7.2014 (Bl. 73-76 d.A.) Bezug genommen. Außerdem hat das Landgericht Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin B (Sitzungsprotokoll vom 8.7.2014, Bl. 76-81 d.A.) und des Zeugen A (Sitzungsprotokoll vom 28.4.2015, Bl. 132-138 d.A.) sowie durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens (Anlage in der Votentasche zu Bl. 102 d.A.) bei C, das am 18.2.2015 fertig gestellt worden und im Termin am 28.4.2015 mündlich erläutert (Sitzungsprotokoll Bl. 138-140 d.A.) sowie am 30.6.2015 (Anlage in der Votentasche zu Bl. 166/167 d.A.) nochmals schriftlich ergänzt worden ist.

    Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 69.807,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 5.12.2013 zu zahlen. Außerdem hat es festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe eines Betrages von 4.831,71 € in der Hauptsache erledigt ist.

    Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Auszahlungsanspruch des Klägers nicht dadurch erloschen sei, dass der Kläger anstelle der Barauszahlung die Investition des wesentlichen Teils des Kapitals in eine neu abgeschlossene Rentenversicherung mit der Beklagten vereinbart hat. Ein solcher Sachverhalt sei nicht bewiesen, was zuungunsten der beweisbelasteten Beklagten gehe. Insbesondere könne nicht von einer Echtheit der angeblich von dem Kläger herrührenden beiden Unterschriften auf den Antragsunterlagen ausgegangen werden. Die Schriftsachverständige habe keine Feststellungen getroffen, die erhebliche Zweifel an der Echtheit ausschließen könnten. Der Beweis der Echtheit der Unterschriften sei auch nicht durch den Zeugen A geführt worden, da dieser nicht hinreichend glaubwürdig sei. Er habe ein eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits und habe zudem in wesentlichen Punkten unplausible Angaben gemacht. Dem gegenüber sei die Zeugin B, welche sicher ausgeschlossen habe, dass der Kläger elektronische Unterschriften auf dem E-Pad geleistet habe, glaubwürdig. In Anbetracht dessen stehe dem Kläger nach Abzug der geleisteten Teilbeträge das verbleibende Kapital aus der Lebensversicherung zu.

    Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie fristgerecht begründete Berufung der Beklagten, die ihr erstinstanzliches Klageabweisungsbegehren in vollem Umfang weiter verfolgt. Die Beklagte macht geltend, die Beweiswürdigung des Landgerichts sei unzulänglich.

    Die Sachverständige habe in ihrem Ergänzungsgutachten zahlreiche Anhaltspunkte dafür aufgeführt, dass die Unterschriften vom Kläger stammen können. Insbesondere durch das Ergänzungsgutachten sei das Pendel deutlich in Richtung Echtheit der Unterschriften ausgeschlagen. Außerdem habe das Landgericht der Aussage des Zeugen A keine Bedeutung beigemessen. Die Aussage des Zeugen A sei sehr wohl plausibel und könne keineswegs mit den seitens des Einzelrichters angeführten Argumenten abqualifiziert werden. Ganz wesentlich gegen eine Fälschung der Unterschriften des Klägers durch den Zeugen A spreche, dass als Fälschungsvorlage nur die Unterschrift des Klägers auf der Anlage K 2 gedient haben könne, denn andere Unterschriften seien dem Zeugen nicht zugänglich gewesen. Die Unterschrift auf der Anlage K 2 ähnele den im Gutachten mit X 1 und X 2 bezeichneten Unterschriften aber gerade nicht. Dann müsse es dem Zeugen A gelungen sein, freihändig Unterschriften des Klägers auf dem E-Pad zu platzieren, die nach dem Ergänzungsgutachten erhebliche Ähnlichkeiten mit den echten Unterschriftsproben des Klägers aufweisen.

    Der Kläger beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Er verteidigt das angefochtene Urteil. Der Zeuge A habe einen unsicheren Eindruck hinterlassen, denn er habe die Unwahrheit gesagt. Immerhin habe der Zeuge, was er etwas unwillig habe einräumen müssen, bei der Wiederanlage des Geldes eine Provision in Höhe von 2.000,- € erhalten, so dass er - von diesem Interesse getrieben - dafür gesorgt habe, dass die Wiederanlage des Geldes bei der Beklagten in irgendeiner Weise zustande gekommen sei.

    II.

    Die zulässige Berufung führt nach Auffassung des Senats nicht zum Erfolg. Die angegriffene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

    Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

    A) Unstreitig hat der Kläger von seinem ursprünglichen Kapital der Lebensversicherung in Höhe von 80.324,23 € von der Beklagten bislang die seitens des Landgerichts zugesprochenen 69.807,93 € noch nicht ausgezahlt erhalten. Die Beklagte ist aber zu einer vollständigen Erfüllung der Rückzahlungsverpflichtung auch schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt verpflichtet, da entgegen dem Vortrag der Beklagten eine abweichende Vereinbarung in Gestalt der "D Rente" nicht getroffen wurde.

    1) Die Beweislast für eine abweichende Vereinbarung trägt, wovon auch das Landgericht zutreffend ausgegangen ist, die Beklagte. Die Existenz des Zahlungsauftrags (Anlage K 2) begründet nicht gemäß § 416 ZPO vollen Beweis für die angebliche Erklärung des Klägers, eine D Rente abschließen zu wollen, denn bei den diesbezüglichen Eintragungen handelt es sich um Einschaltungen (äußerlich erkennbare Einfügungen) im Sinne des § 419 ZPO, welche die Beweisregel des § 416 ZPO aufheben. Mithin konnte das Landgericht nach seiner freien Überzeugung entscheiden, ob es den seitens der Beklagten vorgetragenen Sachverhalt als wahr ansieht.

    2) Da die Berufung - abweichend von ihrer früheren Funktion als vollwertige zweite Tatsacheninstanz - nunmehr in erster Linie der Fehlerkontrolle und Fehlerbeseitigung dient, ist das Berufungsgericht an die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen grundsätzlich gebunden; eine erneute Tatsachenfeststellung ist nur als Ausnahme vorgesehen, soweit die erste Instanz die Feststellungen nicht vollständig und überzeugend getroffen hat (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Zwar können sich Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit entscheidungserheblicher Tatsachen auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertungen ergeben. Hat sich aber das Erstgericht mit den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt, ist die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich und verstößt sie nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze und ist auch das Berufungsgericht von der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung überzeugt, so sind die Feststellungen bindend. Eine Partei kann dann nicht in zulässiger Weise ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Erstgerichts setzen (vgl. BGH, Urteil vom 09.03.2005 - VIII ZR 266/03, BGHZ 162, 313; OLG Nürnberg, Urteil vom 06. September 2017 - 12 U 2086/15 -, Rn. 86, juris).

    3) Im Rahmen dieser beschränkten Überprüfbarkeit ist die Wertung des Landgerichts, es sei nicht bewiesen, dass anstelle der Barauszahlungen die Investition des wesentlichen Teils des Kapitals in eine neu abgeschlossene Rentenversicherung vereinbart worden sei, nicht zu beanstanden.

    Das Landgericht hat sich mit den erhobenen Beweisen umfassend und vollständig auseinandergesetzt und insbesondere die Aussagen der Zeugen und das Ergebnis der sachverständigen Begutachtung ausführlich gewürdigt. Die hiergegen von der Berufung erhobenen Rügen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung.

    a) Dass das Landgericht aus den vorliegenden schriftlichen Stellungnahmen der Sachverständigen C vom 18.2.2015 und vom 30.6.2015 sowie deren Äußerungen im Termin am 28.4.2015 keine Überzeugung von der Echtheit der Unterschrift des Klägers gewonnen hat, ist unbedenklich. Die Sachverständige hat in ihrer ersten Stellungnahme erklärt, die Konfiguration der Befunde aus den physikalisch-technischen und schriftvergleichenden Untersuchungen lasse sich sowohl unter der Annahme der eigenhändigen Unterzeichnung durch den Kläger als auch mit der Hypothese vorlagenbezogener Fälschung erklären. Nachdem der Kläger im Termin am 28.4.2015 eine Unterschriftprobe auf dem E-Pad geleistet hatte, welche die Sachverständige in ihre ergänzende Begutachtung einbezogen hat, hat sie unter dem 30.6.2015 erklärt, die nunmehr erhobenen Befunde könnten etwas schlüssiger mit der Alternative vereinbart werden, dass der Kläger die strittigen Unterschriften eigenhändig gefertigt hat als unter der Fälschungsalternative; eine Befundkonfiguration, die zu einer verbindlichen Schlussfolgerung im Sinne einer hohen, sehr hohen oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit führe, sei aber nach wie vor nicht möglich. Ist aber nicht einmal eine hohe Wahrscheinlichkeit zu bejahen, dann wäre eine richterliche Beweiswürdigung, die ein Erwiesensein bereits schon deswegen annimmt, weil das Pendel etwas mehr zugunsten der Beklagten ausgeschlagen ist, bedenklich, so dass es in einer solchen Konstellation nahe liegt, die Erbringung des Beweises zu verneinen. Vom Richter wird nämlich die volle Überzeugung verlangt, dass er eine streitige Tatsachenbehauptung für wahr erachtet. Diese Überzeugung kann und darf er nicht gewinnen, wenn für die streitige Behauptung nur die überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht, vielmehr muss für die behauptete Tatsache eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit sprechen, damit der Richter die Tatsache für wahr erachtet (MüKoZPO/Prütting ZPO § 286 Rn. 35-40, beck-online).

    b) Auch in einer Gesamtschau mit den Aussagen der Zeugen A und B sowie dem Ergebnis der informatorischen Anhörung des Klägers durfte das Landgericht zum Ergebnis kommen, dass der Beklagten die Beweisführung nicht gelungen ist.

    aa) Es liegen zwei sich widersprechende Zeugenaussagen vor.

    Die Zeugin B hat bekundet, es sei elektronisch nichts unterschrieben worden sondern nur in Papierform eine Auszahlungsanordnung. Da sie bei beiden Besuchen des Zeugen A ununterbrochen anwesend gewesen sei, könne sie ausschließen, etwas nicht mitbekommen zu haben. Der Kläger und sie hätten die ihr vom Zeugen A vorgeschlagene Rente nicht haben wollen, weil ihnen das Vorgerechnete zu wenig gewesen sei.

    Der Zeuge A hat hingegen ausgesagt, der Kläger habe auf seinen Vorschlag mit der Rente "ja" gesagt. Nachdem er, der Zeuge A, ein paar Angaben ins Notebook eingegeben gehabt habe, habe der Kläger seine Unterschrift auf dem Pad gegeben.

    bb) Bei der Konstellation zweier sich widersprechender Zeugenaussagen bedarf es für ein non liquet keines allzu hohen Begründungsaufwandes.

    Im Rahmen der Beweiswürdigung hat das Erstgericht lediglich darzulegen, dass es eine vernünftige und sachentsprechende Gesamtwürdigung und Beurteilung vorgenommen hat (vgl. MüKoZPO/Prütting ZPO § 286 Rn. 21-22, beck-online). Bei der Glaubhaftigkeit einer spezifischen Aussage ist im Sinne einer Arbeitshypothese von der sogenannten Nullhypothese auszugehen (vgl. dazu BGH, 30.07.1999 - 1 StR 618/98; Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 4. Aufl. 2014, Rn. 292 ff.). Dies bedeutet, dass im Ansatz davon auszugehen ist, dass die Glaubhaftigkeit einer Aussage positiv begründet werden muss und jede Zeugenaussage solange als unzuverlässig gilt, als die Nullhypothese nicht widerlegt ist (OLG Karlsruhe, 14.11.1997 - 10 U 169/97, NJW-RR 1998, 789). Es ist deshalb erforderlich (BGH, 30.07.1999 a.a.O.; BVerfG, Beschl. v. 30.04.2003 - 2 BvR 2045/02, NJW 2003, 2444), in erster Linie Anhaltspunkte zu finden, die dafür sprechen, dass die Auskunftsperson die Wahrheit sagt (BGH, Beschl. v. 29.04.2003 - 1 StR 88/2003, NStZ-RR 2003, 245). Solche Anhaltspunkte hat das Landgericht im Hinblick auf den Zeugen A zu Recht nicht gesehen; hingegen hat es eine vernünftige und sachentsprechende Gesamtwürdigung und Beurteilung vorgenommen.

    Das Landgericht hat das eigene Interesse am Ausgang des Rechtsstreits sowohl der Zeugin B als auch des Zeugen A erkannt und zur Sprache gebracht. Es hat erläutert, dass es aber nicht deswegen sondern aufgrund seines auffälligen Aussageverhaltens sich daran gehindert sieht, der Aussage des Zeugen A den Vorzug vor der Aussage der Zeugin B zu geben. Das Landgericht hat näher ausgeführt, worin es Ungereimtheiten in der Aussage des Zeugen A sieht, nämlich in Bezug auf das Nichtvorliegen eines schriftlichen Rentenversicherungsangebotes trotz vorheriger Erstellung, wegen der Unstimmigkeiten im Hinblick auf den Weg der Police nebst Übersendungsschreiben und betreffend den streitigen Inhalt des unstreitig stattgefundenen Telefonats zwischen der Zeugin B und dem Zeugen A.

    Diese Beweiswürdigung verstößt keineswegs gegen Denkgesetze. Es mag sein, dass - wie in der Berufungsschrift dargestellt - in den letzten Jahren Versicherungsanträge aus Rationalisierungsgründen vermehrt in elektronischer Form aufgenommen werden. Das erklärt aber nicht, warum der hier der in zeitlich engem Zusammenhang stehende Zahlungsauftrag (Anlage K 2) gleichwohl in Papierform erstellt und unterschrieben wurde. Mithin kann keineswegs davon ausgegangen werden, dass seinerzeit jegliche Erklärungen der Versicherungsnehmer in elektronischer Form abgegeben wurden. Im Übrigen ergeben sich die seitens des Landgerichts ins Feld geführten Unsicherheiten des Zeugen deutlich in dem Protokoll. So ist z.B. festgehalten "der Zeuge zögert und weiß zunächst nicht, was er sagen soll" (Bl. 134 d.A.). Letztlich erscheint das von der Beklagten vorgetragene und vom Zeugen A bestätigte Prozedere zur Übersendung der Rentenversicherungspolice, die nicht an den Kläger sondern an die Filialdirektion der Beklagten gesandt worden sein soll, von wo aus sie der Zeuge A persönlich in den Wohnungsbriefkasten des Klägers eingelegt haben soll, ausgesprochen ungewöhnlich, ohne dass ein plausibler Grund für das persönliche Einlegen in den Briefkasten ersichtlich ist - schließlich hätte die angeblich vergessene Übersendung der Broschüre mit weniger Aufwand auch gesondert erfolgen oder alles zusammen mit der Post geschickt werden können - so dass auch insofern Bedenken bezüglich der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen A bestehen.

    Selbst wenn man unter Berücksichtigung der oben dargestellten Nullhypothese auch keine zureichenden Anhaltspunkte für eine Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin B finden könnte, änderte dies nichts daran, dass die Behauptung der Beklagten aufgrund der sie treffenden Beweislast nicht als erwiesen angesehen werden kann.

    cc) Soweit die Berufung darauf hinweist, dass dem Zeugen A lediglich die auf der Anlage K 2 befindliche Unterschrift als Vorlage für eine mögliche Fälschung gedient haben kann, ist dies zunächst nachvollziehbar. Warum allerdings Abweichungen zu den im Gutachten mit X 1 und X 2 bezeichneten Unterschriften ein Argument gegen eine Fälschung sein sollen, erschließt sich dem Senat nicht.

    B) Nachdem sich die Beklagte der Teilerledigungserklärung des Klägers betreffend die zwischenzeitlich gezahlten Raten in Höhe von 4.831,71 € nicht angeschlossen hat, war eine entsprechende Erledigungsfeststellung zu treffen, denn, soweit die Klage nicht zurückgenommen worden ist, war sie ursprünglich zulässig und begründet und ist erst infolge der während der Dauer des Rechtsstreits gezahlten Raten teilweise unbegründet geworden.

    C) Im Hinblick auf die Teilklagerücknahme liegen die Voraussetzungen des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vor, so dass der Beklagten die gesamten Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden konnten.

    III.

    Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen. Er wird darauf hingewiesen, dass bei Rücknahme der Berufung sich die Gebühr nach Nr. 1222 KV für das Verfahren im Allgemeinen von 4,0 auf 2,0 ermäßigt.

    RechtsgebietZPOVorschriftenZPO § 286; ZPO § 416