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  • 19.09.2017 · IWW-Abrufnummer 196558

    Amtsgericht Frankenthal: Endurteil vom 28.02.2017 – 3a C 376/16

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Amtsgericht Frankenthal

    Urt. v. 28.02.2017

    Az.: 3a C 376/16

    In dem Rechtsstreit
    B....
    - Klägerin -
    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D.....
    gegen
    H.....
    - Beklagter -
    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte W.......

    wegen Forderung

    hat das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) durch den Richter am Amtsgericht Heindl auf die mündliche Verhandlung vom 11.01.2017 für Recht erkannt:

    Tenor:
    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
    Tatbestand

    Die Klägerin begehrt mit ihrer nach Abgabe aus dem Mahnverfahren an das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein dem Beklagten am 12.09.2016 zugestellten Anspruchsbegründung, Zahlung wegen behaupteter Verkehrsunfallsflucht aufgrund des zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrags hinsichtlich des PKW des Beklagten mit dem amtlichen Kennzeichen L.....

    Am 26.01.2016 stellte der Beklagte aus Anlass eines Krankenhausbesuches seinen PKW in unmittelbarer Nähe zum Marienkrankenhaus in Ludwigshafen am Rhein ab. Er führte seinen Hund aus, währenddessen seine Ehefrau und ihre Schwester sich als Besucherin im Krankenhaus befanden. Da der Beklagte starken Harndrang verspürte, fuhr er mit seinem PKW um den Krankenhausblock, um eine Möglichkeit zu suchen, sich zu erleichtern. Als er sich wieder seiner ursprünglichen Parklücke näherte, sah er von weitem seine Ehefrau und ihre Schwester am Fahrbahnrand entlang laufend auf ihn zukommen, weshalb er ihnen entgegen gefahren ist und beide einsteigen ließ. Beide haben ihn daraufhin auf Beschädigungen am Fahrzeug, die sich der Beklagte zunächst nicht erklären konnte, aufmerksam gemacht. Der Beklagte hat zuerst die Schwester seiner Ehefrau, dessen Ehemann sich schwer erkrankt zu Hause aufhielt, nach Hause gefahren und hat sich dann sofort zur Polizeiinspektion Maxdorf begeben, wo er gegen 13:15 Uhr den Vorgang meldete und Anzeige gegen Unbekannt erstattete. Die Fahrerin R......hat am 26.01.2016 anlässlich eines Besuches im Marienkrankenhaus den PKW VW Polo, amtliches Kennzeichen L......, dessen Eigentümer und Halter ihr Ehemann ist, ebenfalls in unmittelbarer Nähe zum Marienkrankenhaus abgestellt. Als sie nach ihrem Krankenhausbesuch zum Fahrzeug zurückgekehrt ist, stellte sie gegen 12:45 Uhr fest, dass Scheinwerfer und Stoßstange vorne links zerkratzt waren. Für die Instandsetzung des VW Polo hat die Klägerin 1.469,57 € an Reparaturkosten an den Halter und Eigentümer H..... gezahlt. Die Klägerin begehrt daneben die Erstattung von Kosten in Höhe von 29,75 € für die Überprüfung des Kostenvoranschlages vom 28.01.2014 sowie die Kosten für die Einsichtnahme in die polizeiliche Ermittlungsakte, die der Höhe nach streitig sind.

    Die Klägerin behauptet,

    der Beklagte habe die Kollision mit dem im Eigentum des H..... stehenden PKW unmittelbar bemerkt, aufgrund der Intensität der Kollision sei diese sowohl akustisch als auch taktil bemerkbar gewesen. Dennoch habe der Beklagte weder die Rückkehr der Fahrerin des beschädigten Fahrzeugs abgewartet, noch habe er seine Personalien vor Ort hinterlassen. Die Klägerin vertritt die Rechtsauffassung, der Beklagte habe hierdurch seine vertragliche Obliegenheit gegenüber der klägerischen Haftpflichtversicherung arglistig verletzt.

    Die Klägerin beantragt,

    den Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.531,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2015 sowie 255,85 € vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen

    und führt hierzu aus, er habe nicht vorsätzlich gehandelt, von der Kollision habe er nichts bemerkt.

    Nachdem die Klägerin mit Anspruchsbegründungsschrift beantragte, den Rechtsstreit an das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) zu verweisen, erklärte sich das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein mit Beschluss vom 10.10.2016 für örtlich unzuständig und hat den Rechtsstreit an das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz), das mit Beschluss vom 14.10.2016 die Übernahme abgelehnt und mit weiterem Beschluss vom 04.11.2016 den Rechtsstreit dem Landgericht Frankenthal (Pfalz) zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gericht vorgelegt hat. Das Landgericht Frankenthal (Pfalz) hat mit Beschluss vom 15.11.2016, wegen dessen Einzelheiten auf Blatt 72-74 der Akte Bezug genommen wird, den Antrag zurückgewiesen.

    Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet.

    Das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) ist neben dem Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein, § 32 ZPO, gemäß §§ 12, 13 ZPO bzw. § 215 Abs. 1 Satz 1 und 2 VVG - für Klagen aus dem Versicherungsvertrag gegen den Versicherungsnehmer ausschließlich - örtlich zuständig, unabhängig von §§ 690 Nr. 5, 35 ZPO und einer fehlenden Zuständigkeitsbestimmung nach §§ 36, 37 ZPO (vgl. Toussaint Beck'scher Online-Kommentar ZPO, Vorwerk/Wolf 23. Edition Stand: 01.12.2016, § 36 ZPO Rn. 39 ff m.w.N sowie OLG München Urteil vom 28.10.1966 - 10 U 1667/66 m.w.N.)
    Die Klägerin hat gegen den Beklagten in der Sache keinen Anspruch auf Erstattung der für die Reparatur des Fahrzeugs des Helmut Herold gezahlten Instandsetzungskosten gemäß §§ 116 Abs. 1 VVG in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Abs. 3 VVG.

    Vorliegend kann dahinstehen, ob der Beklagte tatsächlich mit dem Fahrzeug des Helmut Herold kollidiert und dieses taktil und akustisch wahrnehmbar gewesen ist und damit eine vertragliche Obliegenheit vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat gemäß § 28 Abs. 2 VVG, da die Klägerin nicht schlüssig dargelegt hat, dass die Verletzung der vertraglichen Obliegenheit ursächlich war für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles oder für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherten und der Beklagte mithin eine vertragliche Pflicht arglistig verletzt habe im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 2 VVG.

    Nach § 28 Abs. 3 Satz 2 VVG muss die Ursächlichkeit einer Obliegenheitsverletzung dann nicht dargelegt und bewiesen werden, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arlistig verletzt hat. Voraussetzung für das Vorliegen von Arglist im Sinne dieser Norm ist, dass der Versicherungsnehmer bzw. Versicherte einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt und weiß, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen kann (BGH NJW RR 2009, 1036 NJW 1986, 1100 [BGH 02.10.1985 - IVa ZR 18/84] m.w.N.). Auf Arglist als innere Tatsache, kann regelmäßig nur auf der Grundlage von Indizien geschlossen werden. Ein allgemeiner Erfahrungssatz, dass der Versicherungsnehmer oder der lediglich mitversicherte Fahrer, der trotz Kenntnis seiner Verpflichtung eine Unfallstelle verlässt, ohne die erforderlichen Feststellungen zu treffen, dies stets mit dem Willen macht, in Verfolgung eines gegen den Versicherer gerichteten Zweck auf dessen Willen einzuwirken, gibt es nicht (Anschluss an LG Bonn, Urteil vom 15.11.2012 - 6 S 63/12). Es müssen vielmehr besondere weitere Umstände hinzutreten, die für sich allein oder in ihrer Gesamtschau einen anderen Schluss, als denjenigen auf Arglist ernstlich nicht in Betracht kommen lassen (LG Bonn, a.a.O.).

    Solche Indizien sind vorliegend nicht ersichtlich. Der Beklagte hat, nachdem er die Schwester seiner Ehefrau zu ihrem schwer erkrankten Ehemann nach Hause gefahren hat, sich unmittelbar gegen 13:15 Uhr zur Polizei begeben und den Schaden - der gegen 12:45 Uhr verursacht worden ist - gemeldet. Es ist daher vorliegend nicht ersichtlich, inwieweit ein solches Vergehen den Versicherer bei seiner Schadensregulierung beeinflussen kann. Vielmehr liegt der Sachverhalt ernstlich nahe, dass es dem Beklagten einzig und allein darum ging, seine schwer erkrankte Schwägerin nach Hause zu fahren. Damit sind nach Würdigung aller Gesamtumstände Tatsachen ersichtlich, die einen anderen Schluss als denjenigen auf Arglist ernstlich nahelegen.

    Einen Anspruch des Klägers auf Erstattung der für die Reparatur des Fahrzeugs des H...... gezahlten Kosten besteht auch nicht gemäß §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 142 StGB bzw. § 826 BGB (vgl. hierzu OLG München a.a.O.).

    Insoweit fehlt es jedenfalls an der haftungsausfüllenden Kausalität, da wie dargelegt, nicht ersichtlich ist, wie das Vorgehen des Beklagten die Klägerin bei der Schadensregulierung beeinflusst haben könnte. Hier war insbesondere zu berücksichtigen, dass der Beklagte unter dem 27.01.2014 bei einem Vertreter der Basler Versicherungs AG die Schadensanzeige in Anwesenheit des betreffenden Versicherungsmitarbeiters abgegeben hat, die Regulierung selbst jedoch nach diesem Zeitpunkt durch die Beklagte erfolgte.

    Mangels Anspruches auf Zahlung der Hauptforderung besteht daneben weder ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten oder Kosten für die Einsichtnahme der polizeilichen Ermittlungsakte sowie für die Überprüfung des Kostenvoranschlags des H..... vom 28.01.2014 gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 BGB mangels Verzuges.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

    RechtsgebieteBGB, VVGVorschriften§ 28 Abs. 2 VVG, § 28 Abs. 3 VVG, § 116 Abs. 1 VVG, § 280 BGB, § 823 BGB, § 826 BGB