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  • 26.02.2014 · IWW-Abrufnummer 140579

    Oberlandesgericht Naumburg: Urteil vom 25.07.2013 – 4 U 79/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Naumburg

    Urt. v. 25.07.2013

    Az.: 4 U 79/12

    In dem Rechtsstreit

    ...

    hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, den Richter am Oberlandesgericht Kühlen und die Richterin am Oberlandesgericht Grimm im schriftlichen Verfahren auf der Grundlage des Sach- und Streitstandes vom

    04. Juli 2013

    f ü r R e c h t e r k a n n t :
    Tenor:

    1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 01. November 2012 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg, Az.: 11 O 2008/11, abgeändert und die Klage abgewiesen.

    2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

    3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet.

    u n d b e s c h l o s s e n :

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 46.431,27 € festgesetzt (§§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 43 Abs. 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verb. mit den §§ 2, 6 Satz 1 ZPO).
    Gründe

    I.

    Die Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen ihre Verurteilung zur Zahlung einer Versicherungsleistung in Höhe von 46.431,27 € wegen eines Sturmschadens, der an Scheune und Wohnhaus des Klägers am 01. Juli 2009 entstanden sein soll.

    Der Kläger schloss bei der Beklagten eine im Versicherungsschein vom 12. November 2007 (Bl. 10 - 12 d. A.) dokumentierte Landwirtschaftliche Versicherung für den Versicherungsort F. Straße 14 in L. ab, die auch eine Sturm- und Hagelversicherung umfasst. Die zerstörte Scheune war zum gleitenden Neuwert auf der Basis einer Versicherungssumme von 9.000 Mark im Jahre 1914 und zum Zeitwert von 50.000 € versichert. Hinsichtlich des Wohnhauses betrugen die entsprechenden Werte 31.000 Mark 1914 als Basis für den gleitenden Neuwert bzw. 150.000 € für den Zeitwert. Dem Versicherungsverhältnis liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung landwirtschaftlicher Betriebe - Wohngebäude, Wirtschaftsgebäude und Inventar - (ABL 2002 S.) zugrunde (Bl. 13 - 22 d. A.). Der Versicherungsvertrag sieht für Sturm- und Hagelschäden einen Selbstbehalt in Höhe von 1.000 Euro vor.

    Die für die Entschädigung eines Sturmschadens maßgebliche Regelung des § 3 in den ABL 2002 S. (im Folgenden nur noch abgekürzt: ABL) lautet wie folgt:

    § 3 Sturm- und Hagelversicherung

    1. Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch Sturm oder Hagel zerstört oder beschädigt werden oder infolgedessen abhanden kommen.

    2. Sturm ist eine wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8 (Windgeschwindigkeit mindestens 62 km/h). Ist diese Windstärke für das im Versicherungsschein bezeichnete Grundstück nicht feststellbar, so wird ein versichertes Sturmereignis unterstellt, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass

    a) die Luftbewegung in der Umgebung Schäden an anderen Gebäuden in einwandfreiem Zustand oder an ebenso widerstandsfähigen anderen Sachen angerichtet hat oder

    b) der Schaden wegen des einwandfreien Zustandes des versicherten Gebäudes nur durch Sturm entstanden sein kann.

    Der Kläger hat behauptet, am 01. Juli 2009 gegen 15.30 Uhr habe über seinem Grundstück in der Ortschaft L. ein Sturm mit Windspitzen von über 8 Beaufort geherrscht, der Sturm habe seine Scheune vollständig zerstört und das Dach des versicherten Wohngebäudes beschädigt. Im Umfeld des Versicherungsortes seien Schäden an Gebäuden in einwandfreiem Zustand der benachbarten Familien A., R., H. und Sch. eingetreten, die deren Gebäudeversicherer anstandslos reguliert hätten.

    Der Kläger nimmt Bezug auf eine von ihm eingeholte Expertise Wind der M. GmbH vom 22. November 2011 (Bl. 27 - 30 d. A.), in der ausgeführt wird, dass in den Nachmittagsstunden des 01. Juli 2009 zwischen 14.30 und 17.00 Uhr, bezogen auf die Wetterstation T., bei dem Durchzug kräftiger Gewitterzellen mit extremem Niederschlag im Schadensbereich Windböen der Beaufort-Stärke 8 (stürmische Böen) wahrscheinlich seien, aber auch noch etwas stärkere Böen könnten nicht ausgeschlossen werden.

    Er berechnet die verlangte Entschädigung einerseits auf der Basis des von der Beklagten in Auftrag gegebenen Schadengutachtens des Sachverständigen Dr. Ing. R. vom 12. August 2009 (Bl. 31 - 50 d. A.). Danach beträgt der Zeitwert der zerstörten Scheune 44.646,52 Euro einschließlich Mehrwertsteuer (Bl. 32 d. A.). Für das beschädigte Dach seines Wohnhauses begehrt der Kläger andererseits die Reparaturkosten in Höhe von 2.766,75 Euro gemäß der Rechnung der Z. GmbH vom 24. November 2009 (Bl. 51 - 52 d. A.). Von dem so berechneten Gesamtschaden hat er den vereinbarten Selbstbehalt von 1.000 Euro abgezogen.

    Der Kläger hat dementsprechend beantragt,

    1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 46.431,27 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. August 2009 zu zahlen,

    2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.641,96 Euro außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie hat bestritten, dass am 01. Juli 2009 in der vom Kläger angegebenen Zeit ein Sturm der Windstärke von mindestens 8 Beaufort in L. geherrscht habe oder wetterbedingte Luftbewegungen in der Umgebung wesentliche Schäden in größerer Zahl an anderen Gebäuden in einwandfreiem Bauzustand oder an ebenso widerstandsfähigen anderen Sachen angerichtet hätten. Die Betrachtung der umliegenden Gebäude durch den Sachverständigen R. habe gerade keine diesbezüglichen Hinweise ergeben. Dieser habe bei der Besichtigung der Gebäude vielmehr festgestellt, dass für den Totaleinsturz der Scheune eine Schwächung der Tragkraft der Dachsparren durch Schädlingsbefall, Nässebelastung und Ankohlung der Balken durch ein Brandereignis vorrangig auf der Nordwestseite ursächlich gewesen sei.

    Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes vom 01. Juni 2012 (Bl. 98 - 111 d. A.) und die Sachverständige L. in der mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 2012 ergänzend angehört (Bl. 136 - 138 d. A.).

    Der Klage wurde sodann vollen Umfanges durch Urteil vom 01. November 2012 (Bl. 148 - 153 d. A.) stattgegeben, dessen wesentliche Begründung wie folgt lautet:

    Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch in der geltend gemachten Höhe aus dem Versicherungsvertrag sowie auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Gemäß den §§ 3 Nr. 1, 6 Nr. 4.1 und 4.2 ABL sei die Beklagte ihm zur Zahlung des Zeitwertes der zerstörten bzw. beschädigten Gebäude verpflichtet.

    Die Kammer sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass über dem Grundstück des Klägers ein Sturm mit der Windstärke 8 Beaufort geherrscht habe. Die Sachverständige habe bei ihrer Anhörung klargestellt, dass der Sturm nach der Wahrscheinlichkeitssystematik von Bayerlein auf der dritten Stufe von oben einer insgesamt zehnstufigen Skala einzuordnen sei und demnach eine Windstärke von 8 Beaufort mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorgelegen habe. Sie habe somit mit der dritthöchsten Wahrscheinlichkeitsstufe ein bedingungsgemäßes Sturmereignis festgestellt.

    Der Höhe nach schulde die Beklagte die Zahlung des von ihrem Sachverständigen festgestellten Zeitwertes für die zerstörte Scheune. Diesen Schaden könne der Kläger einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer verlangen. Zu ersetzen habe die Beklagte zudem die Kosten der vom Kläger bereits vorgenommenen Dachreparatur seines Wohngebäudes in Höhe von weiteren 2.766,75 Euro brutto.

    Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

    Sie rügt, das Landgericht habe sich bei der Beweiswürdigung nur auf die Äußerungen der Sachverständigen L. in der Sitzung vom 11. Oktober 2012 beschränkt, ohne sich mit deren schriftlichem Gutachten vom 01. Juni 2012 auseinanderzusetzen. Dieses stütze die angefochtene Entscheidung nämlich nicht. Die Sachverständige habe dort ausgeführt, dass am 01. Juli 2009 zwischen 14.40 und 15.30 Uhr starke Windböen aus nordöstlichen Richtungen mit maximalen Windspitzen der Stärke 6 - 7 Beaufort sehr wahrscheinlich seien und das Auftreten von Windgeschwindigkeiten mit mindestens der Windstärke 8 Beaufort gegen 15.30 Uhr wegen der Entfernung des Gewitterzentrums zu diesem Zeitpunkt jedoch kaum mehr anzunehmen sei.

    Auch der Privatsachverständige Dr. Ing. R. sei in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass kein versichertes Sturmereignis zu dem Schaden geführt habe, sondern wegen des extrem schlechten Bauzustandes der Scheune bereits eine geringe Belastung durch Winddruck und/oder Windsog zu deren komplettem Einsturz geführt habe. Der Zusammenbruch der Scheune lasse nur den Schluss zu, dass die Tragwirkung der Holzverbindungen durch die festgestellten Holzschäden nicht mehr gewährleistet gewesen sei, sodass auch eine Windböe geringer Stärke ausgereicht habe, das Gebäude in sich zusammenstürzen zu lassen.

    Die Beklagte beantragt,

    1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Magdeburg vom 01. November 2012, Az.: 11 O 2008/11, die Klage abzuweisen,

    2. hilfsweise, die Sache unter Aufhebung des vorbezeichneten Urteils des Landgerichts Magdeburg nebst dem zugrunde liegenden Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Magdeburg zurückzuverweisen.

    Der Kläger beantragt,

    die Berufung als unzulässig zu verwerfen oder als unbegründet zurückzuweisen.

    Er rügt eine nicht auf den Einzelfall zugeschnittene Berufungsbegründung, was die Unzulässigkeit des Rechtsmittels zur Folge habe. Unter Verteidigung der angefochtenen Entscheidung im Übrigen vertritt er die Auffassung, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu beanstanden sei. Das Landgericht habe eine ausführliche Würdigung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme vorgenommen und im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen es den Nachweis einer Windstärke von 8 Beaufort als geführt ansehe. Dabei habe es sich sowohl mit den schriftlichen als auch mit den mündlichen Äußerungen der Sachverständigen auseinandergesetzt. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe die Sachverständige nicht festgestellt, dass eine Windstärke 8 nicht möglich gewesen sei. Vielmehr habe sie von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit gesprochen.

    II.

    Die gemäß § 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch sonst formell zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517, 519, 520 ZPO eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.

    Dem Kläger steht aus der Sturmversicherung kein nach der Entschädigungsregelung des § 6 Nr. 4.1 lit. a und b ABL sich bemessender Entschädigungsanspruch nach § 3 Nr. 1 ABL wegen der behauptetermaßen am 01. Juli 2009 durch einen Sturm zerstörten Scheune und des angeblich gleichermaßen beschädigten Dachs am Wohngebäude gegen die Beklagte zu, weil er

    - erstens die Voraussetzungen eines Versicherungsfalls nach § 3 Nr. 2 Satz 1 ABL, das heißt eines dafür nötigen Sturms von mindestens der Windstärke 8 (Windgeschwindigkeit mindestens 62 km/h), am 01. Juli 2009 gegen 15.30 Uhr nicht nachgewiesen hat (1),

    - zweitens einen stattdessen in Betracht kommenden Versicherungsfall nach § 3 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe a ABL, wonach ein versichertes Sturmereignis bei sturmbedingten Schäden in der Umgebung an anderen Gebäuden in einwandfreiem Zustand unterstellt wird, nicht substantiiert dargelegt noch unter Beweis gestellt hat (2) und schließlich

    - drittens einen Versicherungsfall nach § 3 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe b ABL, wonach ein durch Sturm entstandener Schaden wegen des zuvor einwandfreien Zustandes des versicherten Gebäudes unterstellt wird, weder vorgetragen hat noch dieser sonst irgendwie festgestellt werden kann (3).

    1. Ein Anspruch des Klägers auf Entschädigung wegen eines durch Sturm an den versicherten Objekten entstandenen Schadens nach § 3 Nr. 1 ABL ist nicht gegeben, weil ein für einen derartigen Versicherungsfall notwendiger Sturm, bestimmt in § 3 Nr. 2 Satz 1 ABL als wetterbedingte Luftbewegung von mindestens der Windstärke 8, entgegen der Auffassung des Landgerichts nach der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme nicht festgestellt werden kann.

    Soweit das Landgericht gleichwohl nach jener Vorschrift dem Kläger wegen des Sturmschadens einen vertraglichen Leistungsanspruch zuerkannt hat, leidet die angefochtene Entscheidung an einem erheblichen Verfahrensfehler in Form der Verkennung des im vorliegenden Fall anzuwendenden und berufungsrechtlich überprüfbaren Beweismaßes, was einen Verstoß gegen den Grundsatz der zwar freien, aber dennoch gesetzessystematisch gebundenen und inhaltlich vollauf überzeugend sein müssenden Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 ZPO darstellt. Diesen Verfahrensfehler kann der Senat ohne erneute Beweiserhebung korrigieren und hat deswegen gemäß § 538 Abs. 1 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden.

    Das Landgericht hat seine Überzeugung, es habe am Schadentag zur angegebenen Tageszeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine wetterbedingte Luftbewegung (Sturm) von teilweise mindestens Windstärke 8 (62 - 74 km/h) geherrscht, auf die Ausführungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen L. in der mündlichen Anhörung vom 11. Oktober 2012 (Bl. 136/137 d. A.) gestützt, in der diese Folgendes bemerkt hat:

    Wenn ich ausgeführt habe, dass Windspitzen über 7 Beaufort nicht völlig auszuschließen sind, so lässt sich dies schwierig in Prozentsätzen ausdrücken. Wenn ich aber hierzu befragt werde, ist aber eine Wahrscheinlichkeit von sicherlich über 50 % anzunehmen. Wenn ich von über 50 % gesprochen habe, dann meine ich etwas über 50 %. Die Wahrscheinlichkeiten werden nach dem System von Beierlein [recte: Bayerlein] berechnet. Diese Skala umfasst 10 Stufen von "äußerst unwahrscheinlich" bis "äußerst wahrscheinlich". Ich würde im vorliegenden Fall von der Stufe "wahrscheinlich" ausgehen, bei der es sich um die 3. Stufe von oben und damit die dritthöchste Wahrscheinlichkeit handelt.

    Nach der Systematik von Beierlein [recte: Bayerlein] heißt "wahrscheinlich", dass dieses Ereignis mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit eingetreten ist.

    In ihrem schriftlichen Gutachten vom 01. Juni 2012 (Bl. 106 d. A.) hatte die Sachverständige demgegenüber u. a. ausgeführt:

    Aufgrund der unberechenbaren Böigkeit in Gewitternähe bis kurz nach 15:00 Uhr in L. ist auch das Auftreten von Windspitzen über 7 Beaufort nicht völlig auszuschließen.

    Abgesehen davon, dass sich die Sachverständige bei der Beurteilung der wetterbedingten Luftbewegungen zur Schadenszeit selbst widerspricht, indem sie in ihrem schriftlichen Gutachten das Auftreten von Windspitzen von über 7 Beaufort mit einem geringeren Wahrscheinlichkeitsgrad belegt (... nicht völlig auszuschließen ...) als in der mündlichen Verhandlung (... mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit eingetreten ...), hat das Landgericht mit der Übernahme dieses Wahrscheinlichkeitsgrades für das sicher feststehen müssende Vorliegen eines Sturmereignisses an das Beweismaß als Grad der richterlichen Erkenntnis unter Verstoß gegen die Regelung des § 286 ZPO zu geringe Anforderungen gestellt und somit das Regelbeweismaß für den vom Kläger als Versicherungsnehmer zu erbringenden Vollbeweis eines Sturmereignisses (vgl. dazu Rüffer, in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 2. Aufl. 2011, § 4 VGB 2008/2010 Rdnr. 8; Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2010, § 8 VHB 2000 Rdnr. 1 und 2) verkannt.

    § 286 Abs. 1 ZPO verlangt im Unterschied zu Verfahren, die, wie etwa das zum Arrest oder zum Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß den §§ 920 Abs. 2, 936 ZPO, eine bloße Glaubhaftmachung im Sinne von § 294 Abs. 1 ZPO - und das heißt eben anerkanntermaßen: eine überwiegende Wahrscheinlichkeit (so statt aller, mit zahlreichen weiteren Nachweisen, beispielhaft: Prütting, in: Münchener Kommentar zur ZPO, Bd. 1, 4. Aufl., 2013, § 294 Rdnr. 24; BGH, NJW 2003, 3558) - zulassen und genügen lassen, von einem Richter gerade die volle Überzeugung, dass er eine streitige Tatsachenbehauptung für wahr oder für nicht wahr erachtet. Damit stellt das Gesetz unmissverständlich klar, dass für den Beweis grundsätzlich nicht schon ein bloßes mehr oder minder Für-Wahrscheinlich-Halten genügt, sondern die eben darüber hinaus gehende volle Gewissheit des Richters erforderlich ist, die indes keine absolute Gewissheit im Sinne einer mathematischen Stringenz erreichen muss (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 286 Rdnr. 18; Prütting, in: Münchener Kommentar zur ZPO, aaO., § 286 Rdnr. 35 f.; Leipold, in: Stein/Jonas, Kommentar zur ZPO, 22. Aufl., § 286 Rdnr. 5; Foerste, in: Musielak, ZPO, 10. Auflage 2013, § 286 Rdnr. 17 ff.). Die volle Überzeugung, eine streitige Tatsachenbehauptung für wahr oder unwahr zu erachten, kann der Richter allerdings nicht gewinnen, wenn für die streitige Behauptung nur eine - lediglich und gerade nur die Glaubhaftmachung gemäß § 294 ZPO rechtfertigende - überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht. Mit einem derartigen, nur in speziellen gesetzlichen Ausnahmefällen möglichen Beweismaß geringerer Qualität kann und darf sich der Richter im Rahmen eines gewöhnlichen Zivilverfahrens nicht bescheiden und zufrieden geben.

    Das vom Kläger eingeholte Gutachten der M. GmbH vom 22. November 2011, das Windstärken von 8 Beaufort nur für wahrscheinlich hält und noch etwas stärkere Böen lediglich nicht ausschließt, erfüllt die Kriterien für das Bewiesensein eines bedingungsgemäßen Sturmereignisses wegen des darin festgestellten geringeren Wahrscheinlichkeitsgrades erst recht nicht.

    2. Einen Entschädigungsanspruch kann der Kläger auch nicht mit Erfolg auf die Regelung des § 3 Nr. 2 Satz 2 lit. a ABL stützen, wonach bei Nichtfeststellbarkeit einer Luftbewegung von mindestens der Windstärke 8 ein versichertes Sturmereignis unterstellt wird, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass die Luftbewegung in der Umgebung ebenfalls Schäden an Gebäuden in einwandfreiem Zustand oder an ebenso widerstandsfähigen Sachen angerichtet hat.

    Der Kläger ist bereits der ihm als Gläubiger des Anspruchs obliegenden Pflicht, die Voraussetzungen eines solchen Versicherungsfalls im Einzelnen substantiiert darzulegen, trotz ausdrücklichen Hinweises vonseiten des Senats und Einräumung einer hierzu großzügig bemessenen Einlassungsfrist nicht nachgekommen.

    Der Kläger hatte erstinstanzlich zunächst pauschal behauptet, dass im Umfeld des Versicherungsortes Schäden an Gebäuden in einwandfreiem Zustand der benachbarten Familien A., R., H. und Sch. zu verzeichnen gewesen seien, die von den jeweiligen Gebäudeversicherern anstandslos reguliert worden seien (Bl. 6 d. A.).

    Diesem Vortrag stehen bereits die Feststellungen des von der Beklagten eingeschalteten Sachverständigen Dr. Ing. R. in seinem Schadengutachten vom 12. August 2009 entgegen, der den Schadensort am 02. Juli 2009, mithin einen Tag nach dem Schadenfall, besichtigt und ausgeführt hat (Bl. 35 d. A.):

    An weiteren Gebäuden im Ort und in der Umgebung waren jedoch keine Schäden erkennbar, die auf Windeinwirkung oder Hagel hinweisen. In der unmittelbaren Umgebung befinden sich Gebäude, insbesondere Nebengebäude (...), die einen erheblichen Instandhaltungsrückstau aufweisen und trotzdem keine typischen Sturmschäden zeigen.

    Da ein Versicherungsfall nach § 3 Nr. 2 Satz 2 lit. a ABL dennoch in Betracht gekommen wäre, ist der Kläger laut Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25. April 2013 (Bl. 199 d. A.) speziell auf seinen hierzu bislang nicht zureichend ausführlichen, vielmehr einer weiteren Substantiierung im Detail wie auch der Angabe zweckdienlicher Beweismittel bedürftigen Vortrag hingewiesen worden, und ihm ist - nach Anordnung des schriftlichen Verfahrens im beiderseits erklärten Einverständnis der Parteien mit einem Ende der Schriftsatzfrist gemäß § 128 Abs. 2 Satz 2 ZPO zum 04. Juli 2013 - eine Frist zur abschließenden Ergänzung namentlich seines diesbezüglichen Vorbringens bis zum 31. Mai 2013 eingeräumt worden (Bl. 200 d. A.).

    Im folgenden Schriftsatz vom 30. Mai 2013 (Bl. 206 - 208 d. A.) hat der Kläger indes wiederum nur auf seinen bisherigen, bereits als unzulänglich monierten Vortrag in der Klageschrift (Bl. 6 d. A.) pauschal Bezug genommen und lediglich ergänzend - zudem ohne ordnungsgemäßen Beweisantritt durch Individualisierung der Zeugen und Angabe ihrer ladungsfähigen Anschriften - in aller Kürze vortragen lassen, dass an dem in einwandfreiem Zustand befindlichen Gebäude der benachbarten Familie P. sturmbedingte Schäden zu verzeichnen gewesen seien. Allein mit diesem jeglichen notwendigen Vortrag im Detail zu den rechtsbegründenden Voraussetzungen eines Versicherungsfalls nach § 3 Nr. 2 Satz 2 lit. a ABL vermissen lassenden Vorbringen hat der Kläger nach wie vor einen schlüssigen Anspruch nicht darzulegen vermocht.

    Sein Antrag laut Schriftsatz vom 04. Juli 2013 (Bl. 212 d. A.), die ihm gesetzte und seit Langem abgelaufene Erklärungsfrist nochmals zu verlängern, ist durch Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 08. Juli 2013, auf die zwecks Meidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen sei (Bl. 213 d. A.), als unbegründet zurückgewiesen worden.

    3. Einen Versicherungsfall gemäß § 3 Nr. 2 Satz 2 lit. b ABL, wonach ein versichertes Sturmereignis abweichend von Satz 1 der Vorschrift auch dann noch unterstellt wird, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass der Schaden wegen des einwandfreien Zustandes des versicherten Gebäudes nur durch Sturm entstanden sein kann, hat der Kläger bereits selbst nicht vorgetragen, noch ist ein derartiger Fall sonst wo anhand der Akte feststellbar.

    Vielmehr hat diese Alternative gerade der von der Beklagten beauftragte Sachverständige Dr. Ing. R. ausgeschlossen, der nämlich den stark sanierungsbedürftigen Zustand der Scheune und deren Vorschäden in seinem Schadengutachten vom 12. August 2009 im Einzelnen beschrieben hat (Bl. 31 - 38 d. A., insbesondere Bl. 33 u. 35 d. A.).

    III.

    Die Kostenentscheidung zulasten des vollen Umfanges mit seiner Klage unterliegenden Klägers folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

    Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils entspricht den §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

    IV.

    Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nicht ersichtlich. Weder hat die maßgeblich von den Besonderheiten des Einzelfalles geprägte Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

    RechtsgebieteABL, ZPOVorschriften§ 3 Nr. 1 ABL; § 3 Nr. 2 S. 1 ABL; § 286 Abs. 1 ZPO