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  • 26.06.2013 · IWW-Abrufnummer 131965

    Amtsgericht Wesel: Urteil vom 11.04.2013 – 5 C 372/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Amtsgericht Wesel

    5 C 372/12

    Tenor:

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.861,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 03.09.2012 zu zahlen.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

    T a t b e s t a n d :

    Die Klägerin macht gegen den Beklagten Ansprüche aus einem Versicherungsregress geltend.

    Am 21.12.2011 kam es abends in K zu einem Verkehrsunfall. Beim Ausfahren von Paketen für seinen Arbeitgeber fuhr der Beklagte mit dem bei der Klägerin versicherten Fahrzeug seines Arbeitgebers gegen einen großen Stein (Findling) und stieß diesen dann gegen eine Grundstücksmauer, die dadurch beschädigt wurde.

    Die Klägerin zahlte im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Schaden an der Grundstücksmauer insgesamt einen Betrag von 1.861,16 EUR. Die Klägerin nimmt den Beklagten insoweit auf Regress in Anspruch.

    Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe eine Verkehrsunfallflucht begangen und dadurch seine Obliegenheiten der Klägerin gegenüber verletzt. Der Beklagte habe den verursachten Schaden wahrgenommen bzw. jedenfalls in Kauf genommen und sich trotzdem von der Unfallstelle entfernt, ohne die erforderlichen Feststellungen zu seiner Unfallbeteiligung zu ermöglichen.

    Die Klägerin beantragt,

    den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 1.861,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.09.2012 zu zahlen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte behauptet, er habe lediglich gesehen, dass der Findling verschoben war. Den Schaden an der Mauer habe er nicht gesehen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

    Die Akten der Staatsanwaltschaft K waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

    Die Klage hat Erfolg.

    Die Klägerin hat für den Unfallschaden vom 21.12.2011 im Außenverhältnis aus den §§ 7, 18 StVG, 823 BGB, 115 VVG einzustehen. Gegenüber der Klägerin besteht im Innenverhältnis aufgrund einer begangenen Obliegenheitsverletzung indes eine Ausgleichspflicht des Beklagten aus § 426 BGB in Verbindung mit § 116 VVG. Die Klägerin ist gemäß § 28 VVG im Innenverhältnis zum Beklagten leistungsfrei geworden. Denn der Beklagte hat vorsätzlich gegen die Obliegenheit aus Abschnitt E 1.3 AKB verstoßen.

    Nach E 1.3. AKB hat der Versicherungsnehmer alles zu tun, was der Aufklärung des Schadensereignisses dienen kann. Das Verlassen der Unfallstelle stellt dabei stets eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit dar, wenn dadurch der objektive und subjektive Tatbestand des § 142 StGB erfüllt wird. Denn hierbei handelt es sich um eine elementare, allgemeine und jedem Versicherungsnehmer und Kraftfahrer bekannte Pflicht. Dass er mit ihrer Verletzung den Leistungsanspruch gegen seinen Versicherer gefährden kann, drängt sich ihm schon deshalb auf, weil der Kraftfahrer weiß, dass sein Versicherer bei einem Schadensfall stets ein Interesse an der vollständigen Aufklärung des Unfallhergang und der Unfallursachen hat, das er mit dem Verlassen des Unfallorts nachhaltig beeinträchtigt (BGH, Urteil vom 01.12.1999, Az: IV ZR 71/99, zitiert nach Juris m.w.N., u. a. NJW-RR 2000, 553 ff.).

    Unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen im Rahmen freier Beweiswürdigung gemäß § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht keinen Zweifel daran, dass der Beklagte den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 142 StGB erfüllt hat, indem er sich nach dem Unfall vorsätzlich vom Unfallort entfernte, bevor er zu Gunsten des Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeuges und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt war, ermöglicht hatte.

    Der Beklagte hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung erklärt, dass er den Zusammenstoß bemerkt und dann ausgestiegen sei. Er habe gewusst, dass er gegen den Stein gefahren war. An der Mauer selbst habe er keinen Schaden bemerkt. Dazu müsse man wissen, dass es damals viel zu dunkel gewesen sei, um sich die Mauer richtig anzusehen. Außerdem habe es stark geregnet. Er habe dann noch einmal bei dem Zeugen L, also dem Geschädigten, geschellt, es habe niemand geöffnet. Er habe deshalb geschellt, weil er dem Zeugen L seine Daten habe geben wollen für den Fall, dass irgendetwas passiert war. Aber er habe eben keinen erreicht, weil niemand die Tür geöffnet habe auf sein Schellen hin. Er sei dann weiter gefahren, weil er an diesem Abend noch 20 weitere Auslieferungsfahrten gehabt habe und er es deshalb eilig gehabt habe. Nachdem er alle seine Fahrten erledigt gehabt habe und mit dem Fahrzeug zurück zu seinem Arbeitgeber gekommen sei, also der Firma H, habe er dort auch Bescheid gegeben, dass er gegen einen Stein gefahren sei. Am nächsten Morgen habe er dann auch noch seinem Chef Bescheid gegeben. Eine Woche später habe dann wohl die Polizei bei der Firma H angerufen und dort wurden dann wohl auch die Daten von ihm und seinem Fahrzeug an die Polizei weiter gegeben.

    Diese Einlassung vermag den Beklagten nicht zu entlasten. Vielmehr lässt die eigene Einlassung des Beklagten im Rahmen seiner persönlichen Anhörung den Schluss zu, dass er jedenfalls mit einem Schaden an der Mauer rechnete und diesen billigend in Kauf nahm. Denn er wusste, dass er gegen den Stein gefahren war und einen Schaden an der Mauer konnte er nur deshalb nicht sehen, weil es einfach zu dunkel war. Wie sich aus den Fotos der beigezogenen Strafakte der Staatsanwaltschaft K ergibt (Bl. 11 ff. Beiakte und Bl. 63 ff. Beiakte) war der Schaden an der Mauer bei Tageslicht offenkundig bzw. unübersehbar. Wenn der Beklagte, wie von ihm bekundet, in der Dunkelheit tatsächlich nichts gesehen hat, so konnte er daraus gerade nicht den Schluss ziehen, dass kein Schaden entstanden war an der Mauer. Vielmehr musste er zumindest mit einem Schaden rechnen. Er durfte nicht darauf vertrauen, dass kein Schaden an der Mauer entstanden war, nur weil es zum Unfallzeitpunkt am 21.12.2011 gegen 21.00 Uhr zu dunkel war, um insoweit zuverlässige Feststellungen treffen zu können. Dass der Beklagte selbst mit der Möglichkeit eines Schadens rechnete wird durch seine eigene Bekundung untermauert, dass er nach dem Unfall bei dem Geschädigten geschellt habe, um ihn die Daten zugeben für den Fall, dass irgendetwas passiert war und dass er auch seinem Arbeitgeber Bescheid gesagt habe.

    Soweit der Beklagte im Rahmen seiner persönlichen Anhörung bekundet hat, auf sein Schellen habe niemand die Tür geöffnet, so dass er dann weiter gefahren sei, weil er an diese Abend noch 20 weitere Auslieferungsfahrten gehabt habe und er es deshalb eilig gehabt habe, vermag ihn das ebenso wenig zu entlasten wie seine Bekundung, nach dem er alle seine Fahrten erledigt gehabt habe und mit seinem Fahrzeug zurück zu seinem Arbeitgeber, also der Firma H gekommen sei, habe er dort auch Bescheid gegeben, dass er gegen einen Stein gefahren sei. Selbst wenn man dies zu Gunsten des Beklagten als wahr unterstellt, muss sich der Beklagte nämlich entgegen halten lassen, dass er sich unter Verstoß gegen § 142 Abs. 2 StGB vom Unfallort entfernt hat, ohne die Feststellungen zu seiner Person, seines Fahrzeuges und der Art seiner Beteiligung unverzüglich nachträglich zu ermöglichen. Der Beklagte hat es insbesondere versäumt, sich zeitnah nach dem Vorfall mit dem Geschädigten und/oder der Polizei in Verbindung zu setzen, um die erforderlichen Feststellungen im Zusammenhang mit dem Unfall am Abend des 21.12.2011 nachträglich zu ermöglichen. Vielmehr musste er umgekehrt nachträglich von der Polizei als Unfallverursacher ermittelt werden.

    Nach alledem steht eine Obliegenheitsverletzung durch einen Verstoß gegen § 142 StGB und damit eine Regresspflicht des Beklagten gegen über der Klägerin bereits aufgrund des Ergebnisses der persönlichen Anhörung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung und aufgrund der in der mündlichen Verhandlung zum Gegenstand der Verhandlung gemachten Akten der Staatsanwaltschaft K fest, so dass das Gericht von der Beweiserhebung nach Maßgabe des Beschlusses vom 17.01.2013 durch die Vernehmung der Zeugen T und L Abstand genommen hat.

    Der Regressanspruch des Haftpflichtversicherers besteht nicht nur gegen den Versicherungsnehmer, sondern auch gegen den mitversicherten Fahrer. Denn dieser nimmt umgekehrt auch an dem vom Haftpflichtversicherer gewährten Versicherungsschutz teil (BGH, Urteil vom 24.10.2007, IV ZR 30/06, zitiert nach Juris m.w.N. VersR 2008, 343; BGH, Urteil vom 14.09.2005, IV ZR 216/04, zitiert nach Juris m.w.N. VersR 2005, 1720; LG Marburg, Urteil vom 21.03.2001, 5 S 193/00, zitiert nach Juris).

    Der Regress entspricht der Höhe nach den von der Klägerin im Rahmen der Schadensabwicklung übernommenen Kosten von 1.861,16 EUR in vollem Umfang, da eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung unter Verstoß gegen § 142 StGB vorliegt.

    Der zuerkannt Zinsanspruch beruht auf Verzug und den §§ 280, 286, 288 BGB.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 91, 709 ZPO.

    Streitwert: 1.861,16 EUR

    RechtsgebietPrivatversicherungsrecht