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  • · Fachbeitrag · Lebensversicherung

    Abtretung von Rechten aus Lebensversicherung an Rückabwickler kann unwirksam sein

    Bei der Abtretung von Rechten aus einer Kapitallebensversicherung an ein Unternehmen, das sich geschäftsmäßig mit der Kündigung und Rückabwicklung solcher Versicherungsverträge befasst, ist für die Abgrenzung einer nach § 3, § 2 Abs. 2 RDG unter Erlaubnisvorbehalt stehenden Inkassodienstleistung zum (erlaubnisfreien) echten Forderungskauf entscheidend, ob eine einzuziehende Forderung endgültig auf den Erwerber übertragen wird und dieser das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung übernimmt (BGH 11.12.13, IV ZR 46/13, Abruf-Nr. 140121).

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag (LVV) gegenüber dem beklagten VR geltend. Der VN hatte bei ihr für seine fondsgebundene Lebensversicherung einen „Geld zurück!-Auftrag“ unterzeichnet, in dem er seine Ansprüche an die Klägerin verkaufte und abtrat. Der LVV sollte laut Auftrag sofort durch die Klägerin gekündigt, später der Rückkaufswert abzüglich einer Kündigungsgebühr an den VN überwiesen werden. Der VN sollte 50 Prozent aller künftigen Erstattungen von der Klägerin erhalten und dafür eine Einmalzahlung von 300 EUR leisten. Der VN unterzeichnete zudem eine „Widerrufserklärung und Abtretungsanzeige“. Darin erklärte er gegenüber dem VR den „Widerspruch, den Widerruf bzw. die Anfechtung“ des LVV und zeigte die Abtretung an die Klägerin an. Die Klägerin verlangte sodann vom VR sämtliche vom VN gezahlten Beiträge erstattet. Der VR erkannte die Abtretung und Kündigung nicht an.

     

    Im Wege der Stufenklage verlangt die Klägerin Auskunft über den Rückkaufswert und dessen Auszahlung. Der VR hält den „Geld zurück!-Auftrag“ und die vereinbarte Abtretung wegen Verstoßes gegen das RDG für nichtig. Ebenso wie LG und OLG sah der BGH das ebenso.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Abtretung ist wegen Verstoßes gegen das RDG nichtig, §§ 134 BGB i.V.m. § 3 RDG. Für die Anwendbarkeit des RDG kommt es auf den Sitz der Niederlassung des Rechtsdienstleisters wegen der Umgehungsgefahr nicht an. Dieser könnte sonst seine Niederlassung ins Ausland verlegen, um von dort aus rechtsberatende Tätigkeiten in Deutschland vorzunehmen. Entscheidend ist der Schutzzweck, der in dem Schutz des Rechtssuchenden vor fachlich ungeeigneten und unzuverlässigen Personen und dem Interesse der Allgemeinheit an der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege liege. Das entspricht der gleichartigen Rechtsprechung zum RBerG (BGH NJW 07, 596).

     

    Gegenstand des „Geld zurück!-Auftrags“ ist eine Rechtsdienstleistung i.S. von § 2 Abs. 2 S. 1 RDG. Der BGH sieht in der konkreten Vertragsgestaltung eine Forderungseinziehung auf fremde Rechnung und damit eine Inkassodienstleistung, die nach § 3 RDG erlaubnispflichtig ist. Abzugrenzen ist die Einziehung einer abgetretenen Forderung auf fremde Rechnung (Inkassozession) vom Forderungskauf.

     

    Der BGH legt der Abgrenzung eine materielle Betrachtung zugrunde, die nicht auf den Wortlaut der vertraglichen Bestimmungen abstellt. Maßgeblich ist allein, ob das wirtschaftliche Ergebnis der Einziehung dem Abtretenden zukommen soll (BGH WM 12, 2322; BGH WM 13, 1549; BGH WM 09, 259). Entscheidend ist insoweit, ob die Forderung einerseits endgültig auf den Erwerber übertragen wird und dieser andererseits insbesondere das Bonitätsrisiko, d.h. das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung, übernimmt. Im konkreten Fall hat der BGH das wirtschaftliche Risiko beim VN und nicht beim Erwerber gesehen:

     

    • Der „Kaufpreis“ wird erst nach der tatsächlichen Beitreibung fällig und ist der Höhe nach von der „tatsächlichen Auszahlung“ abhängig. Gleiches gilt für spätere Erstattungen.
    • Die Versicherungssumme sollte auf ein „Fremdgeldkonto“ eingezogen werden. Das spricht ebenfalls dafür, dass der Erwerber rechtlich aber nicht wirtschaftlich Berechtigter an der Versicherungsleistung werden sollte.
    • Wirtschaftlich steht nicht das Interesse des VN an einer Übertragung des Ausfallrisikos auf die Klägerin im Vordergrund. Die Klägerin übernimmt lediglich die für die Beitreibung erforderlichen Dienstleistungen.
    • Der VN ist auch nach der Abtretung an dem Bestand und der Durchsetzbarkeit der zedierten Forderungen interessiert, während die Klägerin kein nennenswertes Risiko eingeht.
    • Die Einziehung erfolgt auch nicht deshalb auf eigene Rechnung, weil die Klägerin nach der Vereinbarung an den künftigen Erstattungen partizipieren soll. Diese Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Vergütung für die Inkassotätigkeit ändert nichts an dem Fremdcharakter des Geschäfts.

     

    Da die Klägerin über keine Erlaubnis im Sinne des § 3 RDG verfügte, war der Abtretungsvertrag nach § 134 BGB nichtig.

     

    Praxishinweis

    Für den VR bedeutet das, dass er die Versicherungsleistung an den Erwerber nicht ohne Weiteres auszahlen darf. Er sollte sich in solchen Fällen zunächst im Rechtsdienstleistungsregister informieren, ob der Dritte über eine Inkassoregistrierung verfügt (www.rechtsdienstleistungsregister.de). Ist dies nicht der Fall, sollte sich der VR nicht nur die Abtretung, sondern den gesamten Vertrag offenlegen lassen. Dann kann er die Wirksamkeit im Gesamtzusammenhang prüfen. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass er ohne rechtlichen Grund zahlt und vom VN ein zweites Mal in Anspruch genommen wird.

     

    Der VN, der in den letzten Jahren seine Versicherung an einen gewerblichen Aufkäufer abgetreten hat, kann seinen Vertrag anhand der Kriterien des BGH prüfen. Ist dieser unwirksam, hat der Erwerber auch keinen Anspruch auf seine „Inkassokosten“. Diese müssen erstattet werden. Ein möglicher Mehrerlös an der Versicherung ist ebenfalls herauszugeben, § 812 BGB.

     

    Wer als Anwalt VN berät, die ihre Lebensversicherung veräußern wollen, sollte in jedem Fall darauf achten, dass der Erwerber über eine Inkassoregistrierung verfügt.

    Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 43 | ID 42537274