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  • · Fachbeitrag · Haftpflichtversicherung

    Deliktische Verhaltenspflichten der Eltern zum Schutz des Kindes

    | Wird ein Kind verletzt, greift beim Regress des Haftpflicht-VR zugunsten der Eltern die Haftungsprivilegierung der §§ 1664, 277 BGB ein. § 1664 BGB ist nicht nur eigenständige Anspruchsgrundlage für einen Schadenersatzanspruch des Kindes gegen seine Eltern. Er bestimmt auch den Haftungsmaßstab in Bezug auf deliktische Verhaltenspflichten der Eltern zum Schutz der Gesundheit des Kindes. |

     

    Hierauf wies das OLG Hamm in einem Rechtsstreit um einen Grillunfall hin (4.4.14, 9 U 145/13, Abruf-Nr. 142264). Der Nachbar hatte Brennspiritus auf die glimmenden Kohlen geschüttet, eine meterhohe Stichflamme entstand. Die Mutter hatte ihre beiden Kinder zwar in ausreichendem Abstand vom Grill positioniert. Der 6-jährige rannte aber in Panik in die Richtung, in die der Nachbar die Flamme lenkte und wurde schwer verletzt. Der Haftpflicht-VR des Nachbarn nahm die Mutter aus übergegangenem Recht seines VN auf Ausgleich in Anspruch. Es bestehe ein Gesamtschuldverhältnis. Das OLG wies die Klage jedoch ab.

     

    • Gesamtschuldverhältnis

    Nach § 840 Abs. 1 BGB haftet jeder von mehreren Schädigern dem Geschädigten für den von ihm zu verantwortenden Schaden ohne Rücksicht auf die Einstandspflicht der übrigen in vollem Umfang. Gemäß § 426 Abs. 2 BGB geht jedoch die Forderung des Geschädigten auf den Gesamtschuldner, der den Gläubiger befriedigt, im Umfang des Ausgleichsanspruchs im Innenverhältnis über.

     

    Ein solches Gesamtschuldverhältnis konnten die Richter zwischen dem bei dem VR haftpflichtversicherten Nachbarn und der Mutter im Hinblick auf Schadenersatzansprüche des verletzten Kindes nicht sehen. Die Mutter hafte ihrem minderjährigen Sohn gegenüber nicht wegen des Vorfalls gem. § 823 Abs. 1, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 229 StGB. Denn zu ihren Gunsten greife die Haftungsprivilegierung der §§ 1664, 277 BGB ein. Gemäß § 1664 Abs. 1 BGB haben die Eltern bei der Ausübung der elterlichen Sorge dem Kind gegenüber nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen.

     

    Die Mutter habe hier weder die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten verletzt, ihre Kleidung geriet selbst leicht in Brand, noch habe sie grob fahrlässig gehandelt. Sie habe die Kinder in einem ausreichenden Sicherheitsabstand zum Grill positioniert. Es sei hier nur aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände zu dem Unfall gekommen. Im Ergebnis bestehe daher kein Regressanspruch des VR.

     

    PRAXISHINWEIS | Nach § 277 BGB ist allerdings derjenige, der für die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten einzustehen hat, von der Haftung wegen grober Fahrlässigkeit nicht befreit.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2014 | Seite 128 | ID 42820453