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  • 01.10.2006 | Unfallversicherung

    Wann kann der VR nach Neubemessung eine gezahlte Entschädigung zurückfordern?

    von VRiOLG Werner Lücke, Hamm
    Verlangt der VR die nach Erstbemessung gezahlte Entschädigung zurück, muss er beweisen, dass die Invalidität geringer als bei Zahlung angenommen ist. Dies gilt auch, wenn die Neubemessung nachträglich vereinbart worden ist (OLG Hamm 1.3.06, 20 U 182/05, Abruf-Nr. 062656).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der VR hatte die Unfallfolgen mit einem Invaliditätsgrad von fünf Prozent entschädigt. Später begehrte der VN eine Neubegutachtung (§ 11 Abs. 4 AUB 94: Neubemessung des Invaliditätsgrads bis längstens drei Jahre nach dem Unfall). Der VR wies ihn darauf hin, dass er den gezahlten Betrag zurückverlangen werde, wenn die Neubemessung weniger als fünf Prozent ergebe. Der Arzt des VR verneinte bei der Neubemessung eine unfallbedingte Invalidität. Der VR verlangte daraufhin den gezahlten Betrag zurück. Widerklagend verlangte der VN eine höhere Entschädigung. Die Beweisaufnahme ergab ein non liquet. Daraufhin wurden Klage und Widerklage abgewiesen: Die Parteien hätten keine Einholung eines Schiedsgutachtens vereinbart. Durch die Korrespondenz sei die Regulierung auch nicht in den Zustand vor der ersten Regulierungsentscheidung zurückversetzt worden. Der VR könne deshalb die gezahlte Invaliditätssumme nur zurückverlangen, wenn er nachweise, dass sie zu Unrecht gezahlt worden sei (§ 812 BGB). Dieser Beweis sei ebenso misslungen wie der dem VN obliegende Beweis einer höheren Invalidität.  

     

    Praxishinweis

    Bei der Rückforderung des VR gelten folgende Punkte:  

    • Der Rückforderungsanspruch scheiterte nicht schon daran, dass der VR, wozu er nach § 11 Abs. 2 S. 1 AUB 94 verpflichtet war, die Zahlung der Invaliditätssumme nach einer Invalidität von fünf Prozent anerkannt hatte. Dies hat nicht die Qualität eines Schuldanerkenntnisvertrags, sondern vergleichbar mit dem Einverständnis des VN hiermit (VK 06, 116), nur die Funktion, die Zahlungsbereitschaft anzuzeigen. Einer Anfechtung des „Anerkenntnisses“ bedarf es deshalb nicht.

     

    • Bei streitiger Regulierungsverhandlung kann das Ergebnis im Einzelfall aber auch als Vergleich zu würdigen sein. Dieser ist nur dann nicht bindend, wenn die Voraussetzungen des § 779 BGB vorliegen oder er wirksam angefochten worden ist.

     

    Davon zu unterscheiden ist die Frage nach der Reichweite des Vergleichs. Sollte damit nur die Höhe der Erstbemessung einverständlich geregelt werden? Oder sollte der Versicherungsfall abschließend – ohne Neubemessungsmöglichkeit – entschieden sein? Es empfiehlt sich dringend, hierüber im Vergleich eine ausdrückliche Regelung zu treffen (soweit nicht die Neubemessungshöchstgrenze (drei Jahre) bereits abgelaufen ist).