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  • 07.05.2009 | Unfallversicherung

    Kann sich der VR ohne früheren Vorbehalt auf eine vom VN verlangte Neubemessung berufen?

    von VRiOLG a.D. Werner Lücke, Telgte

    Führt eine allein auf Verlangen des VN vorgenommene Neubemessung zu dem Ergebnis, dass sich seine gesundheitliche Situation nicht verschlechtert, sondern verbessert hat, kann dies keinen Rückforderungsanspruch des VR begründen (OLG Frankfurt a.M. 18.9.08, 3 U 206/06, Abruf-Nr. 091390).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der VN hatte eine Unfallversicherung unter Geltung der AUB 88 und weiterer spezieller Bedingungen des VR abgeschlossen. Bei einem Unfall verletzte er sich am rechten Knie erheblich. Der VR entschädigte den verbliebenen Dauerschaden entsprechend einem von ihm eingeholten Gutachten mit 2/7 Beinwert, ohne sich eine - ggf. dafür notwendige - Nachprüfung vorzubehalten. Der VN machte später fristgerecht geltend, seine gesundheitliche Situation habe sich verschlechtert und sei nunmehr zum maßgeblichen Ablauf der Frist von drei Jahren nach dem Unfall mit 2/5 zu bewerten. Die Differenz zum bereits gezahlten Betrag machte er mit der Klage geltend. Der VR hat mit der Behauptung, die gesundheitliche Situation habe sich sogar verbessert und betrage zu dem vom VN genannten Zeitpunkt nur noch 2/10 Beinwert, im Wege der Widerklage den überzahlten Differenzbetrag zurückverlangt.  

     

    Das LG hat nach Einholung eines Gutachtens, das die Darstellung des VR bestätigt hat, unter Abweisung der Klage der Widerklage stattgegeben. Das OLG hat unter Zurückweisung der Berufung des VN im Übrigen auch die Widerklage abgewiesen. Zwar sei auch nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme davon auszugehen, dass die zum Zeitpunkt drei Jahre nach dem Unfall noch bestehende und voraussichtlich dauerhaft verbleibende Beeinträchtigung des rechten Beins des VN 2/10 Beinwert betrage. Die Klage sei deshalb im Ergebnis zu Recht vom LG abgewiesen worden. Dies könne aber der Widerklage nicht zum Erfolg verhelfen. Der VR habe sich die Neubemessung nicht vorbehalten, was bedingungsgemäß für ein erfolgreiches Nachprüfungsverlangen erforderlich sei. Das Neubemessungsverlangen des VN habe unter dem Vorbehalt gestanden, dass es nicht zu seinen Ungunsten ausgehe. Wenn das gleichwohl eintrete, gebe das dem VR kein Recht zu einer Abänderung seiner ursprünglichen Regulierungsentscheidung. Anderenfalls würde die Bindungswirkung der Festsetzung unterlaufen.  

     

    Praxishinweis

    Das OLG hat das Neubemessungsverlangen des VN als fristgerecht bezeichnet. Dazu, ob es überhaupt zulässig war, sagt es nichts. Die damals üblichen Bedingungswerke verlangten für die Nachprüfung meist einen entsprechenden Vorbehalt, nicht nur auf Seiten des VR, sondern auch auf Seiten des VN. Ohne einen fristgerecht erklärten Vorbehalt wäre es dann entweder um eine Überprüfung der Erstfestsetzung zum Zeitpunkt der Festsetzung oder um eine einverständliche Nachprüfung gegangen (dazu näher VK 06, 173). Vielleicht waren aber auch Bedingungen entsprechend Nr. 9.4 AUB 99 vereinbart, wonach es für den VN keines Vorbehalts, sondern nur eines fristgerechten (drei Monate vor Ablauf der Dreijahresfrist) Neubemessungsverlangens bedurfte.