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  • 05.08.2011 | Unfallversicherung

    Das müssen Sie zum Ausschluss für Schäden durch Heilmaßnahmen wissen

    von VRiOLG a.D. Werner Lücke, Telgte

    1. Bricht bei einer Operation ein Operationsbesteck, unterliegt eine dadurch verursachte Invalidität dem Ausschluss für Gesundheitsschäden durch Heilmaßnahmen (Nr. 5.2.3 AUB 2008).  
    2. Eine (nicht notwendig fristgerechte) schriftliche ärztliche Feststellung der Invalidität ist auch dann erforderlich, wenn Nr. 2.1.1.1 AUB 2008 insoweit unwirksam sein sollte.  
    (LG Dortmund 23.2.11, 2 O 253/10, Abruf-Nr. 112475)

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Die VN macht Entschädigungsleistungen nach einer Operation geltend, bei der eine Fasszange im Körper gebrochen war. Sie führt verbliebene neurologische Schäden auf die durch den Bruch erschwerte Operation zurück. Der VR hat sich auf den Ausschluss Nr. 5.2.3 AUB 2008 berufen, wonach Gesundheitsschäden durch Heilmaßnahmen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind. Zudem macht er geltend, dass weder eine fristgerechte schriftliche ärztliche Feststellung unfallbedingter Invalidität noch eine fristgerechte Anmeldung der Invalidität vorliege. Die VN hat darauf verwiesen, dass sie den Unfall nicht früher habe melden können, weil sie selbst erst 1 1/2 Jahre später davon erfahren habe.  

     

    Das LG hat die Klage abgewiesen, weil der vereinbarte Ausschluss für Heilmaßnahmen greife, und weil eine ärztliche Invaliditätsfeststellung zwingend erforderlich, eine solche aber auch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht vorgelegt worden sei.  

     

    • Es könne dahinstehen, ob der Bruch der Fasszange und dessen Auswirkungen überhaupt einen Gesundheitsschaden bei der Klägerin verursacht haben. Denn ggf. wäre er durch eine Heilmaßnahme bedingt. Heilmaßnahmen sind alle zu therapeutischen Zwecken erfolgenden Maßnahmen oder Handlungen. Für den Ausschluss ist es dabei erforderlich, dass die Gesundheitsschädigung als adäquate Folge einer Heilmaßnahme eintritt. Allerdings muss sich dabei eine Gefahr verwirklicht haben, die der durchgeführten Heilmaßnahme eigentümlich ist.

     

    Rechtsprechungsübersicht: Verwirklichte Gefahr durch Heilmaßnahme

    Nicht hinreichend ist eine Schädigung, die lediglich zufällig aus Anlass einer Heilbehandlung eingetreten ist und zu den Risiken des täglichen Lebens zählt (BGH VersR 88, 1148; OLG Stuttgart r+s 07, 257 m.w.N.; Leverenz in Bruck/Möller, VVG, 9. Auflage, Band 9, AUB 2008, Ziff. 5.2.3, Rn. 18, 34; Kloth, Private Unfallversicherung, K, Rn. 80). Beispiel: der Patient stürzt auf dem Weg zu einer ärztlichen Behandlung oder in einer Arztpraxis (BGH a.a.O.). Anders jedoch bei einem Sturz aufgrund einer Kreislaufschwäche, welche auf die vorangegangene ärztliche Betäubung bei einer Operation zurückzuführen ist (LG Berlin VersR 03, 54). Für den Fall des Einsatzes technischer Hilfsmittel bei der Durchführung einer Heilmaßnahme hat die Rechtsprechung zutreffend wie folgt differenziert: Die eigentümliche Gefahr einer Heilmaßnahme verwirklicht sich etwa, wenn der Bügel einer eingesetzten Herzklappe bricht (BGH a.a.O.) oder auch, wenn der Patient infolge einer Überhitzung des Badewassers in einem Stangerbad einen Kreislaufkollaps erleidet (OLG Köln VersR 73, 959). Dagegen verwirklicht sich das mit einer Heilmaßnahme verbundene erhöhte Risiko nicht, wenn ein 5-jähriges Kind bei dem Einatmen von Kamilledämpfen die Schüssel mit heißem Wasser vom Tisch zieht und sich dabei verbrüht, weil ein ähnlicher Unfall auch hätte passieren können, wenn heißer Kaffee oder Tee auf dem Tisch gestanden hätte (OLG Saarbrücken VersR 97, 956).