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  • 01.11.2007 | Unfallversicherung

    Auch diese Anforderungen an die ärztliche Invaliditätsfeststellung müssen Sie beachten

    von VRiOLG a.D. Werner Lücke, Telgte
    Die ärztliche Feststellung der Invalidität bedarf der Schriftform (LG Verden 13.6.07, 8 O 643/06, n.rkr., Abruf-Nr. 072871).

     

    Zu den Anforderungen an eine ärztliche Feststellung als Voraussetzung für den Anspruch auf Invaliditätsleistung nach § 7 I Abs. 1 AUB 95 (BGH 7.3.07, IV ZR 137/06, Abruf-Nr. 071484).

     

    Fall 1: LG Verden: Es lag keine schriftliche ärztliche Invaliditätsfeststellung vor

    Der VN hatte eine Unfallversicherung abgeschlossen, der die AUB 94 zugrunde lagen. Nach § 7 I Abs. 1 S. 3 AUB muss die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sowie spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht sein. Nach Eingang einer Unfallanzeige wies der VR den VN auf diese Fristen hin. Eine schriftliche ärztliche Feststellung war nicht eingeholt worden. Der Kläger behauptet, die Ärzte hätten ihm fristgerecht dauernde Invalidität mündlich mitgeteilt.  

     

    Seine Klage auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung wurde abgewiesen, weil es an einer ordnungsgemäßen ärztlichen Feststellung als Voraussetzung für die Zahlung einer Invaliditätsentschädigung fehle. Die mündliche Feststellung reiche nach dem Sinn und Zweck der Regelung nicht aus. Anderenfalls würden gerade die Beweisschwierigkeiten und Unsicherheiten entstehen, die durch das Erfordernis einer ärztlichen Feststellung binnen 15 Monaten vermieden werden sollten.  

     

     

    Fall 2: BGH: Ärztliche Invaliditätsfeststellung erfasst nicht alle Schäden

    Der VN war Fahrgast in einem Taxi, dessen Fahrerin einen Verkehrsunfall verschuldete. Die Verletzungen erforderten den stationären Aufenthalt in einem Krankenhaus. Nach seiner Darstellung leidet der VN seit dem Unfall unter Schmerzattacken, Kopfschmerzen, Schwindel und Konzentrationsstörungen. Zudem habe sich eine Depression entwickelt, die Folge der organischen Verletzung sei. Wegen eines Hüftschadens und einer darauf beruhenden Invalidität von 10 Prozent zahlte der VR. Weitere Versicherungsleistungen lehnte er unter Hinweis auf § 2 Abs. 4 AUB 95 ab. Hierdurch werden „krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen“ vom Versicherungsschutz ausgenommen, gleichgültig wodurch diese verursacht sind.  

     

    Der BGH hat die teilweise stattgebende Entscheidung des OLG aufgehoben, weil es schon an einer für den psychischen Schaden ausreichenden ärztlichen Feststellung fehle. Die Stellungnahme des Zeugen D. (behandelnder Arzt) beschränke sich auf die Darstellung der von ihm erhobenen psychischen Befunde und die Diagnose einer depressiven Störung. Sie beschreibe aber keinen Dauerschaden und ziehe nicht den wertenden und für die ärztliche Feststellung zwingend erforderlichen Schluss auf Invalidität. Die Invaliditätsbescheinigung des Zeugen Dr. I. besage nichts über eine Depression als unfallbedingten Dauerschaden. Dem VN würden lediglich eine Cephalgie (Kopfschmerz) und Gedächtnisreduzierung bescheinigt. Das sei mit einer Depression nicht gleichzusetzen und lasse auch keinen Rückschluss auf das Vorliegen eines solchen Dauerschadens zu.  

     

    Form der ärztlichen Bescheinigung

    Die fristgerechte ärztliche Feststellung ist für die Invaliditätsentschädigung Anspruchsvoraussetzung. Daher ist die Klage ohne Weiteres abzuweisen, wenn sie auch bis zum Ende der mündlichen Verhandlung nicht vorliegt (OLG Hamm VersR 07, 485 = r+s 07, 74; OLG Düsseldorf VersR 06, 1487 = r+s 07, 256; OLG Saarbrücken VK 06, 190 = VersR 07, 487).