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  • 06.11.2008 | Sachverständigengutachten

    Versicherung darf Fotos aus Gutachten
    nicht für Internet-Restwertbörse nutzen

    1. Der Vertragszweck des für eine Unfallgeschädigte zur Vorlage bei der gegnerischen Versicherung erstellten Kfz-Sachverständigengutachtens umfasst ohne ausdrückliche Einwilligung nicht die Befugnis des VR, die in Papierform im Ausdruck des Gutachtens übergebenen Lichtbilder des Unfallfahrzeugs zu digitalisieren und ins Internet in eine sog. Restwertbörse einzustellen, u.a. um die Angaben des von dem Sachverständigen zugrunde gelegten Restwerts zu überprüfen.  
    2. Ist die (vertragsgemäße) Nutzung von Lichtbildern in einer konkreten Verwendungsform (Papierausdruck) bereits vergütet worden, so bemisst sich der Schadenersatz im Fall der darüber hinausgehenden Nutzung in einer nicht gestatteten Verwendungsform (digitalisierte Online-Nutzung) danach, welchen Mehrbetrag die vertragsschließenden Parteien für den konkreten Umfang dieser Nutzung vereinbart hätten, wenn sie diese bei Vertragsschluss mit berücksichtigt hätten.  
    (OLG Hamburg 2.4.08, 5 U 242/07, Abruf-Nr. 083310)

     

    Entscheidungsgründe und Praxishinweis

    Nach den überzeugenden Ausführungen des OLG besagt der Zweckübertragungsgedanke, der in § 31 Abs. 5 UrhG seinen gesetzlichen Niederschlag gefunden hat, dass der Urheber in Verträgen über sein Urheberrecht im Zweifel Nutzungsrechte nur in dem Umfang einräumt, den der Vertragszweck unbedingt erfordert (BGH NJW 05, 151). Danach sollen die urheberrechtlichen Befugnisse soweit wie möglich beim Urheber verbleiben, damit dieser in angemessener Weise an den Erträgnissen seines Werks beteiligt wird (BGH a.a.O.). Im Allgemeinen sind also nur die jeweiligen Nutzungsrechte stillschweigend eingeräumt, die für das Erreichen des Vertragszwecks unerlässlich sind (BGH a.a.O; BGH NJW 98, 3716).  

     

    Primärer Nutzungszweck eines Sachverständigengutachtens ist die Übergabe des Gutachtens an den beteiligten VR zur Kenntnisnahme und Beurteilung des Sachverhalts. Das Interesse des VR (Prüfung des Gutachtens durch konkrete Marktangebote über Onlinebörse) hat keinen Einfluss auf das Vertragsverhältnis zwischen Auftraggeber und Sachverständigen und dessen Vertragszweck. Das gilt auch wenn beiden bewußt ist, dass das Gutachten letztlich ausschließlich für den VR erstellt wird und dieser damit in gewisser Weise in den Schutzbereich des Vertrags miteinbezogen ist.  

     

    Auch wenn der VN von dieser Entscheidung nicht direkt betroffen ist, hat sie doch auf ihn Auswirkung. Durch seine Wahl des Sachverständigen (der dem VR das Einstellen der Bilder nicht gestattet) kann er sicherstellen, dass der VR nicht später von einem höheren Restwert ausgeht und ihm einen geringeren Ersatzbetrag auszahlt als im Gutachten angegeben. Dies könnte seine Kalkulation zu der Frage über den Haufen werfen, ob er repariert oder ein Ersatzfahrzeug beschafft.