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  • 01.12.2006 | Rechtsschutzversicherung

    Fahrerlaubnisentziehung: Deckungsschutz für Verfahren nach Erreichen der 18-Punkte-Grenze

    von RA Dr. Friedrich Bultmann, Berlin
    Beim Entzug der Fahrerlaubnis wegen Erreichens der 18-Punkte-Grenze infolge wiederholter Verstöße gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze besteht nur Anspruch auf Deckungsschutz für das Verwaltungsverfahren gegen den Entziehungsbescheid, wenn der erste der für den Fahrerlaubnisentzug maßgeblichen Verstöße innerhalb des versicherten Zeitraums liegt (BGH 5.7.06, IV ZR 153/05, Abruf-Nr. 062643).

     

    Sachverhalt

    Der VN klagt gegen seinen Rechtsschutz-VR aus einem im Juni 99 geschlossenen Vertrag (ARB 94). Er begehrt Deckungsschutz , weil er gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis nach Erreichen der 18-Punkte-Grenze vorgehen will. Die ersten beiden der für die Eintragung von Punkten maßgeblichen Bußgeldbescheide ergingen im März und Mai 99, also im letzten Jahr vor Vertragsabschluss. Die beabsichtigte Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit dem Entzug der Fahrerlaubnis ist dadurch gekennzeichnet, dass dem Rechtsschutzfall, für den Deckung begehrt wird, bereits Rechtsschutzfälle vorausgegangen sind, die den Rechtsschutzfall „Entziehung der Fahrerlaubnis“ erst ausgelöst haben. Die Antwort auf die Frage, ob der VR Deckung gewähren muss, hängt gem. § 4 Abs. 2 S. 2 ARB 94 davon ab, ob der erste, der für die Fahrerlaubnisentziehung versicherten Verstöße innerhalb des versicherten Zeitraums liegt.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der BGH weist die Revision gegen die abweisende Entscheidung des Berufungsgerichts zurück. Der Rechtsschutzvertrag enthält in sachlicher Hinsicht auch den Verwaltungsrechtsschutz in Verkehrssachen und damit für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit der Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 26 Abs. 3 ARB 94. Es liegt jedoch Vorvertraglichkeit des Versicherungsfalls gem. § 4 Abs. 1 c) i.V.m. § 4 Abs. 2 ARB 94 vor. Bei einer Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 der FahrerlaubnisVO (FeV), die auf wiederholten Verstößen gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze beruht, ist jede einzelne Verkehrsordnungswidrigkeit oder Straftat ein selbstständiger Rechtsschutzfall i.S.v. § 4 Abs. 1 c) ARB 94. Der VN hat nur Anspruch auf Deckungsschutz, wenn der erste der für die Entziehung der Fahrerlaubnis erheblichen Verstöße innerhalb des versicherten Zeitraums liegt. Dies ergibt die Auslegung von § 4 Abs. 1 c) i.V.m. § 4 Abs. 4 ARB 94, bei der es auf die Sichtweise des durchschnittlichen, um Verständnis bemühten VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse ankommt. Unter Berufung auf seine bisherige Rechtsprechung stellt der Senat erneut fest, der durchschnittliche VN könne dem Wortlaut und dem erkennbaren Sinn und Zweck dieser Klausel entnehmen, dass für die Annahme eines den Rechtsschutzfall auslösenden Verstoßes jeder tatsächliche, objektiv feststellbare Vorgang ausreicht, der den Keim eines Rechtskonflikts in sich trägt (BGH VersR 05, 1684; VersR 84, 530 = r+s 84, 111).  

     

    Die behördlich angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis infolge des Erreichens der 18-Punkte-Grenze gem. § 46 Abs. 1 S. 2 FeV setzt wiederholte, also in Tatmehrheit stehende Verstöße gegen verkehrsrechtliche oder strafrechtliche Vorschriften voraus. Gem. § 4 Abs. 2 S. 2 ARB 94 ist der erste Rechtsschutzfall entscheidend, wenn für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen mehrere Rechtsschutzfälle ursächlich sind. Im vorliegenden Fall liegen zwei Verkehrsverstöße, die zur Eintragung von Punkten geführt haben, vor Abschluss des Rechtsschutzversicherungsvertrags. Da auch diese beiden Verkehrsverstöße mitursächlich sind für die Entziehung der Fahrerlaubnis, liegt deren Ursache in vorvertraglicher Zeit.