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  • 01.01.2007 | Rechtsschutzversicherung

    Arbeitsrecht: Wann liegt beim Angebot eines Aufhebungsvertrags ein Versicherungsfall vor?

    von RA Dr. Friedrich Bultmann, Berlin
    Ein den Rechtsschutzversicherungsfall auslösender Verstoß liegt schon dann vor, wenn der Arbeitgeber mit dem Angebot eines Aufhebungsvertrags an seinen Arbeitnehmer zum Ausdruck bringt, das Vertragsverhältnis in jedem Fall beenden zu wollen (OLG Saarbrücken 19.7.06, 5 U 719/05, Abruf-Nr. 063756).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger begehrt Versicherungsschutz aus einer Rechtsschutzversicherung (ARB 94). Er verlangt Erstattung von Anwaltskosten aus Anlass einer von seinem Arbeitgeber angestrengten Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Dem Kläger war mitgeteilt worden, dass seine Stelle ersatzlos gestrichen wird. Ihm wurde ein Auflösungsvertrag angeboten. Dessen Unterzeichnung lehnte er ab. Sein Anwalt verhandelte über die Modalitäten einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsvertrags, die schließlich zustande kam. Im Aufhebungsvertrag wird darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen zum Personalabbau gezwungen sei und daher auch die Stelle des Klägers wegfalle. Gegenüber dem ersten Entwurf weist der Aufhebungsvertrag zahlreiche Änderungen auf. Der Kläger hat geltend gemacht, sein Arbeitgeber habe ihn zur Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags gedrängt und erklärt, dass auch ohne Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis in jedem Fall beendet werde. Der Rechtsschutz-VR hat eingewandt, dass allein der Abschluss eines Aufhebungsvertrags und auch die Androhung einer betriebsbedingten Kündigung den Versicherungsfall nicht ausgelöst habe.  

     

    Das OLG hat die Klageabweisung der Vorinstanz aufgehoben und den beklagten Rechtsschutz-VR zur Zahlung der Anwaltsgebühren verurteilt.  

     

    Entscheidungsgründe

    Versicherungsfall in der Rechtsschutzversicherung ist gem. § 4 Abs. 1c ARB 94 jeder tatsächliche, objektiv feststellbare Vorgang, der die Anbahnung eines Rechtskonflikts in sich trägt. Dann ist der Rechtsstreit jedenfalls latent vorhanden und gewissermaßen vorprogrammiert (BGH VersR 05, 1684). Das ist nicht nur bei Androhung einer verhaltensbedingten, sondern auch bei Androhung einer betriebsbedingten Kündigung der Fall. Rechtsgrundlage eines Beschäftigungsanspruchs ist der Arbeitsvertrag. Das Bestreiten oder gar die Loslösung von diesen Leistungspflichten begründet einen Verstoß gegen Rechtspflichten. Damit bringt der Arbeitgeber zum Ausdruck, dass er an den vertraglichen Leistungspflichten, nämlich dem VN im Rahmen der Beschäftigungspflicht Arbeit bereitzustellen, nicht mehr festhalten, sondern das Vertragsverhältnis beenden will. Mit der nach außen bekundeten Haltung, an dem Vertragsverhältnis unter keinen Umständen mehr festhalten zu wollen, beginnt sich – objektiv feststellbar – die vom Rechtsschutz-VR übernommene Gefahr zu verwirklichen. Die spätere Kündigung bzw. ein sich hieran anschließender Rechtsstreit, ist dann kein noch versicherbares Risiko mehr. Der VN hat deshalb mit der ernsthaften Androhung einer Kündigung Anlass, für die Durchsetzung seiner Rechte auch kostenauslösende Maßnahmen wie die Konsultation eines Rechtsanwalts zu ergreifen. Dagegen hat er sich versichert.