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  • 07.07.2011 | Privathaftpflichtversicherung

    Kann Lüge einer Minderjährigen gegenüber den Eltern Obliegenheitsverletzung begründen?

    von VRiOLG a.D. Werner Lücke, Telgte

    1. Die Mitversicherung ist Fremdversicherung i.S.d. §§ 74 bis 80 VVG a.F. Den Mitversicherten treffen gem. § 7 Abs. 1 S. 1 AHB 97 die gleichen Obliegenheiten wie den VN.  
    2. Bei der Mitteilung eines Minderjährigen an den Haftpflicht-VR, er sei nicht an einem bestimmten Unfall beteiligt gewesen, handelt es sich um ein Geschäft, das zu seiner Wirksamkeit gem. § 107 BGB der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters bedarf.  
    3. Eine Minderjährige, die nur aus Angst vor Bestrafung die Beteiligung an einem Unfall wissentlich bestreitet, handelt nicht arglistig im Sinne der § 22 VVG a.F., § 123 BGB.  
    (OLG Rostock 28.1.11, 5 U 93/10, Abruf-Nr. 112118)

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    In der Privathaftpflichtversicherung des VN war dessen 15-jährige Tochter mitversichert. Sie hatte unter Geltung des alten Rechts einen Fahrradunfall verschuldet. Aus Angst vor Ärger bestritt sie gegenüber ihren Eltern, an dem Unfall beteiligt gewesen zu sein. Dies teilte der vom VN eingeschaltete RA dem VR mit der Anfrage mit, ob seine Kosten übernommen würden. Der VR hält sich wegen Obliegenheitsverletzung für leistungsfrei.  

     

    LG und OLG haben der Deckungsklage des VN stattgegeben. Die Tochter als Mitversicherte habe gegenüber dem VR gar keine, also auch keine falschen Angaben gemacht und deshalb keine Obliegenheitsverletzung begangen. Auch bei anderer Sichtweise käme keine Leistungsfreiheit in Betracht. Denn die falsche Mitteilung sei eine rechtsgeschäftsähnliche, nach § 107 BGB zustimmungsbedürftige Handlung. Der VN habe aber schon mangels Erklärungsbewusstsein keine Zustimmung erteilt. Dem RA sei es nicht anders ergangen. Denn er habe nicht um Versicherungsschutz nachgesucht, sondern um die Übernahme seiner Kosten.  

     

    Ohnehin komme Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung nur in Betracht, wenn der VN vorher darüber belehrt worden sei. Eine Belehrung sei aber nicht erfolgt. Die Tochter habe auch nicht arglistig gehandelt - nur dann könne eine Belehrung entfallen. Wer gegenüber den Eltern aus Angst vor Bestrafung lüge, handele nicht gegenüber dem VR arglistig.