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  • 09.06.2011 | Krankentagegeldversicherung

    Ende der Leistungspflicht bei Eintritt von BU: Was heißt u.a. „auf nicht absehbare Zeit“?

    von RiLG Dr. Sven Marlow, Berlin

    In der Krankentagegeldversicherung kann der VR bei Eintritt von Berufsunfähigkeit im Sinne von § 15 b) MBKT seine Leistungen einstellen. Durch die jüngere Rechtsprechung des BGH ist hier einiges in Bewegung geraten. Der Beitrag nimmt dies zum Anlass, grundlegende Änderungen und Fragen aufzugreifen.  

     

    Beispielsfall (nach BGH 30.6.10, IV ZR 163/09, Abruf-Nr. 102389, VK 10, 173)

    Die Parteien stritten um Leistungen aus einer Krankentagegeldversicherung des VN wegen einer psychischen Erkrankung. Nachdem der VN bei der (damaligen) BfA Rente wegen voller Erwerbsminderung beantragt hatte, vertrat der VR die Auffassung, dass damit seine Leistungspflicht ende. Denn mit Beginn des Monats der Rentenantragstellung sei der VN als bedingungsgemäß berufsunfähig zu betrachten. Der VN unterzeichnete daraufhin folgende vom VR vorbereitete Erklärung:  

     

    „Ich bin durch die S. darüber informiert worden, dass aufgrund Berufsunfähigkeit kein Anspruch auf die Zahlung von Krankentagegeld nach dem 31.8.03 mehr besteht.

     

    Am 15.3.03 habe ich einen Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) gestellt. Mir ist bekannt, dass eine Rentenzahlung rückwirkend zum Beginn des Monats der Antragstellung erfolgt. Eine Entscheidung über den Antrag ist mir bisher nicht zugegangen.

     

    Das Angebot der S., auch über den 31.8.03 hinaus freiwillig Krankentagegeld in Höhe des bisher versicherten Tarifs zu zahlen, nehme ich an. Gleichzeitig verpflichte ich mich, die ab dem 1.9.03 erhaltenen Beträge nach der Bewilligung der Berufsunfähigkeitsrente an die S. zurückzuzahlen.“

     

    Dem VN wurde später rückwirkend zum 1.1.03 und befristet bis zum 31.12.06 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt. Der VR stellte daraufhin seine Leistungen ein und verlangte u.a. seine seit dem 1.9.03 erbrachten Zahlungen zurück. Der VN verlangte widerklagend die Fortzahlung der KT-Leistungen.  

     

    Die Klage des VR hatte in den Instanzen keinen Erfolg. Nachdem der BGH die Revision zugelassen hatte, hob er das Berufungsurteil auf und verwies den Rechtsstreit an das OLG zurück.  

     

    Lösung des BGH: Parteivereinbarung war unwirksam

    Der BGH verneinte zunächst einen Rückzahlungsanspruch des VR aus der zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung. Der VR könne sich darauf nach Treu und Glauben nicht berufen. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist es einem VR nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf eine Vereinbarung über die Leistungspflicht nach (behauptetem) Eintritt des Versicherungsfalls zu berufen, die die vertragliche Rechtsposition des VN einschränkt, wenn er den VN nicht deutlich darauf hingewiesen hat, wie sich seine Rechtsposition darstellt und in welcher Weise ein Abschluss der Vereinbarung sie einschränkt (insbes. BGH VersR 07, 633 - sog. Krabbenfischer-Fall). Die „Erklärung“ benachteiligte den VN hier dadurch, dass sie bei Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung eine Rückzahlungspflicht des VN vorsah. Ein Rentenbezug wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit schließt den Anspruch auf Krankentagegeld aber nur aus, wenn dies als Beendigungsgrund ausdrücklich vereinbart ist. Eine entsprechende Klausel in den AVB fehlte hier. Vielmehr waren an einen Rentenbezug wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit keine Konsequenzen geknüpft. Ein entsprechender Hinweis des VR gegenüber dem VN auf die Verschlechterung seiner Rechtsposition fehlte.  

     

    Ob darüber hinaus ein Rückzahlungsanspruch des VR (nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB oder ggf. nach § 7 S. 2 MBKT) oder ein (vertraglicher) Fortzahlungsanspruch des VN besteht, entschied der BGH nicht. Er verwies die Sache wegen Verfahrens- und Rechtsfehler (siehe dazu z.T. VK 10, 173 und z.T. sogleich) insoweit an das Berufungsgericht zurück.