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  • 05.11.2009 | Betriebshaftpflichtversicherung

    Wann muss der Versicherer Freilegungskosten für die Neuerstellung eines Gewerks tragen?

    von VRiOLG a.D. Werner Lücke, Telgte

    1. Freilegungskosten, die für die Reparatur einer mangelhaft reparierten Sache anfallen, sind Vermögensschäden.  
    2. Sind Vermögensschäden abweichend von § 1 Ziff. 3 AHB 95 im Vertrag als versichert bezeichnet, sind Freilegungskosten auch entgegen der vereinbarten Erfüllungsklausel zu ersetzen.  
    3. Die Kosten des nach Ablehnung vom VN allein geführten Haftpflichtprozesses sind anteilig gemäß dem vom VR zu gewährenden Versicherungsschutz zu erstatten.  
    (OLG Hamm 27.3.09, 20 U 87/08, Abruf-Nr. 093546)

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der VN hat eine Betriebshaftpflichtversicherung unter Geltung der AHB 95 mit der Zusatzbestimmung unterhalten, dass abweichend von § 1 Ziff. 3 AHB auch Vermögensschäden versichert sind. Er hatte den Auftrag übernommen, in einem Krankenhaus die sanitäre Installation zu sanieren. Dabei führte er auch die Installation der Kaltwasserleitungen im Hartlötverfahren aus, obwohl hierfür das Weichlötverfahren vorgegeben war. In der Folgezeit trat deswegen im Leitungswassersystem eine Vielzahl von Undichtigkeiten auf. Das Krankenhaus machte die vom Sachverständigen ermittelten Kosten für die erforderliche komplette Neuverlegung der Installation, die Kosten für die dafür erforderlichen Vor- und Nacharbeiten, von den Parteien „Hochbau“ genannt (Mauer- und Deckendurchbrüche schaffen und wieder verschließen, Fliesen abschlagen und wieder verlegen, Malerarbeiten usw.) geltend. Ferner stellte das Krankenhaus einen Feststellungsantrag wegen möglicher weiterer Schäden einschließlich von entgangenem Gewinn. Der VN wurde deswegen rechtskräftig verurteilt.  

     

    Der VR hat Leistungen unter Hinweis auf die vereinbarte Erfüllungsklausel (§ 4 I 6 Abs. 3 AHB 95) abgelehnt. Mit der Klage machte der VN die Kosten für den Hochbau und die Kosten des Haftplichtprozesses geltend. Das LG hat der Zahlungsklage weitgehend stattgegeben. Der durchschnittliche VN verstehe unter einer an die Stelle der Erfüllungsleistung tretenden Ersatzleistung i.S.d. Erfüllungsklausel nicht die Freilegungskosten. Den Feststellungsantrag hat es zurückgewiesen, weil der damit verfolgte entgangene Gewinn nicht vom Versicherungsschutz umfasst sei. Das OLG hat die Kostenquote bzgl. des Haftpflichtprozesses zugunsten des VN verändert und hat im Übrigen die Berufungen zurückgewiesen. Der VR sei für die Kosten Hochbau eintrittspflichtig. Dabei handele es sich nämlich um einen Vermögensschaden. Das Gewerk des VN sei nichts wert gewesen. Die Kosten, die für die Vor- und Nachbereitung für die Neuerstellung des Gewerks notwendigerweise anfallen, verschlechterten die Vermögensposition des Geschädigten und seien deswegen Vermögensschäden. Vermögensschäden seien hier aber durch Besondere Bedingungen ausdrücklich als versichert bezeichnet worden. Dies gehe dem Ausschluss für Erfüllungsschäden vor. Auch der Feststellungsantrag des Haftpflichtprozesses falle weitgehend unter den Versicherungsschutz. Soweit es um die Kosten des Haftpflichtprozesses gehe, sei dies entsprechend zu berücksichtigen.  

     

    Praxishinweis

    Die Parteien waren sich zu Recht einig, dass für die Kosten der notwendig gewordenen wiederholten Installation der Leitungen kein Versicherungsschutz bestand. Hätte der Vertragspartner Vertragserfüllung verlangt, wäre dies schon mangels eines Schadenersatzanspruchs nicht unter die Haftpflichtversicherung gefallen. Wenn er stattdessen einen Schadenersatzanspruch wählt, der die Kosten der Erfüllung betrifft, gilt nichts anderes, weil auch an die Stelle der Erfüllung tretende Ersatzleistungen vom Versicherungsschutz ausgenommen sind (§ 4 I 6 Abs. 3 AHB 95). Es ist weitgehend unstreitig, dass dazu auch Nutzungsausfall (OLG Naumburg VersR 97, 179) und entgangener Gewinn (OLG Düsseldorf r+s 06, 327) gehören.