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  • 08.03.2011 | Allgemeines Versicherungsvertragsrecht

    Antragsformular: Nachfrageobliegenheit des Versicherungsagenten bei unklaren Angaben

    von VRiOLG a.D. Hellmut Münstermann, Aachen

    1. Macht der Antragsteller bei der mündlichen Beantwortung von Antragsfragen gegenüber dem Versicherungsagenten, der das Antragsformular ausfüllt, unvollständige Angaben, hat der Versicherungsagent für die nach Sachlage gebotenen Rückfragen zu sorgen.  
    2. Unterlässt der Versicherungsagent gebotene Rückfragen, geht dies zulasten des VR, auch wenn dieser von den Umständen, die Anlass zur Rückfrage gegeben haben, keine Kenntnis erlangt hat. Der VR kann sich dann nach Treu und Glauben nicht auf die Unvollständigkeit der Angaben des Antragstellers berufen.  
    (OLG Hamm 10.12.10, 20 U 21/09, Abruf-Nr. 110627)

     

    Sachverhalt

    Der VN nimmt den VR aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung auf Leistungen in Anspruch. Der VR hat den Eintritt der Berufsunfähigkeit bestritten, wegen Verschweigens von Vorerkrankungen im Antrag den Rücktritt erklärt und Leistungen abgelehnt. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des VN hatte Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet. Der Rücktritt des VR ist nicht berechtigt. Es lässt sich nicht feststellen, dass der VN bei Antragstellung falsche Angaben gemacht hat. Der Zeuge S ist bei der Vermittlung als Agent des VR tätig geworden und hat zudem das Antragsformular ausgefüllt. Deshalb erbringt das ausgefüllte Antragsformular allein nicht den Beweis für eine Falschbeantwortung der Antragsfragen, wenn - wie hier - der VN substanziiert behauptet, den Agenten mündlich informiert zu haben oder von ihm mit den einzelnen Fragen gar nicht konfrontiert worden zu sein. Der Agent ist „Auge und Ohr“ des VR. Was er bei Antragsaufnahme vom Antragsteller erfährt, wird dem VR zugerechnet. Deshalb muss der VR beweisen, dass alle Fragen im Antragsformular dem Antragsteller tatsächlich gestellt und von diesem so wie niedergelegt beantwortet worden sind.  

     

    Der VN hat auch bei seiner Anhörung vor dem Senat wie schon beim LG erklärt, er habe gegenüber dem Zeugen S mehrfache Verletzungen, ärztliche Behandlungen und Krankschreibungen angegeben, worauf der Zeuge erklärt habe, danach frage der VR nicht. Weiter habe er auf die aktuelle Krankschreibung und seinen Fußverband verwiesen. Sein Hausarzt habe von dem Vorliegen einer Arthritis nichts gesagt. Von einer Entzündung habe er dem Zeugen S nichts gesagt. Auf seine Bemerkung, der VR solle sich an den Hausarzt wenden, wenn er Genaueres wissen wolle, habe der Zeuge geäußert, dies mache der VR ohnehin. Der Zeuge habe keinen Laptop und keinen Drucker mit sich geführt und die Fragen aus einem Formular vorgelesen.