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  • · Nachricht · P-Konto

    Keine generelle Freigabe von Beihilfen und privaten Krankengeldern

    | In der gerichtlichen Praxis beanspruchen Schuldner immer wieder nach § 906 Abs. 2 ZPO die generelle Freistellung künftiger Zahlungen der Beihilfestelle und der privaten Krankenversicherung im Wege eines Blankettbeschlusses. Zu Recht? |

     

    Nein! Nach § 902 Nr. 6 ZPO setzt das Vollstreckungsgericht zwar auf Antrag einen von § 899 Abs. 1 und 902 S. 1 ZPO abweichenden pfändungsfreien Betrag fest, wenn sich aus einer bundes- oder landesrechtlichen Vorschrift eine solche Abweichung ergibt. Nach § 906 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ist der Freibetrag aber in der Regel zu beziffern. Mit diesem Erfordernis ist es grundsätzlich unvereinbar, künftige, zum Antragszeitpunkt völlig unbekannte Zahlungen pfändungsfrei zu stellen. Denn insoweit ist eine Bezifferung naturgemäß nicht möglich.

     

    Das Bezifferungsgebot gilt zwar ausweislich des Wortlauts nur „in der Regel“. Das meint aber nicht, dass für alle grundsätzlich pfändungsfreien Zahlungseingänge im Wege eines unbezifferten Blankettbeschlusses eine Freistellung in unbestimmter Höhe erfolgen kann.

     

    Mit der Formulierung „in der Regel“ wollte der Gesetzgeber nur die Möglichkeit offenlassen, in der Höhe variierendes, gepfändetes Arbeitsentgelt auch auf dem P-Konto pfändungsfrei zu stellen, ohne dass es für jede monatliche, in der Höhe variierende Zahlung des Arbeitgebers einer gesonderten, bezifferten Festsetzung bedarf. Eine weitergehende Ausdehnung der unbezifferten Festsetzung war vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt (BT-Drucksache 19/19850, 43; LG Münster 21.6.23, 5 T 163/23).

     

    MERKE | Eine vom Schuldner beantragte Freistellung sämtlicher Zahlungen der Beihilfestelle und der privaten Krankenversicherung ist mit der Konstellation eines in der Höhe variierenden, gepfändeten Einkommens nicht vergleichbar: Arbeitseinkommen wird typischerweise monatlich überwiesen. Zahlungen der Beihilfe oder eines privaten Krankenversicherers erfolgen nicht in dieser Regelmäßigkeit, sondern nur anlassbezogen, etwa wenn aufgrund von Krankheit Arztkosten entstanden sind, auf deren Erstattung der Schuldner einen Anspruch hat.

     

    Anders als bei Arbeitseinkommen ist zudem völlig unklar, wann und in welcher Höhe Zahlungen der Beihilfe oder des Versicherers an den Schuldner vorgenommen werden und auf welchem Sachverhalt diese genau beruhen. Hinzu kommt, dass bei Eingang solcher Zahlungen auch noch keine Prüfung der Pfändbarkeit im Einzelfall stattgefunden hat.

     

    Bei gepfändetem Arbeitsentgelt hat hingegen bereits eine entsprechende Überprüfung stattgefunden und der Arbeitgeber überweist bereits nur den unpfändbaren Anteil auf das P-Konto.

     
    Quelle: Ausgabe 04 / 2024 | Seite 55 | ID 49912328