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  • 12.09.2013 · IWW-Abrufnummer 132925

    Amtsgericht Augsburg: Beschluss vom 12.06.2013 – 1 M 3960/13

    Der Gerichtsvollzieher ist an die vom Gläubiger bestimmte Reihenfolge der durchzuführenden Vollstreckungsmaßnahmen gebunden, worunter auch die vom Gläubiger beantragte gütliche Einigung im Sinne von § 802 a Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO fällt.


    AG Augsburg

    12.06.2013

    1 M 3960/13

    Tenor:

    Der Antrag des Gläubigers gerichtet auf Erlass eines Haftbefehls wird derzeit zurückgewiesen.
    Gründe

    Mit Gläubigerschreiben vom 31.01.2013 wurde Antrag auf gütliche Einigung und anschließender Vermögensauskunft gestellt. Dabei wurde u.a. ausgeführt "In folgender Reihenfolge - jeweils nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen - zu verfahren, wobei die Vollstreckung mit einer Folgemaßnahme nur fortzusetzen ist, wenn die vorherige Maßnahme fruchtlos bleibt: 1. Mit dem Schuldner soll eine gütliche Einigung im Sinne von § 802 b ZPO nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmung versucht werden. 2. Dem Schuldner soll die Vermögensauskunft nach § 802 c ZPO abgenommen werden.....". Der Gerichtsvollzieher lud den Schuldner mit Schreiben vom 20.03.2013 unter Beachtung von § 802 f Absatz 4 ZPO. Der Schuldner ist zu dem Termin nicht erschienen.

    Der Haftbefehlsantrag ist zurückzuweisen, weil der Gerichtsvollzieher entgegen dem Vollstreckungsauftrag nicht zunächst eine gütliche Einigung versucht hat, sondern sofort nach § 802 f ZPO vorgegangen ist.

    Der Gläubiger ist grundsätzlich Herr der Zwangsvollstreckung und kann aufgrund der Dispositionsmaxime nicht nur die Art der Vollstreckungsmaßnahme, sondern auch die Reihenfolge der Durchführung bestimmen, wie § 802 a Absatz 2 Satz 2 ZPO deutlich macht (Münchner Kommentar zur ZPO, 4. Auflage, § 802 a ZPO RdNr. 4; Hipller/Wasserl, Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung 2012, S. 22Baumbach u.a., 71. Auflage § 802 a ZPO RdNr. 12; BeckOK ZPO § 802a RdNr. 5; Harnacke/Bungardt DGVZ 2013, 1, Fall 2). Dies lässt sich auch der Gesetzesbegründung entnehmen, wenn es dort heißt "Absatz 2 bezeichnet in Satz 1 Nr. 1 bis 5 bestimmte vollstreckungsrechtliche Standardbefugnisse bei der Geldvollstreckung, die dem Gerichtsvollzieher auf Grund des Vollstreckungsauftrags des Gläubigers zustehen. Die Aufzählung folgt dem regelmäßigen Vollstreckungsablauf. Art und Umfang des Vollstreckungszugriffs bestimmt jedoch der Gläubiger, der seinen Vollstreckungsauftrag auf einzelne Maßnahmen nach Satz 1 beschränken kann. Insbesondere muss er nicht - wie bisher - zunächst einen Pfändungsversuch durchführen lassen. Vielmehr kann er sich zunächst Informationen über die aktuelle Vermögenssituation des Schuldners verschaffen und anschließend über die Einleitung gezielter Vollstreckungsmaßnahmen entscheiden. Ein sofortiger Pfändungsversuch im Sinne des § 807 Abs. 1 ZPO-E wird dadurch ebenso wenig ausgeschlossen wie ein kombinierter Auftrag auf Sachaufklärung und gegebenenfalls anschließende Vollstreckung" (Bundesdrucksache 16/10069, S. 24 linke Spalte).

    Dies gilt auch für den Auftrag, eine gütliche Einigung zu versuchen (§ 802 a Absatz 2 Satz 1 Nr. 1). Zwar soll der Gerichtsvollzieher unabhängig von einem entsprechenden Auftrag nach § 802 b ZPO versuchen, eine gütliche Einigung zwischen Gläubiger und Schuldner herbeizuführen. Jedoch wurden durch das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung nicht nur die Befugnisse für den Gerichtsvollzieher hinsichtlich einer gütlichen Einigung erweitert (vgl. § 802 b ZPO und §§ 806 b, 813a und 900 Absatz 3 ZPO a.F.), sondern dem Gläubiger das Recht eingeräumt, die gütliche Einigung zu beantragen und zwar sogar isoliert (vgl. Gesetzesbegründung, Bundesdrucksache 10/10069, S. 24 , rechte Spalte Absatz 3 Satz 2: "Für die gütliche Erledigung gilt dies aber nur, wenn sie isoliert beantragt wird"). Wenn nun ein Gläubiger zunächst isoliert einen Auftrag auf gütliche Einigung stellen und dann nach Erfolglosigkeit durch einen neuen Auftrag weitere Vollstreckungsmaßnahmen beantragen kann, muss es ihm verfahrensvereinfachend auch gestattet sein, dass er den gütlichen Einigungsversuch und weitere aufschiebend bedingte Maßnahmen in einem Auftragsschreiben stellt.

    Ob die gütliche Einigung in einem solchen Fall kostenrechtlich als Nebengeschäft im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 3 GvKostG anzusehen ist und die Folgeaufträge bedingt im Sinne von Nr. 2 Absatz 2 DB-GvKostG gestellt sind (letzteres wohl verneinend Kessel DGVZ 2013, 213), bedarf hier keiner Entscheidung.

    RechtsgebietGerichtsvollziehervollstreckungVorschriften§ 802a ZPO