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  • 24.05.2013 · IWW-Abrufnummer 131648

    Amtsgericht Berlin-Charlottenburg: Beschluss vom 09.04.2013 – 34 M 8013/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Amtsgericht Charlottenburg

    Beschluss

    Geschäftsnummer: 34 M 8013/13

    Tenor

    In der Zwangsvollstreckungssache ... wird die Erinnerung des Gläubigers vom 28.02.2013 gegen die Weigerung des Beteiligten vom 27.02.2013 - GZ DR II 340/13 -, den Auftrag des Gläubigers vom 22.02.2013 durchzuführen und der Schuldnerin nach § 802 c ZPO die Vermögensauskunft abzunehmen, auf Kosten d. Gläubigers zurückgewiesen.

    Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; im übrigen hat der Gläubiger die Kosten zu tragen.

    Gründe

    Der Gläubiger betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Wedding vom 06.06.2012 - GZ 12-0816898-0-3 - und beauftragte den Beteiligten mit Schriftsatz vom 22.02.2012, einen Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 802 c ZPO zu bestimmen, der Schuldnerin die Vermögensauskunft entsprechend abzunehmen und nach § 802 c Abs. 3 ZPO an Eides statt versichern zu lassen.

    Mit Schreiben vom 27.02.2013 lehnte der Beteiligte die Ausführung des Auftrags u.a. mit der Begründung ab, dass die Schuldnerin am 01.12.2010 beim Amtsgericht Charlottenburg zum GZ 34 M 977/10 die eidesstattliche Versicherung nach „altem Recht“ abgegeben, diese eine Gültigkeitsdauer von drei Jahren habe und eine erneute Abgabe der Vermögensauskunft daher nicht möglich sei (§ 39 EGZPO).

    Hiergegen wendet sich der Gläubiger mit seiner Erinnerung vom 28.02.2013. Er ist der Auffassung, § 39 Nr. 4 Satz 1 EGZPO bestimme, dass die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach dem bis zum 31.12.2012 geltenden Recht der Abgabe der Vermögensauskunft nach dem ab dem 01.01.2013 geltenden Recht gleich stehe und mithin auch für diese lediglich die in § 802 d ZPO auf zwei Jahre verkürzte Schutzfrist gelte.

    Der Beteiligte hat der Erinnerung unter Berufung auf einen (Parallel-)Beschluss des Amtsgerichts Wedding vom 01.03.2013 - GZ 33 M 8016/13 - nicht abgeholfen.

    Die gem. § 766 Abs. 2 ZPO zulässige Erinnerung ist unbegründet.

    Die Voraussetzungen für die Abgabe einer Vermögensauskunft gemäß § 802 c ZPO seitens der Schuldnerin liegen derzeit nicht vor.

    Die Schuldnerin hat am 01.12.2010 vor dem Gerichtsvollzieher des Amtsgericht Charlottenburg zum GZ 34 M 977/10 die eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO a.F. abgegeben. Sie wäre daher gemäß § 903 ZPO a.F. in den ersten drei Jahren nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung einem Gläubiger gegenüber zur nochmaligen eidesstattlichen Versicherung nur verpflichtet, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der bzw. die Schuldner/in nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung Vermögen erworben oder ein bisher bestehendes Arbeitsverhältnis mit ihr/ihm aufgelöst worden ist.

    Dieser 3-jährigen Schutz- (bzw. Sperr-)frist unterliegt jeder Schuldner, der noch nach alten Recht eine eidesstattliche Offenbarungsversicherung abgeben hat. Diese Schutzfrist von drei Jahren wird auch nicht unter Hinweis auf die Übergangsvorschrift des § 39 Nr. 4 Satz 1 EGZPO auf eine nur zweijährige Schutzfrist für den vorliegenden Fall verkürzt.

    Denn die Übergangsvorschrift des § 39 Nr. 4 Satz 1 EGZPO stellt die eidesstattliche Versicherung nach altem Recht nicht generell und pauschal einer Vermögensauskunft nach neuem Recht gleich, sondern nur in Bezug auf § 802 d ZPO („erneute Vermögensauskunft“), mithin (nur) vermeintlich bei der Prüfung der Schutz-(Sperr-)frist.

    Sowohl in der Begründung der Gesetzesinitiative (vgl. Bundesstagsdrucksache 304/08, S. 123 ff) als auch in der Begründung des Gesetzesentwurfs (vgl. Bundestagsdrucksache 16/10069, S. 25 f) war in § 802 d Abs. 1 ZPO n.F. eine Sperrfrist von drei Jahren vorgesehen und dazu ausgeführt worden: „ .. Dies entspricht der bislang für die eidesstattliche Versicherung geltende Frist des § 903 ZPO und erscheint unter Berücksichtigung des Aktualitätsinteresses des Gläubigers, der schutzwürdigen Belange des Schuldners und der Belastung der Justiz angemessen...“ (Bundestagsdrucksache 16/10069, S. 25 zu § 802 d (2. Spalte unten)-S. 26 (1. Spalte oben). Der ebenfalls im Gesetzesentwurf enthaltene § 39 Nr. 4 EGZPO bezog sich konsequenterweise auf diese in § 802 d Abs. 1 ZPO n.F. enthaltenen 3-jährigen Sperrfrist, womit sichergestellt werden sollte, dass ein Schuldner, der innerhalb der Sperrfrist des § 802 d Abs. 1 ZPO n.F. (nach dem Gesetzesentwurf: drei Jahre) vor Inkrafttreten des Gesetzes eine eidesstattliche Versicherung nach altem Recht geleistet hat, vor einer Vermögensauskunft nach neuem Recht geschützt bleibt (vgl. Bundestagsdrucksache 16/10069, Seite 53, 1. Spalte zu Nr. 4).

    Diese im Gesetzesentwurf zunächst vorgesehene 3-jährige Sperrfrist wurde dann jedoch in der vom Gesetzgeber letztlich verabschiedeten Neufassung des § 802 d ZPO (n.F.) unter Hinweis auf den Vorrang der Informationsgewinnung auf zwei Jahre verkürzt (vgl. Bundestagsdrucksache 16/10069 S. 55 Zu § 802 d), und zwar ohne dass sodann die entsprechende Übergangsvorschriften entsprechend angepasst wurden (in der Begründung zunächst § 37, jetzt § 39 EGZPO).

    Mit der Verkürzung der Schutz-(Sperr-)frist des § 802 d ZPO hat der Gesetzgeber jedoch nicht beabsichtigt, Schuldnern, die nach der alten Rechtslage eine eidesstattliche Versicherung abgegeben haben, deren Schutz-(Sperr-)frist von drei Jahren unter Hinweis auf § 39 Nr. 4 EGZPO zu verkürzen.

    Hierfür sprechen Rechtssicherheits-, Schuldnerschutz- bzw. Vertrauensgesichtspunkte: Der Schuldner, der die eidesstattliche Offenbarungsversicherung nach altem Recht abgegeben hat, muss auf die ehedem geltende Sperr-/Schutzfrist des § 903 ZPO (a.F.) vertrauen können dürfen, wovon im Grundsatz auch die Begründung im Gesetzentwurf ausgegangen ist. Der Schuldner darf nicht nachträglich schlechter gestellt werden.

    Hierfür spricht im Übrigen ferner die Fortgeltung der §§ 915, 915a ZPO (aF), wonach eine Löschung der Eintragung im (alten) Schuldnerverzeichnis erst nach drei Jahren erfolgt - die Möglichkeit einer vorzeitigen Löschung nach § 39 Nr. 5 S. 3 EGZPO steht dem Grundsatz der Fortgeltung der dreijährigen Sperrfrist für nach altem Recht abgegebene eidesstattliche Offenbarungsversicherungen nicht entgegen.

    Entgegen der Auffassung verschiedener Amtsgerichte (vgl. nur AG Osnabrück, Beschl. v. 15. Febr. 2013 - 27 M 59/13) schließt sich auch dieses Gericht der Auffassung anderer Gerichte (vgl. etwa AG Wedding, Beschl. v. 1. März 2013 - 33 M 8016/13 oder AG Charlottenburg, Beschluss vom 28.03.2013 - 38 M 8030/13) an, dass die Übergangsvorschrift des § 39 Nr. 4 EGZPO lediglich das Recht des Gläubigers regelt, dass die Abschrift eines alten Vermögensverzeichnisses, welches noch innerhalb der Sperrfrist gültig ist und beim Vollstreckungsgericht hinterlegt bleibt, auch bei einem Antrag ab dem 1.01.2013 noch vom Vollstreckungsgericht erteilt wird, da das neue Recht keinen Antrag auf Erteilung einer Abschrift eines Vermögensverzeichnisses vorsieht (so Stefan Mroß, DGVZ 2012, 169 ff.).

    Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 1 GKG, 97 ZPO analog.

    RechtsgebieteZPO, ZPOEGVorschriften§ 802c ZPO vom 22.12.2011, § 802d ZPO vom 29.07.2009, § 39 ZPOEG, § 807 ZPO vom 05.12.2005, § 903 ZPO vom 05.12.2005