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  • 06.05.2025 · IWW-Abrufnummer 247962

    Oberlandesgericht Brandenburg: Beschluss vom 29.11.2024 – 3 W 121/24

    1. Eine unvertretbare Handlung, die der Mitwirkung eines Dritten bedarf, kann nach § 888 ZPO vollstreckt werden, wenn nur der Wille des Schuldners zu beugen ist. 2. Die Schuldner müssen alle zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die Mitwirkung des Dritten zu erlangen.


    Oberlandesgericht Brandenburg, Beschluss vom 29.11.2024, Az. 3 W 121/24

    Tenor:

    1. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubiger wird der Beschluss der Landgerichts Cottbus vom 16.08.2024, Az 3 O 48/24 abgeändert:

    2. Gegen die Schuldner wird wegen Nichtvornahme der ihr aufgrund des Teil-Versäumnisurteils des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 17.06.2024 02.07.2021 (Az. 3 O 48/24) obliegenden Pflichten zur Erteilung der Auskunft über den Bestand des Nachlasses des am 17.11.2021 in Berlin verstorbenen Erblassers W...G...G...G... durch Vorlage eines notariellen Bestandsverzeichnisses, welches folgende Punkte umfasst:

    a. alle beim Erbfall vorhandenen Sachen und Forderungen (Aktiva),

    b. alle beim Erbfall vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten,

    c. alle ergänzungspflichtigen Zuwendungen, die der Erblasser zu Lebzeiten getätigt hat,

    ein Zwangsgeld in Höhe von 500 €, ersatzweise für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit ein Tag Zwangshaft je 100,00 EUR festgesetzt

    3. Die Kosten des Zwangsvollstreckungs- und des Beschwerdeverfahrens tragen die Schuldner.

    4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

    Gründe
    Die gemäß § 793 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Gläubiger hat in der Sache Erfolg.

    Der Antrag der Gläubiger ist insgesamt begründet. Gegen die Schuldner war gemäß § 888 ZPO ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, zu verhängen.

    Die Schuldner können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie hätten alles in ihrer Macht zur Erfüllung der sie gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB treffenden Auskunftsverpflichtung durch Vorlage eines notariell beurkundeten Verzeichnisses getan.

    Eine - wie hier - unvertretbare Handlung, die der Mitwirkung eines Dritten (im Streitfall: des Notars) bedarf, kann dann nach § 888 ZPO vollstreckt werden, wenn nur der Wille des Schuldners zu beugen ist. Die Zulässigkeit von Zwangsmaßnahmen nach § 888 ZPO setzt voraus, dass die vorzunehmende Handlung ausschließlich von dem Willen des Verpflichteten abhängt. Hieran fehlt es, wenn die Handlung dem Verpflichteten unmöglich ist oder wenn sie von einem dem Einfluss des Verpflichteten entzogenen Willen abhängt, gleichgültig, ob dies auf einem Verschulden des Verpflichteten beruht oder nicht. Die Festsetzung eines Zwangsmittels wegen Nichtvornahme einer unvertretbaren Handlung setzt voraus, dass der Schuldner zu ihrer Vornahme tatsächlich in der Lage ist. Danach scheidet die Festsetzung eines Zwangsmittels gemäß § 888 Abs. 1 ZPO aus, wenn der Schuldner die geschuldete Handlung nicht vornehmen kann, und zwar auch dann, wenn er sein Unvermögen schuldhaft herbeigeführt hat (OLG Nürnberg, Beschluss vom 26. August 2009 - 12 W 1364/09 -, Rn. 16, juris; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 22. Juli 2015 - 3 W 59/15 -, Rn. 11, juris). Der Schuldner ist jedoch im Vollstreckungsverfahren gemäß § 888 ZPO in Fällen, in denen die Möglichkeit der Vornahme einer Handlung von der Mitwirkung eines Dritten abhängt und diese Mitwirkung zweifelhaft ist, auch verpflichtet, die Handlung des (ihm gegenüber) mitwirkungspflichtigen Dritten mit der gebotenen Intensität einzufordern, die ihm zustehenden tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Dritten zu einer Mitwirkung zu bewegen und alle insoweit zumutbaren Maßnahmen - ggf. einschließlich eines gerichtlichen Vorgehens - zu ergreifen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 8. August 2023 - 19 W 4/23 -, juris; OLG Nürnberg, Beschluss vom 26. August 2009 - 12 W 1364/09 -, Rn. 17, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 27. Februar 2023 - I-5 W 30/22 -, juris).

    Die geschuldete Handlung muss noch im Zeitpunkt der Vollstreckung ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängen (BGH, Beschl. v. 18.12.2008 - I ZB 68/08, juris, Rn. 21; OLG Hamm, Beschluss vom 27. Februar 2023 - I-5 W 30/22 -, juris). Legt der Schuldner dar und weist nach, dass er seinerseits die zur Erbringung der Mitwirkungshandlung des Notars erforderlichen eigenen Mitwirkungshandlungen erbracht hat (also seinerseits dem Notar Auskunft erteilt hat hinsichtlich Nachlassbestand, Schenkungen und Zuwendungen des Erblassers) sowie, dass er in der Folge trotz intensiven Bemühens um die weitere Mitwirkungshandlung des Notars diese nicht erlangen konnte, kommt in Betracht, dass die titulierte Verpflichtung des Schuldners nicht unmittelbar erzwungen werden kann, eine Zwangsmittelfestsetzung somit zu unterbleiben hat (OLG Nürnberg, a. a. O., Rn. 19; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.10.2016 - I-7 W 67/16, juris, Rn. 19).

    Gemessen an diesen Vorgaben haben die Schuldner nicht hinreichend dargetan, dass sie alles in ihrer Macht Stehende unternommen haben, um möglichst kurzfristig das von ihnen verlangte Nachlassverzeichnis vorlegen zu können.

    Maßgebend sind hierbei die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde (OLG Hamm, Beschluss vom 27. Februar 2023 - I-5 W 30/22 -, juris; Zöller/Seibel, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 888 ZPO, Rn. 17). Maßgeblich ist also, ob der Schuldner zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat alles in seiner Macht Stehende getan hat, um die Mitwirkung des beauftragten Notars zu erlangen (OLG München, Beschluss vom 10. November 2022 - 33 W 775/22 -, juris).

    Dies kann nicht festgestellt werden.

    Bereits die eigenen Mitwirkungshandlungen haben die Schuldner nur unzureichend erbracht.

    Sie haben den Notar zwar bereits im Jahr 2023 mit der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses beauftragt. Obwohl ihnen aber spätestens durch das Schreiben des Notars vom 03.05.2024 bekannt war, dass die zur Erstellung des Nachlassverzeichnisses benötigten Kontoauszüge von der Bank erst nach Zahlung der Rechnung und Übermittlung einer entsprechenden Bestätigung an den Notar übersandt werden würden, haben sie die Begleichung der Rechnung hinausgezögert und zunächst unter Hinweis auf die ausufernden Kosten versucht, die Gläubiger zu einem Vergleich zu bewegen. Der Nachweis der Zahlung wurde dem Notar erst mit Schreiben vom 15.07.2024 übermittelt, also mehr als zwei Monate nach Aufforderung durch den Notar.

    Darüber hinaus fehlt es im weiteren Verlauf bis heute an den erforderlichen Handlungen des intensiven Bemühens um die weitere Mitwirkungshandlung des Notars. Es ist nicht ausreichend, zunächst einen Notar zu beauftragen, ohne sich dann im Nachgang um eine fristgemäße Erstellung und Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses zu bemühen. Dass seitens der Vollstreckungsschuldner im weiteren Verlauf alles in ihrer Macht Stehende getan worden ist, um die Mitwirkung des Dritten zu erlangen, haben diese nicht dargelegt (vgl. Herzog, in: Staudinger BGB, 2021, § 2341 BGB, Rn. 375 m. w. N.; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 17.04.2018 - 5 W 16/18, juris, Rn. 30).

    Es ist nicht erkennbar, dass die Schuldner in der Folgezeit hinreichend nachdrücklich auf eine Fertigstellung des Verzeichnisses hingewirkt haben. Hinsichtlich solcher Bemühungen nach Erlass des Anerkenntnisurteils haben die Schuldner lediglich mit Schriftsatz vom 12.08.2024 ausgeführt, dass der Notar nochmals gebeten worden sei, das Nachlassverzeichnis zu erstellen. Dass die Schuldner regelmäßig fernmündlich oder schriftlich unter ausdrücklichem Hinweis auf die Eilbedürftigkeit den Notar zu einer zeitnahen Erstellung des Verzeichnisses bewegt haben, ist dagegen nicht dargetan. Spätestens nach dem Antrag der Gläubiger auf Festsetzung von Zwangsmitteln gegen sie nach § 888 ZPO konnten die Schuldner es einer einmaligen Sachstandsanfrage nicht belassen, sondern wären gehalten gewesen, dem Notar eine angemessene Fertigstellungsfrist zu setzen und ihm - für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs - die Erhebung einer Untätigkeitsbeschwerde nach § 15 Abs. 1 BNotO anzudrohen. Dies ist - auch im Laufe des Beschwerdeverfahrens bis heute - nicht erfolgt. Dass eine Fristsetzung im vorliegenden Fall nicht zur zeitnahen Fertigstellung geführt hätte, weil aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten ein hoher Zeitaufwand erforderlich war, ist nicht ebenfalls nicht dargetan.

    Als Höhe des Zwangsgeldes hält der Senat einen Betrag von 500,00 € für angemessen. Angesichts des Umstandes, dass die Gläubiger mit dem Notar in Kontakt stehen und sich der Erteilung der Auskunft nicht gänzlich entziehen, erscheint das angedrohte Zwangsgeld erforderlich, aber auch ausreichend, um die Schuldner zur Vornahme der geschuldeten Handlung anzuhalten.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

    Die Festsetzung eines Gegenstandswertes für das Zwangsvollstreckungs- bzw. Beschwerdeverfahren ist nicht erforderlich.

    Die insoweit anfallenden Gerichtskosten sind (streitwertunabhängige) Festgebühren (vgl. Nr. 2111, Nr. 2121 KV-GKG), so dass es einer Wertfestsetzung hierfür nicht bedarf.

    RechtsgebietZwangsgeldVorschriften§ 888 ZPO