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  • 21.06.2018 · IWW-Abrufnummer 201922

    Oberlandesgericht Dresden: Urteil vom 02.05.2018 – 1 U 1708/17

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Dresden

    Urt. v. 02.05.2018


    In dem Rechtsstreit
    K... GmbH Handelsgesellschaft, ...
    vertreten durch den Geschäftsführer G. S.
    - Klägerin und Berufungsklägerin -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte W... & W...
    gegen
    Freistaat Sachsen
    vertreten durch das Landesamt für Steuern und Finanzen,
    dieses wiederum vertreten durch den Präsidenten
    - Beklagter und Berufungsbeklagter -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte P...

    wegen Amtshaftung

    hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
    Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht R.,
    Richterin am Oberlandesgericht F. und
    Richter am Oberlandesgericht G.

    aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.04.2018

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 23.11.2017 - Az.: 5 O 333/16 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
    2. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind hinsichtlich der Kosten des Beklagten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
    3. Die Revision wird zugelassen.

    Gründe

    A.

    Die Klägerin macht Amtshaftungsansprüche gegenüber dem Beklagten im Hinblick auf eine Zustellung einer einstweiligen Verfügung durch die Obergerichtsvollzieherin E. zu deren Aktenzeichen: DR I 1434/14 geltend.

    Nach Erwirkung einer einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht Saarbrücken - Az.: 7 O 59/14 - gegenüber dem dortigen Verfügungsbeklagten, dem Zeugen M. G., beauftragte die Klägerin durch anwaltliches Schreiben vom 26.08.2014 die Obergerichtsvollzieherin E. mit der Parteizustellung des Beschlusses des Landgerichtes Saarbrücken vom 18.04.2014. Als Anlagen zu dem genannten Auftragsschreiben vom 26.08.2014 wurden "2 Ausfertigungen d. Beschlusses, 2 x Antragsschrift u. Anlagen, 1 Abschrift des Beschlusses" genannt.

    Die Zustellung an den Zeugen G. erfolgte per Post am 29.08.2014. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der von der Obergerichtsvollzieherin zusammengehefteten und beglaubigten Zustellsendung eine Ausfertigung des Beschlusses vom 18.08.2014 oder nur eine von der Urkundsbeamtin nicht unterschriebene Abschrift der Ausfertigung beilag.

    Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 22.12.2014 stellte der Zeuge G. im einstweiligen Verfügungsverfahren Aufhebungsantrag unter Berufung auf § 927 ZPO und stützte diesen darauf, dass die Vollziehungsfrist nach § 929 Abs. 2 ZPO versäumt wurde.

    Das Landgericht Saarbrücken gab dem Antrag statt und hob mit Urteil vom 06.05.2015 die einstweilige Verfügung vom 18.08.2014 auf.

    Mit ihrer Klage macht die Klägerin die Erstattung der ihr im einstweiligen Verfügungsverfahren entstandenen Kosten als Schadensersatz geltend.

    Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, vgl. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

    Das Landgericht hat darüber Beweis erhoben, ob der Zustellsendung eine Ausfertigung der Beschlussverfügung beilag oder nicht. Mit Urteil vom 23.11.2017 hat es die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe den Nachweis nicht führen können, dass der Zustellsendung keine Ausfertigung beigefügt gewesen sei. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.

    Gegen das ihr am 28.11.2017 zugestellte Urteil des Landgerichtes Chemnitz hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 06.12.2017 - beim Oberlandesgericht eingegangen am gleichen Tage - Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

    Mit Verfügung vom 28.03.2018 hat der Senat darauf hingewiesen, dass selbst für den Fall, es sei lediglich eine Kopie des Verfügungsbeschlusses zugestellt worden, eine Heilung nach § 189 ZPO in Betracht zu ziehen sei.

    Die Klägerin trägt in der Berufungsinstanz vor:

    Die Übersendung einer beglaubigten Abschrift einer Kopie der Beschlussverfügung sei für eine Vollziehung der einstweiligen Verfügung nicht ausreichend. Eine Heilung nach § 189 ZPO komme vorliegend nicht in Betracht. Denn eine solche setze die Zustellung eines Titels i.S. des § 317 ZPO und mithin der entsprechende Zugang voraus und nicht der Zugang irgendeines Schriftstückes in irgendeiner Form.

    Darüber hinaus sei die Abweisung des geltend gemachten Schadensersatzanspruches die Folge von Verfahrensfehlern und einer sachfremden und gegen Denkgesetze und wesentliche Grundsätze der Logik verstoßenden Beweiswürdigung des Landgerichts. So sei das Landgericht dem Beweisantrag auf Einvernahme des Prozessbevollmächtigten der Klägerin dazu, dass die Obergerichtsvollzieherin, nachdem sie mit ihrem Fehler erstmals konfrontiert worden sei, diesem gegenüber geäußert habe, überflüssige und nicht mehr benötigte Unterlagen vernichtet zu haben, nicht nachgegangen. Zudem habe das Landgericht mit seiner Erwägung, die Möglichkeit, dass die Ausfertigung im Nachhinein abhanden gekommen sei, sei nicht auszuschließen, die an die Überzeugungsbildung zu stellenden Maßstäbe überspannt.

    Die Klägerin beantragt in der Berufungsinstanz:

    Das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 23.11.2017 unter dem Az.: 5 O 333/16 wird aufgehoben und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.208,45 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen, hilfsweise hinsichtlich der der Klägerin entstandenen Rechtsverfolgungskosten diese durch Zahlung des Betrages von 1.683,85 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit unmittelbar an die Rechtsanwälte W... & W..., xxx, freizustellen.

    Der Beklagte beantragt in der Berufungsinstanz:

    Die Berufung wird zurückgewiesen.

    Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

    Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle des Landgerichts Chemnitz vom 24.10.2016, 16.01.2017 und 24.04.2017, des Amtsgerichts Koblenz vom 01.08.2017 und des Senats vom 20.04.2018 Bezug genommen.

    Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Verfügung vom 14.06.2016 und durch Beschlüsse vom 24.10.2016 und vom 15.05.2017, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

    Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 16.01.2017 und vom 01.08.2017 verwiesen.

    B.

    I.

    Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

    Es kann dahinstehen, ob dem Zeugen G. lediglich eine Kopie des Verfügungsbeschlusses des Landgerichts Saarbrücken vom 18.08.2014 oder eine Ausfertigung zugestellt wurde. Selbst in dem Fall, dass die Obergerichtsvollzieherin, die Zeugin E., an den Zeugen G. tatsächlich nur eine Kopie einer von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle nicht unterschriebenen Ausfertigung des Beschlusses des Landgerichts Saarbrücken zustellte, scheidet ein Schadensersatzanspruch aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG, der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, aus.

    1.

    In allen Vollstreckungsverfahren müssen zwar die für das Verfahren geltenden Vorschriften durch die mit der Vollstreckung befassten Beamten sorgfältig beachtet werden (BGB-RGRK/Kreft, 12. Aufl., § 839 Rn. 378). Dazu gehört bei einer Zustellung durch den Gerichtsvollzieher nach §§ 192 ff. ZPO die Einhaltung der Förmlichkeiten.

    2.

    Nach der bis zum 30.06.2014 geltenden Fassung des § 317 ZPO war für die Wirksamkeit der Zustellung einer Beschlussverfügung gemäß § 936 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 929 Abs. 2 ZPO Voraussetzung, dass eine Ausfertigung des Beschlusses oder eine beglaubigte Abschrift der vom Gericht erteilten Ausfertigung des Beschlusses zugestellt wurde (OLG Zweibrücken, Urt. v. 21.05.2015, Az.: 4 U 145/14, WRP 2016, 280, 281 [OLG Celle 09.11.2015 - 13 U 95/15], Rn. 11; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 4. Aufl., § 12 Rn. 532; GK-UWG/Grosch, 2. Aufl., § 12 Rn. 842, jeweils m.w.N.). Seit der Neufassung von § 317 ZPO zum 01.07.2014 entspricht die Zustellung einer beglaubigten Abschrift des Eilrechtstitels (vgl. § 317 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 169 Abs. 2 ZPO) den formalen Anforderungen auch für eine Beschlussverfügung (Zöller/Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., § 929 Rn. 12a). Die beglaubigte Abschrift muss allerdings vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle stammen. Der bloße Vermerk "beglaubigt" durch den Gerichtsvollzieher - wie vorliegend geschehen - macht diese nicht zur beglaubigten Abschrift (Wieczorek/Schütze/Thümmel, ZPO, 4. Aufl., § 929 Rn. 16).

    Gemessen an diesen Maßstäben würde eine wirksame Zustellung nicht vorliegen, wenn diese derart erfolgt ist, dass die Obergerichtsvollzieherin nicht eine Ausfertigung der einstweiligen Verfügung, sondern lediglich die ihr ebenfalls übersandte Kopie einer nicht von der Urkundsbeamtin unterschriebenen Ausfertigung des Beschlusses mit den anderen Unterlagen, u.a. der Antragsschrift, verbunden hätte und diese an den Zeugen M. G. über die Post vermittelte.

    3.

    Ein etwaiger Zustellungsmangel ist aber jedenfalls nach § 189 ZPO geheilt.

    3.1

    Der Senat schließt sich der Auffassung an, wonach für den die Heilung auslösenden tatsächlichen Zugang des zuzustellenden Dokumentes kein Zugang des zugestellten Originals erforderlich ist, sondern der Zugang einer Kopie ausreicht (OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 06.02.2017, Az.: 19 U 190/16, juris Rn. 14; LG Hamburg, Beschl. v. 05.04.2017, Az.: 327 O 18/17, juris Rn. 5 m.w.N.). Der Auffassung, dass § 189 ZPO lediglich eine Heilung von Mängeln des Zustellungsvorgangs, nicht aber eine Heilung von Mängeln des zuzustellenden Dokuments ermögliche (OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.01.2014, Az.: 6 U 118/13, DGVZ 2014, 127, 129; OLG Zweibrücken, WRP 2016, 280, 281 [OLG Celle 09.11.2015 - 13 U 95/15], Rn. 14; OLG München, Urt. v. 14.09.2017, Az.: 6 U 1864/17, juris Rn. 52; Zöller/Schultzky, ZPO, 32. Aufl., § 189 Rn. 9; Ott, WRP 2016, 1455, 1457 f., Rn. 25), folgt der Senat nicht. Die letztgenannte Auffassung steht im Widerspruch zur jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die nicht erfolgte Zustellung einer beglaubigten Abschrift gerade auch durch den Erhalt einer einfachen Abschrift geheilt wird, wenn die einfache Abschrift inhaltlich tatsächlich der Urschrift entspricht (BGH, Urt. v. 22.12.2015, Az.: VI ZR 79/15, BGHZ 208, 255, 259 ff., Rn. 14 ff.; BGH, Beschl. v. 13.10.2016, Az.: V ZB 174/15, JR 2018, 32, 35, Tz. 22; Zöller/Vollkommer, a.a.O, § 929 Rn. 12b), was hier der Fall ist. § 189 ZPO hat nämlich den Sinn, die förmlichen Zustellungsvorschriften nicht zum Selbstzweck erstarren zu lassen, sondern die Zustellung auch dann als bewirkt anzusehen, wenn der Zustellungszweck anderweitig erreicht wird. Der Zweck der Zustellung ist es, dem Adressaten angemessene Gelegenheit zu verschaffen, von einem Schriftstück Kenntnis zu nehmen, und den Zeitpunkt der Bekanntgabe zu dokumentieren (BGHZ 208, 255, 261 f., Rn. 21; BGH, Urt. v. 29.03.2018, Az.: VIII ZR 11/16, NJW 2017, 2472, 2475, Tz. 38, jeweils m.w.N.). Die Norm ist insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich weit auszulegen (BGH, NJW 2017, 2472, 2475 [BGH 29.03.2017 - VIII ZR 11/16], Tz. 38 m.w.N.). Ist demgemäß die Gelegenheit zur Kenntnisnahme gewährleistet und steht - wie hier - der tatsächliche Zugang fest, bedarf es besonderer Gründe, die Zustellungswirkung entgegen dem Wortlaut der Regelung in § 189 ZPO nicht eintreten zu lassen, etwa weil durch die Zustellung einer Ausfertigung von vornherein jegliche Zweifel an der Authentizität und Amtlichkeit des zugestellten Schriftstücks ausgeschlossen sein sollen (BGH, Beschl. v. 09.06.2010, Az.: XII ZB 132/09, BGHZ 186, 22, 24, Rn. 7 ff.; BGHZ 208, 255, 262. Rn. 22; OLG München, a.a.O.). Die wirksame Vollziehung einer einstweiligen Verfügung bedarf nach der neuen Fassung des § 317 ZPO demgegenüber nicht der Zustellung einer Ausfertigung; die Zustellung einer beglaubigten Abschrift genügt (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 922 Rn. 11). § 189 ZPO erfasst demnach nicht nur Mängel bei der "Ausführung der Zustellung", sondern auch Mängel des zuzustellenden Schriftstücks (BGHZ 208, 255, 263 f. Rn. 26; LG Hamburg, a.a.O.).

    Zudem können jedenfalls dann, wenn "das Dokument" wie vorliegend aus zuverlässiger Quelle - hier von einer Gerichtsvollzieherin, die die Kopie der Ausfertigung und die weiteren Schriftstücke beglaubigt hat - stammt, grundsätzlich gegen die Authentizität keine Bedenken aufkommen (OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 06.02.2017, Az.: 19 U 190/16, juris, Rn. 15). Unter diesen Umständen liegt auch keine Ungewissheit und Unklarheit über eine fristgerechte Vollziehung vor, die einer Heilung entgegenstehen könnte (vgl. OLG München, Urt. v. 06.02.2013, Az.: 15 U 2848/12, MDR 2013, 422, 423 [BGH 16.10.2012 - II ZB 6/09]; a.A. OLG Koblenz, Beschl. v. 04.05.2017, Az.: 9 W 650/16, MDR 2017, 1146 [BGH 20.07.2017 - IX ZB 69/16]).

    Entgegen der Auffassung der Klägerin setzt eine Heilung nach § 189 ZPO auch nicht voraus, dass der Zustellmangel im Nachhinein durch einen "weiteren Akt" geheilt wird. Eine solche einschränkende Auslegung des § 189 ZPO ergibt sich weder aus dessen Wortlaut noch aus seinem Sinn und Zweck. Bedürfte es eines zweiten, den Zustellungsmangel behebenden Vorgangs, z.B. der erneuten förmlichen Zustellung der versehentlich einfach übersandten Klageschrift, ginge die Heilungsvorschrift ins Leere.

    3.2

    Gemessen an diesen Maßstäben liegt eine Heilung etwaiger Zustellungsmängel nach § 189 ZPO vor.

    Die Obergerichtsvollzieherin hat eine förmliche Zustellung mit Zustellungswillen bewirken wollen. Aus der vorgelegten Postübergabeurkunde vom 28.08.2014 ergibt sich, dass die Gerichtsvollzieherin eine Ausfertigung des Beschlusses der einstweiligen Verfügung vom 18.08.2014 im Auftrag der Prozessbevollmächtigten der Klägerin als verschlossene, mit ihrem Namen, ihrer Amtsbezeichnung, ihrer obigen Geschäftsnummer und obiger Anschrift versehenen Sendung zur Zustellung an den bezeichneten Empfänger der Deutschen Post mit dem Auftrag übergab, die Zustellung auszuführen. Gemäß der vorgelegten Zustellungsurkunde erfolgte die Zustellung des Schriftstückes förmlich am 29.08.2014.

    Nach den Feststellungen im landgerichtlichen Urteil wurde dem Zeuge G. jedenfalls die von der Obergerichtsvollzieherin beglaubigte einfache Abschrift des Beschlusses des Landgerichtes Saarbrücken vom 18.08.2014 nebst Antragsschrift und Anlagen gemäß §§ 192, 193 Abs. 1 Satz 2 ZPO zugestellt mit der Folge, dass die einstweilige Verfügung innerhalb der Vollziehungsfrist nach § 929 Abs. 2, § 936 ZPO vollzogen wurde.

    3.3

    Ist die Vollziehung der einstweiligen Verfügung - sei es auch nur aufgrund der Heilung nach § 189 ZPO - wirksam erfolgt, fehlt es trotz des Umstandes, dass (möglicherweise) lediglich eine einfache Abschrift des Verfügungsbeschlusses zugestellt wurde, an der Amtspflichtwidrigkeit.

    Dem steht das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 06.05.2015 - Az.: 7 O 59/1 -, welches die einstweilige Verfügung gemäß Beschluss vom 18.08.2014 aufhob, nicht entgegen. Denn dieses Urteil zeitigt zwischen den Parteien dieses Prozesses keine Bindungswirkung. Zwar ist in Amtshaftungsprozessen das über den Anspruch entscheidende Gericht an verwaltungsgerichtliche, aber auch an andere der materiellen Rechtskraft fähigen gerichtlichen Entscheidungen gebunden, die die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Maßnahmen rechtskräftig festzustellen. Das folgt aus der materiellen Rechtskraft einer solchen Entscheidung, deren Sinn gerade darin liegt, diesen Streitgegenstand zwischen den Beteiligten endgültig gerichtlich zu klären (BGH, Urt. v. 23.10.2003, Az.: III ZR 9/03, NJW 2003, 3693, 3696). Die Bindungswirkung erfasst jedoch in persönlicher Hinsicht nur die Beteiligten des Ausgangsverfahrens und deren Rechtsnachfolger und ist sachlich auf den Streitgegenstand beschränkt (BGH, Urt. v. 07.02.2008, Az.: III ZR 76/07, WM 2008, 660, 661, Tz. 10; BGH, Urt. v. 12.06.2008, Az.: III ZR 38/07, VersR 2010, 529, 531, Tz. 15). Der Beklagte war aber nicht Partei des Verfahrens vor dem Landgericht Saarbrücken. Ihm wurde auch in diesem Prozess nicht der Streit verkündet. Dass der Obergerichtsvollzieherin der Streit verkündet wurde, ist im Verhältnis zum Beklagten unbeachtlich.

    II.

    Die Entscheidung über die Kostentragungslast beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

    Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die Fortbildung und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, vgl. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Die Frage, ob die Zustellung der beglaubigten Abschrift einer einfachen Abschrift einer Beschlussverfügung eine wirksame Vollziehung nach §§ 928, 929, 936 ZPO bewirkt, insbesondere der Mangel am zuzustellenden Schriftstück nach § 189 ZPO geheilt wird, ist in der - auch obergerichtlichen - Rechtsprechung und Literatur streitig und bedarf deswegen einer höchstrichterlichen Entscheidung.

    RechtsgebietGerichtsvollziehervollstreckungVorschriften§ 839 Abs. 1 BGB; § 317 ZPO