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  • · Fachbeitrag · Vollstreckungskosten

    Ist die Vollstreckungsgebühr der Nr. 3309 VV RVG ohne Vollstreckungsandrohung zu erstatten?

    von Wolf Schulenburg, geprüfter Rechts- und Notarfachwirt, Berlin

    | Häufig fordert der Rechtsanwalt des Gläubigers nach Ablauf einer Wartefrist den Schuldner vor Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen letztmalig auf, die titulierte Pflicht innerhalb einer Frist zu erfüllen. Dabei droht er ihm aber nicht ausdrücklich an, Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten, wenn nicht fristgerecht gezahlt wird. Ist für den Rechtsanwalt des Gläubigers trotzdem eine erstattungsfähige 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG entstanden? |

    1. Entstehen der Verfahrensgebühr

    Hat der Rechtsanwalt vom Gläubiger einen Vollstreckungsauftrag erhalten, entsteht die 0,3-Verfahrensgebühr der Nr. 3309 VV mit der ersten Tätigkeit, die der Rechtsanwalt im Hinblick auf die Vollstreckung vornimmt.

     

    Diese Tätigkeit muss dabei nicht zwingend schon nach außen gerichtet sein, sondern kann sich beispielsweise auch nur intern abspielen. Denn die Verfahrensgebühr entsteht bereits mit der Entgegennahme der Information (Vorb. 3.3.3 VV i. V. m. Vorb. 3 Abs. 2 VV), z. B. mit dem Informationsgespräch des Gläubigers und der damit einhergehenden Prüfung des Vorliegens der Vollstreckungsvoraussetzungen (vgl. z. B. Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl., Nr. 3309 VV Rn. 142).

    2. Erstattungsfähigkeit der Verfahrensgebühr

    Will der Gläubiger die notwendigen Kosten der Vollstreckung (§ 788 Abs. 1 S. 1 ZPO) erstattet erhalten, kommt es darauf an, ob ein verständiger Gläubiger die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Vollstreckung zum Zeitpunkt der kostenauslösenden Maßnahme („ex ante“) objektiv für erforderlich erachten durfte.

     

    Ist der Gläubiger im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung und ist die gesetzliche (z. B. bei einem Kostenfestsetzungsbeschluss oder einer notariellen Urkunde, § 798 ZPO) oder andernfalls eine angemessene Frist zur freiwilligen Leistung (z. B. bei einem Vergleich) abgelaufen, ist dem Rechtsanwalt die Verfahrensgebühr des Gläubigers für das Mahnschreiben stets zu erstatten.

     

    Denn insoweit geht der Gläubiger mit der Zahlungsaufforderung im Gegensatz zur sofortigen Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen für den Schuldner kostensparender vor (BGH NJW-RR 03, 1581).

     

    MERKE | Für die Erstattungsfähigkeit der ausgelösten Verfahrensgebühr kommt es nicht auf die konkrete Androhung von Vollstreckungsmaßnahmen an. Die Gebühr ist für den Rechtsanwalt des Gläubigers i. d. R. bereits durch das Informationsgespräch mit dem Gläubiger bzw. durch die Prüfung der Vollstreckungsvoraussetzungen entstanden (Gerold/Schmidt, a. a. O.).

     

    3. Mahnschreiben beugt oft Vollstreckung vor

    Ein anwaltliches Mahnschreiben fördert auch ohne Vollstreckungsandrohung regelmäßig die Vollstreckung: Denn zahlt der Schuldner, kommt es u. U. gar nicht mehr zur Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen, was letztlich auch die Vollstreckungsorgane entlastet.

     

    Zahlt der Schuldner dagegen nicht, sind mit dem anwaltlichen Mahnschreiben und dem nachfolgenden Vollstreckungsauftrag keine Mehrkosten für ihn entstanden. Denn für den Rechtsanwalt des Gläubigers liegt weiterhin dieselbe Angelegenheit i. S. v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG vor, sodass er insgesamt die Verfahrensgebühr nur einmal fordern und der Gläubiger somit nur einmal erstattet verlangen kann.

    4. Übersendung des vollstreckbaren Titels genügt bereits

    Noch weiter geht das OLG München (JurBüro 89, 117): Danach bedarf es für die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Rechtsanwalts des Gläubigers nicht einmal eines Mahnschreibens. Es reiche vielmehr aus, dass dieser dem Schuldner die vollstreckbare Ausfertigung des Schuldtitels übersendet. Begründung: Damit tue der Gläubiger „schon seine Absicht kund, in nächster Zeit aus diesem Titel zu vollstrecken, und zwar ohne dass es näherer Erläuterungen bedarf.“

     

    PRAXISTIPP | Sorgen Sie im Interesse des Gläubigers für eine klare und eindeutige Sachlage und nehmen Sie die Vollstreckungsandrohung in Ihr Mahnschreiben auf.

     

    Auch wenn es für die Erstattung darauf letztlich gar nicht entscheidend ankommt, beugen Sie aber so ggf. zeitaufwendigem Schriftwechsel vor und lassen später keine Zweifel an der Erstattung aufkommen.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Gebühr für Drittauskünfte: Kein Ende der Probleme in Sicht, VE 19, 132
    • Anwaltliche Vergütung für das Einholen von Drittauskünften, VE 19, 104
    • Elektronischer PfÜB-Antrag: Erstattung der Mehrkosten des Gläubigers?, VE 19, 63
    • Inkassoaußendienst: Kosten erstattungsfähig?, VE 18, 89
    Quelle: Ausgabe 09 / 2019 | Seite 151 | ID 46044082