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  • · Nachricht · Kosten und Gebühren

    Gläubiger müssen Kosten nicht nach § 788 ZPO festsetzen lassen

    | Immer wieder verlangen Gerichte, bisher angefallene Vollstreckungskosten gemäß § 788 ZPO festsetzen zu lassen. Es sei nicht zulässig, aufgelaufene Kosten im Formular als bisherige Kosten anzugeben. Auch wenn das Gesetz eindeutig ist: Wie verhalten sich Gläubiger dann am besten? Und worauf ist zu achten, wenn es um die Kosten einer Räumung geht? |

     

    So kann es ablaufen: Der Gläubiger hat gegen den Schuldner ein Räumungsurteil erstritten und die betreffende Wohnung räumen lassen. Dabei sind erhebliche Kosten angefallen. Nun beantragt der Gläubiger einen PfÜB und beziffert die Kosten der Räumung (Gerichtsvollzieher, Spedition) im Antragsformular unter den bisherigen Kosten. Das Gericht weist den Antrag zurück und belehrt, dass die Kosten nicht aus einer Geldforderung resultierten und daher zwingend zunächst gemäß § 788 ZPO festzusetzen seien.

     

    Das ist nicht korrekt, da § 788 ZPO eine Kann-Vorschrift ist. Gläubiger können, müssen aber bisher aufgelaufene Vollstreckungskosten nicht festsetzen lassen. Dabei spielt auch keine Rolle, ob diese Kosten ‒ wie bei einer Zwangsräumung ‒ höhere Summen erreichen, denn es gibt auch keine „Betragsgrenzen“, ab denen Gläubiger verpflichtet sind, entstandene Vollstreckungskosten festsetzen zu lassen.

     

    Lösung: In der Regel genügt es, telefonisch auf die Gesetzeslage hinzuweisen und ggf. einen Auszug aus einem aktuellen Kommentar zu übermitteln. Es ist höchstrichterlich anerkannt, dass Kosten einer Zwangsräumung notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung sind. Der Gläubiger ist nur verpflichtet, die Kosten der Vollstreckung möglichst gering zu halten (BGH 17.10.18, I ZB 13/18, Abruf-Nr. 205843). Der Rechtspfleger kann lediglich Einwände erheben, wenn er die Forderung selbst, deren Höhe oder Notwendigkeit bezweifelt, also z.B. eine weiter entfernte Spedition beauftragt wird und vermeidbare Kosten für die Anfahrt zum Räumungsort anfallen. Als Nachweise genügen im o. g. Beispielsfall die Rechnungen des Gerichtsvollziehers bzw. der Spedition und ggf. Buchungsbelege/Online-Auszüge.

     

    Beachten Sie | In Einzelfällen verweigern Gerichte die Festsetzung, da der Gläubiger „voreilig“ vollstreckt habe. Diese Meinung greift jedoch nicht, wenn der Räumungstitel eine kalendermäßig bestimmte Räumungsfrist enthält, die bei der erfolgenden Räumung bereits verstrichen war (VE 22, 67).

     

    PRAXISTIPP | Nachdem der zuvor negative Basiszinssatz (§ 247 BGB) zum 1.1.23 deutlich auf 1,62 Prozent angehoben wurde (VE 23, 20), lohnt sich die Festsetzung von Vollstreckungskosten vor allem bei höheren Summen, die bei einer Zwangsräumung in der Regel anfallen. Die dann auflaufenden Zinsen bedeuten für Ihren Gläubiger also bares Geld.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Kostenfestsetzung gegen Schuldner bei Verlust der Erstausfertigung?, VE 23, 66
    Quelle: Ausgabe 05 / 2023 | Seite 77 | ID 49290912