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  • 01.04.2006 | Leserforum

    Haftantrag bei der Pfändung von Steuererstattungsansprüchen

    von RiOLG Frank-Michael Goebel, Koblenz/Rhens

    In VE 04, 37, haben wir über die Pfändung von Steuererstattungsansprüchen nach der damals ganz aktuell ergangenen Entscheidung des BGH berichtet (12.12.03, IXa ZB 115/03, Abruf-Nr. 040322). Auf Grund mehrerer Leseranfragen ergänzen wir diesen Beitrag im Folgenden um die Musterformulierung eines Haftantrags.  

     

    Musterformulierung: Haftantrag bei Pfändung von Steuererstattungsansprüchen

    An das AG – Vollstreckungsgericht – ...  

     

    In der Zwangsvollstreckungssache  

     

    Gläubiger ./. Schuldner, Az. …  

     

    überreiche ich namens und in Vollmacht des Gläubigers die vollstreckbare Ausfertigung des ... vom ... Az. ... nebst Zustellbescheinigung sowie den auf dieser Grundlage durch das angerufene Vollstreckungsgericht am ... unter dem Az. ... erlassenen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss.  

     

    Namens und in Vollmacht des Gläubigers beantrage ich,  

     

    gegen den Schuldner zur Erzwingung seiner sich unmittelbar aus § 836 Abs. 3 ZPO ergebenden Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung für  

    • das Jahr 2005
    • die Jahre 2005, 2004 und 2003

     

    zur Verlangung hinsichtlich der (Zutreffendes auswählen) Einkommensteuer/Lohnsteuer/ ...  

     

    Zwangshaft bis zu sechs Monaten festzusetzen und dem Gläubiger den Haftbefehl zu übersenden.  

     

    Hilfsweise wird beantragt,  

     

    gegen den Schuldner zur Erzwingung seiner sich unmittelbar aus § 836 Abs. 3 ZPO ergebenden Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung für  

    • das Jahr 2005
    • die Jahre 2005, 2004 und 2003

     

    zur Verlangung hinsichtlich der (Zutreffendes auswählen) Einkommensteuer/Lohnsteuer/ ...  

     

    ein Zwangsgeld bis zu 25.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft von bis zu sechs Monaten festzusetzen.  

     

    Begründung: Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner wegen einer Geldforderung in Höhe von ... gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus dem ... vom ... Az. … Die Gesamtforderung beträgt ausweislich der in der Anlage beigefügten Forderungsaufstellung inzwischen … EUR.  

     

    Auf dieser Grundlage wurde mit Antrag vom … der Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zur Pfändung der Ansprüche des Schuldners auf Durchführung des Lohnsteuerjahresausgleichs für das Jahr 2005 sowie frühere und künftige Veranlagungs- und Erstattungszeiträume im Veranlagungsweg und auf Auszahlung der danach dem Schuldner zustehenden Beträge, insbesondere der Anspruch auf Erstattung zu viel gezahlter Lohnsteuer, zu viel gezahlter Kirchensteuer und zu viel gezahlten Solidaritätszuschlags beantragt. Dieser wurde vom angerufenen Gericht antragsgemäß am … erlassen und der Drittschuldnerin am … und dem Schuldner am … zugestellt.  

     

    Der BGH hat entschieden, dass zwar der Gläubiger selbst die Steuererklärung nicht bei der Drittschuldnerin abgeben darf, dass aber der Schuldner unmittelbar aus § 836 Abs. 3 ZPO verpflichtet ist, die Steuererklärung abzugeben (12.12.03, IXa ZB 115/03, „Vollstreckung effektiv“ 04, 37). Der Schuldner wurde dementsprechend mit Schreiben vom ... unter Fristsetzung zum … aufgefordert, seiner Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung für 2005 (sowie die Steuerjahre 2004 und 2003) nachzukommen.  

     

    Beweis: Schreiben vom ... in beglaubigter Abschrift als Anlage  

     

    Der Schuldner hat die Aufforderung unbeachtet gelassen und ist seiner Verpflichtung bis heute nicht nachgekommen. Der Schuldner hat auch die Androhung der Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO durch den Gläubiger unbeachtet gelassen. Daher ist nun die zwangsweise Durchsetzung der Verpflichtung des Schuldners zur Abgabe der Steuererklärung erforderlich. Da die Steuererklärung nach den einschlägigen steuerrechtlichen Bestimmungen nur durch den Schuldner höchstpersönlich abgegeben werden kann, handelt es sich um eine unvertretbare Handlung im Sinne des § 888 ZPO (BGH, a.a.O.). Der BGH führt hierzu aus: „An dieser Pflicht des Vollstreckungsschuldners gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger, das Festsetzungsverfahren über den gepfändeten und überwiesenen Anspruch in Gang zu setzen, kann es keinen Zweifel geben, wenn man mit dem BFH annimmt, dass der Vollstreckungsgläubiger trotz einer Einziehungsermächtigung nach § 836 Abs. 1 ZPO nicht selbst antragsberechtigt ist. Ein zeit- und kostenaufwendiges Erkenntnisverfahren über die Verpflichtung des Vollstreckungsschuldners zum Festsetzungsantrag und zur Erklärungsabgabe ist dann jedenfalls unnötig.“  

     

    Es ist daher angezeigt, gegen den Schuldner nun Zwangshaft bis zu sechs Monaten anzuordnen. Der BGH hat in der o.g. Entscheidung ausgeführt: „Als Zwangsmittel zur Durchsetzung der Erklärungspflicht kann der Vollstreckungsgläubiger gegen den Schuldner in der Regel sogleich Haftantrag stellen, weil andernfalls eine zweckwidrige Gläubigerkonkurrenz mit der Staatskasse zu befürchten ist.“  

     

    Eine Konstellation, die ausnahmsweise das Absehen von der Anordnung der Zwangshaft und allein die Anordnung eines Zwangsgeldes beinhaltet, ist auch unter Berücksichtigung der bevorzugten Befriedigung der Forderung des Gläubigers nicht zu erkennen. Nur aus Fürsorge gegenüber dem Gläubiger ist deshalb der Hilfsantrag gestellt. Die örtliche und sachliche Zuständigkeit des angerufenen Vollstreckungsgerichts ergibt sich unmittelbar aus § 888 ZPO. Danach ist das Prozessgericht des ersten Rechtszuges für die Entscheidung über den Vollstreckungsantrag berufen. Da der dem Vollstreckungsantrag zu Grunde liegende Titel der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom ... ist, ist das angerufene Gericht auch für den hier gestellten Vollstreckungsantrag zuständig (BGH a,.a.O.). Da vorliegend über die Anordnung von Zwangshaft zu entscheiden ist, ist nicht der Rechtspfleger nach § 20 Nr. 17 RPflG funktionell zuständig, sondern nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 RPflG der Richter. Es wird insoweit um unmittelbare Vorlage des Antrags an den zuständigen Abteilungsrichter gebeten.  

     

    Eine gerichtliche Androhung der Zwangsmittel ist nach § 888 Abs. 2 ZPO weder geboten noch zulässig, so dass unmittelbar Zwangshaft festgesetzt werden kann. Es wird gebeten, antragsgemäß zu entscheiden und dem Unterzeichner die mit der Vollstreckungsklausel nach § 724 ZPO versehene vollstreckbare Ausfertigung des Zwangshaftbeschlusses nebst Haftbefehl sowie die Zustellbescheinigung zu übersenden. Ich bitte um Rückgabe der ebenfalls beigefügten Vollstreckungsunterlagen.  

     

    Quelle: Ausgabe 04 / 2006 | Seite 70 | ID 91392