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  • 15.04.2010 | Checkliste

    Vollstreckungstaktik optimieren

    In VE 09, 22 und 101, haben wir über häufige Fehler in der täglichen Vollstreckungspraxis berichtet und dargestellt, wie sie sich vermeiden lassen. Die folgende Checkliste schließt hieran an und stellt weitere Optimierungsmöglichkeiten dar.  

     

    Checkliste: 15 bewährte Möglichkeiten, Ihre Vollstreckungstaktik zu optimieren
    1. Absonderungsrechte in der Insolvenz nutzen (§§ 49 ff. InsO): Denken Sie an eine frühzeitige grundbuchrechtliche Absicherung, wenn der Schuldner über Grundstück(e) verfügt. Die Vorteile zeigen sich vor allem in der Immobiliarvollstreckung (VE 00, 162; 01, 10; 04, 43; 04, 75).

     

    2. Als nachrangiger Normalgläubiger Verrechnungsantrag nach § 850e Nr. 4 ZPO stellen: Trifft eine Pfändung, eine Abtretung oder eine sonstige Verfügung wegen eines der in § 850d ZPO bezeichneten Ansprüche mit einer Pfändung wegen eines sonstigen Anspruchs zusammen, sind auf die Unterhaltsansprüche zunächst die gemäß § 850d ZPO der Pfändung im erweiterten Umfang unterliegenden Teile des Arbeitseinkommens zu verrechnen.

     

    Folge: Der nachrangige Normalgläubiger verweist den ihm vorrangigen Unterhaltsgläubiger in den ihm nach § 850d ZPO zustehenden Vorrechtsbereich. Somit kann der nachrangige Normalgläubiger ebenfalls nach § 850c ZPO Beträge pfändbare abschöpfen.

     

    3. Als Neugläubiger auf Arbeitseinkommen während der Wohlverhaltensphase zugreifen: Während der 6-jährigen Dauer der Wohlverhaltensphase ist ein Zugriff für Insolvenzgläubiger im Rahmen von Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen auf das Arbeitseinkommen des Schuldners unzulässig (§ 294 Abs. 1 InsO). Eine Ausnahme gilt jedoch für Neugläubiger (Mock, VE 06, 41).

     

    4. Auskunftsverpflichtung des Schuldners nach § 836 Abs. 3 ZPO aktivieren: Die Auskunftspflicht gilt für alle erheblichen Tatsachen und wesentlichen Umstände zur gerichtlichen und außergerichtlichen Geltendmachung der Forderung und zu ihrer Durchsetzung (BGH VE 09, 94, 116). Die herauszugebenden Urkunden sind auf Antrag des Gläubigers i.d.R. bereits in den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufzunehmen (BGH VE, 06, 147).

     

    5. Beantragung einer Zwangssicherungshypothek (§§ 866, 867 ZPO): Sie stellt eine frühzeitige grundbuchrechtliche Absicherung dar, wenn der Schuldner über Grundstück(e) verfügt. Die Vorteile zeigen sich vor allem in der Immobiliarvollstreckung (VE 00, 162; 01, 10; 04, 43; 04, 75).

     

    6. Eidesstattliche Versicherung: Fragen Sie nach unterhaltsberechtigten Mitverdienern. Bei Aufstellung des Vermögensverzeichnisses und Abgabe der eidesstattliche Versicherung muss der Schuldner Angaben zu den Einkünften der Unterhaltsberechtigten jedenfalls machen, wenn in Betracht kommt, dass diese Personen bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben (BGH VE 04, 169).

     

    7. Lohnsteuerklassenwechsel des Schuldners entgegentreten: Durch Wechsel in ungünstigere Lohnsteuerklasse reduzieren sich das monatliche Nettoeinkommen des Schuldners und damit der für den Gläubiger pfändbare Betrag. Durch einen Abänderungsantrag beim Vollstreckungsgericht können Sie den Wechsel zu Ihren Gunsten wieder rückgängig machen (VE 06, 68, 88 und 120).
    8. Privilegierung wegen Deliktsansprüchen nutzen (§ 850f Abs. 2 ZPO; § 302 InsO): Hier besteht die Möglichkeit des Zugriffs auf höhere Pfändungsbeträge im Rahmen der Lohnpfändung, wenn die titulierte Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung herrührt (Goebel, VE 05, 116; 06, 193; 06, 208). Zudem besteht für den Schuldner keinerlei Möglichkeit die Restschuldbefreiung zu erlangen (§ 302 InsO; Rauch, VE 05, 175).

     

    9. Privilegierung wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche nutzen (§ 850d ZPO): Hier können Sie auf höhere Pfändungsbeträge im Rahmen der Lohnpfändung zugreifen, wenn die titulierte Forderung aus einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung herrührt (Goebel, VE 06, 141).

     

    10. Räumungsvollstreckung: Sie können die Vollstreckung nach § 885 ZPO auf Herausgabe der Wohnung bei geltend gemachtem Vermieterpfandrecht beschränken. Nutzen Sie die Möglichkeit der Kostenersparnis (BGH VE 06, 63)!

     

    11. Verdachtspfändung: Nach der Rechtsprechung des BGH ist es dem Gläubiger erlaubt, bei einem Schuldner als Privatperson bis zu drei drittschuldnerische Banken im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufzulisten und somit auf Verdacht gegen den Schuldner eine Kontopfändung auszusprechen (VE 04, 94).

     

    12. Vermieter als Gläubiger: Vermieter sollten stets überlegen, ob es Sinn macht, das Vermieterpfandrecht geltend zu machen.
    Der Vorteil: Es besteht für Vermieter außerhalb der üblichen Kautionszahlung die Möglichkeit, weiterhin zum Zuge zu kommen (Mock, VE 06, 58).

     

    13. Vollstreckung bei Eigentumsvorbehalt: Nach § 811 Abs. 2 ZPO ist der Eigentumsvorbehaltskäufer berechtigt, wegen eines ihm zustehenden Kaufpreisanspruchs die an und für sich nach § 811 Abs. 1 Nr. 1, 4, 5 bis 7 ZPO unpfändbaren Sachen zu pfänden. Die Regelung stellt daher eine Privilegierung solcher Gläubiger dar. Sie sorgt für eine raschere und effektivere und vor allem kostengünstigere Zwangsvollstreckung (BT-Drucksache 13/341, S. 24; Plate, VE 04, 133).

     

    14. Vorläufiges Zahlungsverbot: § 845 ZPO gibt dem Gläubiger die Möglichkeit, ohne Inanspruchnahme des Vollstreckungsgerichts beschleunigt den Eintritt der Pfändungswirkung herbeizuführen. Hierdurch kann auch verhindert werden, dass der Schuldner noch etwaige Außenstände schnell einzieht und verbraucht oder Forderungen durch Abtretung in Sicherheit bringt, um sich dadurch der Zwangsvollstreckung zu entziehen (Wohlgemuth/Mock, VE 04, 175).

     

    15. Zivilrechtlichen Anspruch direkt im Strafverfahren mit titulieren lassen: Die StPO bietet für den Geschädigten einer Straftat die Möglichkeit, seine zivilrechtlichen Ansprüche zugleich durch ein Adhäsionsverfahren im Strafverfahren gegen den Täter durchzusetzen.

     

    Der Vorteil: Hierdurch kann ein zeitraubender und kostenintensiver Zivilrechtsstreit vermieden werden (§§ 403 ff. StPO; Breyer, VE 06, 17, auch zur praxisrelevanten Frage der Durchsetzung im Rahmen der Vollstreckung).

     

     

    Quelle: Ausgabe 04 / 2010 | Seite 70 | ID 135030